Montag, Mai 13, 2024
StartJahr2020REVIEW | Rezension Die verlorenen Ruinen von Arnak

REVIEW | Rezension Die verlorenen Ruinen von Arnak

„Tag 8 – Obwohl unser Eifer von einer gewissen Beklommenheit gedämpft wird, ist es jetzt nicht an der Zeit, den Mut sinken zu lassen. Falls es hier Gefahren gibt… nun, dann werden wir uns ihnen stellen. Also ohne Verzagen, auf in den Dschungel!“

„Die verlorenen Ruinen von Arnak“ war einer der meist gehypten Titel der diesjährigen SPIEL digital. Lieferbar ist das lang erwartete Spiel erst seit Kurzem. 

Leider wird der Hype um ein Spiel vielen Titeln zum Verhängnis, da sie die in sie gesetzten Erwartungen dann schließlich nicht erfüllen können. 

Ist das bei „Arnak“ genau so? Lasst uns gemeinsam einen Blick darauf werfen…

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Als Archäologen machen sich die Spieler auf, eine bislang unentdeckte Insel zu erkunden. Das Insel-Spielbrett besteht im Wesentlichen aus vier Bereichen:

Den Bereich für die Vorräte im unteren Abschnitt, den Bereich für die Auslage der Karten am oberen Rand, in der Mitte links den Inselbereich, in dem wir unsere Erkundungen und Entdeckungen durchführen können und schließlich im rechten Bereich die Forschungsleiste, die uns zum Vogeltempel bringt. 

Außerdem verfügt jeder Spieler über ein eigenes Tableau. Dort warten die beiden Archäologen-Spielfiguren auf ihren Einsatz, lagern die Spieler ihre Ressourcen während des Spiels und dort liegt auch unser individueller Nachziehstapel bereit. Jeder Spieler hat zu Beginn ein Startdeck, dass durch den Zukauf von Werkzeug- und Artefaktkarten weiter ausgebaut werden kann.

Das Spiel wird über fünf Runden gespielt, der Startspieler beginnt, danach geht es im Uhrzeigersinn weiter. 

Zunächst zieht man fünf Handkarten von seinem Startdeck. Ist man an der Reihe, darf man eine Hauptaktion und beliebig viele Nebenaktionen durchführen. 

Die Hauptaktionen sind:

  • Karten kaufen – Werkzeuge und Artefakte
    Werkzeuge werden mit Gold erworben, Artefakte mit Kompassen. Die Karten vergrößern das Kartendeck und bringen beim Ausspielen Ressourcen, Vergünstigungen oder Sonderfähigkeiten mit sich. Hat man sie bei Spielende noch, bringen sie 1-3 Siegpunkte ein.
  • Karte spielen – Werkzeuge und Artefakte
    Eine Handkarte ausspielen und ihren Effekt nutzen, mit denen man Karten nachziehen, Ressourcen erhalten oder in dieser Runde Vorteile nutzen kann. Karten können aber auch immer alternativ als Bewegungsaktion genutzt werden. Karten mit Blitzsymbol können als Nebenaktionen gespielt werden.
  • An einem Ort graben
    Eine weitere Hauptaktion besteht darin, einen Archäologen zum Graben auszusenden. Hierzu spielt man eine oder zwei passende Handkarten mit entsprechender Bewegungsaktion aus und schickt den Forscher auf ein Campfeld, welches dadurch aktiviert wird. Hier sind Gold, Kompasse oder andere Ressourcen wie Steintafeln, Pfeilspitzen oder Juwelen erhältlich, die wir u.a. dringend für unsere Forschungen benötigen.
  • Einen neuen Ort entdecken
    Mit den Archäologen kann man auch unentdeckte Gebiete weiter im Landesinnern erkunden. Hier müssen dann zusätzlich zu den Bewegungsaktionen auch Kompasse eingesetzt werden. Die Archäologen entdecken so neue Grabungsorte und erhalten die dortigen Belohnungen. Dies sind ausliegende Totemplättchen, die Siegpunkte und Einmalbelohnungen mit sich bringen. 
    Dann wird ein neues Ortsplättchen auf den Plan gelegt, das meist mehr Erträge einbringt, als die Basiscamp-Felder. Der Entdecker erhält diese Erträge sofort. Allerdings erscheint auch gleichzeitig ein Wächter-Kreaturen-Plättchen, das auf den Ort gelegt wird und welches es zu bezwingen gilt.
  • Einen Wächter bezwingen
    Wächter fordern Bezwingungskosten, die am unteren Rand des Plättchens aufgedruckt sind. Kann der Spieler, der sich an diesem Ort befindet, diese aufbringen, hat er die Kreatur erfolgreich vom Ort vertrieben und darf das Plättchen zu sich nehmen. Bezwungene Kreaturen sind bei Spielende fünf Punkte wert. Hat man dies am Rundenende nicht geschafft, muss man eine Furchtkarte in sein Deck nehmen, die nur wenig Bewegungsmöglichkeiten und am Ende des Spiels sogar Minuspunkte einbringen. 
  • Forschen
    Auf der Forscherleiste voranschreiten kostet Ressourcen. Jeder Schritt, den die Spieler Richtung Vogeltempel machen, muss mit Ressourcen wie Steintafeln, Pfeilspitzen oder Juwelen bezahlt werden. Dafür bringt jeder Schritt aber auch eine Belohnung mit sich. Zudem kann man Forschungsmarker mit Boni ergattern oder bei bestimmten Konstellationen auch Gehilfen anheuern, die zusätzliche Nebenaktionen oder Vergünstigungen einbringen.
  • Passen
    Bleiben einem keine Karten und Ressourcen mehr, um Aktionen durchzuführen, passt man. Die anderen Spieler spielen ggf. noch weiter, bis alle gepasst haben. Dann geht es gemeinschaftlich in die nächste Runde.

Alle Spieler holen ihre Archäologen heim, mischen ihre ausgespielten Karten und legen diese unter ihr Deck. Die Gehilfen werden wieder reaktiviert, der Rundenanzeiger weitergerückt, die Kartenauslage modifiziert. Der Startspieler wechselt im Uhrzeigersinn und die nächste Runde beginnt. 

Es gewinnt, wer nach fünf Runden die meisten Siegpunkte auf der Forscherleiste, über Totemplättchen, per Karten und über bezwungene Monster ergattern konnte. 



AUTOR: Min & Elwen ■ GRAFIKER: Filip Murmak, Ondrej Hrdina, Milan Vavron, Jiri Kus, Frantisek Sedlacek
VERLAG: Czech Games Edition | HeidelBÄR ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2020

spieler

1-4 Spieler

alter

ab 12 Jahren

zeit

ca. 30 Minuten / Person

Spielregeln (ext. Link zu HeidelBÄR)


SPIELGEFÜHL

Die verlorenen Ruinen von Arnak ist kein innovatives Spiel. Das Thema ist ein vielbemühtes, die Mechaniken sind alle bekannt und bereits viele Male in anderen Spielen sehr gut umgesetzt worden. Soweit, so unspannend. 

Hinzu kommt, dass es – gerade zum Ende des Spiels – ordentlich Downtime geben kann, wenn sich die Spieler in ihren Bonusketten verlieren und Spielzüge dadurch ziemlich lang werden können. Gerade, wenn man selber bereits gepasst hat, kann man schon mal einen Tee kochen gehen, bis man wieder dran ist.

Außerdem sollte man immer unbedingt die Forscherleiste möglichst weit nach oben klimmen, denn ohne den Tempel erreicht zu haben, hat man selten eine Chance auf den Sieg….

Und teuer ist das Spiel auch noch!

HALT, BITTE WEITERLESEN! Denn das war auch schon alles, was mir irgendwie negativ an dem Spiel aufgefallen ist. Denn: „Die verlorenen Ruinen von Arnak“ ist ein wunderbares Spiel!

Warum, wenn doch alles schon so bekannt ist? 

Mich begeistert es einfach und ich will die Frage nach dem WARUM daher so beantworten:

Setting, Komponenten, Einbettung

Das Spiel hat eine tolle Optik. In die Gestaltung ist vom Cover, über das Regelheft bis hin zum Spielmaterial viel Liebe geflossen. Das merkt man jederzeit während des Spiels und das fördert ungemein, in die Geschichte hereingezogen zu werden. Die Mechaniken sind stimmig zur Story. Was man tut, macht Sinn – zumindest in einer romantisierten Vorstellung eines solchen Forschungsprojektes. Schließlich hat Indiana Jones auch nichts anderes getan! 

(An dieser Stelle sei entsprechende Filmmusik zu diesem Spiel herzlich empfohlen!)

Die Komponenten sind hochwertig und allein für die Umsetzung der Steintafeln mit eingeritzten, geheimnisvollen Schriftzeichen ziehe ich meinen virtuellen Hut. 

Die Zeichnungen der Orte und Wächter sind sehr phantasievoll und lassen einen immer wieder ein zweites Mal hinschauen und Neues entdecken.

Optisch wird es also nicht so schnell langweilig…

Die Mechaniken

Ja, in der Tat, hier ist wenig Innovatives dabei. Aber wie sagte ein Mitspieler so schön: „Das Spiel ist eine Hommage an alle Mechaniken, die man gerne mag.“ Das bringt es auf den Punkt: Workerplacement, Deckbuilding, Ressourcenmanagement… Und die Mechanismen sind unglaublich gut miteinander verzahnt. Sie greifen perfekt ineinander und erzeugen so einen Fülle an Möglichkeiten, die den ein oder anderen Spieler anfänglich ein wenig erschlagen kann. 

Arnak ist beileibe kein Mangelspiel. Ganz im Gegenteil: Das Spiel überrascht immer wieder mit einer Fülle an Möglichkeiten. 

Beispiel: Gerade noch dachte ich, dass ich im nächsten Zug wohl passen muss. Dann fällt mir auf, dass ich meinen Gehilfen ja noch gar nicht genutzt habe. Ach, der bringt mir noch den letzten notwendigen Kompass, mit dem ich das eine ausliegende Artefakt kaufen kann. Dann kauft mein Mitspieler mir doch tatsächlich genau dieses Artefakt weg… Das darf doch nicht wahr sein! Dann wird ein neues Artefakt aufgedeckt. Oh. Kann das sein? Wenn ich dieses kaufe, dann erhalte ich ja noch weitere Steintafeln, mit denen ich doch noch die weitere Stufe auf der Forschungsleiste hochgehen kann. Und dann bekomme ich dort zur Belohnung ja ein Goldstück. Mit dem kann ich dann ja doch noch ein ausliegendes Werkzeug kaufen….

So geht es häufig in dem Spiel. Und das erzeugt ein unglaublich positives Spielgefühl. Man schafft deutlich mehr, als man ursprünglich dachte. Und mit jeder Partie, gelingt es einem noch ein wenig besser, diese Möglichkeiten zu nutzen.

Sicher, es kann auch mal unglücklich laufen, aber meist packt einen dann der Wille, es beim nächsten Mal besser machen zu wollen oder doch eine andere Taktik auszuprobieren. Dies bringt einen sehr hohen Wiederspielreiz mit sich.

Das Spielgefühl

Durch seine Gestaltung und seine Komponenten entführt Arnak uns ans andere Ende der Welt. Wir schnüren unsere Stiefel und brechen auf ins Abenteuer. Hitze, Kreaturen und andere Unwegsamkeiten halten unseren Forscherdrang nicht auf. 

Wir kämpfen uns durch Sümpfe und dichten Dschungel, entdecken unbekannte Orte und sagenhafte Schätze und dringen immer weiter vor in neue Welten. Wir forschen, notieren unsere Eindrücke, heuern Gehilfen an, um effizienter arbeiten zu können, immer auf der Suche nach dem geheimnisvollen Tempel, den wir schließlich entdecken wollen.

Herrlich! Das Spiel ermöglicht es uns, genau wie Indiana Jones zu seinen besten Zeiten seinem Forscherdrang nachzugehen, Abenteuer zu erleben und heldenhaft daraus hervorzugehen.

Dafür sind Mut, Planungsgeschick und ein glückliches Händchen notwendig. Mut zur Investition und zu Entdeckungen, deren Ausgang unkalkulierbar ist, da wir nicht wissen, was wir an neu entdeckten Orten aufspüren und auf welche Wächter wir stoßen werden. 

Planungsgeschick, um die Ressourcen richtig einzusetzen, um uns bessere Werkzeuge und Artefakte zu beschaffen, die uns weiterbringen. Oder die das Forschen erleichtern und den Weg zum Tempel ebnen. 

Ein glückliches Händchen benötigen wir beim Mischen und Nachziehen unserer Handkarten und in der Interaktion mit unseren Mitspielern. Ist ein Ort bereits besetzt oder ein Artefakt, auf das wir ein Auge geworfen hatten, bereits von jemand anderem erworben, kann uns das auch böse erwischen.

Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder andere Wege, doch noch weiter zu kommen, doch noch einen Bonus zu erhalten und noch ein oder zwei Schritte weiter zu kommen, bevor man passen muss. Denn es gibt immer mehr Möglichkeiten für das Fortkommen, als man dies zunächst annimmt. 

Weitere Anmerkung: 

  • Für etwas mehr Varianz bietet die Spielplanrückseite eine modifizierte Forscherleiste und einen anderen Tempel. Das bringt ein wenig Abwechslung, ändert das Spiel aber nicht wesentlich. 
  • Die Regeln sind umfangreich, aber auf diese Weise lassen sie keine Frage offen. Alle Optionen werden gründlich und mit Hilfe von Beispielen erläutert. 
  • Das Spiel bietet einen Solovariante, die ich aber nicht probiert habe und nicht beurteilen kann. 

Zusammenfassung

Das Spiel ist eine Art „Nach Hause kommen“ zu dem, was man kann, ein zugängliches Feel Good-Spiel im Kennerbereich, das auch Grenzgänger aus dem gehobenen Familienbereich meistern können, wenn sie es gut erklärt bekommen. Dabei ist es aber nicht zu seicht und verlangt gute Planung.

Das Spiel ist zugänglich und funktioniert deutlich intuitiver als viele andere Spiele auf ähnlichem Niveau. Es bietet zahlreiche Optionen und wenn es in einer Partie mal nicht so gut mit dem strategischen Ansatz geklappt hat, möchte man es am liebsten gleich nochmal probieren. 

Auch wenn man dem Spiel anlasten kann, dass es nicht sehr innovativ ist, so liegt die große Stärke doch in dem Charme, den es durch die Kombination und die thematische Einbettung erschafft. Da muss sich so manch anderes Spiel ordentlich strecken, um so viel Wiederspielreiz zu wecken.

Die verlorenen Ruinen von Arnak“ ist daher für mich ein ganz heißer Anwärter auf den Titel „Kennerspiel des Jahres“ und drücke kräftig die Daumen.

  • Zugängliches und thematisch sehr gut eingebettetes Kennerspiel mit hohem Wiederspielreiz
  • Tolles, hochwertiges Spielmaterial und schöne Illustration
  • Sehr angenehmes und belohnendes Spielgefühl durch Bonusketten und zahlreiche Handlungsoptionen
  • Zum Ende des Spiels kann es zu hoher Downtime kommen, wenn bei den Mitspielern lange Bonusketten entstehen
  • Wenig innovative Spielelemente
  • Das Spiel ist kein Schnäppchen 

Aus meiner Spielerperspektive: Ich denke, dass meine „Schwärmerei“ bereits deutlich wurde und ich nicht mehr viel dazu sagen muss, dass ich „Arnak“ ins Herz geschlossen habe. Es war nahezu Liebe auf den ersten Blick. 

Aber auch die Mitspieler und Mittester waren immer sehr angetan von dem Spiel und seinen vielfältigen Möglichkeiten, so dass ich bislang immer nur positive Rückmeldungen erhalten habe.

Bei mir löst das Spiel ein ähnliches Gefühl wie Klong! aus. Da kann man mich auch nachts für eine Partie wecken. Ich denke, das wird mit Arnak ähnlich sein.

ZWEITMEINUNG CHRISTOPH

Auch ich konnte das Spiel schon diverse Male spielen und bin ähnlich angetan von Arnak wie Carina. Bei der Spielerzahl würde ich wegen der Verknappung der Ressoucen in den ersten Runden das Spiel zu viert bevorzugen.

Mich hat der Mix an verschiedenen Mechanismen, die die entstehenden verzahnten Ketten sowie die thematische Dichte des Spiels überzeugt. Man denkt immer, man kann so wenig in einer Runde machen und am Ende sind es verdammt viele Möglichkeiten, die einem da offen stehen. Es kam in verschiedenen Runden bislang sehr gut an. Und damit habe ich schon wieder ein Spiel, welches ich auf meine Liste für die besten Kennerspiele des Jahrgangs setze.

Dennoch gibt es auch für mich 1-2 Sachen, die mich stören: Das ist zum einen das Preis-/Leistungsverhältnis welches für mich bei 60 Euro einen Tick zu hoch ist. Auch kann die Downtime ggf. nach hinten heraus etwas größer werden. Zudem finde ich es nicht gut, dass man die Ressoucen nicht rückwärts einsetzen kann (d.h. Rubin für Pfeilspitze, Pfeilspitze für Steintafel).

In Summe sind die verlorenen Ruinen von Arnak aber ein ein echt tolles Spiel. Ich würde es aber knapp unter Dauerbrenner einstufen.

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