Sonntag, Mai 12, 2024
StartJahr2020REVIEW | Rezension Brettspiel Paris - Stadt der Lichter

REVIEW | Rezension Brettspiel Paris – Stadt der Lichter

Nachdem im Frühjahr Aqualin erschienen ist, hat Kosmos auch im Herbst die Reihe der 2-Personen-Spiele weiter ausgebaut. Diesmal mit einem optischen Leckerbissen – so viel sei schon mal verraten!

Nachdem Aqualin nur mäßig gut bei mir angekommen ist, weil ich optisch sehr überzeugt war, aber mich die Spielmechanik nach einigen Partien nicht mehr sehr gereizt hat, habe ich auf Paris einen besonders kritischen Blick geworfen. Ob ich überzeugt wurde, verrate ich euch jetzt.

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Als die Stadt Paris die Straßenbeleuchtung auf Elektrik umstellte, erfüllte der Anblick andere Städte und Länder mit Ehrfurcht. Die Spieler haben die Aufgabe, die Gebäude, die sie bauen, im wahrsten Sinne des Wortes nun in dieses rechte (Straßen)Licht zu rücken. Dies lockt Bewunderer und Künstler an und wer daraus das meiste Prestige ziehen kann, gewinnt das Spiel.

Paris wird in zwei Phasen gespielt. In der ersten Phase positionieren die Spieler ihre Straßenplättchen und nehmen Gebäudeplättchen zu sich, die sie später in Phase 2 auf den Straßenplättchen einsetzen wollen.

Von den Straßenplättchen besitzt jeder Spieler 8 Stück. Die Plättchen werden auf einen fest im Spielkarton eingelassenen Spielplan ausgelegt. Die Spieler sind abwechselnd an der Reihe. Wurden alle Straßenplättchen platziert, endet die erste Phase. 

Auf den Straßenplättchen sind Felder in den Spielerfarben orange und blau, in der Mischfarbe lila sowie Felder mit Straßenlaternen abgebildet. Durch das Auslegen auf dem Spielplan ergeben sich kleinere und größere Farbflächen, auf denen wir in der Phase 2 Gebäudeplättchen platzieren dürfen. Die Gebäudeplättchen wählen die Spieler aber bereits in Phase 1 aus der offenen Auslage. 

Die Gebäudeplättchen sind unterschiedlich groß. Sie entsprechen von der Größe her drei bis sechs der Farbfelder, die auf dem Spielplan ausliegen.

Sobald das letzte Straßenplättchen auf dem Spielplan platziert wurde, dürfen die Spieler auch keine Gebäudeplättchen mehr nehmen. Dann geht es weiter mit Phase 2.

Auch in Phase 2 haben die Spieler zwei Optionen. Hier dürfen Gebäudeplättchen, die die Spieler zuvor zu sich genommen haben, auf dem Spielplan platziert werden. Gebäudeplättchen dürfen immer nur passend auf Feldern der eigenen Spielfarbe sowie auf den lilanen Feldern gebaut werden. Zur Kennzeichnung der Gebäude positioniert man einen Schornstein der eigenen Spielerfarbe auf diesem Haus. 

Die zweite Option besteht darin, eine der 8 Zusatzaktionen, die um das Spielfeld ausgelegt sind, zu aktivieren. Die Zusatzaktionen sind auf Postkarten abgebildet, die Szenen aus Paris darstellen. Mit den Zusatzaktionen kann man beispielsweise Felder der gegnerischen Farbe in lilane Felder verwandeln, zusätzliche Gebäudeteile oder den Künstler als Spielfigur ins Spiel bringen, eine Tänzerin einsetzen oder Gebäudeplättchen, mit denen in der offenen Auslage tauschen. Wer eine solche Karte nutzt, markiert dies mit einem Aktionsmarker. Alle Zusatzaktionen dürfen nur einmalig ausgeführt werden und bringen ggf. am Spielende weitere Punkte ein.

Wurden alle Gebäudeplättchen platziert und alle Zusatzaktionen genutzt, endet das Spiel mit der Auswertung der Siegpunkte. Diese erhält man im Wesentlichen für die Gebäudegröße. Ein Gebäudeplättchen, das vier Felder groß ist und an zwei Straßenlaternen grenzt, bringt beispielsweise acht Punkte. Je mehr Laternen an die Gebäude angrenzen, desto besser. Grenzt keine Laterne an, hat man Pech gehabt. Dann zählt noch der größte zusammenhängende Gebäudekomplex und Punkte aus den Zusatzaktionen.

Wer die meisten Punkte erringen konnte, gewinnt das Spiel.



AUTOR: José Antonio Abascal ■ ILLUSTRATION/GRAFIK: Oriol Hernández, Jordi Roca
VERLAG: Kosmos ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2020

spieler

2 Spieler

alter

ab 10 Jahren

zeit

ca. 30 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu Kosmos)


SPIELGEFÜHL

Was für ein schönes Spiel! Was für hochwertige Komponenten! Der in den Karton eingelassene Spielplan, die reliefartige Gestaltung der Häuser, die kleinen Schornsteine, die schön gestalteten Postkarten für die Zusatzaktionen und die wie einen Zeitung aufgemachte Spielanleitung – allein die Materialien  bewirken es schon, dass man das Spiel gerne auf den Tisch bringt. In der Gestaltung liegt also bereits ein wesentlicher Pluspunkt des Spiels, über die sich das Spielerherz bereits beim Auspacken freut.

Die Regeln sind leicht zu erlernen, gut aufbereitet und sitzen schnell. Lediglich die Zusatzaktionen müssen bei Spielbeginn vereinzelt nochmal nachgelesen werden, da man ja nicht in jedem Spiel mit den gleichen Aktionskarten spielt. Hier ist dann ggf. kurz unklar, was einem die jeweilige Aktion so einbringt und wie genau sie auszuspielen ist. Das kostet aber nur wenig Zeit.

Dann geht es auch schon los. Das Spiel ist klar in die zwei Phasen gegliedert, was den Ablauf des Spiels sehr gut strukturiert. Allerdings bringt das auch einen harten Cut mit sich, denn die erste Phase endet ziemlich abrupt, wenn das letzte Straßenplättchen platziert wurde. Und meist fällt einem erst in diesem Moment ein, dass man doch eigentlich noch unbedingt dieses eine Plättchen aus der Auslage gebraucht hätte. Verdammt, jetzt geht das nicht mehr…

Das macht aber auch den Reiz von Phase 1 aus: Man ist gezwungen, ganz genau zu überlegen, ob man zunächst mit seinen Straßenplättchen eine Fläche zusammenstellt, auf der man ein bestimmtes Gebäudeplättchen gut platzieren kann oder ob man erst dieses bestimmte Gebäudeplättchen an sich nimmt, bevor es der Gegner tut. 

Startet man dann in Phase zwei wird es mit dem Dilemma nicht wirklich besser: Hier stellt sich auch in jedem Zug die Frage: Welches Gebäudeplättchen lege ich denn zuerst ab, kann ich schneller die Nachbarschaft der Siegpunkte verdoppelnden Straßenlaternen nutzen, als mein Gegner, wer belegt zuerst die lilanen Straßenfelder, die man – aber genauso der Gegner – dringend für die Platzierung bestimmter Gebäudeplättchen eingeplant hat.

Sind die eigenen Pläne erst einmal durchkreuzt und die Enttäuschung verdaut, geht die Suche nach Alternativen Lösungen los: Kann ich eine der Zusatzaktionen nutzen, um mein Gebäudeplättchen mit einem anderen zu tauschen oder kann ich vielleicht noch irgendwo ein lilanes Plättchen platzieren, um mir doch noch den benötigten Platz zu schaffen? Hat man den richtigen Geistesblitz, ist die Freude groß. Findet man keine Alternative, ist der Groll auf den Mitspieler und dann auch die Motivation, ihm gleichfalls etwas zu verbauen, noch größer.

Grundsätzlich ist das Spiel sehr interaktiv. Jede Aktion des Gegners hat Auswirkungen auf das eigene Tun. Konfrontation muss man gut aushalten können und schnell Abwägen, was das Beste unter den neuen Gegebenheiten ist.  

Die Zusatzaktionen in Form der um das Spielfeld ausliegenden Postkarten machen das Spiel nicht nur sehr stimmungsvoll, sondern auch abwechslungsreich und variabel. Die meisten Aktionen ermöglichen, die Zahl der Siegpunkte am Ende des Spiels zu vergrößern. So bringt die Tänzerin aus dem Moulin Rouge Punkte durch Blicke, die sie auf sich zieht, der Maler braucht Licht für sein Arbeit und erhält Siegpunkte für Laternen in seiner Umgebung. Alle Zusatzaktionen sind passend gewählt und betten das Spiel thematisch optimal ein. Und da in jedem Spiel acht der insgesamt zwölf Zusatzaktionen ausgewählt werden, bleibt auch Raum für viel Abwechslung.


Zusammenfassung

Paris – Die Stadt der Lichter ist ein außerordentlich liebevoll gestaltetes Taktik-Spiel für zwei, das von den Spielern einiges an Planungsgeschick verlangt. Hier muss in der ersten Phase genau geplant werden, wie die zweite Phase ausgestaltet werden kann. 

Allerdings müssen die Spieler trotz guter Planung äußerst flexibel bleiben, denn der Gegner verbaut einem garantiert die eigenen Pläne. Konfrontativ ist das Spiel auf alle Fälle und das muss man aushalten und auch schnell entsprechende Alternativen erarbeiten können! 

Durch die möglichen Zusatzaktionen bleibt das Spiel variabel, so dass es auch nach mehreren Partien immer noch abwechslungsreich und herausfordernd bleibt.

  • Leicht zu lernen, gut strukturiert
  • Spielaufbau jedes Mal variabel und dadurch ist jedes Spiel anders und wieder reizvoll
  • Hochwertige Gestaltung des Spielmaterials und sehr stimmungsvolles Szenenbild, das während des Spiels entsteht
  • Die Erklärung der Zusatzaktionen hätte auf den Postkarten geschrieben stehen können.
  • Man sieht nicht unbedingt die Postkarten und alle Funktionen, die auf der anderen Seite des Spielfelds ausliegen.
  • Ein Wertungsblöckchen wäre schön gewesen.

Aus meiner Spielerperspektive: Paris – Die Stadt der Lichter punktet bei mir in erste Linie durch die Optik. Mir gefällt es sehr, wie nach und nach die Stadt vor mir entsteht. Es fehlt nur noch eine Katze, die über die Dächer der Stadt streift – die hätte wirklich noch Platz gehabt… 

Spielerisch bin ich selber meist zu unflexibel, darauf zu reagieren, wenn meine Pläne durchkreuzt werden. Ich ärgere mich immer fürchterlich, wenn ich die ausgesuchten Gebäudeplättchen nicht wie geplant auf dem Spielfeld unterbringen kann. Dann heißt es umdenken und Alternativen ausknobeln. Das kann dann schonmal dauern. Aber daraus entsteht dann auch der wichtige Wiederspielreiz, denn die Herausforderung bleibt auch nach einigen Partien bestehen.

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