Montag, Mai 13, 2024
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REVIEW | Rezension Brettspiel Caper

Eines der Spiele, das durch seine Gestaltung richtig Atmosphäre zu schaffen weiß, ist Caper. Mit Unterstützung von liebenswerten kleinen Gaunern wie dem Bon Vivant, dem Schmuggler oder der Schauspielerin versuchen wir hier, das große Ding zu drehen. Mal stehlen wir Gemälde aus dem Louvre, mal Diamanten aus dem Museum. 

Caper ist bereits im Jahr 2018 erschienen und halt leider nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die es verdient hätte. Wer auf der Suche nach guten 2-Personen-Spielen ist, sollte daher unbedingt mal einen genaueren Blick auf Caper werfen!

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Das Ziel von Caper ist es, eine geschickte Diebesbande sowie praktische Ausrüstungsgegenstände für einen Raubzug zusammenzustellen, um an mehr oder weniger berühmten Orten möglichst lukrative Beute zu machen.

Caper ist auch mit drei oder vier Spielern spielbar, grundsätzlich aber als 2-Personen-Spiel konzipiert. Es läuft über sechs Runden – in drei von ihnen werden Karten mit Dieben von den Spieler:innen in die eigene Auslage gelegt, in den anderen dreien Ausrüstungskarten. Ziel der Kartenauslage ist es, zunächst einmal die Mehrheit an den drei ausliegenden Orten für sich zu entscheiden und die Belohnungen einzustreichen. Zudem werten die Ausrüstungsgegenstände und Diebeskarten auch noch mit Siegpunkten durch bestimmte Kombinationen. 

Zu Beginn jeder Runde erhalten alle die Diebes- oder Ausrüstungskarten für die jeweilige Runde. Jede:r darf eine Karte auswählen und in die Auslage legen. Danach werden die Karten gedraftet, das heißt, getauscht. So geht es weiter, bis alle bis auf eine abgelegt sind. Danach beginnt die nächste Runde. 

So geht es weiter bis zum Spielende. Danach werden zunächst die Caper-Mehrheiten an den einzelnen Orten ausgezählt und entschieden, wer die jeweilige Ortsboni erhält. Anschließend werden die Siegpunkte ausgewertet, die sich durch die ausliegenden Diebes- und Ausrüstungskarten ergeben. Wer am Ende die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Caper.

Vor jeder Partie Caper muss entschieden werden, an welchem Ort wir auf Raubzug gehen. Hierzu stehen drei unterschiedliche Locations zur Verfügung: Paris, Rom und London. Zu jeder Stadt gibt es individuelle Orte, Diebe und Ausrüstungen, deren Karten zum Grundstock dazu gemischt werden müssen. Die Schwierigkeitsstufen der Orte sind unterschiedlich. In Paris geht es noch recht harmlos zu Gange, in London, wird es deutlich schwieriger und konfrontativer.



AUTOR: Unai Rubio ■ ARTIST: Josh Emrich
VERLAG: Jumbo ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2019

spieler

2 Spieler (Variante für 3-4)

alter

ab 13 Jahren

zeit

ca. 30-45 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu )


SPIELGEFÜHL

Caper muss erarbeitet werden. Aber es lohnt sich!

Zu Beginn sollte man ein wenig Mühe in das Spiel zu investieren: Die Regeln sind zwar recht kurz und übersichtlich, allerdings hätten ein paar Beispiele gut getan. Das Grundverständnis für das Spiel ergibt sich sicherlich erst so richtig während der ersten Partie.

Dafür wurde mehr Arbeit und Ausführlichkeit in die liebevolle Gestaltung des Caper-Kataloges gesteckt, der als separates Heft beiliegt und die Bedeutung aller Karten und ihrer Symbole erläutert. Er ist gestaltet wie ein Shoppingkatalog für Kleinkriminelle und daher eines der Highlights in der Ausstattung. Diese wird weitergeführt über die tolle, mal wirklich „etwas andere“ Grafik auf der Karten bis hin zum Inlay, in dem die Fächer für die Karten sogar kleinen Tresoren nachempfunden sind.

Bildsprache will gelernt sein

Eine kleine Hürde steckt zu Beginn des Spiels im Verstehen der Bildsprache, die vom Stil her eher unüblich ist. Daher ist der Katalog, der die Karten erläutert, nicht nur originell, sondern auch für das Verständnis grundlegend wichtig. Hat man zwei, drei Partien des Spiels absolviert, kommt man damit aber gut klar. 

Das Nachschlagen im Katalog bestimmt aber den Charakter der ersten Partien. Gerade, wenn neue Städte mit neuer Bildsprache ins Spiel kommen, sollten am besten gemeinsam vor Spielbeginn die neuen Symbole geklärt werden. 

Ein wenig Verwaltungsaufwand ist noch zu leisten, um die Karten des jeweiligen ausgewählten Ortes in die Decks zu mischen. Dann kann es aber auch wirklich losgehen. 

Tolles Flair! 

Durch die Gestaltung des Spiels, im Besonderen der liebenswürdig skurrilen Diebes-Charaktere, der abgefahrenen Ausrüstungskarten und des Erläuterungskataloges entwickelt das Spiel einen tollen und einzigartigen Charme. Dieser trägt ganz wesentlich zum Spielgefühl bei. Man bekommt richtig Lust, mit den kleinen Gaunern auf Diebeszug zu gehen. 

Es entstehen durchaus skurrile Situationen, wenn sich die Nonne mit falschen Dokumenten oder einem Bart zum Ankleben auf den Weg zum Moulin Rouge macht. Oder die leicht bekleidete Schauspielerin mit dem Enterhaken in Richtung Vatikan unterwegs ist. 

Dabei sind auch mal fiese und gewitzte Schachzüge erlaubt oder sogar notwendig. Es ist – gerade in Paris – möglich, Caper ohne direkte Angriffe auf das Gegenüber zu spielen, aber das Spiel gewinnt deutlich, wenn man in die Konfrontation geht. Aber Vorsicht: Die Rache folgt sicher auf dem Fuße! Einige kleine Kniffe im Spiel sind zudem einfach fies: Geht das Geld im Vorrat aus, soll man sich kurzerhand bei seinem Gegenüber bedienen. Da kommt sicher Freude auf!

Drafting ohne Samthandschuhe 

Durch das Drafting und die offene Auslage kann man schön taktieren. Was benötige ich, was mein Gegenüber? Was brauche ich jetzt, was kann noch eine Runde warten? Nehme ich mir erst noch ein wenig Geld oder schnappe ich mir schon den Diamanten. Schöne Entscheidungen sind zu treffen. Jede Karte, die ich nehme oder im Deck lasse, will wohlüberlegt sein. 

Das Spiel ist optimal für alle, die viel zu Zweit spielen und nochmal etwas Neues suchen. Am besten auch Spieler:innen, die es vertragen können, dass die Samthandschuhe mal im Ausrüstungskoffer bleiben. 

Wer gewinnt?

Der Ausgang einer Partie Caper kann manchmal ordentlich überraschen. Nur Spieler:innen, die während des gesamten Spiels nachzählen, werden nicht von der finalen Schlusswertung überrascht. Wer sich im Wesentlichen um die Optimierung der eigenen Auslage kümmert und nur hin und wieder einen Blick auf die gegenerische Auslage wirft, kann am Ende des Spiels böse überrascht werden. Sicher geglaubte Ortswertungen und -boni können im letzten Moment zu Nichte gemacht werden. Wer die meisten Orte gewinnt, gewinnt nicht unbedingt die Partie. Und bei Gleichstand bekommt keiner die Ortswertung. Hier gibt es einiges zu beachten, aber oft ist es auch schön, sich ein wenig überraschen zu lassen. Wer sich hier zu Tode grübelt, überschreitet sicherlich die angegebene Spielzeit. Geübte Spieler kommen sicherlich mit 20 Minuten aus.

Steigerungsfähige Varianz

Durch die unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen bei den Orten besteht auf jeden Fall die Option, den Anspruch nach und nach zu steigern.

Varianz ist auf jeden Fall durch die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten der Orte und Diebe gegeben. Bis sich hier ein Szenario wiederholt, dürfte sehr viel Zeit vergehen. Jedes Spiel ist wieder anders, der Wiederspielreiz auf jeden Fall gegeben. Um das Flair der jeweiligen Städte zu garantieren, empfehle ich, auf jeden Fall einen der Orte für das Spiel auszuwählen, der typisch für die Stadt ist. Man fühlt Paris einfach besser, wenn der Eiffelturm auf dem Tisch liegt oder spürt London, wenn der Big Ben die Uhrzeit schlägt.

Was schön gewesen wäre

Die Abrechnung bei Spielende hätte durch einen gut gegliederten Wertungsblock einfacher sein können. So hätte die Reihenfolge besser vorgegeben werden können und man hätte das Risiko minimiert, etwas zu vergessen.

Für das Zählen der Punkte steht auf der Rückseite des Rundenzählers ein Werttungstableau zur Verfügung, auf der mit Holzklötzchen die Werte in Einer- und Zehnerschritten nicht unbedingt ruckelsicher markiert werden können. 

Die Variante für drei und vier Spieler habe ich nicht ausprobiert. Die Variante zu Viert spielt sich im Team. 


Zusammenfassung

Caper ist ein schönes, taktisches Spiel für Zwei, bei dem einige konfrontative Elemente Salz in die Suppe bringen. Es sollten daher nicht unbedingt Spielanfänger sein, die sich zusammen mit den liebevoll gestalteten Kleinkriminellen in ihrer Auslage auf den Weg zu ihrem großen Coup machen. 

Durch die variablen Spielelemente ergibt sich zudem ein abwechslungsreicher Spielaufbau, der Wiederspielreiz garantiert, und für viele Stunden Spielspaß sorgt.

Das Spiel ist stimmungsvoll illustriert, liebevoll gestaltet und wirklich mal „etwas anderes“. 

  • Sehr gut für zwei Spieler geeignet
  • Tolle Ausstattung und liebevolle Gestaltung
  • Taktische Tiefe und Steigerung der Konfrontationselemente möglich 
  • Abwechslung durch variable Spielelemente
  • Bildsprache ist nicht intuitiv
  • Variable Spielelemente erfordern bei Spielaufbau etwas Verwaltungsaufwand 
  • Wertungsblock wäre schön gewesen
  • Spielablaufkarten nur in englischer Sprache enthalten

Aus meiner Spielerperspektive:

Richtig gute 2-Personen-Spiele kommen gar nicht so häufig vor. 

Caper ist aber definitiv eines davon und verdient mehr Aufmerksamkeit, als es bisher bekommen hat.

Es ist mir wichtig zu betonen, dass es sich lohnt, nochmal in eine weitere Partie zu investieren, auch, wenn die erste Partie vielleicht noch etwas mühsam war. Ist die Bildsprache erst einmal verstanden, ist das kein Problem mehr.

Ich spiele Caper mittlerweile wirklich gern, obwohl ich am Anfang Schwierigkeiten hatte, mich an das Spiel zu gewöhnen.

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