Trist war es im alten Rom
Carpe Diem: Stefan Feld bei alea. Na das hört sich doch nach schönem Futter für das Gehirn an.
Umso enttäuschter war ich nachdem ich das Spiel das erste Mal gesehen habe. Da fällt mir doch Giovanni Trapattoni ein: „Was erlauben…“.
Inzwischen hat alea / Ravensburger reagiert und eine zweite Auflage herausgegeben. Hier wurden kleinere grafische Verbesserungen vorgenommen, die das Spiel erleichtern, aber aus Carpe Diem immer noch kein optisch attraktives Spiel machen.
Das Grafik aber nicht alles ist, zeigt zumindest die Nominierung zum Kennerspiel des Jahres 2019.
Das Spiel
Zunächst einmal müssen wir das Spielbrett vorbereiten. Vorab platziert jedoch jeder Spieler seine Spielfigur auf den Spielfeldern. Dann werden in der ersten Runde 28 hellgrüne Plättchen auf die Baufelder und 11 dunkelgrüne Plättchen auf die Siegelfelder gelegt. Jeder Spieler bekommt ein Bautableau und 4 zufällige Rahmenteile. Auf das Bautableau werden die 9 Banderolenplättchen ausgelegt. Zuletzt werden die Wertungskarten entsprechend der Spieleranzahl gemischt und auf die entsprechenden Felder gelegt.
Reihum ziehen die Spieler ihre Spielfigur nach rechts oder links und nehmen ein Plättchen. Das erste muss auf das Feld mit der Schaufel gelegt werden, alle anderen immer angrenzend zu bereits gelegten Plättchen. Dabei gibt es bestimmte Bauregeln, die zu beachten sind. Gebaut werden Villen, Kulturlandschaften (bringen Ressourcen), Unterkünfte (bringen Boni in Form von Broten, Münzen, Feldern auf der Banderolenfeld sowie Bauplättchen auf den Siegelfeldern) und Markt, Backstube sowie Brunnenfelder. Mit letzteren kann man zwei Sonderwertungskarten ziehen und davon eine behalten.
Ressourcen sind Fisch, Trauben, Kräuter und Hühner. Diese können entweder verkauft werden oder im Rahmen der Wertungen zum Rundenende gegen Siegpunkte getauscht werden. Münzen dienen als Substitute für Waren in der Wertungsphase. Mit Broten kann die Spielfigur beliebig versetzt werden bzw. mit drei Broten kann je eine Wertung erfüllt werden.
Nach jeder Runde findet die eben angesprochene Wertung statt. Hierzu legt man in der Reihenfolge der Banderolenwertung je einen Spielstein zwischen zwei Wertungskarten und erfüllt die Bedingungen (auch mehrfach). Kann man eine oder beide Bedingungen nicht erfüllen, kostet dieses 4 oder 8 Siegpunkte.
Dann werden für die Runden 2 und 3 je 28 neue hellgrüne Plättchen ausgelegt. In Runde 4 werden dafür die dunkelgrünen Plättchen benötigt.
Nach der Wertung der 4. Runde findet die Schlussabrechnung statt. Hier werden die bereits erreichten Siegpunkte mit den Villenwertungen, Rest-Ressourcen/Münzen/Broten sowie Punkte aus den Rahmenaufgaben, Brunnenkarten sowie den Fortschritt auf der Banderolenwertung zusammenaddiert.
Autor: Stefan Feld • Grafiker: Lalanda Hruschka
Verlag: alea | Ravensburger • Jahr: 2018
2-4 Spieler • ab 12 Jahren • ca. 60-90 Minuten
Spielregeln (ext. Link zu alea / Ravensburger)
Spielgefühl
Wenn man über Carpe Diem spricht, bleibt es gar nicht aus, dass man sich zunächst auf das Material stürzt. Geht man vom Gesamteindruck des Spiels aus, so hat man in sehr langweiliges Spiel vor sich. Etwas das mich gar nicht anspricht. In der ersten Auflage haben wir zudem noch farbliche Schwächen, die zum Glück in der zweiten Auflage verbessert wurden. Auch wurde der optisch unnötig komplexe Zugmechanismus inzwischen entschärft, ohne dass sich an der Spielmechanik etwas verändert hat.
Abgesehen von diesen Schwächen haben wir mit Carpe Diem jedoch ein sehr reizvolles Spiel zur Verfügung.
Wie man anhand der Schlusswertung schon sehen kann, gibt es viele Möglichkeiten an Siegpunkte zu kommen. Daher gibt es auch nicht die eine siegbringende Strategie. Ein wenig Glück ist durch die Brunnenkarten, Rahmenleisten und Plättchen im Spiel. Jedoch nichts, was man nicht auch ein Stück weit beeinflussen kann. Carpe Diem zeichnet sich durch einen hohen Interaktionsgrad aus. Dieses macht sich vor allem bei den Plättchen wie auch Wertungskarten am Ende einer jeden Runde bemerkbar. Von daher sollte man auch sehr stark auf seiner Platzierung auf der Banderolenleiste achten. Hier gilt es sich taktisch zu verhalten, da bei Gleichstand zählt, wer zu Letzt auf das Feld gekommen ist. Ein Einfaches davonrennen, kann mitunter auch nach hinten losgehen.
Durch die kurzfristige Plättchen- wie aber auch langfristig orientierte Wertungskartenauswahl kommen Taktiker wie auch Strategen nicht zu kurz. So ist Carpe Diem für den Spieler sehr abwechslungsreich und macht viel Lust auf weitere Partien.
Auch ist die letzte Runde sehr gut angepasst worden, da in dieser Phase neue Plättchen ins Spiel kommen. Während in den ersten drei Runden überwiegend Plättchen genutzt wurden, um die Flächen zu füllen, dienen die dunkelgrünen Plättchen eher dem Lückenschluß.
Carpe Diem lässt sich sehr gut mit 2 wie auch mit 3 oder 4 Spielern spielen. Nur in der Plättchenauswahl ist der Interaktionsgrad mit steigender Spielerzahl höher.
Kurzkritik: Wen die optische Aufmachung des Spiels nichts ausmacht, hat hier ein richtig gelungenes Kennerspiel vor sich. Was hätte da mit einer perfekten Grafik alles noch drin sein können. Auch eine bessere Benotung.
- Trotz schlechter Grafik hoher Wiederspielreiz
- Gute Anpassung an die Spielerzahl
- Taktik und Strategie im guten Einklang.
- Einfach zu verstehen, komplex zu spielen.
- Hohe Varianz über die unterschiedlichen Wertungskarten
- Was ist da bitte bei der Grafik passiert. Trotz der Anpassungen ist das Spiel weiterhin nicht gerade ein Augenschmaus.
Wen die grafische Tristesse nicht stört, der hat mir Carpe Diem ein richtig gutes Kennerspiel vor sich. Vor allem der attraktive Grad an Interaktivität und Varianz in den einzelnen Spielen machen sehr viel Spaß, so dass dieses Spiel fest in die Sammlung eines Spielers gehören sollte. Sehr schade, dass man mit einer vernünftigen Grafik diesem gelungenen Werk nicht den entsprechenden Respekt gezollt hat.
Hier eine Auswahl der Unterschiede zwischen der ersten und zweiten Auflage. Mit bloßem Auge sind die Unterschiede allerdings deutlicher zu erkennen:
Da ist ja wirklich ein Unterschied, der gegen NULL geht. Na, dann bin ich ja froh, dass ich mich nicht darüber ärgern muss, die 1. Auflage gekauft zu haben…
Das gibt das Bild leider nicht ganz wieder. Es gibt schon Unterschiede. Klein aber fein.
Aber man kann mit der 1. Auflage das Spiel sicherlich immer noch gut spielen.
Wen die grafische Tristesse nicht stört,…so macht obiger Satz einen Sinn.
Ein richtig gutes Kennerspiel! Die Grafik ist zwar etwas langweilig, aber längst nicht so schlecht, wie oft geschrieben. Außerdem ist es Geschmacksache! Nicht nachvollziehbar für mich, dass jetzt der Zugmechanismus geändert wurde! Gerade das sternförmige hin- und herziehen war in der ersten Auflage der Kniff! Für den aktiven Spieler eine Herausforderung zu planen, welche Optionen man in den folgenden Runden haben würde, aber auch die Strategie der Mitspieler zu erkennen. Wenn man jetzt nur noch nach links oder rechts ziehen kann, funktioniert es sicher auch, wird aber insgesamt einfacher zu durchschauen und damit langweiliger. Schade.
Mich wundert nur, warum in der neuen Auflage anders gezogen wird, also auf das Feld nach links oder nach rechts und nicht mehr nach gegenüber auf zwei mögliche Felder. Hätte man doch so lassen können, auch wenn die Linien nicht mehr da sind. Der Sinn erschließt sich mir nicht ganz. Vosscar