Durch mein Brettspiel Hobby habe ich auf spielerische Weise bereits einiges über vergangene Kulturen gelernt. Das Volk der Marajó war mir allerdings noch nicht bekannt. Die Kultur ist bekannt für seine Keramik-Kunst und namensgebend für das Spiel Marajoara. Zugegebenermaßen ein etwas sperriger Titel, der zunächst nicht so richtig hängen bleiben und erst gelernt werden will.
Was bei mir hängen blieb, war der erste Blick auf das Spielbrett und das machte mich neugierig…
Carina

In Marajoara erforschen wir die Keramik-Kultur des Marajó-Volkes.
Wir statten zunächst das Spielfeld mit 52 Würfeln aus. Die Würfel gibt es in den Farben, rot, gelb, blau und schwarz und sie zeigen obenauf zunächst alle den Wert 1.
Alle Mitspielenden erhalten ein Museumstableau und Material in ihrer Spielfarbe bestehend aus 5 Vasen sowie 6 Scherben. Auf den Leisten, die auf dem zentralen Spieltableau aufgedruckt sind, platzieren wir einen unserer Marker auf dem Startfeld.
Wer an der Reihe ist, wählt einen der ausliegenden Würfel und springt mit ihm über einen angrenzenden anderen Würfel. Dabei wird der Wert des springenden Würfels bei der Landung um den Wert 1 erhöht. Landet er auf besonderen Feldern, kann sich der Wert ggf. noch weiter erhöhen. Den übersprungenen Würfel dürfen wir zu uns nehmen und je nach Farbe damit folgendes tun:
- Ist der Würfel blau, rot oder gelb, legen wir ihn zunächst auf einen der drei Plätze je Farbe auf unserem Museumstableau ab.
- Handelt es sich um einen schwarzen Würfel, wird er sofort eingesetzt, um einen unserer Marker auf einer der drei Leisten auf dem Spielplan vorzubewegen. Wir erhalten sofort den Bonus, den das Feld anzeigt.
- Landet der Würfel, mit dem wir in unserem Zug springen, auf ein von mir auf dem Spielplan eingesetztes Fundplättchen, darf ich einen der Würfel in meinem Besitz um den Wert 1 erhöhen. Lande ich auf einem gegnerischen Fundplättchen, darf die generische Person einen Würfel in deren Besitz um den Wert 2 oder zwei Würfel um den Wert 1 erhöhen.
Mit den farbigen Würfeln können wir unterschiedliche Aktionen durchführen:
- Die blauen Würfel können wir verwenden, um unsere große Vase wieder zu restaurieren und aus den Scherben zusammenzusetzen. Jede Scherbe hat eine bestimmte Vorgabe, die erfüllt sein muss, damit sie ins Spiel gebracht werden kann und Punkte bringt (z.B. ein Würfel mit dem Wert 6, beliebig viele Werte, die zusammen den Wert 5 oder mehr ergeben…)
- Die gelben Würfel stellen das Geld dar. Das Geld benötigen wir im Wesentlichen dafür, um mit den roten Würfeln zusammen eine Ausstellung an Vasen zu realisieren. Mit den gelben Würfeln können wir aber auch den Wert der blauen Würfel erhöhen oder die Position von Würfeln auf dem Spielfeld zu manipulieren, um eine bessere Ausgangsposition zu erhalten.
- Die roten Würfel symbolisieren die Vasen. Die Augenzahl eines roten Würfels muss mit Augen der gelben Würfel bezahlt werden. Dann kann man diese ausstellen und erhält Punkte entsprechend dem doppelten Wert der Augenzahl des roten Würfels sowie ggf. weitere Punkte für das Feld, auf dem man die Vase platziert.
Würfel, die benutzt wurden – egal ob schwarz oder farbig – kommen nach Verwendung oben in eine Schubkarre. Würfel, die dafür unten wieder rausrutschen, müssen wieder auf dem Spielfeld eingesetzt werden. Am Ende der 14. Runde werden zu den während des Spiels erzielten Punkte noch weitere addiert, die sich daraus ergeben, wer bei den Ausstellungen die meisten Stücke zu bieten hat. Wer die meisten Punkte erzielt, gewinnt Marajoara.
Brettspiel Regeln
Spielregeln (ext. Link zu )


Meiner Einschätzung zu Marajoara möchte ich die Information vorausstellen, dass ich das Spiel bislang nur zu zweit oder zu dritt spielen konnte. Und da wir gerade beim Thema Spielerzahl sind: Zu dritt gefiel mir das Spiel auf jeden Fall besser. Marajoara lebt auf dem Spielbrett davon, dass Würfel bewegt werden und sich daraus Optionen ergeben. Je mehr Personen mitspielen, desto mehr kann passieren. Aber es kann einem auch mehr weggenommen werden… Aber fangen wir erstmal woanders an.
Mehr Beispiele bitte
Mit der Anleitung haben wir uns ein wenig schwergetan und das hat den Einstieg ins Spiel mit Diskussionen begleitet. Vermutlich haben wir zu kompliziert gedacht, als es um die Verwendung der gelben Würfel als Geld ging. Hier hätten wir uns ein oder zwei weitere Beispiele gewünscht, um klarzustellen, wie man die Würfel anwendet. Auch ein Auswertungsbeispiel für das Spielende fehlt mir, denn so hat man keine Benchmark, um sein Endergebnis einzuordnen.
Fummelig für dicke Finger
Marajoara hat einen sehr abstrakten Spielkern: Das (Ausgrabungs-)Feld mit den Würfeln. Das Spielfeld hat mich optisch sehr gecatcht und fasziniert die meisten beim ersten Anblick. Das Feld anfänglich so einzurichten, dass alle Würfel mit dem Wert 1 nach oben liegen, ist aber ein Geduldsspiel. Und auch im Spielverlauf ist die Mechanik nichts für dicke Finger: Mit spitzen Fingern tauchst Du in das Meer der Würfel ab, friemelst Dir den gewünschten Würfel raus, drehst so lange, bis der nächsthöhere Wert sichtbar wird und setzt ihn auf dem Zielfeld wieder ab. Verdammt – war da ein Symbol darunter, das mich den Würfel weiter erhöhen lässt? Dann friemelst Du den Würfel wieder raus, drehst noch ein bisschen weiter und setzt ihn wieder ab. Grundsätzlich nicht schwierig, aber fummelig. Und lass den Würfel ja nicht versehentlich aufs Spielfeld fallen – dann kannst Du das Spiel gleich annullieren, wenn alle Würfel verspringen…
Mehr für mich, nichts für die Anderen
Das Sinnen und Trachten auf dem Tableau schwankt immer zwischen: Das Optimum für mich und ja keine Vorlage für die anderen. Die Angst vor Vorlagen wird potenziert durch die Fundplättchen der generischen Personen, die im Laufe des Spiels auch noch mehr werden. Ich würde mir lieber einen Finger abhacken, als einen Würfel auf fremde Fundplättchen abzustellen und so meinen Mitspielenden die Erhöhung ihrer Würfel zu verschaffen. Nene, die Fundplättchen wirken eher wie Tretminen, die es zu meiden gilt. Ich habe im Verlauf der Partien gemerkt, dass dies eher zur Motivation wird, einen Zug auf eine gewisse Weise durchzuführen, als der eigene Vorteil. Die Fundplättchen sind daher ein interessanter Faktor im Spiel, der aber eher hemmend wirkt und nur selten zum Einsatz kommt. (Bei den Fundplättchen frage ich mich auch, warum es notwendig war, die Aufkleber darauf anzubringen. Das hätte man sich m.E. sparen können.)

In welcher Runde sind wir jetzt?
Worauf Du auch achten solltest: Stell den Rundenmarker weiter – wir haben das ständig vergessen: Egal wie oft wir gespielt haben – immer liegt die Priorität auf der Beobachtung des Spielfelds und dem Ausloten des nächsten Spielzugs. Du starrst also auf das Feld, schaust, was die anderen machen und ob sich für dich eine gute Gelegenheit ergibt. Wenn Du sie siehst, greifst Du direkt zu, wenn Du an der Reihe bist. Dann ist nicht Dein erster Gedanke: „Schieb den Rundenmarker weiter.“ Ich hätte mir daher ein anderes Spielende gewünscht. Das hätte sich für mich besser angefühlt. Denn auch, wenn wir mal regelmäßig an den Marker gedacht haben, waren wir nie sicher, ob wir ihn nicht mal vergessen haben.
Rein in die Karre, raus aus der Karre
Ihr merkt schon, der Speilablauf fühlt sich für mich etwas hakelig an. Ein weiterer Faktor ist dabei die Schubkarre: Sicherlich ist diese thematisch und in ihrer 3D-Gestaltung auch nett anzusehen. Aber auch hier: Es ist unnötig aufwendig die Würfel vorne erst wieder rauszufriemeln und dann hinten wieder reinzupacken. Die Mechanik ist ja grundsätzlich gut, dass die genutzten Würfel nach einer kurzen Pause wieder mit höheren Werten ins Spiel kommen, aber das hätte man auch per aufgedruckter „Leiste“ auf dem Spielbrett erledigen können. Die Würfel mit den hohen Werten werden von allen mit Freude auf dem Spielfeld willkommen geheißen. Blöd ist es nur, wenn man danach nicht direkt an der Reihe ist und davon gar nicht profitieren kann…
Fancy Vasen
Mit Archäologie-Themen kann man mich eigentlich immer catchen. So war es dann auch hier. Aber leider hat mich das Thema nicht so gepackt: Das Ausgrabungsfeld mit den Würfeln, die ich überspringe, passt für mich irgendwie nicht und Vasen sind halt auch nicht so ein richtig fetziges Thema – selbst für Archäologie-Interessierte nicht. Grundsätzlich ist natürlich nichts verkehrt daran, dass ich meine Ausgrabungen mache und versuche, Ausstellungen zu kuratieren, für die ich das entsprechende Geld eintreiben muss. Ich will meine Scherben zusammensetzen und meine große Vase bewundern, aber fertig bekommen hat diese Vase in unseren Partien niemand. Daher versetze und drehe ich in diesem Spiel im Wesentlichen doch nur Würfel und das Thema bleibt aufgesetzt.
Verwobenes Gedankenspiel
Marajoara ist nicht wirklich komplex. Dennoch gibt es einiges zu überdenken und alles hängt irgendwie zusammen. Daher würde ich dem Spiel attestieren, dass es sich auf der Schwelle zum Kennerspiel befindet. Meine Überlegungen und Planungen in Bezug auf meine Ausstellung hängen immer mit den Würfeln zusammen. Und die Würfel sind eingebettet in eine Situation auf dem Spielbrett, die ich ständig auf gute Gelegenheiten scannen muss. Nicht zu unterschätzen sind auch die Ausgrabungsleisten, auf denen wir entlanggehen können. Die Optionen, die sich uns da bieten, können sehr nützlich sein. Aus diesem Grund sind auch immer die schwarzen Würfel zu beachten. Aber man sollte sich bei allem davon frei machen, eine vollständige Ausstellung zu schaffen – das haben wir innerhalb der 14 Zügen noch nicht hinbekommen. Und dabei haben wir meist gar nicht lange gewartet und unsere Würfel langwierig in den Werten aufgelevelt. Frei nach dem Motto: Was man hat, hat man und dann raus damit.

- Toll gestaltete, praktische Spielschachtel/Verpackung
- Spielfeld mit den zu überspringenden Würfeln = unverbrauchte Mechanik
Marajoara bietet mit dem Ausgrabungsfeld, das sich aus den Würfeln zusammensetzt, die wir überspringen, um sie zu erhalten, eine noch recht unverbrauchte Mechanik. Es handelt sich aber um eine abstrakte Mechanik, die sich nicht ohne Brüche mit dem Thema verbindet. Auf diese Weise bleibt der archäologische Hintergrund eher im Dunkeln. Zum schwierig auszusprechenden Spieltitel kommen hakelige Elemente im Spiel, die den Spielflow behindern und den Gesamteindruck sperrig erscheinen lassen.
Grundsätzlich haben wir in Marajoara schöne kleine Herausforderungen zu meistern und erleben Wettbewerb und Interaktion auf dem gemeinsamen Spielplan, dennoch konnte ein wirklich rundes Spielgefühl in unseren Partien nicht aufkommen.



AUTOR: Daniel de Lucca
ARTIST: Carmen Ferreira Martinez
VERLAG: Giant Roc
ERSCHEINUNGSJAHR: 2025

1-4 Spielende
12 Jahre
60 Min.







