Sonntag, Oktober 13, 2024
StartJahr2022REVIEW | Rezension Brettspiel Aeolos

REVIEW | Rezension Brettspiel Aeolos

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Brettspielen bildet: Dass Aeolos bzw. Aiolos eine Gestalt der griechischen Mythologie ist und „irgendwas mit Wind“ und Odysseus zu tun hat, dürfte dem ein oder anderen bekannt sein. Es schadet nie, hin und wieder mal zu googeln und löchrig gewordenes Geschichtswissen wieder aufzufrischen. Nicht zuletzt, um vielleicht den fragenden Kindern Antworten zum Hintergrund des Spiels zu geben, das gerade auf dem familiären Spieltisch liegt – da gehört Aeolos nämlich hin. Was das Spiel außer mythologischen Anleihen noch mitbringt, habe ich mir angeschaut.

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Der Herrscher über die Winde – Aeolos – lädt uns in diesem Spiel zu einem Wettstreit ein. Wir bauen Schiffe und Siedlungen, sammeln Kristalle, segeln von Hafen zu Hafen und durch Flüsse zu Tempeln, wo wir viel Ruhm – sprich Siegpunkte – erzielen können. 

Grundsätzlich ist Aeolos ein Rennspiel, das so lange gespielt wird, bis wir den Nachziehkartenstapel durchgespielt haben – je nach Spieleranzahl auch zweimal. 

Wer an der Reihe ist, spielt aus seinen Handkarten ein Karte aus und bestimmt somit den sog. Segelwert. Mit diesem bestimmen wir, zu welchem Hafen wir segeln oder auf welches Flussfeld wir unser Schiff setzen dürfen. 

Erreichen wir auf diese Weise einen Hafen, können wir dort die Hafenaktion nutzen. Diese erlaubt uns beispielsweise weitere Schiffe zu bauen, Siedlungen zu bauen oder Kristalle einzusammeln.

  • Mehr Schiffe geben uns mehr Bewegungsfreiheit und ermöglichen es, dass wir auch welche abstellen können, um die Flüsse entlang zu fahren.
  • Die Siedlungen schaffen uns Präsenz in Häfen. Wir müssen also nicht erst mit unseren Schiffen dorthin fahren, um die Aktion ausführen zu können.
  • An anderen Häfen können wir Aktionskarten erhalten, die uns in unterschiedlicher Weise die Gunst der Götter gewähren.
  • In einem weiteren Hafen erhalten wir Siegpunkte.
  • Eine besonders wichtige Aktion ist es, Windmarker zu sammeln, denn diese erlauben uns, unsere Segelwerte zu erhöhen oder zu senken und so flexibler handeln zu können. 
  • Mit Hilfe der Windmarker können wir mit einer anderen Aktion auch unsere Schiffe durch die Flüsse leiten und erreichen an ihrem Ende Tempel, in denen es eine Menge Siegpunkte und attraktive Boni zu erreichen gibt.
  • Zu guter Letzt erlauben es die Windmarker in einer weiteren Aktion auch, unseren Propheten zu bewegen. Auch er kann Aktionen auslösen, mit denen wir Siegpunkte generieren.

Zudem können wir in einigen Häfen auch Kristalle einsammeln. Per Set Collection können wir für ein komplettes fünfteiliges Set bei Spielende 25 Punkte erhalten. Auch restliche Windmarker und Gunst-Karten bringen bei Spielende Punkte. Wer dann die höchste Gesamtpunktzahl erzielt hat, gewinnt Aeolos

Neben dieser Grundvariante hat das Spiel noch vier kleine Varianten zu bieten.



AUTOR: Arve D. Fühler, Guido Eckhof ■ ILLUSTRATION & GRAFIK: Marco Armbruster
VERLAG: SPIEL DAS! Verlag ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022

spieler

2-4 Spieler

alter

ab 10 Jahren

zeit

ca. 60 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu Spiel das!)


SPIELGEFÜHL

Ein großes Wettrennen

In Aeolos bestreiten wir Wettrennen und das auf mehreren Ebenen: Zum einen beeilen wir uns, unsere Pläne bis zum Spielende voranzutreiben und das kann in diesem Spiel schneller kommen, als es einem lieb ist. Außerdem kann es zu einem Rennen um die beliebten Kristalle kommen. Oder um eine Konkurrenz um die besten Bauplätze in den Häfen der Inseln. Oder um einen Wettlauf darum, als erstes die lukrativsten Tempel zu erreichen. Tja, bei all dem gilt es schnell zu sein und zu entscheiden: Was soll ich nur als erstes tun?

Kristalle sammeln, Schiffe bauen

In den meisten Fällen beginnt das Spiel mit einem Wettlauf um die Kristalle, die auf den Inseln ausliegen. Es sind eigentlich genug für alle da, aber da es nicht verboten ist, mehrere Sets zu sammeln, kann es schon mal vorkommen, dass einem ein dringend benötigter Kristall vor der Nase weggeschnappt wird.

Dann sollte man sich vielleicht lieber auf „Schiffe bauen“ konzentrieren, denn je mehr Schiffe wir haben, desto flexibler sind wir auf dem Spielplan. Nur, wenn wir ausreichend Schiffe haben, können wir zwischen den Häfen hin- und herreisen, und gleichzeitig auch Schiffe in die Flüsse zu den Tempeln schicken.

Klappt es nicht zu Wasser, dann an Land…

Kommt man nicht zum Schiffe bauen, kann man an interessanten Hafen-Standorten auch Siedlungen bauen. Auf diese Weise brauche ich künftig keine Schiffe mehr vor Ort, um die Aktion nutzen zu können. Einige der Standorte sind eher uninteressant, weil man diese nicht häufig im Spiel verwenden wird, andere sind hart umkämpft, denn alle haben Interesse daran, dort zu siedeln. Da der Bauplatz begrenzt ist, wird das hin und wieder auch nicht klappen wie geplant…

…oder mit Flüssen und Tempeln

Wenn man überall zu spät dran sein sollte, kann man sich immerhin jederzeit über die Flüsse auf den Weg zu den Tempeln begeben, wo wir die richtig dicken Punkte oder den begehrten lila Kristall, der nur an einem Tempel verfügbar ist, abgreifen können. Die Flüsse sind nicht zu einfach zu passieren, da benötigen wir ordentlich Wind und die Verfügbarkeit der entsprechenden Aktion, um unser Ziel zu erreichen. Das ist gar nicht so einfach, denn den Weg zu den Tempeln schaffen wir nur über den Hafen mit dem Wert 3. 

So einen kleinen Wert erzielen wir nur selten mit unseren Handkarten. Diese entscheiden nämlich, ob uns das Glück hold ist oder nicht. Da wir immer nur eine Karte ablegen dürfen und mit einer bereits ausliegenden Karte eine Summe zu bilden, wird es natürlich schwierig, die kleinen Werte zu erzielen. Natürlich können wir mit unseren Windmarkern den Segelwert reduzieren, aber die Windmarker benötigen wir doch, um dann den Fluss entlangzuschippern und wenn wir sie vorher ausgeben … ach Ihr merkt schon, das Dilemma ist allgegenwärtig!

Leicht verständlich: Die Gunst der Götter

Nicht zu unterschätzen sind die Aktionskarten, die uns die „Gunst der Götter“ einbringt. Hier können schöne Zusatzaktionen oder Boni drinstecken, die einem zur rechten Zeit den geeigneten Stubs in die richtige Richtung geben können. Gerade hier ist lobend die gute Symbolsprache des Spiels anzumerken. Die ist – bis auf zwei Ausnahmen bei komplexeren Karten – sehr gut verständlich. 

Schnell kapiert, aber wie geht das mit den Flüssen?

Aeolos ist generell ein sehr zugängliches Spiel, aber auch gar nicht so einfach zu meistern. Gerne stehen uns die Mitspielenden oder das (Un-)Glück im Weg. Wir haben nur kleine Stellschrauben zur Verfügung, uns hier zur Wehr zu setzen. Aber die können wir nutzen. 

Die Regeln des Spiels sind nicht allzu umfänglich, was die Zielgruppe nicht verschrecken sollte. Die Regeln sind auch klar – einzig die Regelung, wie man in die Flüsse hinein-, entlang- und hinauskommt führte immer mal wieder zu Irritationen und Nachfragen. Sie werden durch die Regeln aber beantwortet. Vielleicht hätte hier ein Beispiel, welches den gesamten Prozess beschreibt, geholfen. 

Look und Dauer

Optisch kommt Aeolos farbenfroh daher. Das gefällt nicht allen. Den meisten gefällt der Look des Spiels, manche fühlen sich an die Wandmalerei in griechischen Lokalen erinnert. Immerhin wird so auf jeden Fall griechische Atmosphäre geschaffen. Spielt man mit vier Spieler:innen, entsteht mit den Schiffen, Propheten und Siedlungen eine schöne Tischpräsenz. 

Geübte Spieler:innen benötigen die angesetzten 60 Minuten auf jeden Fall nicht – gerade mit zwei Mitspielenden ist man deutlich schneller durch. Zwei Personen sind aber nicht unbedingt der sweet spot für das Spiel. Auch, wenn es für zwei Spielende eine separate und entsprechend angepasste Spielbrettseite gibt, die gut funktioniert, ist es mit mehr Spielenden in meinen Augen reizvoller, Aeolos zu spielen.

Von den vier kleinen Varianten habe ich bislang nicht alle probiert. Sie ändern die Spielregeln eher sanft, sorgen aber dafür, dass man kleine Facetten am Spiel ändern und somit auch den Wiederspielreiz höher halten kann. 


Zusammenfassung

Aeolos ist ein schönes Familienspiel mit einem dafür gut gebalanceten Anspruch – es ist nicht einfach und stellt schöne Aufgaben, aber es überfordert dabei auch niemanden. Es ist schnell aufgebaut, die Möglichkeiten sind übersichtlich, man kann es anderen zügig erklären, die Regeln sind gut verständlich. 

Zu Zweit sind die angegebenen 60 Minuten nicht notwendig, aber vermutlich ist es mit mehr Spieler:innen auch immer ein wenig reizvoller. Gegen den Gewöhnungseffekt bietet es noch kleine Varianten, mit denen man das Spiel abwechslungsreich gestalten kann. Es gefällt mir als Familienspiel wirklich gut – wer in dem Bereich etwas sucht, macht mit Aeolos nichts falsch.

Für die Zielgruppe Familie und Gelegenheitsspieler:innen daher die Wertung:

  • Zugängliches Regelwerk, einfach verständlich 
  • Fordert interessante Entscheidungen, die sich durch den Wettrenncharakter ergeben 
  • Bringt kleine Varianten gegen den Gewöhnungseffekt mit
  • Optik ist nicht jedermanns Sache
  • Das (Un-)Glück spielt aktiv mit und kann schonmal Einfluss nehmen
  • Flussfahrregeln könnten klarer sein

Aus meiner Spielerperspektive: Mit den Augen eines Vielspielers gesehen ist nach einigen Partien und dem Kennenlernen der Varianten von Aeolos dann irgendwann die Luft raus. Ich würde es aber jederzeit in Erwägung ziehen, wenn ich ein Spiel für den Anlass einer Familien- oder Gelegenheitsspielerrunde, wofür es ja auch konzipiert ist, suche. Wer beispielsweise Monasterium von Arve D. Fühler kennt und vermutet, dass der Autor hier ein ähnliches Spiel    entwickelt hat, wird enttäuscht und sollte bei dem tollen Spiel rund um die Klöster bleiben.

2 Kommentare

  1. Hallo,
    ich weiß nicht, wie Ihr die Flußregeln interpretiert habt, wir hatten da zugegeben auch unsere Anfangsschwierigkeiten, die Regel ist da wirklich leicht mißverständlich. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: man springt die Felder mit Zahlen direkt mit einem Schiff an, wie die anderen Häfen auch und muss ggf, nur den letzten Teil in den Hafen mit der 3er-Segelaktion zurücklegen.
    Noch ein Tipp von Autor Guido: Die 7er-Aktion (4 Siegpunkte) ist sehr schwach, nutzt eigentlich kaum mal jemand. Besser man legt dort das Aktionsplättchen aus den Varianten mit der freien Aktion hin. Wer also eine sieben hat (recht häufig) kann eine beliebige Aktion durchführen.

    • Bei der Flussregel gibt es aber auch noch eine zweite Möglichkeit: Man startet an einem der Häfen, die in die Flüsse hineinführen und fährt von dort aus mit der Aktion von Hafen 3 in die Flüsse rein. So haben wir das zumindest verstanden.
      Danke auch für den Hinweis zu Hafen 7.

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