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REVIEW | Rezension Brettspiel Fika

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Brettspielbox Brettspiele

Lasst Euch vom Cover des Brettspiel Fika nur ja nicht täuschen – Kaffee und Kuchen und eine nette „Kaffeepause mit Köpfchen“ – wie es der Untertitel verspricht? Hah! Das wahre Cover sollte Kampfrobotor zeigen, die mit blutigen Kreissägen aufeinander losgehen. 

Dieses Bild trifft den Spielcharakter eher, denn wer sich hier in die Kaffeepause begibt, muss sich warm anziehen und darf keine Konfrontation scheuen!

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Fika ist ein Kartenspiel für zwei Personen. In der Rolle von zwei Cafébesitzer:innen spielen wir pro Runde fünf Karten in unsere Caféauslage. Danach ermitteln wir, wer die meisten Punkte erzielt. Wer zwei dieser Runden für sich entscheiden konnte, gewinnt eine Partie Fika.

In der Tischmitte liegen fünf Straßenkarten aus, an die wir unsere Handkarten anlegen können. Zu Beginn des Spiels erhalten wir sechs Handkarten. Zudem gibt es eine offene Auslage von vier Karten sowie zwei Karten, die verdeckt ausliegen und als Kaffeeklatsch bezeichnet werden. 

Wenn es losgeht, wählen beide Spieler:innen eine Handkarte verdeckt aus und decken diese dann auf. Die Karte mit dem höheren Wert wird als erste an eine der Straßenkarten in der Tischmitte angelegt und optional der aufgedruckte Effekt abgehandelt. Dann legt auch die andere Person ihre Karte an und handelt ihren Effekt ab. Zeigen die Karten die gleichen Werte, entscheidet die vor dem Spiel abgestimmte Farbreihenfolge, wer zuerst ausspielen darf. 

Dies wird fünfmal wiederholt, dann ist die Runde vorbei und es wird abgerechnet.

Die Karten gibt es in drei Farben und in den Werten 1 bis 6. Zahlen mit gleichen Werten haben den gleichen Effekt und die gleiche Zielbedingung. 

Die meisten Effekte beziehen sich darauf, Karten zu tauschen – dies kann die eigene, die generische oder beide Auslage oder auch die Karten im Vorrat betreffen. Andere Karten bewegen die beiden Kaffeeklatschkarten, die bei der Rundenwertung als Multiplikatoren gelten. Die Karteneffekte führen dazu, dass die Positionierung von Karten im Spiel häufig wechselt oder bereits abgelegte Kombinationen wieder auseinandergerissen werden. Sobald aber fünf Karten in der eigenen Auslage liegen, darf mein Gegenüber meine Auslage nicht mehr manipulieren.

Die Zielbedingungen auf den Karten sind ebenfalls vielfältig: Mal erhält man Punkte für die bestimmte Anordnung von Karten in der eigenen Auslage, mal für Farbkombinationen oder das Platzieren einer Kaffeeklatschkarte. 



AUTOR: Pieter van Gompel ■ ILLUSTRATIONEN: Beth Sobel
VERLAG: Board Game Circus ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022

spieler

2 Spieler

alter

ab 10 Jahren

zeit

ca. 20 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu Board Game Circus)


SPIELGEFÜHL

Es ist nicht das, wonach es aussieht!

Stellt Euch zunächst eine kleine, kopfsteingepflasterte Straße in der Altstadt von Göteborg vor. Auf der linken Straßenseite ein blaugestrichenes Caféhaus mit kleinen, weißen Bistrotischen vor den frisch gestrichenen Fensterläden. Auf der rechten Seite ein zweites Café in einem orangefarbenem Haus, an dem an der ein oder anderen Stelle ein wenig der Putz bröckelt. Rechts und links dieser pittoresken Straße blühen gerade Bornholmer Stockrosen in voller Pracht und über der Straße, am azurblauen Himmel, fliegt eine Möwe in Richtung Meer, von dem eine frische Brise herüber weht – das ist das Setting von Fika, das sehr ansprechend von Beth Sobel gestaltet ist.

Plötzlich fliegen dann mit einem lauten Knall beide Türen der Cafés auf und in der Dunkelheit der dahinterliegenden Flure erkennen wir schattenboxende Kämpfer, die sich zu den ersten Klängen von „Eye of the Tiger“ ihren Weg auf die Straße freimachen. Beide schleudern ihre Handtücher in den Straßenstaub, werfen die Kapuzen ihrer Umhänge zurück und während ich noch rufen will – „Nimm doch bitte einer die Katze da weg“ – gehen die beiden schon erbarmungslos aufeinander los. Das, liebe Leser:innen, ist der wahre Kern des Spiels!

Habt Ihr Interaktion vermisst – dann seid Ihr hier richtig!

Mit dieser szenischen Einleitung habe ich hoffentlich alle entsprechend gewarnt, die meinen, hier „ein nettes kleines Spielchen für die Kaffeepause“ zu erwerben. Geht nicht mit dieser Einstellung an die Sache! Macht Euch klar: Fika ist knallharte Interaktion, die von einem verlangt, zuzuschlagen, bevor es der Gegner oder die Gegnerin tut. Wer bei vielen Spielen, die heute auf den Markt kommen, die fehlenden Interaktion bemängelt, findet hier einen Gegenpol. 

Das zentrale Element des Spiel besteht darin, dass alle Karten einen Effekt haben, der das Spiel unentwegt verändert. Einige dieser Aktionen steuere ich mit meinen eigenen Karten, aber mein Gegenüber hat auch so seine Ideen und daher bin ich mir niemals sicher, dass meine Auslage nach der nächsten gespielten Karte noch so daliegt, wie ich mir das wünsche.

Effekte, Lernkurve, Varianz

Wer Fika kennenlernt, muss sich erst einmal mit den Karten und ihren Effekten vertraut machen. Die Karten transportieren einige Informationen, die verarbeitet werden wollen: Eine Ziffer, eine Farbe, einen Effekt, ein Ziel für die Endwertung und dann noch ggf. eine Besonderheit, die die Karte bewirkt. 

Da muss man sich zu Beginn erstmal eingrooven und die ersten Partien sind ein Ausprobieren und die Erkenntnisse fließen in eine entsprechende Lernkurve. Dabei unterstützen die Spielhilfen, die einen Überblick über die Wirkweise der Karten geben, bis man sich besser auskennt. 

Zum Auskennen gehört auch das Ausprobieren und erst nach und nach lernt man kennen, in welchen Spielsituationen welche Karten richtig mächtig sein können. Das Spiel gestaltet sich aber jedes mal anders, denn die 18 Cafékarten bringen erstaunlich viel Varianz.

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt!

In Fika kann ich Pläne schmieden, jedoch sind die schneller zu Nichte gemacht, als ich bis drei zählen kann. Das kann reizvoll sein, ist aber sicher nichts für jeden und man sollte wissen, was einen erwartet, wenn man Fika zur Hand nimmt.

Nachdem wir unsere Handkarten aufgenommen haben, folgt erstmal eine Planungsphase, die eigentlich bereits der wichtigste Teil des Spiels ist. Hier muss ich einiges – wenn nicht sogar alle meine Spielzüge – be- oder durchdenken:

  • Welche Karten habe ich auf der Hand? 
  • Welche Ziele kann ich mit Ihnen verfolgen, um am Ende möglichst viele Punkte zu erreichen? 
  • Kann ich ggf. Karten mit dem Vorrat tauschen? Liegt dort etwas aus, was ich gut gebrauchen könnte? Wie kann ich daran kommen? 
  • In welcher Reihenfolge sollte ich meine Karten ausspielen, damit ich deren Effekte nutzen kann?

Die Reihenfolge des Kartenspielens ist nämlich ein wesentlicher Faktor: Zum Einen sollte ich meine Pläne für mein Gegenüber erst so lange wie möglich geheimhalten. Das heißt, die Karten, mit denen ich Punkten will, möglichst spät spielen. So offenbare ich spät meine Ziele und verringere die Wahrscheinlichkeit, dass mir durch einen gegnerischen Effekt meine Konstellationen zu Nichte gemacht werden. Allerdings kann ich Karten, deren Effekt ich nutzen möchte, nicht erst am Ende spielen, dann ist es ggf. zu spät. Ein ewiges Dilemma…

Mach das mal besser kaputt!

Von der ganzen Planerei und dem gegenseitigen Zerstören von Plänen bekomme ich Kopfschmerzen und vom Spielablauf schlechte Laune: Für mich ist Fika nicht das richtige Spiel, denn es zwingt mich dazu, fiese Aktionen durchzuführen. Sicher kann ich so meine dunkle Seite ausleben, aber will ich das? Spiele ich einen Effekt und soll gegnerische Karten tauschen, muss ich das auch tun. Nicht, weil mir es die Spielregeln vorschreiben (denn ich kann auch darauf verzichten), sondern weil ich sonst im Zweifelsfall verlieren werde.

Ich mag Spiele, bei denen ich mir selbst etwas aufbaue, wo es ein wenig Interaktion gibt, aber in denen mir andere nicht das zerstören können, was ich mir während des Spiels aufbaue. In Fika passiert das ständig – sicherlich haben wir hier auch ein kleines Spiel, wo man das nicht so tragisch ist, weil es lediglich die Arbeit der letzten 5 Minuten war.

Aber dennoch: Ich kann mit einer ausgespielten Karte mal schnell 24 Punkte oder mehr auf der gegenüberliegenden Caféseite eliminieren. Will ich das nicht tun, weil mir das zu destruktiv ist, verliere ich – und das ist dann aber auch wieder witzlos, denn wir sind hier schließlich nicht bei der Wohlfahrt.

Macht Euch also klar, worauf Ihr Euch einlasst! 

Tortenschlacht

Es gibt sicherlich Viele, die diese Art des Spielens mögen. Für die ist Fika optimal und wird daher dankbare Abnehmer finden, die son intensive interaktive Spiele suchen. Allerdings fürchte ich, dass diese Personen vom Cover abgeschreckt werden könnten, weil es optisch so seicht daherkommt. Also liebe Taktierer:innen, liebe In-your-face-Spieler:innen und liebe Leute mit großer Frustrationstoleranz: Lasst Euch davon nicht beirren und ran an die Marzipantorte! 

Nehmt aber dann bitte auch sportlich, wenn ihr die Situation falsch eingeschätzt habt und mit der letzten gespielten Karte Euer Gegenüber mit einer von Euch nicht kalkulierten Aktion um die Ecke kommt und all Eure Pläne zu Nichte macht, die kurz davor waren, aufzugehen. Denn genauso wie Ihr austeilt, müsst Ihr einstecken können. 

Schön ist, dass wir daher zwei Runden gewinnen müssen, um als Sieger:in aus der Partie hervorzugehen. So hat man immerhin noch die Chance auf eine Revanche, die mit gekreuzten Messern durchgeführt werden kann. Dabei kann dann auch gleich geklärt werden, wer in dieser Nacht auf dem Sofa schlafen muss…


Zusammenfassung

Fika ist ein Wolf im Schafspelz – ein 2-Personen-Spiel, das nicht dazu gedacht ist, die heimische Harmonie am Spieltisch zu fördern. In Fika geht es nämlich zur Sache! 

Zum einen ist es ziemlich knackig, seine eigenen Ziele zu durchdenken und einen Plan für die Runde aufzustellen. Zum anderen ist es extrem interaktiv und mein Gegenüber ist darauf bedacht, meine Pläne zu zerstören, bevor ich es bei ihm tue.

Fika ist ein knallhartes Taktierspiel, das in einer bezaubernden Optik daherkommt, die aufgrund ihrer Harmlosigkeit ggf. fehlinterpretiert werden kann. Man muss schon Lust haben auf diese Art Spiel, das durchaus ausgeklügelte Mechanismen und mit wenig Karten viel Spieltiefe aufweist. Das passt aber leider nicht immer zur Stimmung… 

  • Tolle Gestaltung von Beth Sobel, die Lust auf Kaffee und Kuchen macht
  • Viel Spieltiefe mit lediglich 18 Karten 
  • Sehr interaktiver Spielablauf ohne Downtime
  • Das lieblich, harmonische Thema und die entsprechende Gestaltung führen in die Irre und können Erwartungen enttäuschen
  • Knallhart und konfrontativ mit bisweilen sehr frustrierenden Momenten
  • In Teilen unberechenbarer Spielverlauf 

Aus meiner Spielerperspektive: Ich hatte mich total auf Fika gefreut, denn hinter Gestaltung und Titel hatte ich ein gemütliches Spiel für Zwei erwartet. Nachdem ich die Regeln und die Karteneffekte kennengelernt hatte, war ich enttäuscht. Natürlich kann man sagen, dass dies ein Problem meines Erwartungsmanagements ist. Aber ich bin da nicht die einzige, die so denkt: Mit dieser Optik erwarte ich ein nettes kleines Spielchen in einer anderen Gewichtsklasse der Auseinandersetzung.

Da Fika mich immer wieder dazu zwingt, bewusst zum Nachteil meines Gegenübers zu spielen und ich mich nicht von einem Spiel zu dieser Handlungsweise zwingen lassen möchte, würde ich persönlich es jetzt nur noch anderen zu Liebe spielen. 

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