Ganz schön clever für Fortgeschrittene
Ganz schön clever war in 2018 eine Horizonterweiterung bei den Roll `n Write Spielen.
Nachdem wir in den vergangenen Jahren Spiele dieses Genres zuvor insbesondere im Familienspielbereich vorgefunden haben, öffnete das Spiel in der Komplexität ein neues Niveau, ohne schwerfällig zu wirken.
Nun kommt mit Doppelt so clever ein Spiel, was jetzt nicht doppelt so schwer ist, aber noch eine Schüppe drauflegt.
Kann das funktionieren?
Das Spiel
Einiges kommt uns aus Ganz schön clever bekannt vor, anderes ist neu.
Wir haben wieder 6 Würfel (in Teilen mit anderen Farben ausgestattet). Diese werden wie bislang gewürfelt und über drei Würfeleinheiten kann sich der aktive Spieler für je einen Würfel entscheiden und das Ergebnis entsprechend auf dem Block eintragen. Nach Auswahl des dritten Würfels können die anderen Spieler aus den verbliebenen Würfeln sich einen auswählen. Dann ist der nächste Spieler aktiver Spieler.
War jeder Spieler einmal aktiver Spieler startet die nächste Runde. Je nach Anzahl der Spieler spielen wir 4 bis 6 Runden.
Doch wofür können wir die 6 farbigen Würfel einsetzen und was bringen die einzelnen Felder:
- weiß ist keinem Feld direkt zugeordnet und kann als „Joker“ genutzt werden
- blau wird immer nur mit weiß zusammen genutzt (egal, ob einer der beiden Würfel bereits genutzt wurde). In die blaue Reihe können immer nur Zahlen eingetragen werden, die gleich oder kleiner der Vorzahl sind. Am Ende gibt es Punkte, je weiter die Reihe fortgeschritten ist
- gelb. Hier können Zahlen von 1-6 eingetragen werden. Je zwei bzw. drei Zahlen in einer Reihe / Spalte bringen einen Bonus. Erst wenn ich die Zahl ein zweites Mal angekreuzt habe, bringt sie Punkte für die Endabrechnung
- in der grünen Reihe trage ich nebenstehend zwei Zahlen ein, die ich voneinander abziehe (die Summe geht in die Endwertung ein). In Teilen werden Zahlen verdoppelt oder verdreifacht.
- rosa: ich trage x-beliebige Zahlen in die Reihe ein (werden am Ende aufsummiert). Die Boni bekomme ich jedoch nur, wenn ich Zahlen eintrage, welche bestimmte Bedingungen erfüllen.
- grau (und weiß): Wähle ich einen der beiden Würfel aus, so trage ich diese Zahl sowie alle Zahlen, die niedriger sind, als der gewählte Würfel in den grauen Bereich ab. Fertige Spalten bringen Boni, je mehr Zahlen ich in einer Reihe abgetragen habe, desto höher der Wert für die Endabrechnung, in die alle vier Reihen eingehen.
Am Ende des Spiels werden wie immer alle Werte addiert und der niedrigste Wert wird mit der Anzahl der freigespielten Füchsen multipliziert.
Neu in das Spiel kommt die Möglichkeit, dass ich bereits „ausgeschiedene“ Würfel wieder aktivieren kann.
Autor: Wolfgang Warsch • Grafiker: Leon Schiffer
Verlag: Schmidt Spiele • Jahr: 2019
1-4 Spieler • ab 8 Jahren • ca. 30 Minuten
Spielregeln (ext. Link zu Schmidt Spiele)
Spielgefühl
Ganz schön clever habe ich rauf und runter gespielt (und tue es auch immer noch). Daher habe ich mich auch sehr über die angekündigte „Erweiterung“ sehr gefreut. Auf der Berlin Con gab es schon einmal den ersten Blick auf den neuen Spielplan und es hat dann (aus unterschiedlichsten Gründen) noch gut ein halbes Jahr gedauert, bis das Spiel dann im Februar erhältlich war.
Dabei ist Doppelt so Clever keine Erweiterung oder Kopie mit mehr sondern ein eigenständiges Spiel mit Ähnlichkeiten und vielen Neuerungen.
Da die App vor dem Brettspiel veröffentlich wurde, hatte ich meine ersten Erfahrungen mit dem Spiel digital. Und ich muss sagen, dass ich sehr gefesselt war.
Nun ist Doppelt so Clever doch etwas komplexer als das erste Spiel aus der Reihe. Das liegt vor allem an der stärkeren Verzahnung der einzelnen Felder, der Möglichkeiten, Würfel zurück zu holen und dass ich durch grau und weiß mehrere Würfel in einer Box unterbringen kann. Gerade die beiden letzteren sind die wesentlichen Neuerungen von Doppelt so clever. Denn nun kann ich es mir erlauben, mal einen höheren Würfel zu nehmen, um mir aussortierte Würfel wieder zurückzuholen (wenn ich die entsprechenden Joker freigeschaltet habe). Gleichzeitig war es mir bislang nur möglich einen Würfel einzusetzen (Ausnahme bei blau). Jetzt kann ich mit Hilfe des grauen Bereichs (und der grauen und weißen Würfel) auch mehrere Würfel zum Einsatz bringen. Beides empfinde ich als Bereicherung des neuen Spiels.
Das was digital jedoch relativ gut (im Solospiel) funktioniert, wird im analogen Spiel jedoch dann nicht so einfach. Durch die App erfährt man an vielen Stellen eine gute Unterstützung, die man im analogen Spiel nicht hat. Solo mag das Ganze dann noch gehen, dennoch finde ich – je mehr Spieler am Tisch sitzen – die Downtime als zu hoch an. Da es vielmehr Kettenzüge gibt, muss man als aktiver Spieler mehr überlegen. Bei Grüblern ist das dann ein k.o. Kriterium für alle anderen am Tisch.
Die oben erwähnte App hat zwei Nachteile, die zum einen im Spiel aber auch in der App selbst begründet sind. Ersteres umfasst neben dem Spiel mit vielen Spielern die Abhängigkeit von den ersten Würfelergebnissen. Hier kann ich schon frühzeitig erkennen, ob ich auf einem Kurs bin, der zu einem Highscore unterwegs ist oder ich eher eine schwache Runde vor mir habe. Dieses kann dann im Laufe des Spiels eher demotivieren als helfen. In der App ergänzend zu diesem Punkte gibt es dafür leider keinen Abbruch-Button.
In Summe ist Doppelt so Clever ein sehr schönes wieder in sich gewundenes Spiel, was an Anspruch noch einmal zugelegt hat. Der Glücksfaktor ist aber ein nicht zu unterschätzender. Mir macht es Solo viel Spaß.
Das angegebene Alter halte ich mit 8 Jahren definitiv als zu niedrig. Dafür muss ich über zu viele Ecken denken. 10 Jahre und geübt im Spielen erscheint mir richtiger als Altersangabe.
Kurzfazit: Wer Ganz schön Clever mochte, wird mit Doppelt so clever eine neue Herausforderung finden. Allerdings maximal zu zweit. Ansonsten sehe ich das Spiel als zu komplex für ein Roll `n Write Spiel an. Also Solospiel würde ich die App vorziehen, da sie einige Vorteile bietet, die eine analoge Roll n Write Version nicht haben kann. In der App und als Solospiel ist es bei mir definitiv im grünen Bereich. Denn ich zocke immer wieder mal ne Runde in 5-10 Minuten.
- Schöne neue Elemente erweitern den Spielspaß von Ganz schön clever
- Gelungene Fortsetzung
- Also Solo und in der App macht es mir sehr viel Spaß
- zu mehr als zwei Spielern ist es analog nicht meins, da mir die einzelnen Partien zu lange dauern.
- Hoher Glücksfaktor im Spiel.
Wem Ganz schön Clever gefallen hat, der wird auch Doppelt so Clever mögen. Die Verzahnungen hat noch einmal zugenommen und es sind schöne Kettenzüge möglich. Allerdings könnte den ein oder anderen Highscore-Jäger nerven, dass vieles von den ersten Würfen abhängt. Der Glücksfaktor ist für so ein komplexes Spiel schon recht hoch, auch wenn es wieder schöne Boni gibt, mit denen man reagieren kann.
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