Sheila Santos und Israel Cendrero haben uns mit ihren Brettspielen bereits die Rote Kathedrale und die Weiße Burg nähergebracht. Nun beschäftigen wir uns wieder mit einem Gebäude – in diesem Fall dem Flatiron Bulding in New York, das seiner dreieckigen Form entsprechend einem altmodischen Bügeleisen ähnelt.
Als Baufirmen sind wir an der Errichtung des Flatiron Buildings beteiligt – bauen aber nicht alle 22 Stockwerke, sondern sind bereits nach 5 Etagen und dem Aufsetzen des Daches am Spielende angelangt. Wie sich diese Aufgabe in dem 2-Personen-Spiel, das man aber auch solo spielen kann, gestaltet, lest Ihr im Folgenden.
Carina

Wir haben vor uns einen Manhatten-Spielplan mit dem Grundriss des Flatiron-Gebäudes und der ersten Etage, auf der wir im Folgenden aufbauen. Anliegend an diesem Spieltableau liegen an den angrenzenden Straßenecken – 22nd und 23rd Street sowie Broadway und 5th Avenue – die Straßenkarten auf vier Stapeln offen aus.
Zudem gibt es noch ein Tableau mit der City Hall, auf dem vier weitere Etagenplättchen und das Dach auf das Errichten warten. Neben der City-Hall werden 6 City Hall-Karten ausgelegt, die im Laufe des Spiels erworben werden können.
Jeder Mitspielende erhält einen individuellen Firmenplan, der sich dadurch von anderen unterscheidet, dass den vier Straßenbereichen immer unterschiedlichen Aktionen zugeordnet sind. Da die vier Tableaus doppelseitig bedruckt sind, gibt es acht unterschiedliche Möglichkeiten, Firmentableaus zu spielen. Außerdem erhält jeder Startkapital und eine Spielfigur die auf Feld 0 des Zählleistentableaus gesetzt wird.
Wer an der Reihe ist, absolviert in seinem Zug zwei Phasen: Zum einen wird die Spielfigur zu einer der vier Straßen auf dem Manhattan-Spielplan oder auf City-Hall gesetzt und damit die dortigen Aktionsmöglichkeiten ausgelöst. Wer zu einer der vier Straßen geht,
- darf sich die oberste dort ausliegende Karte kaufen und an sein Firmentableau anlegen. Die Aufschrift auf der Karte bestimmt, an welchen Straßenbereich am Firmentableau die Karte angelegt wird. Dabei entscheidet man, ob man sie oben oder unten an das Tableau anlegt, künftig also den oberen oder unteren Effekt verwenden möchte. An jeden Straßenabschnitt am Tableau dürfen maximal drei Karten liegen.
- Oder man entscheidet sich dafür, die Effekte der bereits vorher ausgelegten Karten an der betreffenden Straße an unserem Firmentableau auszuführen.
- Ebenso kann man eine Karte an der City Hall kaufen und diese an einer seiner Straßen anlegen. Die dort gekauften Karten bringen keine Effekte während des Spiels, aber für die Endwertung.
- Oder man entscheidet sich dafür, den Effekt der City Hall auszuführen. Das ausliegende Zeitungsplättchen mit einem bestimmten, wechselnden Effekt, kann genutzt werden.
- Als alternativen Zug darf man auch 2 Dollar nehmen.
- Die Effekte auf den einzelnen Karten und auf den Bereichen unseres Firmentableaus machen es möglich, am FlatironBuilding zu bauen:
- Wir können Säulen kaufen (oder verkaufen), die wir benötigen, um das nächste Stockwerk zu errichten.
- Wir können die Säulen errichten – sprich auf den Etagen einsetzen. Dafür erhalten wir Boni und Siegpunkte. Grundsätzlich darf jede Säulenfarbe nur einmal pro Ebene vertreten sein.
- Oder wir können das nächste Etagenplättchen auf die drei Säulen setzen, die je Ebene notwendig sind, und damit das Stockwerk – oder später mit dem Dach das Gebäude – abschließen. Dafür erhalten wir ebenfalls Siegpunkte.
Das Spiel endet sofort, wenn wir das Dach des Gebäudes errichtet haben. Dann erhalten wir noch Punkte für die erworbenen City Hall-Karten sowie den Ruf unserer Firma, der sich durch den Aufdruck der Rufpunkte auf den von uns erworbenen Karten ergibt. Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Flatiron.
Brettspiel Regeln
Spielregeln (ext. Link zu Pegasus)


Wie bereits eingangs erwähnt, lassen sich die Autoren des Spiels offensichtlich gerne von berühmten Gebäuden inspirieren. In keinemder oben genannten ist vor uns aber wirklich etwas in die Höhe gewachsen. In Flatiron bauen wir nun das weltberühmte Gebäude – in einer zugegeben sehr kleinen Version nach. Und es ist eigentlich immer ein schönes Gefühl, wenn wir bei einem Spiel gemeinsam etwas aufbauen. Statt der 22 Etagen ist hier aber bereits nach Ebene 6 Schluss. Macht aber nix, denn auch schon nach Ebene 3 kann ich schon nicht mehr erkennen, was auf der anderen Seite des Gebäudes in der Auslage liegt… Aber fangen wir mal vorne an.
Charleston im Rauchersalon
Die Spielgestaltung ist konsequent an der Entstehungszeit des Gebäudes orientiert: Die 20er Jahre spiegeln sich stimmig im gesamten Design wider – irgendwie atmet die gesamte Optik etwas von „Kaminzimmer“ oder „Rauchersalon“ und irgendwo wird bestimmt Charleston gespielt.
Das Setting passt gut zu diesem 2-Personen-Spiel auf Kennerniveau. Und „Kennerspiel“ ist hier absolut nicht übertrieben. Man sollte sich mit Planungsaufgaben und Symbolsprache schon gut auskennen, bevor man sich an Flatiron heran wagt. Ich hatte zugegebenermaßen meine Mühe, ins Spiel reinzukommen und brauchte ca. drei Partien, bis mir meine Spielzüge flüssig von der Hand gingen. Irgendwie hatte ich zuvor immer ein hakeliges und ein wenig sperriges Spielgefühl.
Woher kommt das?
Zum einen mache ich es an der Grundmechanik fest, dass die Karten, die man an den Straßenecken erwerben kann, nicht zwangsläufig an die gleichlautenden Straßen auf dem Firmentableau gelegt werden, sondern dorthin, wie es auf der Karte steht. Ich kaufe also eine Karte an der 22nd Street, lege sie aber an die Spalte der Karte mit der 23rd Street an meinem Firmentableau, weil es so auf der Karte steht. Das klingt jetzt nicht wirklich kompliziert, führt aber immer wieder zu kleinen Denkfehlern. Ich hätte es besser und eingängiger gefunden, dass man die Karten immer an die Straßen legt, wo man sie erwirbt.
Hinzu kommt: Schaue ich auf das Tableau meines Gegenübers, wird die Irritation komplett, denn dort sind die Straßen auch noch anders angeordnet, haben andere Effekte und andere Wertigkeiten bei den Säulen als bei mir, und dann muss ich das noch „auf dem Kopf lesen“ und sortiert bekommen. Da muss das Hirn echt wach sein, da es viel Zuordnungsarbeit leisten muss.
Hindernisse
Daher haben die ersten Partien auch deutlich länger gedauert als die auf der Schachtel angegebenen 40-50 Minuten. Auch die Symbolsprache muss erst verinnerlicht werden. Sie zwingt dazu, dass man in den ersten Partien immer mal wieder nachschlagen muss. Schade ist es, dass die Symbole alle auf unterschiedlichen Seiten in den Spielregeln zu finden sind, denn es gibt da einiges nachzuschauen – Effekte der Etagen, auf Straßenkarten, auf Firmentableaus, auf Zeitungsplättchen, auf City Hall-Karten.
Eine weitere Hürde: Da wächst was! Das zwischen uns entstehende Flatiron-Gebäude sollte so stehen, dass immer beide Mitspielenden sehen können, welche Säulen verbaut wurden. Das ist wichtig, um erkennen zu können, welcher Ertrag einige Karteneffekte während des Spiels oder City-Hall-Karten in der Endwertung bringen. Aber es sollte auch so stehen, dass man alle ausliegenden Kartenstapel sehen kann. Beides schließt sich leider irgendwie aus – zumindest haben wir keine „perfekte“ Ausrichtung ermitteln können, die beide Bedingungen gut erfüllt. Besonders unglücklich wird es dann, wenn ich hinter dem wachsenden Gebäude dann nicht mehr sehen kann, welche Karten beispielsweise am „Broadway“ ausliegen. Da muss man improvisieren.

Wenn die Engine erstmal läuft
Das waren jetzt einige Kritikpunkte. Das heißt aber nicht, dass Flatiron kein gutes Spiel ist. Es hat halt Ecken und Kanten. Der Spielmechanismus wirkt grundsätzlich eher neu und unverbraucht. Das Spiel hält interessante Entscheidungen und Planungsaufgaben für uns bereit. Wenn es optimal läuft, gelingen uns gute Engines, die wir durch Karten an unserem Firmentableau erstellen können:
Oben eine Karte, die uns Geld einbringt, dann eine Säule kaufen und mit dem nächsten Effekt auf der Etage einsetzen, damit dann die Ebene abschließen und mit dem letzten Effekt noch das nächste Etagenplättchen ins Gebäude einsetzen – wenn es so läuft, hat man alles richtig gemacht und die Punktemaschine läuft.
An diesen Punkt darf man seinen Mitspielenden eigentlich gar nicht kommen lassen. Daher immer auch die gesamte Auslage und das Firmentableau des Gegenübers im Blick behalten. Man kann – und muss hin und wieder – auch mal dem anderen etwas verbauen. Und wenn es nur dadurch ist, dass man einen Aktionsplatz mit seiner eigenen Spielfigur besetzt.
Ruf und Varianz
Was ich ein wenig als „aufgesetzt“ empfinde ist der Teil des Spiels, der sich mit dem Ruf meiner Baufirma beschäftigt. Für mich hätte das Thema und die entsprechende Wertung völlig aus dem Spiel rausfallen können. Denn leider ist der Ruf auch nur schlecht beeinflussbar: Zusätzliche Bonusdaumen, die es möglich machen, an seinem Ruf etwas zum Guten zu wenden, sind nur auf vier Etagenplättchen erhältlich. Es gibt sicherlich Partien, in denen man gar keine Bonusdaumen erhalten kann, weil diese vier Plättchen gar nicht mitspielen…
Das ist der Varianz des Spielmaterials geschuldet, die – außer in diesem Fall – sehr positiv zu bewerten ist: 15 unterschiedliche Etagenplättchen, 8 unterschiedliche Firmentableaus und 10 City Hall-Karten sowie die stets in unterschiedlicher Anordnung gemischten Karten sorgen dafür, dass die Partien ganz klar unterschiedlich laufen können.
Das schlägt sich auch bei der Punktewertung nieder: Hier kann es schonmal weit auseinanderlaufen, wenn der eine bereits während des Spiels eine gute Punkte-Engine ans Laufen bekommt und der andere einfach keine Karte bekommen kann, die ihm während des Spiels bereits Punkte einbringt. Dann kann es bei Spielende auch mal deutliche Punktunterschiede geben…

- Sehr stimmige Gestaltung des Spielmaterials zu Thema und Epoche
- Herausfordernd durch anspruchsvolle Planungsanforderungen
- Varianz durch vielfältiges und veränderbares Spielmaterial
Flatiron ist ein 2-Personen-Spiel auf Kennerniveau. Man sollte es daher nicht unterschätzen! Es stellt Ansprüche an die Spielenden, die sich zunächst in die Symbolsprache und einige Spielmechanismen hineindenken müssen – das kann ggf. ein paar Partien dauern und fühlt sich anfangs etwas sperrig und unrund an.
Wer sich die Mühe macht, an diesem Punkt „dranzubleiben“, kann sich auf knackige Entscheidungen und schöne Herausforderungen freuen, während man in seiner Auslage eine gute Engine aufbaut. So richtig eingängig hat sich das Spiel dennoch für mich auch später nicht angefühlt.



AUTOR: Sheila Santos und Israel Cendrero
ARTIST: Weberson Santiago
VERLAG: Pegasus
ERSCHEINUNGSJAHR: 2025

1-2 Spielende
10 Jahre
40-50 Min.

Bei der Kritik kann ich nur den Punkt mit der Sichtversperrung nachvollziehen, aber dafür kann man sich ja mal kurz ein bißchen anders hinsetzen…
Ansonsten finde ich es gerade spannend bei den vier Straßen unterschiedlich farbige Karten kaufen zu können, so kann man z.B. eine Karte direkt nach dem kaufen auch nutzen, da man denselben Aktionsplatz nicht zweimal hintereinander besetzen darf. Klar muss man ein bisschen um die Ecke denken, aber das will das Spiel auch. Es ist ein gehobenes Kennerspiel und erfordert reichlich Konzentration. Wir waren nach einer Partie bereits drin, an den Symbolen ist nix kompliziert. Uns gefällt es richtig gut und wir bringen es immer gern auf den Tisch.