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REVIEW | Rezension Brettspiel Crystalla

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Brettspielbox Brettspiele

Manche Brettspiele überzeugen durch ihre Optik – manche nicht. Und so war es zugegebenermaßen bei mir und Crystalla keine Liebe auf den ersten Blick. Ganz im Gegenteil: Das Cover nimmt einen mit auf eine Zeitreise in die 80er Jahre und hat mich sogar so abgeschreckt, dass ich es gar nicht erst spielen wollte. 

Durch eine Partie, bei der ich das Spiel kennenlernen durfte, wurde ich vom Gegenteil überzeugt: Das ist ja genau was für mich! Und siehe da: Crystalla ist dann doch ganz schnell eingezogen. Womit mich Crystalla überzeugen konnte, berichte ich im Folgenden.

Carina


In Crystalla erschaffen wir vor uns in einem 3×4-Raster eine Auslage aus 12 Karten. Die Karten bestehen jeweils aus zwei Segmenten von Edelsteinen. Von diesen Edelsteinen gibt es im Spiel 7 unterschiedliche Arten, die bei Spielende alle auf ihre eigene Art gewertet werden. Dabei kann es wichtig sein, 

–       dass die unterschiedlichen Teile der Edelsteine verbunden oder eben nicht miteinander verbunden sind,

–       dass sie in Paaren vorkommen, die miteinander verbunden sind oder bei denen das egal ist,

–       dass sie zusammengefügt ein bestimmtes Muster ergeben

–       oder sie bringen Punkte für die Mitspielenden.

Wie die Edelsteine zu werten sind, zeigt eine Wertungsübersicht an, die unser Raster aus Karten einfasst. Bevor das Spiel beginnt, erhält jeder drei Karten, um damit den Grundstein seiner Auslage zu bilden. An diese Karten wird dann orthogonal angelegt.

Doch wie kommen wir nun an weitere Karten? Je nach Anzahl der Mitspielenden liegen Kartenstapel in der Tischmitte offen aus. Im Spiel zu zweit sind es 6 Stapel (2×3-Raster), im Spiel zu Dritt oder Viert 9 Stapel (3×3-Raster). Auf die Karten auf den Randfeldern des Rasters legen wir unsere 3 Spielsteine. Jeder in einer anderen Ecke.

Dann geht es los: Wer an der Reihe ist, nimmt seine drei Spielsteine und bewegt sich mit diesen auf den Karten weiter. Man beginnt auf einer orthogonal benachbarten Karte, lässt dort einen Stein zurück und geht dann auf die nächste Karte weiter. Dort, wo der letzte Stein abgelegt wird, darf man sich die oberste Karte nehmen und in seine Auslage einpuzzeln.

Auf diese Weise geht es weiter. Auch die anderen Mitspielenden machen so ihren ersten Zug.

In den folgenden Zügen dürfen wir immer mit einem einzelnen oder eine Gruppe Spielsteine unsere Wanderung über die Karten starten, sofern in dieser Gruppe einer unserer Spielsteine enthalten ist. Dabei bewegen wir auch fremde Spielsteine an andere Orte. 

Gelingt es uns bei unserem Weg über die Karten, zwei unserer Spielsteine auf einer Karte wieder zu vereinen, dürfen wir uns am Ende des Zuges zusätzlich zu der Karte auch ein Edelsteinfragment aus der Auslage nehmen und es in unserem Raster auf ein anderes Edelsteinfragment legen und dieses überdecken. Das dürfen wir ebenfalls tun, wenn wir zwei Spielsteine unserer Mitspielenden auf einer Karte vereinen. Dann dürfen wir ein Edelsteinfragment aussuchen, welches diese in ihrem Raster unterbringen müssen.

Crystalla endet, wenn wir alle die zwölfte Karte ins Raster gelegt haben. Danach erfolgt die Punktwertung mit Hilfe des Wertungsblocks. Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Crystalla.

Brettspiel Regeln

Spielregeln (ext. Link zu Schmidt Spiele)


Wie eingangs bereits erwähnt, scheint Crystalla direkt aus den 80er Jahren gefallen zu sein. Der Look der 80er ist gerade Trend – doch wie auch in der Mode kommt der Look besser bei denen an, die die 80er Jahre nicht bereits selbst erlebt haben. Der Crystal-Barbie-Kaleidoskop-Vibe auf dem Cover hat mich leider so abgeschreckt, dass ich das Spiel gar nicht spielen wollte. Gut, dass mich Spieledino Angelo davon überzeugen konnte, es doch mal auszuprobieren, denn – ja – Crystalla ist es absolut wert, gespielt zu werden. 

Quasi selbsterklärendes Spielmaterial

Crystalla hat überschaubare, zugängliche und übersichtliche Regeln. Das „Karten zu einem Raster legen“ ist total klar. Das Raster ist durch die Randteile vorgegeben, da kann man sich gar nicht verbauen. Durch die flexiblen Leisten kann auch ein Linkshänder das Raster von der Wertungsleiste auch nach links ausgerichtet bauen, wenn ihm das lieber ist. Die Wertungsmöglichkeiten der Edelsteine sind vorbildlich auf der Wertungsleiste dargestellt – das ist nahezu selbsterklärend. Ich habe es ausprobiert und bei der Regelerklärung gefragt: „Was denkt ihr, wie das gewertet wird?“ Und zu 95% war es schon ohne eine nähere Erklärung deutlich, worauf es am Ende des Spiels ankommt. 

Einziger Kritikpunkt: Auf der Wertungsleiste wird nicht direkt klar, dass es egal ist, ob die Edelsteinteile aus konvexen oder konkaven Elementen bestehen dürfen und ob das eine Bedeutung hat oder nicht. Dies kann eine gedankliche Stolperfalle sein. Nur im Wertungsbeispiel wird deutlich, dass die Form der Teile für die Musterbildung unerheblich ist. Das hätte auf der Wertungsübersicht bereits deutlicher dargestellt werden können.

Brotkrumenweg

Was etwas erklärungsbedürftiger ist, ist der Mancala-artige Mechanismus, mit dem die Spielsteine über die Karten laufen und die Kartenauswahl erfolgt. Das muss für Wenigspielende, die diese Art der Fortbewegung in Spielen noch nicht kennen, immer erst anhand einiger Beispielbewegungen demonstriert werden. Zur Not erklärt man es mit Hänsel und Gretel und den Brotkrumen, die sie hinter sich fallen lassen… Ist es aber erst einmal verstanden, wird der Mechanismus als erfrischend neu oder zumindest unverbraucht wahrgenommen. 

Was manchmal falsch im Kopf bleibt, ist die Frage: Muss ich auch mit einem eigenen Spielstein auf der Karte enden, damit ich mir die Karte nehmen kann? Nein, musst du nicht. Hat man das aber erstmal im Kopf, geht es schlecht wieder raus…

Steine in den Weg legen

Die Überlegung, ob ich während meines Zuges zwei meiner oder der generischen Spielsteine auf einem Feld zusammenbringen kann, ist meist in der Erstpartie mit Neulingen nicht relevant. Man kann diesen Teil mit Wenigspielenden in der Erstpartie theoretisch auch weglassen, denn wenigspielende Neulinge ignorieren das sowieso erstmal knallhart.

In Folgepartien, wenn der Mechanismus dann „sitzt“, kann man das dann durchaus mit einbringen und dann steigt auch der Charme und der Reiz für weitere Partien. Das ist dann die Kunst der Fortgeschrittenen, über diese Möglichkeit noch zusätzliche Edelsteinteile für sich selbst rauszuholen oder anderen unbrauchbare Teile reinzuwichteln. Mit mehr Weitsicht kommt mehr Interaktion ins Spiel: Nicht nur durch das Reinwichteln von zusätzlichen, ungünstigen Edelsteinstücken ist möglich, sondern auch, dass man die Steine in der Kartenauslage an andere Stellen bewegt.- z.B. so, dass Mitspielende partout nicht an eine Karte herankommen, die sie doch noch unbedingt haben möchten. 

Das gezielte „Reinwichteln“ gelingt auch besser, wenn man in kleiner Runde spielt, da man da besser im Blick hat, was das Gegenüber sammelt oder gar nicht gebrauchen kann. Der Nachteil zu Zweit: Hier gibt es eine kleinere Kartenauslage in einem 2×3-Raster. Somit ist die Auswahl an Karten geringer und man hat auch das Gefühl, im Spiel zu dritt oder viert bessere Laufmöglichkeiten auf den Karten zu haben. Manchmal geht es zu zweit nur im Kreis herum…

Was macht es denn so rund?

Egal, in welcher Spielerzahl man spielt: Jeder Zug verlangt interessante kleine Entscheidungen von den Spielenden. Ein ständiges Abwägen: Welche Möglichkeiten habe ich denn überhaupt, an bestimmte Karten zu gelangen? Manche sind einfach nicht in der Reichweite, egal, wie ich es drehe und wende. Und dann die Überlegung, auf welche Muster oder Edelsteine ich meinen Sammelschwerpunkt setzen möchte. Welche Optionen habe ich bzgl. zusätzlicher Edelsteinteile in der Auslage, die ich ggf. über störende Teile legen kann? Crystalla bietet auf eine sehr angenehme Weise Puzzle- und Planungsspaß, bei dem man immer wieder unterschiedliche Wege verfolgen kann, um erfolgreich zu sein. Und: Je öfter man Crystalla spielt, desto taktischer kann man es spielen. Wenn man die Auslage der Anderen immer mehr miteinbezieht, um die Pläne zu stören, und gleichzeitigt seine eigenen Züge zu optimieren lernt, kann Crystalla lange Spaß machen.

  •  Zugängliche und überschaubare Regeln, Regelvideo des Verlages verfügbar 
  • Vorbildliche und nahezu selbsterklärende Wertungsübersicht, die jederzeit klar vor Augen führt, wofür man Punkte erhält
  • Verlangt viele kleine Entscheidungen und Abwägungen, aber auf einem sehr verträglichen und angenehmen Niveau 
  • Optik führt dazu, dass man manche Menschen erst mühsam überreden muss, das Spiel auszuprobieren
  • Spielsteine grau und gelb sind bei manchen Lichtverhältnissen schwer unterscheidbar
  • Fürchterliche Klebepunkte auf der Verpackung, die sich nicht ablösen lassen – dabei gibt es mittlerweile perfekte Alternativen bei anderen Herstellern (Lookout, Frosted Games…)

Wer sich von der „80er Jahre-Crystal Barbie-Kaleidoskop-Optik“ des Spiels Crystalla nicht ins Boxhorn jagen lässt, wird sehr angenehm überrascht von den Möglichkeiten, die uns das Spiel bietet. Unverbrauchter Auswahlmechanismus mit taktischen Möglichkeiten, interessante Puzzleaufgabe und Varianz in der planerischen Ausrichtung. 

Das alles macht Crystalla zu einem reizvollen Gesamtpaket, das Wenigspielenden und auch gemischten Gruppen lange Freude bereiten kann, wenn sie die taktischen Optionen und interaktiven Elemente nach und nach entdecken. Spielerfahrene sind sicher schneller an diesem Punkt angelangt, bringen das Spiel aufgrund des angenehmen Spielgefühls sicherlich doch immer wieder gerne auf den Tisch. 

AUTOR: Renaud Libralesso, Pierrick Libralesso, Yoel Sayada
ARTIST: Olga Cress
VERLAG:
Schmidt Spiele
ERSCHEINUNGSJAHR: 2025

2-4 Spielende

8 Jahre

30 Min.

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