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REVIEW | Rezension Brettspiel Bonfire

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Nach The Castles of Tuscany ist mit Bonfire 2020 das zweite Spiel von Stefan Feld erschienen. Es ist deutlich anspruchsvoller, verzahnter und richtet sich an eine andere Zielgruppe.

Das Spiel, das als Kernmechanismus den sog. „Streifenmanager“ nutzt, hat viele neugierig gemacht und war auch für mich als Feldfan ein Pflichtkauf. Wie es ankommt und ob die Bonfire auch meine Leidenschaft für dieses Spiel entfachen konnten, verrate ich Euch jetzt…

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Die Bonfire sind erloschen und daher ist die Welt der Gnome in Dunkelheit getaucht. Die Gnome versuchen nun die Hüterinnen der Bonfire zur Rückkehr von ihren heiligen Inseln in die Städte und zur Wiedererleuchtung ihrer Welt zu überreden. Dafür müssen sie demütig sein und Aufgaben erfüllen. Wenn es gelingt, diese Aufgaben zu erfüllen, wird sich ihre Welt wieder erhellen und sie können in ihre geliebten Wälder zurückkehren.

Die Spieler übernehmen die Rolle der Gnome. Ist man am Zug, stehen drei Optionen zur Verfügung:

  1. Um Aktionsmarker zu erhalten, kann man Schicksalsplättchen in Form von Streifen auf sein eigenes Spielertableau einsetzen. Jeder Streifen trägt drei Symbole. Für jedes Symbol erhält man einen entsprechenden Aktionschip. Schafft man es, gleiche Symbole aneinander angrenzend zu platzieren, erhält man auch die Anzahl der gleichen angrenzenden Plättchen zusätzlich. Ggf. überdeckt man Bonusfelder und erhält Gold oder Joker-Aktionsplättchen. 
    Diese Aktion kann man nur durchführen, wenn man nur noch maximal einen Aktionsmarker hat.
  2. Einen Aktionsmarker einsetzen
    • Mit den Schiffen kann man die heiligen Inseln ansteuern, um von den Hüterinnen die Aufgaben zum Erhalt der Bonfire zu erhalten oder Hüterinnen abzuholen.
    • Mit den Opferschalenmarkern macht man es möglich, auf den Inseln Aufgaben im Tausch gegen Opferschalen aufzunehmen.
    • Mit den Markern, auf denen Hüterinnen abgebildet sind, holt man Hüterinnen auf den Inseln ab oder löst Prozessionen der Hüterinnen auf dem eigenen Spieltableau aus, mit denen man Ressourcen erhalten und Hüterinnen zu Bonfiren stellen kann.
    • Mit den Plättchen für Wegmarker erwirbt man diese und baut am eigenen Tableau den Prozessionsweg weiter aus.
    • Mit den braunen Aktionsmarkern kann man Karten mit Gnomen erwerben, die einem Vorteile oder Siepunkte einbringen.
    • Mit dem Aktionsplättchen für das große Bonfire kann man dieses drehen und aus der Auslage Portale, weitere Aktionsplättchen oder Ressourcen erhalten.
  3. Ist eine Aufgabe erfüllt, bleibt einem noch die wichtige Option, ein Bonfire wieder zu entfachen. Dazu dreht man die entsprechende Aufgabe auf seinem Tableau, die man zuvor auf einer Insel eingesammelt hat, auf die Leuchtfeuer-Seite. Nun darf man den Gnom, der hier Wache gehalten hat, als Novizen in den Hohen Rat entsenden und erhält dafür eine wertvolle Belohnung. 
  4. Man kann auch für das Erfüllen von allgemeinen Ausgaben des Rates Novizen in den Rat entsenden und dafür bei Spielende Punkte erhalten.

Neben diesen Aktionen entwickelt man auf seinem eigenen Spielertableau die Ausbauten weiter. Auf dem halbrunden Spielplan baut man Wege von links nach rechts, auf denen die Hüterinnen ihre Prozessionen durchführen können und von rechts nach links werden Portale angebaut, die es möglich machen, von den Wegen zu den entfachten Bonfiren zu gelangen. Platziert man Wege und Bonfire farblich passend, gibt dies bei Spielende zusätzliche Punkte.

Das Spiel endet, sobald sich je nach Spieleranzahl eine bestimmte Anzahl Novizen im Hohen Rat befindet. Danach werden noch fünf weitere Runden gespielt, wobei jeder Spieler entscheiden kann, ob er sich lieber für Siegpunkte und das anschließende Passen oder für einen weiteren Spielzug entscheidet. Danach erfolgt die Schlusswertung, bei der natürlich der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. 



AUTOR: Stefan Feld ■ GRAFIKER: Dennis Lohausen
VERLAG: Hall Games|Pegasus ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2020

1-4 Spieler

ab 12 Jahren

ca. 70-100 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu Hall Games)


SPIELGEFÜHL

Mit Bonfire bewegen wir uns auf deutlich gehobenem Kennerniveau an der Schwelle zum Expertenspiel mit unfassbar vielen Möglichkeiten, die einen zu Beginn und auch in den ersten Partien ein wenig überfordern können. 

Das ahnt auch der Verlag, der zu Beginn der Spielregeln Tipps für die ersten Spielzüge gibt. Ein Versuch, das Gefühl „Wo soll ich nur anfangen?“, das einen zu Beginn überkommt, in den Griff zu kriegen.

Denn Bonfire ist extrem verzahnt und lässt den Spielern viele Entfaltungsmöglichkeiten. Konzentriere ich mich darauf, zunächst mein Spieltableau mit Wegeplättchen und Portalen auszubauen, beschaffe ich Aufträge, die ich zu Bonfiren ausbaue oder rekrutiere ich mir weitere Gnome, die mit ihren Sonderfähigkeiten einige Grundregeln aushebeln und so noch mehr Möglichkeiten geben?

Mein Rat: Einfach mal irgendwo anfangen, Lehren daraus ziehen und beim der nächsten Partie ggf. eine weitere Strategie ausprobieren. 

Die ersten Partien haben wir damit verbracht, früh Bonfire zu entfachen, um die Boni aus dem Hohen Rat zu ergattern, doch nach und nach wurde der Zeitpunkt, an dem wir Novizen in den Hohen Rat entsandten, immer später. Erst nach einigen Partien haben wir den eigentlichen Kern des Spiels entdeckt, nämlich dass es sich hier um ein Wettrennen handelt. In vielen Runden haben wir unsere Optionen entwickelt, Wege und Portale gebaut, Helfer rekrutiert und Hüterinnen herbeigeschafft, um dann am Ende des Spiels ein Feuerwerk an punkteträchtigen Aktionen abzufeuern. 

Im Prinzip bringen wir uns lange in Stellung, um uns am Ende des Spiels, wenn der Run auf die Plätze im Hohen Rat losgeht, ebenfalls in Getümmel zu stürzen, ein Bonfire nach dem anderen zu entfachen und bei ihnen Hüterinnen zu platzieren. Denn wenn der Hohe Rat entsprechend viele Novizen ausweist, ist das Spiel sehr schnell vorbei.

Genial ist es, dass dann noch fünf Runden gespielt werden können und diese sind meines Erachtens beinahe die wichtigsten im ganzen Spiel. Nur sehr selten haben wir die Option genutzt und uns für die Siegpunkte entschieden. Meist wird bis zuletzt agiert, Aktionsplättchen ausgespielt, Karten gekauft oder Bonfire entzündet.

Für das Spiel benötigt man ein wenig Übung. Nicht nur die Strategie zum Sieg will erprobt sein, auch der Aufbau geht mit etwas Übung schneller von der Hand. Hier ist eine Menge Material zu managen. Die Qualität der Materialien ist wirklich gut, aber was mich wirklich nervt, ist die Fragilität der Spielertableaus und ihrer Anbauten. Oft liegen die Tableaus nicht plan auf dem Tisch auf, die Portale rutschen darunter oder die Wegeplättchen verschieben sich. Auch die Schicksalsplättchen-Streifen verschieben sich schnell mal bei einer ungeschickten Bewegung. Das ganze Ensemble hätte ich mir etwas kompakter gewünscht, was aber bei der Vielzahl an Elementen vermutlich schlecht machbar ist.

Auch die Geschichte, in die das Spiel eingebettet ist, holt mich persönlich gar nicht ab. Als Eurogamer bin ich aufgesetzte Stories zwar gewöhnt, aber hier knirscht es für mich sehr stark. Daher bin ich anfangs auch gar nicht mit Bonfire warm geworden. Auch die Hintergrundgeschichte, die von Dennis Lohausen umfänglich dazu entwickelt wurde, hat mir da nicht wirklich geholfen. Gerade der Streifenmechanismus der Schicksalsplättchen, die Stefan Feld als den Kernmechanismus sieht, erlebt in meinen Augen gar keine Anbindung an die Story. Das stört mich leider nach wie vor und macht das Spiel – für mich persönlich – nicht zu meinen „Lieblings-Feld“. 

Die grafische Gestaltung ist liebevoll und opulent und besonders die Gnome finde ich besonders ansprechend gestaltet. Allerdings ist die Bildsprache nicht immer eindeutig. Bei den Karten und ihrer Bedeutung müssen wir immer wieder nachschlagen und auch die Unterscheidung der Hüterinnen in ihrer Farbgebung ist nicht immer einfach. 

Die Gnomkarten sind zudem nicht richtig gebalanced. Zwei, drei von ihnen sind mir viel zu mächtig und wenn man diese zu Beginn erwischt, können sie schonmal zu Königsmachern werden. Am stärksten ist für mich die Karte, die es erlaubt, die Portale hinzulegen, wo man möchte, so dass die Reihenfolge ignoriert werden kann. Auch die Karte, die es ermöglicht, alle drei Boni der Felder im Großen Bonfire zu nutzen, ist ein mächtiger Boost.

Dagegen ist der Nutzwert einiger anderer Karten so gering, dass man sich fragt, warum man für diesen Nutzen die Anschaffungskosten investieren sollte.

Die Auslage der Gnomkarten ist daher einer der Glücksfaktoren, die reine Strategiespieler stören dürfte. Auch die Anordnung der Streifen mit den Schicksalsplättchen kann sehr glücks- oder unglückslastig ausfallen. Ebenso die Anordnung der Portale im großen Bonfire.

In diesem Zusammenhang noch ein paar Worte zum Thema Interaktion. Man sollte gerade beim Großen Bonfire höllisch aufpassen, was seine Mitspieler tun. Man muss sehr aufpassen, wann man das Große Bonfire dreht, um die passenden Portale zu ergattern, da es sonst ggf. sehr kostspielig werden kann, bis man wieder auf das nächste passende Portal trifft. Daher bietet das Spiel sowohl an dieser Stelle als auch bei den auf den auf den Inseln ausliegenden Aufgabenplättchen einiges an Interaktion. Der richtige Zeitpunkt zuzuschlagen, ist enorm wichtig und man sollte daher immer auch im Blick haben, was der Gegner gerade so tut!

Bitte beachtet: Bisher konnte ich das Spiel aufgrund der Corona-Situation nur zu Zweit spielen. Falls also mit mehr Spielern Aspekte des Spiels anders verlaufen, kann ich das leider nicht beurteilen. Zu Zweit funktioniert Bonfire auf jeden Fall sehr gut. Ich bin gespannt, wie sich die interaktiven Elemente in größeren Runden gestalten, wenn das wieder möglich sein wird.


Zusammenfassung

Bonfire ist ein immens verzahntes und sehr grübellastiges Kennerspiel auf der Schwelle zum Expertenspiel. Es wird mit seinen vielfältigen strategischen Möglichkeiten in erster Linie Eurogamern gefallen. Unterschiedlichste taktische Möglichkeiten und Ansätze führen dabei zu einem hohen Wiederspielreiz. 

Wen die aufgesetzte Hintergundgeschichte nicht stört und auch vor einer wahren Materialschlacht nicht zurückschreckt, ist hier genau richtig.

  • Das Spiel bietet viele taktische Möglichkeiten und hohen Wiederspielreiz, da man neue Ansätze ausprobieren möchte
  • Reizvolle und innovative Spielelemente wie den Streifenmechanismus und das Anlegen der Wege und Portale in gegensätzliche Richtungen
  • Etwas mehr Beispiele, besonders im Bereich der Bewegung der Hüterinnen, hätten der Regel gutgetan 
  • Es gibt einige Unklarheiten in der Bildsprache in Bezug auf Farben oder Symbole 
  • Balancing der Gnomkarten

Aus meiner Spielerperspektive: Ich spiele Bonfire gern, aber es holt mich nicht restlos ab. Warum, kann ich schwer in Worte fassen. Dass die Story für mich nicht ganz passt, ist einer der Punkte. Das stört mich bei vielen Spielen überhaupt nicht, hier aber schon.

Und manchmal bringt mich das Spiel an einen Punkt, an dem ich verzweifle: Vermutlich habe ich mich durch zu wenig Weitsicht dann selbst in eine Situation manövriert, in der ich scheinbar überhaupt gar nichts Sinnvolles mehr tun kann. Das frustriert mich ein wenig. 

Vermutlich kann ich das gar nicht dem Spiel anlasten… Von daher hat es bei uns einfach nicht so hundertprozentig gepasst. Ich liebe hingegen Das Orakel von Delphi. Diesem Spiel, ebenfalls bei Hall Games erschienen, kann man sicher auch einiges vorwerfen, aber ich würde es verteidigen bis zum Letzten. 

Beziehungen zu Spielen sind wie Beziehungen zu Menschen: Mal ist man sich vom Fleck weg sympathisch, mal nicht….

Hier das oben beschriebene Problem des gegen das Tableau stoßen.

Zweitmeinung Christoph

Mit Bonfire bin ich vor knapp einem Jahr in Berührung gekommen, als ich einen nahezu fertigen Prototypen mit dem Redakteur Ralph Bruhn (diesen sollte man gerade bei diesem Spiel nicht vergessen) ausprobieren konnte.

Das Spiel hat mich persönlich sehr angesprochen. Dabei hat es mich thematisch nicht voll erwischt. Dafür ist es tatsächlich zu abstrakt. Das tut dem Spielvergnügen jedoch kein Abbruch. Denn es gibt viel zu entdecken. Und viele Wege führen zum Bonfire. Was ich sehr begrüße, so dass ich nach inzwischen sieben gespielten immer noch viel neues entdecke und mich daher freue noch weitere Partien zu spielen. Also großer Wiederspielreiz.

3 COMMENTS

  1. Danke Carina für die sehr schöne Rezension, einen Punkt kann ich aber so nicht ganz stehen lassen. Während der Testspiele haben wir viel über das Balancing der Gnomkarten gesprochen und immer wieder einige rausgenommen, die (in bestimmten Kombinationen) zu stark waren etc.
    Die Karten, die du als zu stark empfindest beziehen sich nur auf die Strategie Portale zu bauen. Diese Strategie ist aber keineswegs immer die Strategie, die zum Sieg führt. In machen spielen baue ich kein einziges Portal.
    Was stimmt ist allerdings, dass es für die Karten verschiedene Zeitpunkte im Spiel gibt, an denen ich sie am besten gebrauchen kann. Deine beiden, sind typischerweise welche, die man am Anfang haben möchte. Der Gnom, der mir erlaubt alle Novizen auf ein und dasselbe Feld im hohen Rat zu stellen brauche ich hingegen erst gegen Mitte – Ende des Spiels. Deswegen kann es gut sein, dass einzelne Spieler eine gewisse Karte zu einem bestimmten Zeitpunkt als „nutzlos“ empfinden. Aber ich kann dir versichern, dass ich jede Gnomkarte schon als „sehr nützlich“ beobachten oder sogar selber spielen konnte.

    • Hallo Tim, interessanter Ansatz, ein Spiel komplett ohne Portale zu spielen. Den Fall haben wir noch nicht gehabt, da schon ziemlich viele Punkte wegfallen, wenn man auf diese verzichtet. Probiere ich mal. Danke für die Anmerkung zum richtigen Zeitpunkt, an dem einem die Gnomkarten behilflich sein können. Das ist ein wichtiger Aspekt, den man noch ergänzen sollte!

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