Kleine, flott erklärte und gespielte Kartenspiele, die sich zudem noch für mittelgroße Runden eignen, sind prima. Sie sind optimal als Opener oder Absacker oder gute Gruppenunterhaltung auf einem Spieltreff. Freche Früchtchen, frisch lokalisiert von der Brettspiellösung, könnte von den Rahmenbedingungen her ganz prima in dieses Beuteschema passen. Wollen wir mal sehen, was es kann.
Carina

Freche Früchtchen ist im Grunde eine Art Stichspiel, das über 3 Runden gespielt wird. In jeder Runde liegen 7 Karten in einer Reihe offen aus, um die wir nach und nach spielen.
Karten gibt es in vier Farben – gelb/Banane, grün/Apfel, rot/Erdbeere und lila/Feige – und pro Farbe jeweils in den Werten 1 bis 20. Manche Karten tragen ein Fruchtsymbol, manche zwei und die 13 in jeder Farbe ist eine faule Frucht.
Je nach Anzahl mitspielender Personen erhalten wir 6 oder 7 Karten und dann geht es auch schon los. Wir spielen nun um die erste Karte in der offenen Auslage der 7 Zielkarten. Alle legen eine Handkarte verdeckt vor sich aus und decken gleichzeitig auf. Dabei herrscht kein Bedienzwang. Die Zielkarte erhält, wer die gleiche Fruchtsorte aufgedeckt hat und mit seinem Kartenwert am nächsten am Wert der Zielkarte liegt. Ist keine passende Fruchtsorten-Karte ausgespielt worden, gewinnt die Karte mit dem Wert, die am nächsten an dem der Zielkarte ist.
Wer die Zielkarte erhält, erhält auch die anderen ausgespielten Karten und legt diese in nach Farben sortierten Reihen vor sich ab.
Alle, die den Stich nicht bekommen haben, ziehen nun eine Karte nach.
So spielen wir um alle 7 Karten. Am Ende einer jeden Runde erhalten wir Punkte. Vorher legen wir noch unsere verbliebenen Handkarten mit zu den vor uns ausliegenden Reihen und entfernen in den Reihen, die eine faule 13er-Frucht beinhalten, die faule Frucht und eine weitere Karte. Dann wird die Reihe der Früchte mit den wenigsten Fruchtsymbolen mit der Reihe mit dem meisten Fruchtsymbolen multipliziert. Liegt nur eine Reihe vor einem, wird diese mit sich selbst multipliziert.
In der zweiten und dritten Runde dürfen die Personen, die zuvor am wenigsten Punkte erhalten noch Sammelfruchtkarten auswählen, die am Ende der Runde für alle mitgezählt werden müssen. Am Ende der dritten Runde gewinnt Freche Früchtchen, wer die meisten Punkte erzielen konnte.
Brettspiel Regeln
Spielregeln (ext. Link zu englischen Regeln)


Die Regeln von Freche Früchtchen sind zwar sehr kompakt gefasst, aber gut verständlich und in drei Minuten vermittelt. Wer während des Spiels noch eine kleine Orientierungshilfe oder nach einer längeren Spielpause nochmal etwas auffrischen muss, kann sich an dem kleinen, praktischen Beiblatt orientieren, auf dem alles Wichtige prägnant zusammengefasst ist. Und dann kann es auch schon losgehen. Spätestens nach zwei gespielten Zügen, ist der Ablauf des Spiels dann klar. Und nach dem Ende der ersten Runde, wenn die erste Wertung vollzogen wurde, wird auch der wesentliche Kniff des Spiels allen klar: Das Fruchtreihen-Management! Aaah! Darauf kommt es an!
Auf die Früchte, fertig, los!
Wie schaffe ich es, meine Reihe mit den wenigsten Früchten möglichst groß zu bekommen? Daran muss man also arbeiten: Aber das ist nicht immer so einfach, da man ja nicht allein am Spieltisch sitzt.
Und da huschen dann die Blicke über den Tisch: Ach es gibt so viel zu bedenken! Welche Karten der ausliegenden Zielkarten würde ich gerne haben? Welche Karten hebe ich mir dafür auf? Welche Karten spiele ich in Stiche, wo ich die Zielkarte nicht haben möchte? Und möchte diese Zielkarte überhaupt jemand anderes am Tisch haben? Will die vielleicht niemand haben und alle versuchen, möglichst weit weg vom Zielwert zu sein und Karten in diesen Stich zu packen, die sie loswerden wollen? Da ist auch ne ganze Menge „Ich denke, dass Du denkst…“ mit am Tisch.
Unberechenbar?
Spielt man zu zweit, ist das Ergebnis einer Runde noch recht gut steuerbar. Hier kann man am ehesten noch seine taktischen Kniffe durchbringen, dem Gegner im richtigen Moment noch die ungeliebte Einzelkarte reinwichteln oder sich selbst die faule Karte sichern, die am Rundenende die ungeliebte Einzelkarte eliminieren wird. Aber je mehr Personen am Tisch sitzen, desto unberechenbarer wird das Ganze – zumindest habe ich diese Erfahrung gemacht. In großen 6er-Runden schaut man schonmal am Ende der Runde entgeistert in die eigene Auslage und fragt sich, wie das passieren konnte: 1×3? Hallo? Was soll das denn?
Gelingt einem hingegen einmal im Spiel eine 5×6-Wertung oder eine Reihe mit 7 Fruchtsymbolen, die mit sich selbst multipliziert wird, dann hat man bereits ein gutes Polster und damit gute Chancen auf den Gesamtsieg.

Sammelfruchtkarten – Fluch oder Segen?
Was wohl ein wenig als Aufholmechanismus gedacht ist, sind die Sammelfruchtkarten, die sich die Person mit den wenigsten Punkten der letzten Runde für die nächste aussuchen darf. Natürlich kann es gut gehen, dass man mit dem Blick auf die Auslage und die eigenen Handkarten in etwa erahnen kann, von welcher Fruchtsorte mehr Symbole am Ende der Runde hilfreich sein könnten. So entscheidet man zu Beginn und hofft aus das Beste bei Rundenende. Allerdings habe ich es genauso erlebt, dass die von mir ausgesuchte Frucht am Ende der Runde genau die Frucht war, die mir mein Ergebnis kaputtgemacht hat. Naja, auf diese Weise konnte ich dann auch die Frucht für die kommende Runde aussuchen. So what…
Zockerspaß für die lockere Runde
Dennoch macht mir das Spiel in allen Gruppengrößen Spaß. In allen Partien gibt es Momente der Schadenfreude und Spaß entsteht immer am Tisch. Sicherlich ist Freche Früchtchen eher etwas für die lustige Runde, die auch mal über ihr eigenes Pech lachen kann und gerne auch für Personen, die nicht so spielerfahren sind. Aber auch Vielspielende genießen den entspannten Zock als Opener oder Absacker. Vielspielende kommen mit der im Spiel enthaltenen Unberechenbarkeit aber normalerweise eher schlechter zurecht und hadern gerne mal mit ihrem Schicksal. Zumal man nicht weiß, welche Karten im Spiel sind und womit man rechnen muss. Aber hatte man einmal Pech, kann man schnell eine Revanche hinterherschieben…
Freaky faule Früchte
Die Optik des Spiels ist natürlich Geschmackssache – ich mag die Knopfaugen-Früchte nicht alle so gerne. Aber die meisten mögen die fröhlich singenden und musizierenden Obstis ganz gerne. So, wie die aussehen, hätte mir der Spieltitel Freaky Fruits etwas besser gefallen, aber frech sind die natürlich auch – besonders die etwas gruselig anmutenden faulen Früchte, die extrem freaky gestaltet sind.

- Sehr zugängliche Regeln, die schnell verstanden sind
- Funktioniert mit allen Spielerzahlen gut
- Flottes Spieltempo für die lockerleichte, spaßige Runde
Mit Freche Früchtchen gibt es nun ein neues Kartenspiel für die lockerleichte, spaßige Runde. Mit diesem Spiel kann man Wenigspielende ebenso gut abholen wie Vielspielende, die hier die Gaudi und die Schadenfreude feiern können.
Freche Früchtchen ist schnell erklärt und schnell verstanden und funktioniert gut in allen Spielerzahlen von 2 bis 6. Es ist das einfachste und zugänglichste Stichspiel, das mir bislang begegnet ist. Wer allerdings Wert auf Beeinflussung und taktische Tiefe legt, sollte sich lieber anderen Stichspielen zuwenden. Wer gut damit leben kann, dass es mal anders kommt, als gedacht und möglichst noch darüber lachen kann, wie das jetzt passieren konnte, ist hier bestens aufgehoben.



AUTOR: Romaric Galonnier, Luc Rémond
ARTIST: Victor Dulon (Vidu
VERLAG: Brettspiellösung
ERSCHEINUNGSJAHR: 2025

2-6 Spielende
8 Jahre
20 Min.







