Home Jahr 2021 REVIEW | Rezension Brettspiel Voll Verplant

REVIEW | Rezension Brettspiel Voll Verplant

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Mit Voll verplant erhält die Klein & Fein-Reihe von Schmidt-Spiele ihre nächste Fortsetzung. Nachdem „Kannste Knicken“ mich nicht so richtig mit Langspielreiz überzeugen konnte, war ich auch beim Anblick von Voll verplant erstmal sehr skeptisch. Auch die erste Partie war eher abschreckend, weil ich noch recht überfordert war und keinen rechten Überblick hatte…

Doch mit den nächsten Partien kam dann schnell das Verständnis und ehe ich mich versah, hatte mich der Strudel der Optimierungssucht bereits vollständig erfasst… 

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Voll verplant bietet uns vier verschiedene U-Bahn-Strecken-Netze an, in denen wir mittels Ankreuzfeldern Strecken für diverse U-Bahn-Linien bauen können. Alle Spieler:innen erhalten den gleichen Spielpan – hier stehen Amsterdam, Berlin, Paris oder Madrid zur Verfügung – sowie einen der beiliegenden Stifte. Ein:e Mitspieler:in wird zum „Zugführer“ ernannt, mischt die 14 Zugkarten und ist fortan für das Aufdecken neuer Karten und das Mischen nach Aufdecken des Zahlenwertes 6 zuständig.

Ziel des Spieles ist es, die meisten Punkte zu erhalten. Möglich ist das im Wesentlichen durch das Fertigstellen bestimmter U-Bahn-Strecken, indem alle zur Linie gehörenden Streckenfelder angekreuzt worden sind. Es gibt dabei längere und kürzere Strecken, sehr verwobene oder einzelständige Strecken. Je komplizierter und länger eine Strecke ist, desto mehr Punkte erhält man bei Fertigstellung. Wer zuerst eine Strecke fertigstellt, erhält mehr Punkte als die Anderen. 

Alle Strecken verfügen am Startpunkt über einen Waggon, in dem in den enthaltenen Fenstern je eine Zahl eingetragen werden kann. Gemäß der eingetragenen Zahl, darf man nun Kreuze auf der Strecke eintragen, um die Linie auszubauen. Je nach Strecke enthält der Waggon 1-4 Fenster. 

Welche Zahl ich eintragen kann, bestimmt die vom „Zugführer“ aufgedeckte Karte. Es gibt Karten im Wert 2 bis 6, allerdings gibt es nur drei Karten mit den Werten 2 und 3, die es erlauben, bereits auf der Strecke eingetragene Kreuze zu überspringen. Da die Strecken untereinander verwoben sind, ist das oftmals notwendig, um eine Strecke überhaupt weiterführen zu können.

Eine Karte „Freifahrt“ erlaubt uns das Eintragen eines Kreuzes ohne weitere Bedingung und ohne ein Fenster in einem Waggon zu besetzen.

Zu den Zahlenwerten und der Freifahrt gibt es auch zwei Karten „Umsteigemöglichkeit“. Mit dieser müssen wir einen Kreuzungspunkt markieren und tragen statt eines Kreuzes die Zahl der sich an dieser Station kreuzenden Linien ein. Auch diese eingetragenen Zahlenwerte ergeben bei Spielende Punkte.

Sind alle Fenster in den Waggons mit Zahlenwerten oder Umsteigekreuzen gefüllt, ist das Spielende erreicht und die Punkte für fertige Strecken und Umsteigepunkte werden addiert, leere Streckenfelder subtrahiert und es gewinnt Voll verplant, wer die meisten Punkte erreichen konnte.



AUTOR: Hisashi Hayashi ■ DESIGN: Olga Cress
VERLAG: Schmidt Spiele ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2021

1-6 Spieler

ab 8 Jahren

ca. 20 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu )


SPIELGEFÜHL

Digital Lernen und Spielen

Voll verplant habe ich digital gelernt – Schmidt Spiele bietet die Möglichkeit zum online spielen unter https://www.schmidtspiele.de/onlinespiele.html Die Option, das Spiel digital zu lernen ist sehr hilfreich, weil hier die potentiellen Ankreuzfelder angezeigt werden. Dies hilft enorm, anfänglich den Überblick zu bewahren oder die unterschiedlichen Spielpläne kennenzulernen, bevor man dann ich die analoge Welt umsteigt. 

Auf diese Weise sind die Regeln dann wirklich schnell erlernt. Leider ist nämlich das Gameplay-Video, das auf der Regel per QR-Code versprochen wird, nicht zu erreichen. 

Das digitale Angebot ist aber auch sehr für eine schnelle Solopartie zu empfehlen!

Zu Beginn voll KEIN Plan

Die ersten ein, zwei Partien bei Voll verplant machen deutlich, warum das Spiel heißt, wie es heißt. Man hat nämlich keinen Plan, ist recht überfordert und muss sich erst noch orientieren. Schnell wird hier noch das Ein oder Andere vergessen: Habe ich die Zahl bereits in das Waggonfenster eingetragen? Habe ich alle Kreuze gesetzt? Verdammt, hier durfte ich ja gar nicht überspringen! Oh Mist, nach dem Aufdecken der 6 haben wir ja gar nicht neu gemischt. 

Ist alles nicht so schlimm, man muss sich erstmal eingrooven, bis die Abläufe sitzen. In den ersten Partien gab es bei uns auf die Frage: „Wie viele Waggonfenster habt ihr noch frei?“ gerne mal drei unterschiedliche Antworten von den Mitspielenden. Jeder hatte irgendwas mal vergessen oder aus Versehen doppelt eingetragen. Nach drei, vier Partien dürfte das aber kein Problem mehr sein.

Und dann: Nochmal!

Auch, wenn der Block dankenswerter Weise von beiden Seiten bedruckt ist und durch die unterschiedlichen Pläne schöne Varianz liefert, reduziert sich der Umfang des Blocks schnell. Denn Voll verplant macht leider voll süchtig.

Es ist so schnell und fluffig gespielt und bietet immer wieder den Anreiz, seine eigenen Highscores wieder überflügeln zu wollen, dass eine neue Partie immer nochmal schnell gespielt ist. Bei geübten Spielern sind die 20 Minuten Spielzeit, die auf der Schachtel angegeben sind, überhaupt nicht mehr nötig. Und meist heißt es dann bei Spielende: „Sollen wir noch schnell die Rückseite spielen?“ Spielpläne laminieren und mit abwaschbaren Stiften beschreiben, ist daher bei Roll & Write bzw. Flip & Write-Spielen immer eine gute Idee. 

Der leidige Optimierungszwang

Die unterschiedlichen Spielpläne sind besonders lobend hervorzuheben. Jeder entwickelt nach und nach eine Vorliebe für eines der Streckennetze. Und innerhalb jedes Plans erarbeiten wir uns den „goldenen Weg“. Hier gilt es, Synergien zu nutzen und effiziente Streckennutzung voranzutreiben. Welche Linien teilen sich ein Stück des Weges? Mit welchen Strecken kann ich also zu doppeltem Nutzwert Kreuze setzen und so schneller an die Fertigstellung geraten?

Das sind tolle Knobelaufgaben, die für sich bereits interessant sind, aber leider, leider dann immer wieder mit dem Aufdecken der falschen Zahlenwerten durchkreuzt werden.

Und nie kommt das, was soll

Die Zahlenwerten liefern das Salz in der Suppe – und meist wird uns diese versalzen. Denn es werden garantiert nie, einfach niemals die richtigen, passenden Werte aufgedeckt. Am Anfang, wenn man noch freie Fahrt hat, erscheinen keine hohen Werte, mit denen man ordentlich Strecke machen kann. Und im weiteren Spielverlauf, wenn bereits ordentlich viele Kreuze gesetzt wurden, sich Strecken kreuzen, dann weiß man gar nicht, wo man die 4en, die 5en und die 6 hinsetzen soll. Da müsste man Engpässe überspringen, aber die drei Karten, mit denen man das tun kann, scheinen aus dem Stapel der Karten geflohen zu sein. Von ihnen gibt es chronisch zu wenig, aber gäbe es von ihnen mehr, wäre das Spiel vermutlich zu einfach. 

Mit jeder neu aufgedeckten Karte wird man daher vor die nächste kniffelige Entscheidung gestellt und trifft sie – gefühlt – garantiert falsch.

Jeder für sich

Grundsätzlich ist Voll verplant eine solistische Angelegenheit. Jeder ist tief in die Betrachtung seines Streckennetzes versunken und die Pläne der Mitspielenden erhalten kaum jemals einen Seitenblick. Auch, wenn das Erreichen fertiger Wegstrecken für den oder die Erste mehr Punkte bringt, als für die Nachfolgenden, hat man das eher nicht im Blick. Im Gewirr der Strecken und Kreuze und dann auch noch auf dem Kopf liegend erkennt man das meist sowieso nicht, wie weit die Anderen sind.

Es ist daher recht unerheblich, mit wie vielen Personen das Spiel gespielt wird. Die Spielerfahrung ist immer recht ähnlich. Es bietet sich derzeit auch wieder bestens dafür an, es per Videocall zu spielen. 


Zusammenfassung

Voll verplant ist eine wirklich gelungene Fortsetzung der Klein & Fein-Reihe von Schmidt Spiele. Es erfordert ein wenig Übung, aber sobald die anfänglichen Hürden genommen wurden, will man schnell noch eine weitere Partie! Dabei bieten die enthaltenen vier unterscheidlichen Streckennetze schöne Abwechslung. Das Spiel lässt sich sehr gut digital lernen, aber auch digital spielen – auf der Seite von Schmidt Spiele, aber auch per Videocall mit Freunden.

Voll verplant ist dabei eher etwas für Knobler, Planer und Optimierer, die allerdings mit den Gegebenheiten der aufgedeckten Karten klar kommen müssen. Die Portion Glück, zur rechten Zeit die richtigen Strecken bauen zu können, spielt dabei auch eine große Rolle. Daher ist es auch ein wenig Glückssache, ob ich bei der Jagd nach dem nächsten Highscore erfolgreich sein werde. 

  • Wenn man es erstmal kann, ist das Spiel schnell und fluffig gespielt
  • Abwechslung und Varianz durch die unterschiedlichen Streckennetze
  • Lässt sich gut digital spielen
  • Anfänglich unübersichtlich und ggf. etwas überfordernd
  • Glücksabhängig, wann welche Zahlenwerte zur Verfügung stehen

Ich mag Voll verplant sehr gerne – besonders die Herausforderung, aus dem Gegebenem das Beste machen zu müssen, ist reizvoll und gefällt mir gut. Zudem das schnelle Spieltempo und dadurch die Möglichkeit, immer mal zwischendurch ne Partie einschieben zu können, macht das Spiel erstmal zu einem Dauerbrenner. Wie lange das aber anhält, kann ich derzeit nicht einschätzen. 

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