Home Jahr 2022 REVIEW | Rezension Brettspiel: The Border

REVIEW | Rezension Brettspiel: The Border

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Nach der Erweiterung „Europe“, die acht neue Spielpläne in der Form europäischer Länder mitbrachte, erhält Würfelland nun einen neuen Ableger:

Bei The Border füllen wir nicht mehr Flächen aus Farbfeldern, sondern Ketten aus farbigen Feldern, die Grenzen zwischen Gebieten bilden. Die abstrakte Anmutung des Spiels bekommt nun deutlich mehr thematische Gestaltung. Bekommt das Spielprinzip dadurch auch einen anderen Dreh?

Das könnt Ihr im Folgenden lesen.

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Bei dem Würfelspiel The Border erhalten alle Spielenden eine abwaschbare Tafel und einen Stift. Der Schachteldeckel wird als Würfelteller in der Tischmitte bereit gelegt. Dazu kommen 5 Farbwürfel.

Auf den Tafeln sind neun unterschiedliche Gebiete durch Grenzen aus Farbfeldern abgetrennt. Sobald die Farbfelder um eines der Gebiete vollständig angekreuzt sind, gilt das Gebiet als abgeschlossen. Wer ein Gebiet als erstes vollständig umschließt, erhält die volle Punktzahl. Wer das gleiche Gebiet später im Spiel abschließt, erhält nur noch den geringeren Wert der aufgedruckten Punkte. Wer als erstes sechs Gebiete abschließt, beendet das Spiel. Wer dann die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt The Border.

Doch wie werden die Farbfelder überhaupt angekreuzt? 

Wer an der Reihe ist, ist der aktiv Würfelnde und würfelt alle Würfel. Es können dann beliebig viele Würfel beiseite gelegt oder neu gewürfelt werden. Insgesamt kann maximal dreimal gewürfelt werden. Anschließend darf der aktiv Würfelnde Felder gemäß des Würfelergebnisses ankreuzen, aber nur dann, wenn mit dieser Anzahl an Würfeln auch eines der Farbfelder abgeschlossen werden kann. Können Würfel aus dem Würfelergebnis nicht genutzt werden, dürfen diese nur die passiven Spieler:innen für ihre Grenzsetzung nutzen. Hier besteht kein Abschlusszwang, d.h., sie dürfen mit den Würfeln auch neue Gebiete beginnen und dort Felder gemäß des Würfelergebnisses ankreuzen, ohne dass zwangsläufig ein Farbgebiet abgeschlossen werden muss. Die zu setzenden Kreuze müssen allerdings an bestehende Kreuze in Farbfeldern angrenzen. Danach werden die Würfel an den nächsten aktiv Würfelnden weitergegeben. 



AUTOR: Michael Kiesling, Reinhard Staupe ■ ILLUSTRATION/GRAFIK: Oliver Freudenreich, Sandra Freudenreich
VERLAG: NSV ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022

2-4 Spieler

ab 8 Jahren

ca. 30 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu )


SPIELGEFÜHL

Ein bisschen Push-your-luck, ein bisschen Wettrennen

The Border hat ein sehr zugängliche Regelwerk. Die Regeln sind kurz, übersichtlich und mit Beispielen versehen, so dass das Spiel schnell verstanden ist. Es ist daher für Einsteiger und Wenigspieler, die ich hier auch als Kernzielgruppe sehen würde, gut zu meistern. Das Roll&Write-Spiel setzt stark auf Glückselemente und ist wenig taktisch. Bei der Jagd nach Punkten bietet es ein Wettrennen um die lukrativsten Gebiete und damit um die meisten Punkte. Würfelt man allerdings nicht die benötigten Farben, kann man noch so sehr taktieren, da ist man leider machtlos… 

Keine klare Markenführung

The Border bringt einen neuen Look in die Würfelland-Welt. Bisher beschränkte sich das Grundspiel und die Europe-Erweiterung auf eine abstrakte Gestaltung, die für ein abstraktes Würfelspiel auch absolut ausreichend und passend war. Mit The Border kommt nun gegenständliche Gestaltung ins Spiel. Auf dem Cover finde ich das durchaus gelungen und ansprechend. Im Inneren auf den Gebietstafeln empfinde ich das irgendwie als stilbrüchig, weil hier gegenständlich gezeichnete Gebietssymbole mit den abstrakten, aus Würfelland bekannten Farbfeldern umgeben sind. Leider gefällt mir das nicht gut, da das gesamte Erscheinungsbild so nicht stimmig ist. Und ich frage mich, warum man nicht im Abstrakten geblieben ist. Würfelland hat abstrakt immer gut funktioniert, künstlerische Gestaltung hat mir persönlich hier nicht gefehlt. 

Daher kann ich die Einordnung des Spiels in die Würfelland-Familie auch nicht richtig nachvollziehen. Optisch – also auf dem Cover – und namentlich finden sich hier keine Verbindungen. Im Innern wird es dann aber offensichtlich. Ich wäre daher sowohl in der optischen Gestaltung als auch bei der Namensgebung eher klar in der Würfellandfamilie geblieben. The Border ist und bleibt ja ein abstraktes Würfelspiel…

Ähnlich, aber doch anders

The Border sieht nicht nur in einigen Teilen so aus wie Würfelland, es ist auch spielerisch ähnlich. Die Regeln für das Würfeln und ankreuzen unterscheiden sich im Detail aber deutlich. Während man sich beim Würfeln bei Würfelland auf eine Farbe festlegen muss, ist man bei The Border ein wenig freier und kann ggf. auch Farbwürfel mit unterschiedlichen Farben nutzen. Auf der anderen Seite wird man beim Eintragen deutlich reglementierter, weil man als aktiv Würfelnder nur Würfel nutzen, mit denen man Farbgebiete abschließen kann. Wenn man viel und gerne Würfelland gespielt hat, wird man hier gezwungen sein, umzudenken.  

Gehen die neuen Regeln in die richtige Richtung?

Das ist aber nicht unbedingt schlimm, weil ein neues Spiel grundsätzlich das Recht auf eigene und damit andere Regeln hat. Allerdings weiß ich nicht, ob diese Regeln auch besser sind. Durch die Begrenzung des aktiv Würfelnden auf die Bedingung,  dass Farbreihen abgeschlossen werden müssen, um sie beim Würfelergebnis nutzen zu können, wird es schwierig, das Spielgefühl sogar manchmal geradezu zäh.

Klar, bei einem Würfelspiel spielt das Glück immer eine große Rolle. Oder eben das Pech. Zu Beginn des Spiels ist das eher weniger ein Problem. Da jede Farbe mit Zweier-Feldern vertreten ist, ist es anfänglich eigentlich immer machbar, mit seinem Würfelergebnis etwas Vernünftiges anzustellen und eine kleine Farbreihe zu vervollständigen. Sind die Feldreihen mit zwei oder drei Feldern aber bereits abgekreuzt, wird es deutlich schwieriger. Ein Würfelergebnis mit vier oder gar fünf Würfeln der gleichen Farbe kommt selten vor. 

Mit mehr Spielern irgendwie besser

Kommt dann hinzu, dass man von den Würfelergebnissen der Mitspielenden nur selten profitiert oder diese nur Farben übrig lassen, die man noch nicht erreichen kann oder bereits erfüllt hat, kann das Spiel eine frustrierende Wendung nehmen. Es kann vorkommen, dass ein Mitspielender zum Spielende hin kaum mehr eine Chance hat, den eigenen Würfelwurf erfolgreich zu gestalten, beispielsweise, wenn nur noch drei oder vier Würfel in einer bestimmten Farbe benötigt werden. Und dann kommt diese Farbe einfach nicht… Dann ist jedes Würfelergebnis ein großes Geschenk an die Mitspielenden. Auch, wenn man ordentlich in Führung lag, können die anderen dann gut aufholen und triumphierend vorbeiziehen. Wie gesagt, ein Glücksspiel, aber dann ein frustrierendes.

Im Spiel zu Zweit kann das eher zu einem Problem werden, als im Spiel zu Viert. Mit mehr Spielern bleibt auch öfter mal was übrig, was der aktiv Würfelnde nicht ankreuzen kann, so dass man mehr „abstauben“ kann, bevor man wieder an der Reihe ist. Auf diese Weise reduzieren sich die offenen Felder schneller, das Spielziel rückt näher und die Gefahr, dass es zum Ende hin zäh wird, ist geringer. Daher empfehle ich das Spiel eher in größerer Runde, zumindest zu dritt.

Material wie immer top!

Die Ausstattung von The Border ist dabei gewohnt sehr gut. Die Schachtel ist platztechnisch optimal genutzt. Die abwaschbaren Stift sind die besten, die es derzeit in Spielen zu finden gibt. Auch die Bords lassen sich rückstandslos abwischen und sind durch die Wiederverwertbarkeit nachhaltig. Super durchdacht – aber bekannt durch Würfelland – ist natürlich der gefütterte Schachteldeckel, der als Würfelteller genutzt werden kann. Das sollten sich auch andere Hersteller abschauen, denn auf diese Weise hat man immer alle notwendigen und wünschenswerten Spielelemente schnell beisammen. Dafür großes Lob!


Zusammenfassung

The Border ist ein solides, glückslastiges Roll&Write-Spiel, das einfache Regeln hat, einen schnellen Einstieg bietet und damit gut für Einsteiger und Wenigspieler geeignet ist. Aber auch, wer bereits Würfelland kennt, mag und nicht genug davon bekommen kann, kann sich The Border ruhigen Gewissens anschauen. Es bietet einen neuen Twist, der mit Regeländerungen einhergeht, die für Gewohnheitstiere zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig sind. 

Der Spielmechanismus lässt hin und wieder Raum für frustrierende Spielerlebnisse. In bestimmten Konstellationen – je nach Spielerzahl und Würfelergebnissen – scheint das Spiel nicht enden zu wollen oder man muss seinen Mitspielenden zu viel schenken. Wenn das Spiel diese Wendung nimmt, besteht nur wenig Interesse an einer Folgepartie. Das ist aber vermutlich ein Problem für Vielspieler.

Für alle anderen dürfte die Mischung aus Würfelspiel mit Push-your-Luck-Elementen sowie dem Wettrennen um Gebiete und Punkte weniger problematisch sein und nette Unterhaltung bieten.

  • Zugängliche Regeln, leichter Einstieg
  • Sehr gutes Spielmaterial mit abwaschbaren Boards, Stiften und integriertem Würfelteller
  • Abwechslung in der Würfelland-Familie
  • Kann zähen oder frustrierenden Spielverlauf entwickeln
  • Funktioniert besser zu Dritt oder Viert
  • Stilbruch in der Mischung von gezeichneter und abstrakter Gestaltung 

Aus meiner Spielerperspektive: The Border konnte mich nicht wirklich überzeugen – der neue Twist ist mir nicht spannend genug, um langfristig zu wirken. Da wir meist zu Zweit spielen und The Border gerade in dieser Konstellation Schwächen zum Spielende aufweist, gibt es einige besser Alternativen, die eher auf den Tisch kommen. So erhält es in meiner persönlichen Wertung sogar nur ein „DEN ANDEREN ZULIEBE“. 

Zweite Meinung: Christoph

Als ich die Grafik vom Cover gesehen habe, war meine Erwartung sehr hoch. Ich mag diese Art der graphischen Ausgestaltung. Die hohe Messlatte kann das Spiel nicht unbedingt halten; will es vielleicht auch gar nicht.

The Border ist eine Art Würfelland mit zwei zusätzlichen Kniffen, des Ankreuzens für aktive und passive Spieler sowie des Wettrennens um die jeweiligen Gebiete. Damit grenze es sich vom Bruder ab.

Ich habe The Border nur zu dritt und viert spielen. Auch hier kam es zum Ende zu nervigen Situationen, wenn man partout nicht die Felder würfelt, die man zum Umkreisen eines Gebietes benötigt und die Mitspieler wieder ran kommen und ggf. auch vorbeiziehen. Jetzt kann man vielleicht sagen, dass man dann eben etwas vorausschauender spielen muss, aber ganz so einfach lassen sich die Würfel dann eben doch nicht manipulieren.

In Summe ein schönes Spiel, wenn es Würfelland nicht geben würde. Aber ich greife lieber zum großen Bruder, hier ist der Wiederspielreiz für mich höher.

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