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REVIEW | Rezension Brettspiel Die Wölfe

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Brettspielbox Brettspiele

Wessen Rudel ist am besten aufgestellt, um das Überleben der Seinen zu sichern?

Um dieses ganz klassische „Überleben des Stärkeren“ geht es beim Brettspiel Die Wölfe. Hier wollen wir ein großes und dominantes Rudel aufbauen, unser Territorium erweitern, Beute jagen, Unterschlupfe für unsere Wölfe schaffen und uns so weit ausdehnen, dass uns andere Rudel nichts anhaben können. Wer jetzt den Kopf in den Nacken legen und den Mond anheulen möchten, ist damit in der richtigen Stimmung für Die Wölfe.

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Im Brettspiel Die Wölfe werden wir zu Leittieren eines Wolfrudels, die miteinander in Konkurrenz um die größte Dominanz im Territorium treten. Wir spielen einen Mondzyklus durch, der aus drei Wertungen jeweils beim Erreichen des Sichel-, Halb- und Vollmondes besteht. 

Wir starten mit je zwei Paaren aus Rudel- und Alphawolf, die auf dem Spielplan eingesetzt werden. Mit diesen dehnen wir uns im Folgenden auf dem Spielplan aus, können einsame Wölfe und unter bestimmten Umständen auch Wölfe aus anderen Rudeln anheulen und in unsere Rudel aufnehmen. Wir können einen Bau errichten oder in der nächsten Ausbaustufe eine Höhle daraus machen. Mit diesen Mitteln versuchen wir in den jeweiligen Regionen Mehrheiten zu erringen, um beim Erreichen der Wertung hier die meisten Punkte zu erlangen.

Auf dem vor uns liegenden Tableau schalten wir im Laufe des Spiels auch weitere Fähigkeiten und Siegpunkte frei. Jeder Wolf, Bau oder Höhle, die wir auf dem Spielfeld einsetzen, ermöglicht es uns, uns mit mehr Wölfen zu bewegen, weitere Strecken zurücklegen zu können oder weiter entfernte Wölfe anheulen oder dominieren zu können. Je weiter wir damit kommen, desto mehr Siegpunkte sind bei Spielende für uns möglich. Punkte erhalten wir zudem auch dafür, dass wir Beute erlegen und die entsprechenden Tierchips auf unserem Tableau sammeln.

Unsere Aktionen, von denen wir in jedem Spielzug zwei zur Verfügung haben, lösen wir durch Geländeplättchen aus, die an unserem Tableau anliegen. Die unterschiedlichsten Aktionen „kosten“ unterschiedlich viele gleiche Geländeplättchen, die umgedreht werden müssen. Für das Bewegen von Wölfen müssen wir nur ein Plättchen umdrehen, das dem Zielfeld entspricht. Heulen, Bau oder Höhle bauen, kosten zwei Geländeplättchen und für das Dominieren eines anderen Wolfes oder Baus müssen mit drei Geländeplättchen „bezahlt“ werden. 

Heulen wir einsame Wölfe an, ersetzen wir diese durch eigene Wölfe, übernehmen wir Wölfe oder einen Bau aus anderen Rudeln, so ersetzen wir diese ebenfalls durch eigene Figuren. Alle dadurch vom Spielplan entfernten Elemente legen wir auf das Mondtableau und lassen den Spielfortschritt somit vorankommen. Erreichen wir bestimmte Felder, werden die Wertungen der jeweiligen Regionen ausgelöst. Wird die letzte Wertung ausgelöst, werden zu den durch die Mondwertungen erzielten Punkte noch die freigeschalteten Punkte vom Tableau addiert. Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Die Wölfe.



AUTOR: Ashwin Kamath, Clarence Simpson ■ ILLUSTRATIONEN: Pauliina Linjama
VERLAG: Pandasurus Games | Skellig Games ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2023

2-5 Spieler

ab 14 Jahren

ca. 75 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu Skellig Games)


SPIELGEFÜHL

Die meisten, mit denen ich Die Wölfe gespielt habe, empfinden das Spiel als sehr thematisch. Mir geht es genauso. Dabei wissen wir doch eigentlich alle noch viel zu wenig über diese Tiere.

Ist es wirklich so wie im Spiel, dass Wölfe beispielsweise Einzelgängerwölfe in ihr Rudel „hineindominieren“ können? Jagen sie wirklich all die im Spiel enthaltenen Beutetiere? Leben Wölfe überhaupt in Höhlen? So eine rechte Ahnung davon haben die meisten wohl nicht, nimmt es in diesem Spiel aber als gegeben hin, da alles recht stimmig ineinandergreift. Wir dehnen uns aus, vergrößern unser Rudel, bauen Unterschlupfe, jagen und vergrößern den Einfluss in den jeweiligen Gebieten. Auch, wenn es hier ebenfalls nicht friedlich zugeht: Selten eine thematische Ausarbeitung des Area Control-Prinzips gesehen, die nicht mit kriegerischen Auseinandersetzungen, Kampf und Eroberung zu tun hat. 

Spitz – äh – Wolf, pass auf!

Die Wölfe ist reizvoll und herausfordernd, denn wie so oft bei Area Control-Spielen erfordert das Spiel permanente Aufmerksamkeit: Man darf auch die Spielzüge der Mitspielenden nie aus dem Auge lassen, denn die Situation und damit Mehrheiten oder die Positionen zueinander ändern sich nahezu mit jeder Spielaktion. 

Mit mehr Spielenden ist zudem extrem viel los auf dem Spielplan und da gilt es, aufzupassen. Wer zieht welche Figur wohin? Welche Heulreichweite haben die gegnerischen Wölfe? Kommen sie mir zu nahe? Steht ein gegnerischer Rudelwolf irgendwo allein und damit ungeschützt? Kann ich diesen erreichen und dominieren? Oder kann das jemand tun, bevor ich an der Reihe bin? Und habe ich die richtigen Geländeplättchen vor mir liegen oder muss ich erst noch eine andere Aktion ausführen, damit ich die notwendigen Gelände nutzen kann?

Alle Züge der anderen können Auswirkungen auf das haben, was ich als nächstes geplant habe oder unter den aktuellen Gegebenheiten am besten tun sollte. 

Das war doch eben noch ganz anders

Das ist gefährlich für das Aufkommen von Downtime: Da sich so viele Dinge ändern, bis man wieder an der Reihe ist, sollte man die aktuelle Spielsituation nochmal genau betrachten und analysieren, bevor man seine Aktionen auswählt. Da man zwei Aktionen zur Verfügung hat, bauen diese ggf. auch wieder aufeinander auf und wollen gut durchdacht werden.

Daher sollte man auch bei den Zügen der anderen stets „am Ball“ bleiben. Wenn einige Mitspielende denken: „Ach, da passiert so viel, bis ich wieder an der Reihe bin… da schaue ich erst wieder drauf, wenn es soweit ist“, kann das Spiel dauern. Ich habe daher absolut kein Interesse, es mal zu fünft zu spielen, da mir die Grübelphasen zu viert immer bereits absolut ausgereicht haben.

Wie viele Rudel sollten es sein?

Apropos Anzahl der Mitspielenden: Im Spiel zu zweit gestaltet sich das Spiel ein wenig übersichtlicher als in größerer Runde – und ist damit m.E. für den Einstieg am besten geeignet. Hier spielt zwar auch eine dritte Wolfsart mit, aber diese ist nach bestimmten Vorgaben zu platzieren und bewegt sich nicht vom Fleck. Auf diese Weise stört sie uns zwar erheblich, wenn es darum geht, in bestimmten Regionen die Mehrheit zu bekommen, aber immerhin muss ich nicht noch im Auge behalten, wohin sie sich ausbreitet und sie greift auch unsere Wölfe nicht an. Dann kann man erstmal lernen, sich mit nur einem bewegenden Gegner auseinanderzusetzen und arbeitet sich mit mehr Mitspielenden langsam im Schwierigkeitsgrad vor.

Mit einer größeren Anzahl Mitspielender wird auch unser Spielbereich größer, da weitere Regionen hinzukommen. So kann man sich dann doch wieder ausweichen. 

Camouflage-Wölfe

Kommen wir zur Gestaltung: Die Wolf-Figuren sind toll gestaltet und auch am restlichen Spielmaterial sind nur Kleinigkeiten zu kritisieren. Aber da die Gelände-Untergründe verschiedenfarbig sind und manche Wolfsarten nahezu in Tarnfarben daherkommen, muss man immer genau schauen, damit man nichts übersieht. Da hat man schnell mal ein Alphatier übersehen, dass dann flux eines unserer Rudeltiere wegdominiert hat. Wer diese Taktik verfolgen will, nimmt am besten die grünen Wölfe. Die sind immer am besten getarnt auf dem Spielbrett.

Zur weiteren Gestaltung des Spiels noch folgende kleine Anmerkungen: Die Einsamer-Wolf-Chips, die anfänglich auf dem Spielplan liegen, hätte ich mir vom Design her etwas weniger stilistisch gewünscht. Die aufgerissenen Mäuler der Aktion-Bonusmarker sind mir ein wenig zu aggressiv. Auch der Mondkalender könnte so auch bereits im Prototyp ausgesehen haben. Aber das ist alles Jammern auf hohem Niveau. 

Wenn der Mond scheint

Der Mechanismus, mit dem die Wertungen ausgelöst werden, ist interessant und kann in Die Wölfe taktisch eingesetzt werden, manchmal aber auch böse überraschen. Wenn man beispielsweise nicht im Blick hat, dass das nächste Element, welches auf das Mondtableau gelegt wird, eine Wertung auslöst und man bis zur Wertung noch ein paar Dinge auf dem Spielplan erledigen möchte, um beispielsweise noch an den Mehrheiten auf dem Spielbereich zu drehen, sollte man nicht aus Versehen die Wertung auslösen. Gerade bei Spielende kann das ganz schnell gehen und dann wird auch gerne schonmal darum gebeten, den letzten Zug wieder rückgängig machen zu dürfen, weil man ja gar nicht das Spielende auslösen wollte… Tja, da zählt dann die Kulanz der Mitspielenden. 

Ebenso kann man diesen Wertungsmechanismus auch taktisch nutzen, um eine Wertung herbeizuführen, bevor die Mitspielenden Mehrheiten in den zu wertenden Territorien zu ihren Gunsten verändern können. 

Bezahlen mit Wald und Felsen

Dass unsere „Ressourcen“, mit denen wir unsere Aktionen zahlen, die Geländeplättchen sind, ist neu und manch einer muss sich erst daran gewöhnen – manche irritiert, ob man die Ausgangslandschaft oder die Ziellandschaft der Aktion zahlen muss. Nein, man orientiert sich an der Ziellandschaft!

Generell verlangt dieser Mechanismus von uns eine wohlüberlegte Planung. Natürlich liegen die Landschaften fast immer so, dass es eben nicht optimal zu unseren Plänen passt. Oft kommt es vor, dass man zunächst eine Art „Hilfsaktion“ ausführt, die nur dafür gedacht ist, die Geländeplättchen in eine bestimmte Position zu bringen. 

Und? Wie weit kannst Du so heulen?

Schauen wir uns zuletzt noch das eigene Tableau an, auf dem wir unsere Fähigkeiten weiterentwickeln und möglichst auch Siegpunkte freischalten. Hier müssen wir schon eine ganze Menge tun, damit sich das alles lukrativ gestaltet. Tipp: Immer schön Höhlen bauen, das bringts. 

Die Punkte, die man für gejagte Beutetiere erhält, könnten m.E. etwas höher sein, denn man geht für die Jagd immer ein hohes Risiko ein. Schließlich muss man die Beute auf drei angrenzenden Feldern „umzingeln“. Man teilt seine Wölfe dann auf drei Felder auf und dann stehen sie oft alleine. Hier stellt sich dann die Frage, die es abzuwägen gilt: Lohnt sich dieses „entblößen“ für die Punkte oder ist es zu riskant, dass ich mich in dieser Weise angreifbar mache? Wenn die anderen weit genug entfernt sind, ist das meist keine Frage. Bei vielen Spielenden wird das aber selten der Fall sein…


Zusammenfassung

Die Wölfe ist ein sehr thematisches Area Control-Spiel, in dem wir als Leitwolf unser Rudel und unseren Einfluss vergrößern wollen. Dazu bewegen wir uns durch die Regionen, dominieren andere Wölfe, um sie in unsere Rudel zu integrieren, bauen unser Territorium aus und wollen Mehrheiten erringen. Gleichzeitig bauen wir unsere Fähigkeiten aus, in dem wir unsere Reichweite erhöhen, jagen nach Beutetieren und sorgen für ausreichend Unterschlupfe.

Die Wölfe bewegt sich im Bereich der Kennerspiele und macht mir in der Runde zu dritt und viert den meisten Spaß. Das Spiel hält alle Mitspielenden ständig gedanklich bei der Sache, kann aber mit Grüblern und Durchrechner auch einige Downtime bescheren. 

  • Sehr thematisches Spielgefühl in der Welt der Wölfe
  • Hohe Interaktion und zunehmende Dynamik im Spielverlauf 
  • Gut strukturierte Handlungsoptionen, übersichtliches Spieler:innentableau
  • Verpackungssituation: Zu wenig Beutel, Plättchen geraten immer durcheinander und müssen vor Spielbeginn neu sortiert werden.
  • Manchmal ist auf dem Spielplan einfach zu viel los: Figuren, Marker, Geländemuster
  • Kraftrauben, da Denk- oder Aufmerksamkeitspausen kaum möglich sind

Aus meiner Spielerperspektive: Die Wölfe ist eines der wenigen Area Control-Spiele, die mich ansprechen. Das Thema finde ich interessant und auch gut umgesetzt. Die große Runde ist mir für dieses Spiel zu viel, da ich dann zu viele Informationen zu verarbeiten habe. In einer Drei-Personen-Runde stimmt für mich Vieles, so dass es gerne noch öfter auf den Tisch kommen kann.

3 COMMENTS

  1. 👍👍👍👍
    Vielen Dank für Deine umfangreiche, detailreiche, hervorragend anschauliche und stilistisch sehr angenehme Spielbeschreibung, Carina!
    Jetzt kann ich mir ein viel besseres Bild von dem Spielgefühl machen als bisher, und ich denke, dass es mir gefallen könnte.
    Spannung bietet es ja offensichtlich auch.
    Und ich finde es positiv, dass man hier als Area-Control-Thema keine grausigen Weltkriege oder Schlachten gewählt hat.

    Dass Dein Fazit zum Wiederspielreiz nicht besser als „Immer mal wieder“ ausfällt, hat mich zwar überrascht, aber das liegt vermutlich weniger an den objektiven Qualitäten des Spiels, als vielmehr daran, dass Du ganz persönlich Area-Control-Spiele halt grundsätzlich nicht so gern magst, oder?
    🌻
    Viele liebe Grüße,
    Daniel

    • Hallo Daniel, vielen Dank für Dein Feedback!
      Das Urteil „Immer mal wieder“ ist für mich absolut kein schlechtes! Ich würde „Die Wölfe“ jederzeit gerne mitspielen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, aber das tun sie nicht immer und bei anderen Spielen halt m.E. eher.
      Nur zwei Beispiele, warum ich zu dieser Wertung gekommen bin:
      Mit fünf Personen würde ich es gar nicht wählen, zu viert unter Umständen und zu dritt sehr gerne. Area Control passt als Mechanismus auch nicht in jede Runde und manche haben so ihre Schwierigkeiten mit der Anwendung in diesem Spiel gehabt, auch daher passt es eher „immer mal wieder“ als jederzeit.
      Ich versuche bei der Beurteilung auch alles Feedback aus den Spielrunden miteinzubeziehen, das ich mitbekommen habe, und nicht nur meine persönlichen Präferenzen.
      Liebe Grüße
      Carina

  2. Dass die deutsche Version dauer-vergriffen ist sagt schon sehr viel über das Spiel aus.

    Was in der Rezension noch fehlt und mir sehr positiv aufgefallen ist: Das Spiel schafft eine geniale Balance an Handlungsoptionen. Es gibt praktisch nie einen Zug, in dem man nichts (oder nichts sinnvolles) machen kann und ebenso sind die Optionen meistens doch so überschaubar, dass man recht gut sieht, was man machen könnte.

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