Mittelalterliches Bierbrauen…
… oder Spielplan- und Siegpunktoptimierung über Ressourcenchiperwerb.
Aber haben wir hier ein Spiel, bei dem wir wirklich Bier brauen?
Nein, eher nicht so richtig. Zwar steht das Thema auf der Schachtel und verfolgt uns ein wenig im Spiel, aber so richtig brauen wir dann doch nicht.
Ist Heaven & Ale damit eine Enttäuschung?
Mitnichten. Das Spiel macht richtig Spaß und stellt durch seine Verzahnung und besonderen Wertungsmechanismus eine gewisse Herausforderung an die meisten Spieler. Heaven & Ale wurde unlängst zum Kennerspiel des Jahres 2018 nominiert.
Das Spiel
Über 3-6 Runden (je nach Spieleranzahl) bewegen wir uns über einen Umlaufkurs. Diesen müssen wir vor jeder Runde mit Ressourcen- und Mönchsplättchen sowie Wertungsscheiben bestücken. Dann geht es vom jeweiligen Startspieler rundenweise voran und die Spieler entscheiden sich ihre Spielfigur auf ein Feld mit Ressourcen oder Mönchen, Wertungscheiben, Fässern oder am Ende dem Startbereich zu setzen.
Landet man auf einem Ressourcen- bzw. Mönchsfeld, so ist der Preis abhängig vom Wert des Plättchens bzw. der Lage (Mönche) sowie vom Platzieren auf dem eigenen Spielfeld. Der Preis verdoppelt sich in der hellen Hälfte (bringt bei der Aktivierung Ressourcen / dunkele Hälfte = Geld). Nehme ich eine Wertungsscheibe, so kann ich Mönche, Farben oder Zahlen werten. Entsprechend bekomme ich Ressourcen und/oder Geld. Habe ich mit meiner Wertungsscheibe ein Pärchen gebildet (es gibt insgesamt 5 Stück), so kann ich mir eine Privilegienkarte aussuchen (bringt Geld, Siegpunkte, Vorrücken auf der Wertungsleiste etc.). Auf den Fassfeldern kann man entsprechend der erreichten Fortschritte verschiedene Fässer und somit Siegpunkte sichern (wenn ich erster oder zweiter in der Erfüllung der Vorgaben bin.)
Mittels der Ressourcen kann ich meine fünf Ressourcenwertungssteine nach vorne bewegen. Gleichzeitig muss ich versuchen den Braumeister auf der Siegpunktleiste wandern zu lassen, da dieser für den siegbringenden Multiplikator bzw. Tauschfaktor am Ende des Spiels steht. Möglichkeiten habe ich hierzu über die Privilegien bzw. immer, wenn es mir gelingt Ressourcenplättchen rund um eine Weide auszulegen und somit eine Scheunenwertung auszulösen. Dann kann ich entsprechend der Punktzahl der Plättchen den Braumeister bewegen.
Das Ende der jeweiligen Runde ist da, wenn alle Spieler sich im Startbereich versammelt haben (und die ersten drei sich entsprechend Boni gesichert haben).
Wenn alle Runden durchgespielt werden, geht es ans Siegpunkteoptimieren. Dabei entscheidet der Tauschfaktor des Sektors, in dem sich der Braumeister aufhält, darüber, in welchem Verhältnis ich weit vorne liegende Ressourcen in eine Ressource umtauschen kann, die weiter hinten liegt. Am Ende wird der Multiplikator des Baumeisters genommen und mit dem Wert der am weitest hinten liegenden Ressource multipliziert. Zu diesem Wert werden noch die Siegpunkte der Fässer addiert und der beste Brauer unter den Spielern gekürt.
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Autor: Michael Kiesling, Andreas Schmidt • Grafiker: Christian Fiore • Verlag: eggertspiele|Pegasus • Jahr: 2017
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Material
In der BRETTSPIELBOX befinden sich: 1 Spielplan, 12 große und kleine Fässer, 100 Rohstoffplättchen, 4 Mönchsplättchen, 49 Scheunenplättchen, 4 Klostergarten-Pläne, 4 Spielfiguren, je 1 in den Spielerfarben, 4 Braumeister, 20 Rohstoffmarker (4 Sets mit jeweils 5 Steinen), 20 Privilegkarten, 36 Wertungsscheiben und 51 Münzen bzw. Geldscheine
Schöne und klare Grafiken. Die Symbolik auch der Fässer ist weitestgehend selbsterklärend. Einzig die dünnen Spielbretter hätte man etwas dicker gestalten können.
Einstieg
Auch wenn das Spiel an sich nicht so kompliziert ist, so hat es die Anleitung schon ganz schön in sich. Trotz oder vielleicht auch wegen der Farben, ist sie ein wenig unübersichtlich gestaltet. Wichtig ist vor allem, von Anfang an, den Wertungsmechanismus zum Schluss zu verstehen. Dieses ist gerade bei Heaven & Ale extrem wichtig.
Spielgefühl
So wild Heaven & Ale sich zu Beginn des Spiels anfühlt, ist es eigentlich nicht. Im Gegenteil, es spielt sich locker und leicht. Denkt man sich in den ersten 1-2 Partien. Bis man die Tiefe des Spiels so nach und nach versteht. Die Spieler müssen ihre Aktionen somit schon sehr verzahnt anlegen, um das Optimum aus dem Spiel herauszuholen. Das birgt für den ein oder anderen Spieler schon hohe Hürden.
Eigentlich steckt man bei seinen Entscheidungen immer im Dilemma. Daher müssen diese gut gegeneinander abgewogen werden. Zudem haben wir einiges an Konkurrenz für die verschiedenen Aktionen. Kaufe ich mir Ressourcen oder Mönchsplättchen (und lege ich diese auf die Sonnen- oder Schattenseite), werte ich meine Ressourcen zum richtigen Zeitpunkt, um auf der Siegpunktleiste nach vorne zu kommen bzw. meine immer knappen Geldressourcen aufzufüllen. Wann hole ich mir die Fasswertungen (bevor sie mir ein anderer wegschnappt). Die Autoren haben sich da schon etwas ganz Spezielles einfallen lassen, um die Spieler ans Schwitzen zu bringen.
Wie oben zu erahnen, ist der Interaktionsgrad unter den Spielern durch das gegenseitige Plättchen wegnehmen recht hoch, da wir uns während des Rundlaufes in intensiver Konkurrenz um bestimmte Plättchen und Wertungsfelder befinden. Renne ich also voraus, um die besonderen Plättchen zu bekommen, habe ich den Nachteil, dass ich weniger Aktionen machen kann, als der Rest. Andernfalls grabbel ich nur die Hinterlassenschaften meiner Mitspieler auf und bin auch nicht glücklich. Diese Interaktion wird dann gepaart mit einem für sich auf dem eigenen Spielplan puzzeln, was jeder wiederum autark macht. Da dürfte für jeden Spieler etwas dabei sein.
Durch diese Entscheidungsdilemmata kann es zwischen den einzelnen Zügen mit Grüblern ggf. zu Wartezeiten bei deren Zügen kommen. Auch wenn man sich während der Züge der Mitspieler verschiedene Aktionsoptionen durchspielen / vorbereiten kann.
Bei dem Spiel gibt es zwei Kritikpunkte:
1. Wir haben es mit einem abstrakten Spiel zu tun, was nett mit Bierbrauen verbunden wurde. Im Spiel selbst hat dieses aber so gut wie keine Bewandtnis.
2. Der Wertungsmechanismus ist das A und O des Spiels. Hat man diesen zu Beginn nicht verstanden, so war die Partie komplett für die Katz und sorgt eher für ein frustrierendes Gefühl. Das müsste meines Erachtens noch stärker in der Anleitung hervorgehoben werden.
Durch den Wertungsmechanismus ist es zudem nicht ganz so einfach die Platzierungen bzw. Punktestände der Mitspieler einzuschätzen. Es gibt eben nur diese eine Endwertung.
Im Spiel zu viert, waren die Wertungsscheiben in der letzten Runde extrem heiß begehrt. Hier sollte man sich ggfls eine alternative Strategie ausdenken, um nicht am Ende leer auszugehen. Es spielt sich aber in allen Konstellationen gleich gut.
Langzeitspaß
Eine Partie Heaven & Ale? Ja, gerne wieder. Zum einen ist das Spiel durch die unterschiedlich ausliegenden Plättchen sehr variable. Zum anderen gibt es nicht die dominante Strategie, um zu gewinnen. Da gilt es einiges auszutüfteln. Und man wird mit jeder Partie besser. Durch den hohen Interaktionsgrade der Mitspieler beim Rundlauf verläuft jeder Partie zudem auch immer wieder anderes.
Nachteilig kann sich jedoch auswirken, wenn Spieler in das Spiel einsteigen, die den Entwicklungszyklus, den andere schon durchgemacht haben, noch durchlaufen müssen. Die erste Partie sollte immer als ein Warmwerden / Kennenlernen betrachtet werden.
Gesamtbeurteilung 8,5/10
Wer ein kurzweiliges Spiel haben möchte, welches nicht nach den ersten 3-4 Spielern durchschaut ist und weitere Herausforderungen für kommende Partien hat, der ist hier richtig. Allerdings ist es kein reines Strategiespiel, da die jeweiligen Runden durch die erneute Ressourcenplättchenauslage sowie Interaktionen mit den Mitspielern nicht vorherplanbar sind und somit eher taktisch ablaufen. Jedoch ist es ein Kennerspiel am oberen Rand und somit nicht für jedermann sinnvoll.
Erweiterungen:
Auszeichnungen:
Spielregeln (ext. Link zu eggertspiele/Pegasus)
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