Braue, Braue, in den Kessel ich schaue
Eine Prise Krähenschädel kombiniert mit zwei Fliegenpilzen. Dazu gebe ich Alraunwurzel und ein paar Essenzen von der Kreuzspinne. Kräftig rühren und mit etwas Totenkopffalter abschmecken. Am Ende noch etwas Geisteratem gibt den letzten Pfif. Garniert mit Kürbis – fertig zum Verzehr.
Freiwillige vor. Wer mag von diesem köstlichen Getränk als erstes kosten und die wundersamen Heilkräfte an sich spüren.
So ähnlich mag es Wolfgang Warsch gedacht haben, als er die Quacksalber von Quedlinburg entwickelt hat. Nach The Mind, Illusion und Ganz schön Clever! sein viertes Spiel in diesem Jahr, was es zu Ehren bringen wird.
Und die Quacksalber haben es in sich – genauer genommen im Beutel.
Das Spiel
Jeder Spieler hat einen Kessel vor sich, sowie einen Beutel mit 9 Zutatenplättchen. Darunter 7-mal Knallerbsen sowie einen Kürbis und eine Kreuzspinne. In der Mitte des Trankes wird der Tropfenstein platziert. Dann kann es schon losgehen.
Zu Beginn einer Runde wird eine Wahrsagekarte vorgelesen. Diese kann entweder direkt zu Beginn des Spiels ausgelöst werden oder ein Ereignis zum Ende der Runde beinhalten. Dann ziehen die Spieler gleichzeitig die Chips aus dem Beutel und platzieren diese ausgehend vom Wassertropfen im Kessel. Dabei müssen die Chips entsprechend ihrer Wertigkeit um entsprechende Felder vorgerückt werden. Die Spieler ziehen so lange aus dem Beutel bis sie passen oder der Wert der Knallerbsen größer 7 ist. In diesem Fall explodiert der Kessel.
Haben alle Spieler gepasst (oder hat es entsprechende Explosionen gegeben), so kommt es in die Auswertungsphase. Der oder die Spieler, welche die größten Punktwerte erzielen konnten (ohne dass der Kessel explodiert ist) dürfen den Würfel einmal bemühen und entsprechenden Bonus für sich kassieren. Dann werden drei der Zutaten abgefragt und entsprechend Boni verteilt. Hat ein Spieler vor einem Feld mit Rubin aufgehört bzw. ist der Kessel vor einem Feld mit Rubin explodiert, so bekommt der Spieler diesen. Als nächstes müssen sich die Spieler mit explodierten Kessel für Siegpunkte oder Geld entscheiden. Die anderen bekommen beides. Mit dem Geld kann ich entsprechend der ausliegenden Bücher Zutaten einkaufen gehen (dieses können 1er, 2er oder 4er Chips sein). Dabei dürfen maximal zwei Chips in den Beutel gesteckt werden. Zuletzt können die gesammelten Rubine genutzt werden, um den Wassertropfen auf dem Kessel nach vorne zu manövrieren (=bessere Ausgangsposition) oder um den Trank gegen Knallerbsen zu erneuern (mit diesem kann man einmal VOR der Explosion ein Knallerbsenplättchen wieder in den Beutel werfen).
Dann geht es in die nächste Runde. In dieser werden noch die Rattenschwänze zwischen Führendem und den anderen Spielern auf der Siegpunktleiste kontrolliert und entsprechend Rattensteine auf dem Kessel verteilt.
Von den Chips gibt es insgesamt 7 verschiedene mit unterschiedlichen Fertigkeiten. Da diese von Set (es gibt 4) zu Set variieren, spare ich mir hier die Auflistung und verweise auf den Almanach.
Nach insgesamt sieben Runden endet das Spiel mit dem Punktbesten.
[yellow_box]
Autor: Wolfgang Warsch • Grafiker: Dennis Lohausen • Verlag: Schmidt Spiele • Jahr: 2018
[/yellow_box]
Material
In der BRETTSPIELBOX befinden sich: 4 Kessel (Spielertableaus), 1 Siegpunktleiste mit Rundenanzeiger, 4 Flaschen, 2 gelbe Zutaten-Bücher, 2 grüne Zutaten-Bücher, 2 rote Zutaten-Bücher, 2 blaue Zutaten-Bücher, 1 schwarzes Zutaten-Buch, 1 oranges Zutaten-Buch, 2 lila Zutaten-Bücher, 4 x 0 / 50-Siegelplättchen, 1 Bonuswürfel, 219 Zutaten-Chips, 20 Rubine, 4 Siegpunktmarker, 4 Beutel, 4 Rattensteine, 1 Flamme (Rundenmarker), 24 Wahrsagekarten, 8 Tropfen (davon 4 Tropfen für die Variante)
Tolles Material. Sei es der Kessel oder die Bücher bis hin zu den Markern. Wirklich sehr gelungen.
Einziger Wermutstropfen ist die Farbwahl der Marker für 50 Siegpunkte, da diese nicht zu den Kesselfarben passen (dieses ist zwar ärgerlich, aber kein Beinbruch). Zudem sind Gelb und Gold nicht optimal auseinanderzuhalten.
Einstieg
Das Stapeln der Chips bedarf vor jedem Spiel schon ein wenig Zeit. Des Weiteren könnte es sein, dass sich Spieler, die das erste Mal mit dem Spiel konfrontiert werden sich ein wenig schwertun, da ich die Anleitung leider nicht für optimal halte. Hier wäre etwas bessere Lesbarkeit schöner gewesen.
Spielgefühl
Die Quacksalber von Quedlinburg ist ein gelungener Mix aus Push-your-luck Mechanismus mit Bag Building.
Das Spiel bringt sehr viel Emotion mit ins Spiel. Jeder Chip wird mit zittriger Hand aus dem Beutel gezogen und der jeweilige Spieler gebangt, dass der Kessel nicht explodiert. Platziert und weitergezogen. Dabei kann man selbstverständlich vorher aufhören, wird aber dadurch getrieben, dass die Mitspieler ggf. davonziehen. Je nach Ergebnis des Zuges reichen sich Freude, Schadenfreude und Entsetzen die Hand.
Auch wenn es im Spiel immer mal wieder frustrierende Elemente gibt und man sich fragt, wieso kann ich bei so viel Chips immer noch so viel Knallerbsen ziehen, so überwiegt dennoch das positive Spielerlebnis. Trotz des Glücksfaktors im Rahmen des Ziehens der Chips, welcher die statistischen Wahrscheinlichkeiten ausreizt, kann man dennoch über sinnvolle Käufe sich einen passenden Nachziehbeutel zusammenstellen und versuchen bestimmte – erwünschte – Kettenzüge zu kreieren. Der ein oder andere Kenner- oder Expertenspieler, der es lieber strategisch angehen möchte, wird sich bei den Quacksalber von Quedlinburg nicht so richtig aufgehoben fühlen da Glück und Strategie nicht immer zusammenpassen.
In den ersten 1-4 Runden ist die Risikobereitschaft noch ein wenig höher, da es hier gilt, möglichst hohe Einkaufswerte zu erzielen, um den eigenen Beutel mit hochwertigen Chips zu versorgen. Danach tut jeder verlorene Siegpunkt schon mehr weh und man wird ggf. etwas vorsichtiger.
Die Downtime hält sich im erträglichen Rahmen, insbesondere wenn man das parallele Ziehen durchführt. Nur in der letzten Runde ist die Synchronität notwendig, da in der letzten Runde einige Punkte vergeben werden und Entscheidungen bzgl. des Passens noch stärker von den Mitspielern abhängen.
Schön ist die Idee mittels der Rattenschwänze in der Gesamtwertung ein ausgleichendes Element zu integrieren. Somit bekommen zurückliegende Spieler einen kleinen Bonus, was vielleicht eine unglücklich verlaufende vorherige Runde etwas besser verschmerzen lässt.
In Summe verlieren die Quacksalber von Quedlinburg nie den – einmal verstandenen – sehr einfachen Spielrhythmus. Das Spielen fühlt sich angenehm leicht und intuitiv an.
Über die Einordnung in Familien- oder Kennerspiel kann man sich trefflich streiten. Es liegt irgendwo dazwischen eigentlich kommt man recht gut und schnell in das Spiel hinein, wobei ich auch schon gehört habe, dass sich der ein oder andere mit der ersten Partie etwas schwerer tat. Wobei man verlagsseitig dieses mit dem „gleitenden Einstieg“ und dem Hinzufügen von zwei weiteren Zutaten in den Runden 2 und 3 ganz gut unterstützt. Ich persönlich sehe es eher im Familienspielbereich, kann mir aber sehr gut vorstellen, das Spiel – analog Broom Service – auf der Kennerspielliste wiederzufinden.
Es gab auch in dem ein oder anderen Bericht / Forumsbeitrag den Hinweis auf das Schummelelement. Ja, das ist hier sicherlich gegeben. Insbesondere wenn man parallel spielt. Aber welcher Sieg schmeckt schon, wenn man seine Mitspieler beschissen hat. Also daher für mich keine weitere Diskussion, zumal ich mit solch Spielern eh nicht mehr weiterspielen würde.
Langzeitspaß
Bereits nach der ersten Partie war ich angetan. Und inzwischen sind unzählige Partien gefolgt. Dazu bietet das Spiel mit 4 Sets und einer Variante genügend Stoff des Ausprobierens. Wobei ich das Set 1 in Kombination mit der Variante bevorzuge.
Die Quacksalber von Quedlinburg werden mich noch lange „verfolgen“, so angenehm kurzweilig empfinde ich das Spiel.
Gesamtbeurteilung 9/10
Sehr gut gemachte Interpretation des Bagbuilding kombiniert mit dem Push-your-luck Element. Die Quacksalber von Quedlinburg werden wir noch das ein oder andere Mal auf den Bühnen der nächsten Preisverleihungen sehen. Und natürlich auf meinem Spieltisch.
Erweiterungen:
Auszeichnungen:
Almanach / Anleitung (ext. Link zu Schmidt Spiele)
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.
[yellow_box]
[/yellow_box]
Eine sehr gelungene Rezension! Danke!
Meine beiden 12-jährigen Kinder und ich spielen das Spiel sehr gern und mit viel Freude. Für uns eine gelungene Mischung aus Glück und Strategie.
Kritik: Ja, stimmt. Die Spielanleitung ist sehr verbesserungswürdig. Beim Lesen ist den Kindern die Lust vergangen und ich saß allein davor. Wir spielen viel, aber diese Anleitung gehört definitiv zu den am schwierigsten zu verstehenden. Man muss schon zwischen den Zeilen lesen…
Äußerst hilfreich und gut: Die hinten aufgedruckte App Adresse. Wir haben diese am PC eingegeben und siehe da: sehr hilfreich!!! Im Gegensatz zu manchen Videos auf you Tube….
Noch einfacher: wenn jemand das Spiel kennt. Dann einfach mitspielen.Das hat ein Freund der Kinder gemacht und sehr schnell das Spiel verstanden. Es ist bei weitem nicht so kompliziert, wie nach Lesen der Anleitung befürchtet. Mein Tip: die original (!!!) App ansehen und erst dann lesen. Dann macht es riesigen Spaß….