REVIEW | Rezension Brettspiel Botanik

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Bei manchen Brettspielen ist es gar nicht nachvollziehbar, warum kein deutscher Verlag auf diese aufmerksam wird und lokalisiert. Nun ja, vielleicht ist das ja in diesem Fall geschehen und man hat sich dagegen entschieden… Kann ich aber gar nicht verstehen, denn Botanik ist ein richtig cooles Ding, ein perfektes 2-Personen-Spiel – herausfordernd, aber nicht zu sehr, mit einem interessanten Kniff, bei dem man ein wenig um die Ecke denken muss, das sich aber dennoch „gut runterspielen“ lässt. 

Falls Euch das neugierig gemacht habt, dann stelle ich Euch Botanik gerne genauer vor, das übrigens auch bei Boardgamegeek mit einer beachtlichen 7.7 bewertet wird. 

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Botanik ist ein Plättchenlegespiel für zwei Spielende, in dem jede:r eine Art fantastische Apparatur baut. Punkte erhält man dadurch, dass man farblich passende Teile nebeneinander und auch Blüten in diese Maschine einbaut.

Die Plättchen, die wir legen, erhalten wir aber erst durch einen Umweg über den vor uns liegenden Spielplan: 

  • Jeder Spielende hat dort eine Seite mit fünf Plätzen, auf den die Plättchen erst einmal platziert werden müssen. 
  • Zwischen diesen beiden Seiten befindet sich eine weitere Reihe an Plättchen. Sie spielen eine wichtige Rolle, denn die dort abgelegten Teile bestimmen 
    • zum einen, welche Farbe oder Form auf den Plättchen der Spielenden abgebildet sein muss, um auf die angrenzenden Felder platziert werden zu dürfen – hier darf nur passendes abgelegt werden. 
    • Ebenso dienen die Felder in der Mitte zum Auslösen der Plättchen, die die Spielenden abgelegt haben, denn nur wenn dort ein Plättchen platziert wird, dessen Abbildung weder in Farbe noch in Form zu dem davor platzierten Plättchen passt, dürfen wir das Plättchen nehmen und an unsere Apparatur anbauen. Dabei lösen wir die Plättchen ggf. nicht nur für uns, sondern auch für unser Gegenüber aus. 

Das Spiel läuft dabei über 20 Runden. In jeder werden drei Plättchen aufgedeckt und die Spielenden sind nacheinander an der Reihe, eines zu nehmen und entweder in der eigenen Reihe oder in der mittleren Reihe auf dem Spielplan zu platzieren. Wird dabei ein Plättchen ausgelöst, darf es an die eigene Apparatur angebaut werden. 

 Es gibt unterschiedlichste Maschinenteile: Gerade Leitungen, Kurven, Kreuzungen mit drei oder vier abgehenden Wegen, Pflanzen, Früchte und „Mechanik-Botaniker“. Die letzteren haben die Sonderfähigkeit, nach dem Auslösen auch Plättchen aus der mittleren Reihe auf dem Spielplan nehmen zu dürfen.

Sind alle Plättchen abgelegt, werden die Punkte in unserer Maschine gezählt. Dabei zählen nur Plättchen, die durch eine durchgehende Verbindung mit unserem Anfangsplättchen verbunden sind. Es zählen angrenzende Farbplättchen, aber nur, wenn es mindestens drei sind, sowie Blüten auf Maschinenteilen und Blumen auf Früchten oder Pflanzen, sofern sie an gleichfarbige Plättchen grenzen.

Wer auf diese Weise die meisten Punkte erringen konnte, gewinnt Botanik.



AUTOR: Grégoire Largey, Frank Crittin, Sébastien Pauchon ■ ILLUSTRATIONEN: Franck Dion
VERLAG: VERLAG: Space Cowboys ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2021

spieler

2 Spieler

alter

ab 10 Jahren

zeit

ca. 30 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu BGG)


SPIELGEFÜHL

Irritierend an Botanik ist der Titel, der dann doch so wenig mit dem Inhalt des Spiels gemeinsam hat, in dem wir doch in erste Linie eine Maschine bauen. Aber laut Flavourtext wurde von Beatrix Bury eine Maschine erfunden, die jegliche Art an Pflanze produzieren kann. Nun sollen wir zur Errettung der vermutlich postapokalyptischen Welt bei der weiteren Produktion solcher Maschinen helfen. Nun denn, dann tun wir das eben. 

Letztlich ist mir die Hintergrundgeschichte des Spiels relativ egal, obwohl sie durch die eigentümliche und ins Auge stechende, etwas skurril wirkende Grafik gut unterstrichen wird. Botanik ist auch optisch etwas Besonderes – sehr liebevoll gestaltet bis hin zum hervorragenden Insert, in dem alles seinen optimalen Platz hat. 

Der etwas andere Auswahlmechanismus

Aber auch spielerisch ist Botanik etwas Besonderes: Von Plättchenlegespielen sind wir es gewohnt, dass wir uns Plättchen nehmen und anlegen – hier aber müssen wir einen ordentlichen Zwischenschritt einlegen, denn so einfach – nehmen und anlegen – ist es hier auf keinen Fall:

Wir können nur die Plättchen vor-auswählen, die wir überhaupt in unsere Reihe des Spielplans anlegen können und das bestimmt die Plättchenauslage der mittleren Reihe. Wollen wir ein rotes Plättchen legen und in der Mitte liegt kein rotes, können wir nur noch hoffen, dass dort ein Plättchen mit der Abbildung der gleichen Form liegt, damit wir es in unsere Reihe legen können.

Meist wird eine der Optionen zutreffen, aber es kann auch durchaus sein, dass dies nicht der Fall oder unsere Reihe schon ziemlich voll ist und die Auswahlmöglichkeit damit sehr begrenzt. 

Und wie bekommen wir die Plättchen dann?

Dann kommt Option zwei ins Spiel: Ein Plättchen in der mittleren Reihe platzieren und Plättchen auslösen. Dabei müssen die Auslösebedingungen – abgebildete Form und Farbe dürfen nicht übereinstimmen – greifen, damit wir uns das Plättchen überhaupt nehmen dürfen. Wenn wir dabei besonders taktisch vorgehen, nehmen wir für das Auslösen auch ein Plättchen, das für uns nicht passt und damit unser anliegendes Plättchen auslöst, allerdings beim Gegenüber passt und daher das dortige Plättchen nicht freigibt. 

Wenn es dann wieder mal nicht passt…

Gemein wird es, wenn unser Gegenüber auch für uns ein Plättchen auslöst, das aber in unserer Maschinenbau-Phase völlig zur falschen Zeit kommt. Wohin damit? Lege ich es mit direkter Verbindung an oder erstmal angrenzend, aber ohne verbindende Leitung und hoffe darauf, es später noch an das Rohrleitungssystem der Maschine anbinden zu können?

Wir wollen unsere Maschine ja taktisch klug und punktebringend konstruieren und dabei sowohl farblich passende Maschinenteile aneinander angrenzend bauen, als auch Pflanzen- und Früchte-Plättchen mit den lukrativen Blüten so, dass sie über ein farblich passendes Feld mit dem Rest der Maschine verbunden sind – sonst zählen sie ja nicht. Dabei müssen wir auch noch darauf achten, dass schließlich die Rohrleitungen der Maschine richtig miteinander verbunden werden und schließlich alles eine sinnvolle Einheit ergibt. Kreuzungen sind dabei wichtige Verbindungsstücke, da sie mehr Optionen beim Anlegen eröffnen. Leider sind die Art Plättchen auch nicht so häufig im Spiel vorhanden… 

Können die Mechanik-Botaniker helfen?

Das alles im Auge zu behalten ist nicht einfach und will erst ein wenig gelernt sein. Die ersten Partien sind Lernpartien, damit man den Mechanismus versteht und weiß, wie man am besten vorgeht. Auch wird es Partien geben, in denen es so gar nicht läuft und die Plättchen, die man braucht, sich erst gar nicht und dann erst viel zu spät blicken lassen oder direkt von unserem Gegenüber abgegriffen werden. Am schlimmsten ist es, wenn ein von uns sehr begehrtes Plättchen von unserem Gegenüber „nur“ dafür verwendet wird, es in die mittlere Reihe zu legen und ein Plättchen auszulösen.

Hier kann dann einer der seltenen Mechanik-Botaniker helfen, die im Spiel sind. Diese erlauben uns, dass wir sie nach dem Auslösen auf ein Plättchen in der mittleren Reihe legen und das darunter befindliche Plättchen an uns nehmen dürfen. Lösen wir dadurch noch ein davor liegendes anderes Plättchen aus, ist das auch der seltene Fall, dass wir zwei Plättchen in einem Zug an uns nehmen können.

Gehen am Ende alle Pläne auf?

Auf diese Weise wächst unsere Maschine und es entsteht in jedem Spiel eine andere Apparatur. Zum Ende des Spiels hoffen alle, ihre losen Teile noch verbinden zu können, um alle in die Wertung miteinfließen zu lassen. Dann wird es noch wichtiger als zu Spielbeginn, was man überhaupt noch für Plättchen bekommen und auslösen kann.

Natürlich kann man auch während des Spiels dauernd zählen und überprüfen, wer gerade die Nase vorne hat. Da sich die Spielsituation allerdings dauernd ändert, ist das etwas mühsam und würde das flotte Spieltempo von Botanik ziemlich stören. Mit ein bisschen Übung spielt es sich nämlich ziemlich flott und die angegebenen 30 Minuten reichen auch für zwei Partien aus. Die Abrechnung am Ende bietet dann die schöne Überraschung, wer denn nun am erfolgreichsten gebaut hat und die meisten Punkte erzielen konnte. 


Zusammenfassung

Botanik ist ein optisch besonderes und – wenn man es beherrscht – schnell gespieltes 2-Personen-Spiel, in dem wir Plättchen zu einer Maschine zusammenbauen wollen. Der Auswahlmechanismus der Plättchen und wie sie dann in unsere Auslage kommen, stellt hierbei den besonderen Kniff des Spieles dar und lässt Raum für kleine taktische Winkelzüge. 

Das Spiel ist derzeit leider nicht in deutscher Sprache erhältlich – wer gerne 2-Personen-Spiele spielt, die sich mit der Zeit nicht „abnutzen“, sollte aber unbedingt mal ein Auge auf Botanik werfen und dies ggf. im nahen europäischen Ausland einkaufen.

  • 2-Personen-Spiel mit einem besonderen Kniff
  • Bietet taktische Möglichkeiten, dennoch schnell gespielt
  • Schöne Ausstattung und eine besondere, optische Gestaltung
  • Mechanik der Plättchenauswahl braucht ein wenig, um es gut zu beherrschen
  • Sehr glückslastig, welche Plättchen aufgedeckt werden und zur Verfügung stehen
  • Leider nicht auf deutsch erhältlich

Aus meiner Spielerperspektive: Botanik ist eines unserer Frühstücksspiele und auch im Urlaub immer dabei. Mittlerweile hat unser Spiel knappe 60 Partien auf dem Buckel und wir haben es immer noch nicht „über“. Das spricht für sich. Ich bin leider nicht so richtig gut darin, meine Gewinnquote liegt leider nur bei 32%, aber dennoch mag ich Botanik sehr gerne. Es ist in meiner TOP 5 der 2-Personen-Spiele und wird sich dort vermutlich noch eine Weile halten.

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