Mit Solstis ist ein 2-Personen-Brettspiel erschienen, das in einer sehr kleinen Schachtel daherkommt. Praktisch zum Mitnehmen und nimmt auch im Regal nicht viel Raum ein! Und wenn auf dieser kleinen Schachtel noch die Namen Cathala und Lebrat stehen – wäre schön, wenn das ein tolles Gesamtpaket wäre!
Was steckt also hinter diesem kleinen Spiel mit dem seltsamen Namen und dem Bergpanorama auf dem Cover? Ein interessantes Spielprinzip – so viel sei auf jeden Fall schon einmal verraten…
Carina
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In Solstis wollen wir aus den im Spiel enthaltenen 48 Bergplättchen ein möglichst aus vielen zusammenhängenden Teilen bestehendes Bergpanorama legen. Punkte bringt es uns auch, wenn wir die Leuchtfeuer auf dem Gipfel mit dem Fuß des Berges verbinden können oder wenn wir auf unserem Weg bergan Naturgeister entdecken.
Das Problem: Es gibt nur ein Bergpanorama und beide am Spiel beteiligten Personen möchten möglichst viele zusammenhängende Teile in ihre eigene Auslage bringen: Das größte Gebiet bringt uns nämlich bei Spielende einen Punkt pro Teil.
Spielen wir ein Plättchen aus unserer Hand aus und es passt farblich oder von der aufgedruckten Zahl her zu einem Plättchen aus der Auslage, dürfen wir beide nehmen und in unser Bergpanorama puzzeln.
Passt es nicht und wir erhalten auch durch Nachziehen eines Teils keine Übereinstimmung, dürfen wir ein Regenbogenteil nehmen und damit Löcher in unserem Panorama stopfen. Regenbogenplättchen sind daher praktisch, bringen am Spielende aber keine Punkte.
Schafft man es, mit Puzzleteilen ein Rechteck aus 2×2 Teilen zu bilden, darf man sich einen Naturgeist in die Auslage legen. Man sucht sich aus zwei verdeckten einen aus oder wählt einen offen ausliegenden Geist. Diese bringen Soforteffekte oder Punkte für bestimmte Bedingungen bei der Schlussabrechnung.
Solstis endet, wenn von beiden Mitspielenden keine Teile für das Bergpanorama mehr eingesammelt werden können. Danach ergibt sich der Endstand nach Punkten aus den Teilen des größten Berggebietes, den Effekten der Naturgeister sowie den Leuchtfeuern, die mit dem Fuß des Berges verbunden sind. Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Solstis.
Brettspiel Regeln
Spielregeln (ext. Link zu Frosted Games)
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Dass wir bei Solstis – einem etwas sperrigen Titel – eine Art Initiationsritus durchlaufen, der zur Sommersonnenwende stattfindet, habe ich in keiner Partie gespürt. Aber das tut hier auch wenig zur Sache, denn irgendein Thema braucht ein Spiel nun mal. Und da kann es auch gerne dieses sein – es hätte aber auch ebenso gut eine „herkömmliche“ Bergwanderung sein können, aber die ist weniger mystisch und man begegnet vermutlich eher seltener den Berggeistern…
Bei Solstis ist die Taktik auch deutlich wichtiger als das Thema. Denn die Aufgabe, sich ein einziges Bergpanorama mit seinem Kontrahenten zu teilen, ist interessant und stellt uns vor eine sehr interaktive Aufgabe.
Flickenteppich Bergpanorama
In der ersten Partie irritiert es anfänglich noch sehr, wie bruchstückhaft sich unsere Auslage gestaltet. Ohne die praktische kleine Spielerhilfe, die anzeigt, wohin die Plättchen im Panorama gehören, würden wir lange suchen. Anfänglich wünscht man sich eine Unterlage oder Matte, auf der man die Plättchen besser positionieren könnte. Die Orientierung gelingt aber von Partie zu Partie besser und wird auch durch die kleine Hilfe auf den Plättchen unterstützt, die anzeigt, in welche Reihe ein Plättchen gehört. Ebenso hilft die Vegetation auf den Plättchen bei der Einordnung.
Dennoch ist die Orientierung zu Beginn mühsam und auch die Hoffnung ist nicht groß, aus diesem Flickenteppich etwas zählbares zusammenzubekommen.
Kluges Vorgehen gefragt
Man merkt schnell: Solstis ist mal was anderes. Es ist ein kluges, kleines, knackiges Spiel, das uns vor interessante Entscheidungen stellt. Dabei gilt es, taktisch vorzugehen: Am Anfang wird die Auslage schnell dezimiert, weil gerade die Mittelplättchen mit den Werten 4-7 bevorzugt genommen werden. Ein stabiles Mittelgerüst bleibt eine gute Grundlage für eine gute Ausgangsposition. Plättchen in der Mitte lassen sich schneller verbinden und machen es auch einfacher möglich, zwischen den Leuchtfeuern auf der Bergspitze und dem Fuß des Berges eine durchgehende Linie zu bilden.
Schaltzentrale Auslage
Aber man hat ja leider nicht alleine zu entscheiden und so hat auch mein Kontrahent ein paar schlaue Ideen, welche Plättchen er oder sie ganz gut gebrauchen könnte. Und ständig wirft man einen Blick auf die andere Seite des Tisches: Man sieht schließlich gut, wo der Mitspielende seine Plättchenlücken hat und kann gezielt nützliche Plättchen aus der Auslage nehmen, um es dem anderen schwerer zu machen. Hin und wieder ist man auch gezwungen, sich selber gezielt Plättchen in die Auslage zu spielen, um sie später dann zu sich nehmen zu können. Das ist natürlich riskant und nicht selten werden sie einem weggeschnappt.
Auch kann man gezielt darauf spielen, einen der verbindenden Regenbögen zu bekommen. Hier ist dann Glück beim Aufdecken des Plättchens aus dem Vorrat gefragt: Aber natürlich zieht man dann gerne mal ein passendes Teil, muss also aus der Auslage nehmen und der Joker-Regebogen rückt wieder in weite Ferne.
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Gute Geister, böse Geister
Um Nachteile auszugleichen, können die Naturgeister Nachteile zu Vorteilen machen. Beispielsweise ist es ein schöner Ausgleich, wenn man nur wenige Plättchenteile verbunden bekommt und dann den Naturgeist ergattern kann, der für unverbundene Gebiete Punkte bringt. Was mich leider ein wenig stört, ist, dass die Darstellung der Effekte auf den Naturgeister-Plättchen nicht selbsterklärend ist. Ich persönlich muss auch nach einigen Partien immer noch die Erläuterung dazu zur Hand nehmen, um nachzuschlagen, was sie bedeuten. Auch da lobe ich mir die kleine Spielerhilfe, auf der die Effekte zusammengefasst sind. Sobald der „Rachegeist“ im Spiel ist, was nicht in jeder Partie der Fall ist, wird er wie eine heiße Kartoffel hin und her wandern. Der Effekt des Rachegeistes – das Abdecken eines Naturgeistes beim Gegner vor der Endwertung – kann spielentscheidend sein, da Punkte oft eng beieinander liegen.
Die Wildnis in der Ferne
Die Erläuterungen zu den Naturgeister sind auch in der Spielregel nochmal gut dargestellt. Das Regelwerk ist gut verständlich, unterliegt aber auch zwei Problemen:
Zu einen möchte man vieles thematisch einkleiden, aber das hilft nicht beim Verständnis der Regeln. Nennt es bitte nicht „Die Wildnis erkunden“ oder „In die Ferne blicken“, sondern benennt einfach, was man tun muss. Diese verklausulierten Bezeichnungen machen es schwer, schnell etwas in den Regeln nachzuschlagen oder sich in der Regel zu orientieren. Die Spielregeln nach einiger Zeit wieder aufzufrischen oder punktuell nachzuschlagen, gelingt dann nicht so gut. Zum anderen stört mich die graue Hinterlegung, um etwas hervorzuheben. Um Hervorhebungen zu gestalten, gibt es auffälligere Farben als grau.
Da einzelne Partien sehr unterschiedlich ablaufen können, empfehle ich, hier immer ein „Best of 3“ zu spielen. Solstis ist schnell gespielt und man hat fast immer Lust auf eine Revanche, so dass es hier etwas „gerechter“ erscheint, den Gewinner durch mehrere Partien zu ermitteln.
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- Kleine Schachtel, dennoch viel Spiel, super zum Mitnehmen
- Schönes Maß an Interaktion
- Schnell gespielt, so dass man gut ein „Best of 3“ spielen kann
Solstis ist ein interessantes, kleines Spiel, das von uns kluge Entscheidungen verlangt. Es ist klein, platzsparend und optimal für die Reise. Doch dabei steckt viel Spiel in der kleinen Schachtel, bei dem sich jede Partie ein wenig anders gestaltet.
Wer Solstis spielt, muss hellwach sein und schnell die richtigen Plättchen aus der Auslage fischen, um selber ein gutes Gerüst für sein Bergpanorama zu bilden und dem Gegenspielenden keine Vorlagen zu ermöglichen.
Da man in manchen Partien so richtig Pech haben kann, empfehle ich, den Sieg durch mehrere Partien zu ermitteln.
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AUTOR: Bruno Cathala, Corentin Lebrat
ARTIST: Gorobeï
VERLAG: Frosted Games
ERSCHEINUNGSJAHR: 2024
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2 Spielende
8 Jahre
15Sol Min.
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