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REVIEW | Rezension Brettspiel Clockworker

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Brettspielbox Brettspiele

Das Brettspiel Clockworker hat mich vom Cover her direkt angesprochen und neugierig gemacht – die Illustrationen mit den Bots in einer verniedlichten Steampunk-Welt wurden bei vielen sehr positiv wahrgenommen. Dabei hatte man im Vorfeld der Messe SPIEL22 nur wenig von diesem Spiel gehört. 

Was steckt hinter dem ansprechenden Cover? Kann Clockworker mehr als „hübsch“?  

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

In Clockworker wurde die Erde vollständig verwüstet und nur noch die Roboter sind zurückgeblieben – sie versuchen nun, in der verfallenden Welt zu überleben und bedienen sich dabei der zurückgelassenen Maschinen, damit ihnen nicht die Energie ausgeht. „Antriebspunkte“ sind daher unser Ziel und wer davon bei Spielende die meisten erzielen konnte, gewinnt Clockworker

Vor den Spieler:innen befindet sich eine Auslage mit Ortskarten, Artefakten und Aufnahmen, die wir später erwerben können. Jede:r startet mit einer Fabrikkarte in der eigenen Auslage, auf deren Einsatzfeldern wir vier unserer sechs Startbots einsetzen, und einigen Zahnrädern als erstes Zahlungsmittel.

Ein Spielzug gestaltet sich wie folgt: Zunächst dürfen wir auf allen unseren Ortskarten den obersten Bot auf den Produktionsfeldern wegnehmen und uns den jeweiligen Ertrag nehmen. Dies können Zahnräder, Ressourcen in den Farben rot, blau, grün oder gelb (Joker) sowie neue Bots sein.

Danach dürfen wir zwischen sechs Aktionen eine auswählen und durchführen:

  • Wir dürfen uns zwei Zahnräder nehmen.
  • Wir dürfen auf einer Ortskarte einen weiteren Bot wegnehmen und den Ertrag dafür nehmen.
  • Wir dürfen eine weitere Ortskarte aus der Auslage kaufen und vor uns ablegen. Anschließend kann sie von oben nach unten auf den Produktionsfeldern mit Bots bestückt werden.
  • Wir dürfen eine Ortskarte wieder mit Bots auffüllen, wobei wir diese immer von oben nach unten einsetzen müssen.
  • Wir dürfen eine sog. Aufnahme aus der Auslage kaufen. Diese erfordern die Abgabe von Ressourcen oder Zahnrädern und bringen uns Punkte in Form von Antriebspunkten für die Endwertung ein.
  • Wir dürfen eine Artefaktkarte kaufen. Diese legen wir ebenfalls in unsere Auslage und wir können dann künftig ihre Fähigkeit nutzen. Diese Fähigkeiten bringen uns in bestimmten Situationen oder bestimmten Aktionen zusätzliche Erträge, Vorteile, Antriebspunkte oder zusätzliche Wertungsoptionen für die Schlusswertung. 

Das Spiel wird so lange gespielt, bis entweder einer der Mitspielenden 12 Karten in der eigenen Auslage hat oder die Endekarte aufgedeckt wird, die an einer bestimmten Stelle unter die Aufnahmen gelegt wurde. Danach zählen alle ihre Punkte – Artefaktkarten, zwischendurch erworbene Antriebspunkte und Aufnahmen – zusammen und wer die meisten erzielen konnte, gewinnt.



AUTOR: Rikatti ■ ILLUSTRATIONEN: Yustas S
VERLAG: Sylex|Asmodee ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022

spieler

2-4 Spieler

alter

ab 12 Jahren

zeit

ca. 45 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu Asmodee)


SPIELGEFÜHL

Clockworker hat nicht nur ein schönes Cover – auch die Kartenillustrationen und natürlich die süßen kleinen Bots, die wir zum Arbeiten in die Fabriken auf den Ortskarten entsenden, sind zuckersüß und triggern nahezu jeden, der das Spiel in die Hände bekommt. Alle Komponenten des Spiels sind schön gestaltet, auch, wenn sie manchmal am Ziel vorbeischießen.

Als erstes war ich etwas enttäuscht, als ich die Startspieler:innenfigur mit den Pappstandees zusammenbauen wollte – leider ist das mit dem mitgelieferten Materialien schier unmöglich. Leider muss unser Startspieler:innen-Roboter daher immer liegen… Auch ein wenig zu mäkeln gibt es an der Spielhilfe/Spielübersicht. Hier wurde schön der Spielablauf skizziert, aber in so mikrokleiner Schrift, dass es für viele überhaupt nicht mehr lesbar ist. Warum hat man nicht die Informationen auf Vor- und Rückseite verteilt und so den Platz besser genutzt, als auf beiden Seiten die identischen Inhalte abzudrucken? Soweit erstmal zu den äußeren Werten…

Wie ein geöltes Zahnrad

Eine Mitspielerin bezeichnete den Spielablauf selbst als „sehr thematisch, weil sehr mechanisch“. Dem kann ich mich weitestgehend anschließen. Bots wegnehmen, Erträge nehmen, Aktion durchführen, nächster dran. Das ist weitestgehend easy möglich und Grübelphasen sind eher selten. Positiv ist, dass dadurch ein flottes Spieltempo möglich ist. Einige erinnert das Spiel vom Ablauf her auch ein wenig an Century, das ebenso zugänglich ist und ein flottes Spieltempo hat – der Vergleich ist nicht von der Hand zu weisen. Abstrahiert heißt das: Man erhält Erträge, hat einen überschaubaren Handlungsspielraum mit ihnen und tauscht sie in wertigere Dinge um, die wiederum die  Handlungsspielräume verbessern oder erwirbt Elemente, die bei Spielende Siegpunkte einbringen.

So auch hier: Bei Beginn des Spiels wollen wir zunächst in weitere Orte investieren, denn dann erhalten wir mehr Ressourcen. Haben wir hier eine gute Basis aus drei bis fünf Orten geschaffen, die uns regelmäßig mit Nachschub beliefern, investieren wir in Artefakte, die uns Verbesserungen und zusätzliche Bonuserträge bringen. In der dritten Phase investieren wir unsere Erträge dann recht schnell in die Aufnahmen, denn dort kann man mit den Ressourcen, die wir erwirtschaften, am schnellsten viele Punkte machen. Dann verlieren die Ortskarten und die Artefakte schnell an Bedeutung.

Orte, Artefakte, Aufnahmen

Diese drei Phasen prägen das Spielgeschehen und regulieren unser Tun: Wollen wir beispielsweise zu Spielbeginn weitere Ortskarten erwerben, so brauchen wir erst einmal Zahnräder, da diese hier das entsprechende Zahlungsmittel sind. Haben wir ausreichend Ortskarten erworben, werden Zahnräder eher bedeutungslos. Es gibt lediglich zwei Aufnahmen, die wir auch mit Zahnrädern erwerben können und diese kommen nicht zwingend in jedem Spiel zum Einsatz. Fähigkeiten, die mir Zahnräder bringen, brauche ich dann auch nicht mehr.

Hat man zwei oder drei Fähigkeiten mit den Artefaktkarten erworben, reicht das meist schon aus, um uns im Spiel weiter voranzubringen. Die meisten Spieler:innen fokussieren sich dann lieber auf den Erwerb von Aufnahmen. Dafür benötigen wir Ressourcen und diese erhalten wir durch Bots. Und da wird es oft „mechanisch“: Die Züge der Mitspielenden bestehen dann nacheinander im Einsatz von Bots auf den Ortskarten, um den Nachschub zu sichern und dann wieder aus dem Erwerb von Aufnahmen. Nachschub sichern, einkaufen, Nachschub sichern, einkaufen. Und dann ist schnell das Spielende erreicht, weil die Ende-Karte, die im Stapel der Aufnahmen eingelegt wurde, aufgedeckt wird. Wir haben in unseren Spielrunden das Ende immer auf diesem Wege eingeläutet, zwölf Karten hatte bis dahin niemand vor sich liegen.

Gefahr der taktischen Einbahnstraße

Für Wenigspieler ist das Spiel optimal, da die Regeln sehr übersichtlich und die Spielzüge nicht komplex sind – alles, was man tun kann, ist in der Auslage überschaubar vor einem ausgebreitet. 

Vielspielern ist das aber nach zwei, drei Partien zu wenig anspruchsvoll und auch zu wenig abwechslungsreich, da immer wieder die gleichen Artefaktkarten in der Auslage liegen und man hier in den Spielen nicht variieren kann. Daher besteht die Gefahr, dass irgendwann die beste Kartenkombination bekannt sind und diese dann immer „gefahren“ wird. Da entsteht auch Gefälle zwischen denen, die das Spiel kennen und denen, die es zum ersten Mal spielen. Hier würde ich auch immer empfehlen, die Fähigkeiten der Artefaktkarten vor Spielbeginn einmal gemeinsam durchzusprechen, damit ihre Wirkung bekannt ist – die Symbolsprache ist nicht intuitiv sofort erfassbar.

Wer bekommt das Artefakt zuerst?

Außerdem gibt es Artefaktkarten, die deutlich stärker wirken als andere und dabei nicht zwingend viel mehr kosten. Da es von dem Artefakt zwei Karten in der Auslage gibt, ist das bei zwei Spielenden nicht weiter schlimm – bei mehr Spieler:innen, die alle um die Stärke bestimmter Karten wissen, kann es da zu einem Wettlauf kommen. 

Artefaktkarten, die für die Endwertung Punkte bringen, gibt es nur je einmal. Sie sind recht teuer, bringen aber auch nicht zwingend viele Punkte. Um sie kann es ebenfalls ein kleines Wettrennen geben, aber nur, wenn man auch die entsprechenden Ressourcen überhaupt zur Verfügung hat. Wer in Bezug auf die Ressourcen als erstes in Schwung kommt, hat hier auch die Nase vorn.

Abschließend noch eine kleine Anmerkung: Toll, dass die Spielregel so kurz gehalten ist – das nimmt vielen die Einstiegshürde. Allerdings hätten ein oder zwei Erläuterungen mehr nicht geschadet. So gibt es – ich habe alles abgesucht – keine Info darüber, was die großen Zahnräder wert sind. Ich vermute, dass sie dem Wert „5“ entsprechen, aber es steht nirgendwo. 


Zusammenfassung

Clockworker bezaubert durch sein Cover und die kleinen Bots, die wir zur Arbeit schicken und die uns Ressourcen und weitere Erträge einbringen. Diese investieren wir in Fähigkeiten und punktträchtige Errungenschaften für die Endwertung – soweit, so gut funktionierend, aber auch wenig neu. Mit bekannten Mechanismen bietet Clockworker wenig Raum für Grübeleien und macht daher ein flottes Spieltempo möglich. Die Spielregeln sind sehr kurz gehalten und machen den Einstieg einfach.  

Ich würde Clockworker Familien mit älteren Kindern oder Gelegenheitsspielern empfehlen – Vielspielern bietet es zu wenig Langzeitspielspaß, da nach zwei, drei Partien aussichtsreiche Vorgehensweisen bekannt sind und immer wieder bedient werden. Da fehlt es dann einfach an Varianz und Abwechslung. Da es leider auch noch ein paar weitere Punkte zu bemängeln gibt, schrammt es an der Wertung „Immer mal wieder“ leider knapp vorbei. 

  • Schönes Spielmaterial wie die kleinen Bots und tolle Illustrationen
  • Niedrige Einstiegshürde durch kurze Regeln
  • Flottes Spieltempo, da wenig Platz für Grübeleien
  • Material- und Regelschwächen – z.B. beim Startspielerstein und bei der Erklärung von Spielelementen
  • Wirkt in Teilen – z.B. Artefaktfähigkeiten – nicht richtig ausbalanciert
  • Zu wenig Varianz nach einigen Partien

Aus meiner Spielerperspektive: Da ich Clockworker aus Sicht einer Vielspielerin betrachte, ist es für mich nicht sehr reizvoll. Nach ein paar Partien habe ich das Gefühl, „alles gesehen“ zu haben. Daher würde ich es nur auf den Tisch bringen, wenn sich meine Mitspielenden das Spiel wünschen oder ich denke, dass es gut in eine Runde passen würde. Ich hatte mir hier mehr versprochen.

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