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REVIEW | Rezension Brettspiel Hochsaison

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Roll & Writes (R&W) zu bekannten und beliebten Brettspielen werden häufig zum weiteren Ausbau einer Spiele-Marke genutzt. So ist in diesem Jahr auch Hochsaison als R&W-Ableger zum beliebten Grand Austria Hotel erschienen. 

Der Schlüssel zum Erfolg eines solchen Ablegers liegt meist darin, dass sich der Geist und das Wesen des bekannten Grundspiels auch im neuen Spiel widerspiegelt. Ob dies auch für Hochsaison gilt, bespreche ich im Folgenden. 

Carina


In Hochsaison führen wir ein Hotel mittels Roll & Write-Mechanismus. Zimmer vorbereiten und belegen, Personal einstellen und zudem auf der Kaiserleiste vorankommen – das sind unsere Ziele. Dazu erhalten wir ein abwischbares Tableau sowie einen Stift. Unten an das Tableau legen wir einen Streifen mit unserem Personal. In die Mitte des Tisches wird das Aktionstableau gelegt, welches mit den gewürfelten Würfeln bestückt wird.

Eine Partie verläuft über 7 Runden – in jeder stehen uns zwei Spielzüge zur Verfügung, was bedeutet, dass ihr insgesamt zwei Würfel nehmt. Je nach Wahl des Würfels könnt ihr folgende Aktionen damit durchführen:

  • Zimmer in eurem Hotel für Gäste vorbereiten
  • Zimmer mit Gästen belegen
  • Auf der Kaiserleiste vorangehen
  • Kronen einnehmen
  • Personal einstellen

Mit Würfeln des Wertes 6 dürft ihr eine der genannten Aktionen nachahmen.

Nach dem Ende einer Runde werden die Würfel neu gewürfelt und der Startspielermarker wird weitergereicht. Nach der 3., 5., und 7. Runde kommt zudem der Kaiser zu Besuch. Es wird ausgewertet, wie weit die Spielenden auf der Gunstleiste vorangekommen sind und erhalten entweder Plus- oder Minuspunkte.

Bei Spielende gibt es Punkte für 

  • ggf. eingestelltes Personal, 
  • für belegte blaue Zimmergruppen
  • Werte aller belegten Zimmer nach Etage
  • ggf. übriges Geld oder Punktabzug für beanspruchte Notgroschen
  • für Reihen- und Spaltenboni.

Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Hochsaison.

Brettspiel Regeln

Spielregeln (ext. Link zu Lookout)


Wer das Spielgefühl von Grand Austria Hotel mag, wird sich grundsätzlich auch in Hochsaison heimisch fühlen. Man sollte sich aber vorher bewusst machen, dass es sich bei diesem Roll & Write-Ableger um ein Kondensat der spielmechanischen Elemente von Grand Austria Hotel handelt. Das Hotel, die Kaiserleiste, das Personal – da erkennt man eine ganze Menge wieder. Ich sage es aber ganz deutlich: Für mich (persönlich!) bleibt durch diese Kondensation und das Weglassen der Gäste, Speisen und Getränke leider eine Menge Charme des Grundspiels auf der Strecke. Keine Sissi, kein Strudel, keine Sahnetorte? Was ist denn da los? 

Wenn wir aber rein die Spielmechanik betrachten, ist Hochsaison eine gute Umsetzung des Grundspiels, in dem man – seien wir ehrlich – auch ständig von allem zu wenig hat.

Glücklich, wer den Mangel liebt

Hochsaison gibt uns nur knappe Mittel an die Hand. Außerdem hat man über das gesamte Spiel lediglich 14 Aktionen zur Verfügung und sollte aus denen möglichst viel herausholen. Das muss man lernen und – soweit die gute Nachricht: Man kann in diesem Spiel besser werden. In meiner Erstpartie habe ich gefühlt rein gar nichts geschafft und nach der Wertung entsprechend dumm aus der Wäsche geschaut: Warum gibt es hier diese vielen Zimmer, so viele Felder, die ich theoretisch ankreuzen und nutzen kann, aber ich habe davon so wenig genutzt!

Ja, man wird besser mit der Zeit, aber der Weg dahin ist steinig. Man muss das Spiel erst einmal kennenlernen und die Lust und Neugier aufbringen, darin besser werden zu wollen – aber bitte immer auch in dem Bewusstsein, dass es im Grunde ein Würfelspiel ist, bei dem man auch das entsprechende Würfelglück braucht!

Der Schlüssel zum Erfolg

Wer in Hochsaison ein erfolgreiches Hotel führen möchte, ist auf Kettenzüge angewiesen und darauf, mit dem einen Würfel, der einem zur Verfügung steht, das Beste aus dem Spiel rauszuholen. Das gelingt mal besser und mal schlechter. Wenn es schlecht läuft oder der zwingend eingeplante Würfel vor der Nase weggeschnappt wird, ist Frustrationstoleranz oder Kreativität im Finden von Alternativen gefragt. Denn selbst wenn man einen Bonus bekommt – beispielsweise durch das Erreichen von entsprechenden Feldern auf der Kaiserleiste – kann man diesen, wenn es schlecht läuft oder der Zeitpunkt ungünstig ist, noch nicht einmal nutzen. 

Dies ist beispielsweise der Fall, wenn man durch die Kaiserleiste ein Zimmer einer bestimmten Farbe besetzen darf, dieses aber auf dem Spielplan derzeit leider noch nicht vorbereitet hat – schade. 

Ohne Planung keine Kettenzüge

Daher sei dringend empfohlen: Studiert zu Spielbeginn euren Hotelplan, schaut Euch genau an, wie die Zimmer angeordnet sind und wann auf der Kaiserleiste welche Boni anstehen. Schaut Euch die Fähigkeiten Eures Personals an, damit Ihr wisst, welchen Weg man im Hotel am besten gehen sollte, um die Fähigkeiten des Personals optimal einsetzen zu können. 

Man kann die Vorteile nur sinnvoll nutzen, wenn man Boni, Personal und auch die Vorbereitung der Zimmer aufeinander abstimmt. Man sollte dann genau diesen Weg verfolgen– das ist eine wichtige Grundvoraussetzung, um hier weit zu kommen.

Für den Anfang hätte ich es mir daher gewünscht, wenn es Vorschläge für die Kombination bestimmter Tableaus und „passende“ Personalleisten gegeben hätte, um es für den Einstieg vermeintlich ein wenig leichter zu haben.

Da ist ne Meng los 

Die Spielertableaus beinhalten eine ganze Menge Informationen, die man verarbeiten und in denen man sich orientieren muss. Aber auch hier hilft Übung. Die einzelnen Zimmer haben nicht nur ihre eigene Farbe, sondern auch noch Symbole, damit Farbfehlsichtige die Unterscheidung einfacher haben. Außerdem tragen sie die Bonus-Information. Zusätzlich kringeln wir später auch den Türknauf ein und streichen diesen Kringel durch bei Belegung der Zimmer auch wieder durch. Konzentriert Euch besser, damit Ihr nichts überseht!

Auch die Symbolsprache ist nicht ganz so eingängig. „Bezahle die Kosten“ sieht für mich eher danach aus, dass die Aktion nichts kostet. Bei jeder neuen Partie stolpere ich darüber und bekomme es nicht in den Kopf.

Auch die Symbole auf den Personalleisten sind nicht immer intuitiv verständlich: Bei einer Würfelaktion einen virtuellen Würfel mehr zur Verfügung zu haben, so dass die Aktion um 1 stärker wird, wurde von mir anfangs als zusätzliche Aktion verstanden. 

Am besten ist es, man bekommt das Spiel gut erklärt. Wenn man Grand Austria Hotel nicht kennt, ist der Zugang nicht ganz leicht.

So viel vorbereiten, so wenig belegen – dabei ist doch Hochsaison!

Was mir nicht in den Kopf geht, ist, warum ich mit einer Aktion zahlreiche Zimmer vorbereiten kann, mit einer „Zimmer belegen“-Aktion aber immer nur ein Zimmer mit Kostenreduzierung belegen kann. Okay, auf diese Weise kommt man schnell nach oben zu den Zimmern mit lukrativen Boni, die sich dann zu belegen lohnen. (Das scheint übrigens der einzig wahre Weg zu einer hohen Punktzahl zu sein.)

Dennoch ist es schade, dass vorbereitete Zimmer am Ende nicht zumindest einen halben Punkt einbringen. Würfel mit dem Augenwert „1“ machen in der letzten Runde sonst nur noch ganz begrenzt Sinn. 

Und sonst so?

  • Das Tableau ist wertig und gut gearbeitet, so dass man immer alles richtig gut abwischen kann.
  • Die Auswertungstabelle wurde allerdings links oben in die Ecke gepackt und man läuft – zumindest als Rechtshänder – Gefahr, das Tableau zu verwischen, während die Auswertung läuft.
  • Bei zwei Mitspielenden wird es als ungerecht empfunden, dass einer 4x und der andere 3x Startspielender ist. Eine Krone als Ausgleich ist recht schwach.
  • Die Kaiserleiste ist sehr stark und ein wesentliches Element, das für Kettenzüge sorgt.
  • Wenn dort einer abrauscht, haben die anderen keine Chance mehr, aufzuholen. Man kann dann nur noch schauen, dass man keine Minuspunkte bekommt. 
  • Man kann kaum nachvollziehen, was die Mitspielenden auf ihren Tableaus anstellen. Das muss schon kommentiert werden, sonst kann man gar nichts nachvollziehen, weil man auf dem Kopf und bei der kleinteiligen Symbolik nichts erkennen kann. 
  • Kondensiert den Spielmechanismus des Grundspiels sehr authentisch in ein R&W.
  • Bietet Herausforderung und Lernkurve – sowie Wiederspielreiz für Frustrationstolerante.
  • Gut abwischbare Tableaus und Stifte
  • Verliert im Vergleich zum Grundspiel durch die fehlenden Gäste und die Nahrungsmittel deutlich an Charme.
  • Kann sehr unglücklich laufen, wenn zu schlecht ineinandergreifenden Boni auch noch Würfelpech hinzukommt.
  • Symbolsprache manchmal missverständlich

Hochsaison ist ein auf die reinen Spielmechaniken von Grand Austria Hotel heruntergebrochener Roll & Write-Ableger für Fortgeschrittene. Die beliebten und charmanten Elemente des bekannten Grundspiels sucht man hier vergebens, so dass das R&W dagegen recht nüchtern und mechanisch wirkt. Grundsätzlich und abseits von Gästekarten und Sahnetorte erzeugt es aber ein sehr ähnliches Spielgefühl. 

Hochsaison ist kein R&W für Einsteiger. Es erfordert sorgfältige Planung und sollte dann auch noch mit entsprechendem Würfelglück einhergehen, um erfolgreich zu sein. Hochsaison verlangt, dass man sich ins Spiel einarbeitet und unterschiedliche Wege ausprobiert. Diese Wege können allerdings mit frustrierenden Spielerfahrungen gepflastert sein. Wer das nicht scheut und die Herausforderung liebt, ist hier genau richtig. 

AUTOR: Simone Luciani, Virginio Gigli, Ryan Hendrickson
ARTIST: Klemens Franz
VERLAG:
Lookout Spiele
ERSCHEINUNGSJAHR: 2024

2-4 Spielende

12 Jahre

45 Min.

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