Home Jahr 2021 REVIEW | Rezension Brettspiel Cascadia

REVIEW | Rezension Brettspiel Cascadia

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Braucht Cascadia noch eine Besprechung? Hat nicht mittlerweile bereits jeder gehört, dass es ein tolles Spiel ist? Es scheint ein wenig so, denn in den letzten Wochen war Cascadia in aller Munde. Für diejenigen, die Cascadia noch nicht kennen, werfen wir hier einen genaueren Blick auf das Spiel, das im kommenden Frühjahr bei Kosmos auch auf Deutsch erscheinen wird.

Übrigens: Cascadia oder Kaskadien ist eine nordamerikanische Region, die sich im Wesentlichen über die US-Bundesstaaten Washington und Oregon sowie die kanadische Provinz British Columbia erstreckt. 

Funfact: US-Präsident Thomas Jefferson entsandte 1803 die Lewis & Clark-Expedition zur Erkundung der Gegend – für den perfekten Brettspiel-Themenabend kann man hier direkt Parallelen ziehen und beide Spiele thematisch abgestimmt auf den Tisch bringen.

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

In Cascadia starten alle Spieler:innen mit einem Startplättchen, das aus drei Hexfeldern besteht. An diese Ausgangsfläche bauen wir im Laufe des Spiels insgesamt 20 weitere Hexplättchen mit Landhschaften an und platzieren auf Ihnen Tiermarker. 

Wenn wir an der Reihe sind, dürfen wir aus der offenen Auslage ein Paar aus Hexplättchen und Tiermarkern auswählen, nehmen und in unserer Auslage anbauen. 

Dabei müssen wir nicht zwingend die auf den Hexplättchen aufgedruckten Landschaftsarten passend zusammenbauen. Eine große zusammenhängende Fläche der gleichen Landschaftsart schadet aber nicht, denn dafür gibt es bei Spielende Punkte sowie einen Bonus, falls man eine besonders große Fläche hat.

Die Tiermarker dürfen wir auf ein Landschaftsplättchen legen, auf dem das passende Tiersymbol zu finden ist. Die Landschaftsmarker zeigen jeweils 1-3 unterschiedliche Tiersymbole. Insgesamt sind fünf Tierarten verfügbar: Bären, Elche bzw. Wapitis, Lachse, Falken, Füchse. 

Zu jeder der genannten Tierarten liegt eine Wertungskarte auf dem Tisch. Diese gibt an, in welcher Art und Weise die jeweilige Tierart in dieser Partie angeordnet werden soll. Sie entspricht in vielen Fällen den Eigenarten der Tiere, geht z.B. darauf ein, dass sie Einzelgänger sind etc. Falken möchten keine benachbarten anderen Falken, Bären wollen aber als Paare platziert werden, Lachse schwimmen in einer Linie einen Fluss entlang, Füchse punkten für jede benachbarte Tierart. 

Das Spiel bietet je Tierart vier Wertungsvarianten sowie eine einfachere Wertung für die Familienvariante.

Platziert man einen Tiermarker auf einem Feld, auf dem nur eine Tierart aufgedruckt ist, erhält man zur Belohnung einen Zapfenmarker, der diverse Erleichterungen einräumt, sofern man diese während des Spiels einsetzt. Werden sie nicht genutzt, bringen sie bei Spielende einen Siegpunkt.

Bei Spielende werden die einzelnen Wertungskarten je Tierart und Spieler:in ausgewertet und die Punkte auf dem Wertungsblock notiert. Danach werden die Landschaften ausgewertet. Das größte zusammenhängende Gebiet jeder Landschaftsart pro Spieler:in wird ausgerechnet. Wer die größten Gebiete hat, bekommt Bonuspunkte. Restliche Zapfenmarker bringen einen Punkt. Wer im Gesamten die meisten Punkte erreichen konnte, gewinnt Cascadia.     



AUTOR: Randy Flynn ■ ILLUSTRATIONEN: Beth Sobel
VERLAG: VERLAG: AEG/Flatout Games ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2021

spieler

1-4 Spieler

alter

ab 10 Jahren

zeit

ca. 30-45 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu )


SPIELGEFÜHL

Und ewig lockt die Natur

Cascadia ist – wie derzeit so viele Spiele – ein Naturspiel. Die Natur ist ein offensichtlich unerschöpfliches Themenfeld für Spiele, da die natürlichen Zusammenhänge, Eigenarten von Tieren und Pflanzen, den sog. „Naturgesetzen“ unterliegen, die bereits Kindern gut bekannt sind und daher meist intuitiv von allen Spieler:innen angewendet werden können. Mir scheint, dass Spiele mit Naturthema daher immer schnell auf- und angenommen werden können. Diesen Vorteil genießt auch Cascadia!

Wieder mal so hübsch!

Der zweite Vorteil liegt in der Optik und Gestaltung. Nicht zuletzt die bekannt tolle Arbeit von Beth Sobel  (deren Calico-Katzen wohl allen bekannt sein dürfte) trägt dazu bei, dass wir schnell in die wunderschöne Natur und Artenvielfalt der Region Kaskadien hineingezogen werden. Die Plättchen, Tiermarker und Wertungskarten sind ansprechend gestaltet und vor allem die naturgetreuen Tierdarstellungen fördern das „natürliche Flair“. Dahinter hinkt die Darstellung der Landschaften ein wenig zurück. Das Material ist insgesamt wertig, das Spielmaterial daher rundum gelungen. Besonders das Säckchen für die Tiermarker ist toll. 

Und dann auch noch so fluffig im Ablauf!

Was Cascadia dann richtig rund macht, ist der ganz klare Spielmechanismus. Man wählt in jeder Runde ein Paar aus Landschaftsplättchen und Tiermarker aus und legt dieses an. Fertig. Nächste:r dran. Mittels Abgabe eines Zapfenmarkers erkaufen wir uns zwar ggf. noch die Flexibilität, nicht zwingend eines der beiden zusammenliegenden Paare, sondern unabhängig voneinander platzierte Plättchen bzw. Marker zu wählen, aber komplizierter wird es nicht. Das ist schnell gelernt und vermittelt. Sogar der Wertungsblock führt uns dann noch systematisch durch die finale Wertung und trägt dazu bei, dass man dabei nichts vergisst. 

Man spielt daher in einem klar definierten Bereich und hat dann dort alle Möglichkeiten. Das hat eine überzeugende Spielregie.

Varianten, Achievements und Dauer

Mit all diesen Vorteilen funktioniert Cascadia daher in jeder Runde. Man kann es in der Schwierigkeitsstufe immer auf den Mitspielenden anpassen und auch mit dem Spiel in der Schwierigkeit weiter wachsen. Nicht zuletzt die den Spielregeln angehängten „Achievements“ machen es möglich, mit jeder Partie den Schwierigkeitsgrad anzupassen und so alle möglichen Varianten des Spiels systematisch durchzuspielen.

Zu Zweit spielt sich Cascadia schnell, besonders, wenn es nicht die erste Partie ist. Da werden die genannten 30 Minuten auch schonmal deutlich unterboten. In einer Runde zu Viert passen die genannten 30-45 Minuten gut. 

Warum bekomme ich nie einen Lachs ab?

Natürlich spielt bei Cascadia auch immer der Zufall mit. Plättchen werden aufgedeckt und dabei unterliegt es natürlich dem Zufall, ob die Lanschaftsarten oder Tiere zu meinen Plänen passen. Im Spiel zu Zweit lohnt sich der frühe Blick in die Auslage, denn Plan A oder B wird schon klappen. Im Spiel zu Viert lohnt sich der Blick in die Auslage nur dann, wenn man Frust ertragen kann. Warte ich dringend auf einen Lachs und der wird mir vor der Nase weggeschnappt, dann ist das ziemlich doof. Das Spiel bietet aber eigentlich genügend Optionen, um dann einen anderen Weg zu verfolgen, auch wenn diese Optionen gegen Spielende meist geringer ausfallen. Dann ist es nämlich schon erheblich, ob ich eine Straße aus vier oder fünf Lachsen habe, da dies bisweilen einen ziemlichen Punktesprung ausmachen kann.  

Aber auch da gibt es Möglichkeiten: Liegen nach dem Nachziehen drei gleiche Tierarten in der Auslage, darf ich entscheiden, ob ich diese tausche und neue aus dem Säckchen ziehe. Bei vier gleichen Tierarten passiert dies automatisch. Auf diese Weise kann auch wieder Bewegung in die festgefahrene Situation kommen und das Angebot wieder deutlich attraktiver werden.

Künftiger Preisträger?

Cascadia ist also hübsch, eingängig, leicht zu lernen, schnell zu spielen und dabei variantenreich. Es erfindet wenig neu, macht dennoch seine Sache sehr, sehr gut. 

Es wird oft mit Calico verglichen, ist aber deutlich einfacher und erheblich flexibler. Während Calico einen festen Rahmen und enge Bedingungen vorgibt, stehen einem bei Cascadia dagegen nahezu alle Wege offen. 

Es ist fast immer möglich, in der offenen Auslage etwas zu finden, was man in seiner Landschaft einbauen kann. Da es keine Restriktionen hinsichtlich „Landschaften nur passend anlegen“ gibt, fällt bereits eine Menge an Einschränkungen weg. 

Hin und wieder kann es vorkommen, dass man einen Tiermarker mal nicht platzieren kann. Dann muss dieser wieder zurück in den Sack. Meist hat man aber einen Zapfenmarker zur Hand, um sich die notwendige Flexibilität und ein anderswo liegendes, besser passendes Tier zu „erkaufen“.

Das Gesamtpaket von Cascadia macht es für mich ganz klar zu einem Kandidaten, von dem wir auf künftigen Preisverleihungen noch häufiger hören werden. Hier können wir gerne noch über die „richtige“ Kategorie streiten, aber – da lehne ich mich aus dem Fenster: preislos wird es in den nächsten Monaten nicht untergehen!

Gibt es denn gar nichts zu meckern?

Was man dem Spiel vorwerfen kann, ist höchstens fehlende Interaktion. Jeder baut sein eigenes Territorium und optimiert die eigene Auslage nach besten Möglichkeiten. Das ist recht solitär.

Den Gegenspieler:innen in die Parade fahren kann man kaum. Sicherlich kann ich den wichtigen Lachs aus der Auslage wegschnappen, aber das tut man doch meistens nur, wenn man ihn selber gut gebrauchen kann. Ein Tier aus der Auslage wegnehmen, nur um anderen zu schaden und ohne den selber gebrauchen zu können? Das wird eher selten vorkommen, dafür schaut man zu sehr auf den eigenen Nutzen. Wer gerne in Konfrontation geht, wird mit Cascadia nicht das richtige Spiel dazu finden.

Sicherlich wird der fluffige Spielfluss auch bei Grüblern am Tisch etwas gehemmt. Aber so viele strategische Gedanken kann man sich hier eigentlich auch gar nicht machen. Ob sich das viele Nachdenken lohnt? Cascadia kann man auch gut gewinnen, wenn man einfach seinem Bauchgefühl folgt.  


Zusammenfassung

Cascadia ist ein sehr ansprechend gestaltetes und schön ausgestattetes Plättchenlegespiel, das durch seine eingängigen und schnell zu lernenden Spielmechanismen überzeugt. Das Spiel eignet sich für jede Spielrunde, denn bereits nach kurzer Einführung kann es nahezu jede:r meistern.

Das Naturthema, in dem Cascadia angesiedelt ist, ist massentauglich, Landschaft und Tiere sind niemandem fremd. 

Cascadia spielt sich schnell und flüssig und die auf dem Spieltisch entstehende Landschaft trägt dazu bei, dass wir das Gefühl haben, etwas zu erschaffen. Mit jedem Plättchen, das wir platzieren, kommen wir der Erfüllung der Spielziele näher. Damit kreiert Cascadia ein rundum schönes Spielgefühl, dass es oft und sehr gerne auf den Spieltisch kommen lässt! 

  • Zugängliches, leicht lernbares Spielprinzip
  • Sehr ansprechend gestaltet und mit wertigem Spielmaterial
  • Variable Spielelemente, steigerbarer Anspruch
  • Für alle Runden geeignet
  • Macht wenig so richtig neu
  • Wenig Interaktion, etwas solistisch 
  • Glückselemente müssen einkalkuliert werden

Aus meiner Spielerperspektive: Meiner obigen Beschreibung kann ich wenig hinzufügen. Ich denke, meine große Zuneigung zum Spiel kann ich nicht verleugnen und ich rechne damit, dass Cascadia lange noch regelmäßig auf unserem Spieltisch landen wird. Gerade mit neuen Mitspielenden wird der erste Griff ins Spielregal oft Richtung Cascadia gehen.

Zweite Meinung – Christoph

Carina hat mich mit dem „Cascadia-Virus“ angesteckt.

Einmal auf dem Tisch hat es diesen wenig verlassen. In verschiedenen Gruppen, mit denen ich das Spiel gespielt habe, ist es bislang sehr gut angekommen.

Cascadia ist für mich als Kennerspieler extrem gut zugänglich, glänzt durch eine hohe Spielgeschwindigkeit mit minimaler Downtime (selbst bei voller Besetzung) und spielt sich durch seine Varianz (durch unterschiedliche Karten- und Plattchenkombinationen) immer wieder anders. Hat dadurch für mich einen hohen Wiederspielreiz, ohne dass es immer wieder etwas neues an diesem Spiel zu entdecken geben muss.

Bei der richtigen Kategorie bin ich mir weiterhin nicht 100%ig schlüssig. Ist es also mehr gehobenes Familienspiel oder unteres Kennerspielniveau. Gut dass ich mir darüber keine Gedanken machen muss.

4 COMMENTS

  1. Danke für die wieder tolle Rezi. Ich möchte mich anschließen und sagen das Naturthemen auch immer wieder gut in meinen Runden ankommen und das sind auch keine Vielspieler (oder doch wenn die min. 1x die Woche mit mir spielen.. na egal). Deshalb kann ich hier als Tip Ökosystem und Habitats hervorheben bzw. empfehlen der nach weiteren schönen Spielen mit Naturthemen sucht und genug von Hausbau im Mittelalter mit Monstern oder so ähnlich hat.

  2. Ich lese die Rezensionen ja auch gerne, aber dieses „Spieler:in“, „jede:r“ stört den Lesefluss enorm. Muss dieses Gendergedöns unbedingt sein? Furchtbar zu lesen, grammatisch falsch, das schließt alle Leser, denen an der deutschen Sprache gelegen ist, zwangsläufig aus.

  3. Danke für die ausführliche Rezension. Ich informiere mich ja normalerweise über YouTube wenn es um Spiele geht, aber dieser Artikel hat mir sehr gut gefallen.
    Zum Thema gendern, ich lasse da jedem Autor seine Freiheit. Ich lese sowas einfach garnicht mit (bei 5 oder 6 ‚:‘ geht das sehr einfach 😉 ) . Macht weiter so, euer Thomas

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