Sonntag, Dezember 22, 2024
StartJahr2021REVIEW | Rezension Brettspiel Beyond the Sun

REVIEW | Rezension Brettspiel Beyond the Sun

Technologiebäume sind als Teil von Brettspielen schon lange nicht mehr wegzudenken. Und mir persönlich macht es immer viel Spaß mich an einem solchen hochzuarbeiten und die – teils sehr schwierigen – Entscheidung zu treffen in welche Richtung ich weiter forschen sollte. Aber ein Spiel welches diese Komponente als Kern herausstellt und alle anderen Mechaniken nur dazu dienen, möglichst effizient den Technologiebaum zu erklimmen? Das hatte ich vorher noch nicht gespielt.

Beyond the Sun macht genau das und ich habe lange mit mir gehadert, ob ich es mal ausprobieren sollte oder nicht. Die Lokalisierung vom Strohmann Verlag und vor allem die Umsetzung in der Board Game Arena waren für mich dann die entscheidenden Faktoren. Und so viel kann ich dem Fazit schon mal vorneweg nehmen: Nach den ersten online Partien Beyond the Sun war der Kauf der analogen Version eine Pflicht.

Tim Schleimer


SPIELBESCHREIBUNG

Zugegeben, die Einleitung ist etwas radikal. Beyond the Sun hat eigentlich zwei Schwerpunkte: Den Technologiebaum und die Raumfahrt. Wenn ich allerdings das Spiel zum ersten Mal aufgebaut sehe, so fokussiert sich meine Aufmerksamkeit fast vollständig auf das große Technologietableau in der Mitte und der Expeditionsplan fällt hinten runter, denn er ist nicht viel größer als ein Spielertableau. Aber eins nach dem anderen:

In Beyond the Sun führen wir reihum eine reguläre Worker-Placement-Aktionen durch. Dafür haben wir genau eine Aktionsfigur, die wir auf ein verfügbares Feld auf dem Spielbrett stellen, diese Aktion ausführen und dann einige Ressourcen sammeln. Die einzige Einschränkung hierbei ist, dass ich meine Figur auf ein anderes Feld stellen muss, als sie bisher besetzt hat und, dass die Felder auch (fast) ausschließlich eine einzige Aktionsfigur aufnehmen können.

Im Laufe des Spiels werden mit diesen Aktionen neue Technologiekarten aufgedeckt, die neue Worker-Placement-Aktionen zum Vorschein bringen. Wenn ich eine Technologie erforsche, darf ich aussuchen, welche Karte dort hingelegt wird. Also welche neue Aktion nun uns allen zur Verfügung steht. Diese neuen Aktionen helfen uns auf verschiedene Art und Weise. Es gibt vier unterschiedliche Kategorien und jede setzt einen anderen Fokus, wie z. B. auf die Kolonisierung von Planeten, die Freischaltung neuer Fähigkeiten oder die allgemeine Erhöhung unseres Ressourcenvorrats. Wichtig für eine Baumstruktur ist, dass ich natürlich nicht nach belieben neue Technologien aufdecken darf, sondern den aufgedruckten Aufbau berücksichtigen muss. Also muss ich z.B. bestimmte Level 2 Technologien erforschen, bevor ich eine Level 3 Technologie erforschen darf.

In Beyond the Sun passiert aber auch viel auf den anderen Tableaus im Spiel. Auf jedem Spielertableau gibt es eine Reihe von Würfeln. Diese werden niemals gewürfelt, sondern stellen – je nach Seite – unsere Bevölkerung, Versorgung- und Raumschiffe dar. Im Laufe Spiels nehmen wir die Versorgungswürfel von ihren jeweiligen Plätzen, um sie je nach Aktionen auf die Bevölkerungs- oder Schiffessseite zu drehen. Die Schiffe nutzen wir, um uns auf dem Expeditionsplan zu bewegen, und dort Planeten zu kontrollieren und zu kolonisieren, was uns wiederum gewisse Vorteile bringt.

In jedem Spiel gibt es zwei konstante Errungenschaften, die von Spiel zu Spiel gleich sind – Kolonisiere vier Systeme und Erforsche deine erste Stufe-4-Technologie – und zwei weitere zufällig gezogene Errungenschaften, die sich von Spiel zu Spiel unterscheiden. Abhängig von der Spielerzahl wird immer dann, wenn eine bestimmte Anzahl von Spielermarkern auf diese Karten gelegt wird die letzte Runde eingeläutet ausgelöst. Zum Schluss gibt es Siegpunkte für eine Vielzahl an Dingen, wie die kolonisierten Planeten, erforschten Technologien, oder erreichten Errungenschaften.



AUTOR: Dennis K. Chan ■ ILLUSTRATIONEN: Franz Vohwinkel
VERLAG: Strohmann Games ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2021

spieler

2-4 Spieler

alter

ab 14 Jahren

zeit

ca. 60 – 120 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu Strohmann Games )


SPIELGEFÜHL

Bevor wir zum eigentlichen Spielgefühl kommen, möchte ich kurz auf die Barriere aufmerksam machen, bevor ich dieses Spiel überhaupt auf den Tisch bringen kann. Die meisten Reaktionen auf das Grafikdesign sind erst mal negativ. Ich muss auch zugeben, dass mich dieser Faktor zunächst auch abgeschreckt hat. Trotzdem möchte ich sagen, dass das Grafikdesign äußerst funktional ist und beim Einstieg hilft. Die verwendete Symbolik ist auch intuitiv und erleichtert das Erklären..

Die Idee mit den Würfeln als Anzeiger der verschiedenen Ressourcen funktioniert gut. Sie sind das Element, das all diese unterschiedlichen Tableaus verbindet. Versorgungswürfel werden zu Arbeitern. Arbeiter werden zu Technologien oder Raumschiffe. Technologien wiederum ermöglichen eine schnellere Produktion von Arbeitern, eine bessere Auslastung von Schiffen und damit die Entdeckung von mehr Technologien. Alles ist in einer Art und Weise verbunden, die sowohl beeindruckend als auch manchmal schwer zu verstehen ist. Es ist die Art von Optimierungspuzzle, das sich als vertraut erweist, aber auch gelegentlich für Engpässe sorgt

Zunächst mag es fremdartig erscheinen, Technologien aus einem Stapel zu ziehen, um daraus zu bestimmen, was ich nun gerade erforscht habe. Aber gerade diese Eigenschaft macht viel aus in Beyond the Sun. Sicher, die Planeten sind unterschiedlich. Sie bieten kleinere Boni. Aber die große Weite des Spiels ist die Kluft der Unterschiede, der einzelnen Technologien und was wir daraus machen. Das ist es, was jedes Spiel lebendig macht, was jedem Abschnitt von einem Zweig des Technologiebaums zum nächsten seine Bedeutung verleiht. Das macht eindeutig den Wiederspielreiz aus.

Beyond the Sun funktioniert für mich in jeder Besetzung gleich gut und macht unabhängig davon genauso viel Spaß. Es ist standardmäßig für ein Spiel mit vier Spielern ausgelegt, wird jedoch mit einigen Plättchen geliefert, die über die Basis-Aktionsfelder gelegt werden können, um sie an die Spieleranzahl anzupassen. Es gibt einen doppelseitigen Expeditionsplan, je nach Spieleranzahl, was wiederum die Interaktion erhöht, sodass selbst der Area-Control- Anteil (normalerweise nicht besonders empfehlenswert zu zweit) hier gut funktioniert.  

Die Interaktion ist nicht sehr aggressiv, da wir die Raumschiffe der anderen nicht eliminieren. Wir konkurrieren einfach mit ihnen, um die Mehrheit zu haben, um das System zu kontrollieren und anschließend zu kolonisieren. Es gibt dort einige Boni, die vergeben werden, sobald wir die Kontrolle über ein System gewinnen. Ab und an passiert das sogar außerhalb meines Spielzugs, wenn andere Raumschiffe weggezogen werden. Dies führt zu einem interessanten Minispiel über die Kontrolle der Systeme.

Natürlich gibt es auch Kleinigkeiten zu kritisieren, wie der recht langwierige Spielaufbau. Auch thematisch bin ich nicht wirklich überzeugt. Natürlich ringen vielen Eurogames mit Ihren Themen. Hier finde ich es allerdings außergewöhnlich austauschbar und wenig authentisch. Außerdem wird Beyond the Sun niemanden überzeugen, der nicht im allgemeinen Ressourcenumwandlung und Technologiebäume interessiert ist. Hier sollte keiner nur wegen des Raumfahrthemas zugreifen.


Zusammenfassung

Ich kann Beyond the Sun nur empfehlen! Die Optionen sind vielfältig und die Variabilität groß, da die Technologiekarten die Aktionsfelder bestimmen. Ich mag die Balance und wie das Spiel im Laufe der Partie sich allmählich verändert. Es gibt auch fortgeschrittene Spielertableaus, die eine Asymmetrie ins Spiel bringen. Das Spiel ist auch kostenlos in Board Game Arena spielbar. Vor daher kann ich kann auch empfehlen, so wie ich, das Spiel dort einmal auszuprobieren, um einen Eindruck zu gewinnen.

  • Hohe Varianz
  • Sehr gute Interaktion
  • Einfache Mechanismus mit viel dahinter
  • Langer Spielaufbau
  • Geringer Aufforderungscharakter
  • Thema irrelevant

Aus meiner Spielerperspektive: Wieder ein Spiel, was genau ein mein Eurogame Schema fällt. Von daher ein Muss in der Sammlung. Allerdings fehlt für den ganz großen Wurf noch das „gewisse Etwas“.

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