Ein Brettspiel, das thematisch und gestalterisch an die Geschichte von Alice im Wunderland angelehnt ist, diese aber mit keinem Wort erwähnt – lizenztechnisch geschickt gemacht, denn bei Wald der Wunder ist die Herzkönigin diejenige, die Vorgaben zum Platzieren von Plättchen macht, die die Spieler:innen zu erfüllen haben. Was hat das Plättchenlegespiel neben einem fantasiegeladenen Setting sonst noch zu bieten?
Carina Brachter
SPIELBESCHREIBUNG
In Wald der Wunder erhält jede:r zunächst ein Spieltableau, das einen Wald zeigt, und eine Wertungsübersicht, die unten am Spieltableau befestigt wird. Eine:r erhält den Startmarker und darf aus einem der fünf Säckchen mit unterschiedlich geformten Poliomino-Steinen Plättchen in Spielerzahl auf das Tableau in der Auslage legen. In der ersten Runde wird eines zusätzlich gezogen. Dann darf jede:r im Uhrzeigersinn eines der Plättchen auswählen und auf das Spieltableau legen. Dabei muss nicht angrenzend gebaut werden und die Plättchen dürfen dabei auch beliebig gedreht werden. Danach wird der Startmarker weitergegeben, wieder entsprechend viele Plättchen gezogen und auf das Tableau gelegt.
Die Poliomino-Plättchen bestehen immer aus vier Feldern, die unterschiedliche Symbole enthalten können. Es gibt Bäume, Schachfiguren, Pilze, Rosenbüsche und Spielkarten. Je nach Seite des Wertungstableaus, das man verwendet, werden bestimmte Formationen aus Symbolen unterschiedlich gewertet. In der Grundvariante erhält man Punkte dafür, wenn
- Schachfiguren auf Schachfeldern liegen,
- je zwei Pilze oder mehr in einer Spalte angeordnet sind,
- Rosenbüsche nebeneinander angeordnet eine große Fläche bilden und
- Bäume, die in gleicher Reihe platziert sind, möglichst weit voneinander entfernt sind.
- Spielkarten, die nebeneinander liegen, bringen Bonusplättchen in der Größe eines einzelnen Feldes ein, mit denen man kurz vor Ende des Spiels noch Leerräume füllen oder punktträchtige Kombinationen bilden kann.
Das Spiel bietet auf den Rückseiten der Tableaus noch eine alternative Wertungsskala sowie ein weiteres Waldtableau, auf dem die Felder anders angeordnet sind. Das Spiel kann auch solo gespielt werden.
Sobald einer der Spielenden kein Plättchen mehr auf seinem Tableau unter bringen kann, wird das Spielende eingeläutet. Die Runde wird noch zu Ende geführt, dann können noch die einzelnen Bonusplättchen verbaut werden. Danach wird mit Hilfe des Wertungsblocks jede einzelne Symbolart gewertet, Punkte für Leerräume und nicht verbaute Bonusplättchen abgezogen. Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Wald der Wunder.
AUTOR: Ikhwan Kwon ■ ILLUSTRATION: Eugenia Smolenceva
VERLAG: Schmidt Spiele ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022
1-4 Spieler
ab 8 Jahren
ca. 20 Minuten
Spielregeln (ext. Link zu Schmidt Spiele)
SPIELGEFÜHL
Leicht erklärt und schnell gespielt
In seiner Grundversion ist Wald der Wunder ein schnell gespieltes Plättchenlegespiel mit Poliominoteilen. Die Regeln sind einfach und enorm schnell vermittelt und das Spielprinzip ist sehr eingängig – Plättchen ziehen, Plättchen auswählen, Plättchen legen, fertig, nächste:r dran. Das Spiel ist aufgrund seiner Zugänglichkeit bestens für Familienrunden geeignet und lässt sich auch prima in Runden mit Wenigspieler:innen auf den Tisch bringen.
Bei der Erklärung und beim Verständnis des Spiels hilft die gute Darstellung der Wertungsmodalitäten auf dem Wertungstableau. Nicht jede Darstellung ist selbsterklärend, aber einmal erläutert hat man die Bedingungen immer vor sich und verliert nicht den Überblick über das, was man beim Puzzeln im Auge behalten sollte. Das ist gerade dann wichtig, damit man nicht durcheinander kommt, wenn man auch mal die andere, etwas schwierigere Seite des Wertungstableaus ausprobiert.
Erst recht einfach, dann herausfordernd
Grundsätzlich geht das Spiel dann auch sehr flott. Die meiste Zeit geht für das Ausknobeln des richtigen Puzzleteils aus der Auslage drauf. Hat man es erst einmal ausgewählt, ist es auch schnell platziert, da Auswahl und Platzierung meist auf der gleichen Entscheidung beruhen. Auf dem 8 x 6 großen Waldtableau ist anfänglich noch viel Platz und geübte Spieler:innen im Bereich der Plättchenlegespiele müssen sich erst einmal an die Freiheit gewöhnen, dass man die Plättchen nicht zwingend aneinander legen muss. Ich würde dennoch eher dazu raten, denn man kann sonst ganz schön ins Schlingern geraten, wenn die notwendige Form, die noch in eine Leerstelle passen würde, dann einfach nicht in die Auslage kommt.
Schnell wird es auf dem Spielplan voll und dann bisweilen auch eng. Wald der Wunder verlangt dann immer mehr und bessere Planung von den Spieler:innen und das Spiel wird dann zunehmend kniffliger. Will man das Spiel optimal gestalten und alle Plätze sehr gut ausnutzen, erlebt das Spiel zu Spielende einen deutlicheren Anstieg des Anspruchs. Hier gilt es zu taktieren, welche Plättchenformen noch in die Leerstellen passen. Welche Säckchen bzw. Plättchenformen wählen die Mitspielenden? Komme ich selber noch an die Reihe und kann die Plättchenform auswählen? Und: Welche Bonusplättchen möchte ich noch verbauen? Hier kann es ggf. auch interessant werden, ein baldiges Spielende zu provozieren, damit man die gesammelten Bonusplättchen noch unterbringen kann.
Mehr Spieler:innen = weniger Einfluss
Je mehr Mitspielende am Spiel beteiligt sind, desto größer wird natürlich die Wartezeit, bis man wieder an der Reihe ist – und desto größer kann auch der Frust werden. Liegen die gezogenen Plättchen in der Auslage, scannt man diese automatisch nach dem geeignetsten ab. In voller Runde wird man dieses Plättchen aber mit größter Sicherheit nicht bekommen, sofern man nicht der erst oder zweite in der Reihenfolge ist. Daher die Empfehlung, auch direkt nach dem zweitbesten Plättchen Ausschau zu halten, damit man Plan B bereits in der Tasche hat, sobald man an die Reihe kommt. Zu Zweit geht die Auswahl und dann auch das Spiel deutlich schneller und die angegebenen 20 Minuten sind gar nicht notwendig.
Fantasie in Geometrie
Die grafische Gestaltung des Spielcovers und auch der Spieltitel sind ein bisschen irreführend. Vom Cover her stellen sich die meisten etwas ganz anderes unter dem Spiel vor. Das verspielte Design und der fantastische Titel stehen in einem ziemlichen Gegensatz zu dem nüchternen Waldraster und den im Spiel enthaltenen geometrischen Formen – wer sich also nur das Cover anschaut, könnte etwas enttäuscht vom „geradlinigen“ Inhalt werden.
Dass es sich um ein Plättchenlegespiel handelt, verrät die Schachtelrückseite des Spiels allerdings ganz klar. Dort ist in drei Schritten auch nahezu die gesamte Spielregel bereits vermittelt, so dass also vor Kauf klar sein müsste, worum es hier geht. Dennoch ist das Thema natürlich komplett aufgesetzt und passt nur bedingt zu dem, was man im Spiel tut – finde ich zumindest.
Am meisten begeistert sind alle Mitspielenden von den in der Spielausstattung enthaltenen, samtigen Säckchen. Diese werden als extrem hochwertig empfunden und das sind sie auch. Hier hat alles schön sortiert seinen Platz und das Spielmaterial ist extrem schnell ein- und ausgeräumt. Auf diese Weise ist das Spiel schnell auf dem Tisch und startklar.
Auch der enthaltene Wertungsblock ist sehr praktisch, da er systematisch durch die Wertung führt, auch, wenn er recht klein geraten ist.
Die Symbole auf den Plättchen hingegen polarisieren ein wenig. Der Illustrations-Stil gefällt nicht allen. Die Symbole sind gut zu unterscheiden, daher sind die Zeichnungen zweckmäßig, aber ob sie auch hübsch sind, liegt im Auge des Betrachtenden.
Zusammenfassung
Wald der Wunder ist ein einfaches und zugängliches Plättchenlegespiel, das gut für Runden mit Spielenden mit eher weniger Spielerfahrung oder Gelegenheitspieler:innen geeignet ist. Mit Hilfe von Poliomino-Teilen bilden die Spieler:innen Formen und erfüllen bestimmte Platzierungsvorgaben, um damit bei Spielende Punkte zu erzielen.
Wald der Wunder weiß gut zu unterhalten und bietet für mehr Abwechslung auch noch unterschiedliche Lege- und Wertungstableaus, die nicht nur Varianz, sondern auch noch eine steigende Herausforderung bieten. Die Spieldauer ist angenehm, das Spielmaterial ist schön und wertig. Ein schönes Spiel für alle, die ein Plättchenlegespiel auf Basisniveau suchen.
- Einfaches und zugängliches Spielprinzip
- Schöne Ausstattung
- Varianz und Steigerung der Schwierigkeit durch wechselbare Spieltableaus
- Aufgesetztes Thema, das im Spielprinzip verloren geht
- Glücksfaktor bei der Auslage kann frustrieren
Aus meiner Spielerperspektive: Wald der Wunder richtet sich an Spielende mit eher weniger Spielerfahrung und Familienrunden. In diesen Runden funktioniert das Spiel sehr gut und das kann ich auch prima anerkennen. Mich persönlich begeistert das Spiel leider nur wenig und eher dann, wenn man bei Spielende taktieren muss, welche Formen noch ins Raster passen, ob man seine Bonusplättchen noch unterbekommt und Leerstellen schließen kann. Sonst ist mir das Spiel ein wenig zu harmlos und der Spielreiz ist zu schnell verflogen, als dass es oft auf den Tisch käme. In Spielrunden mit Einsteiger:innen wäre es aber immer eine gute Wahl.
Zweite Meinung Christoph:
Ich konnte Wald der Wunder drei Mal spielen. Zweimal zu viert und einmal zu dritt. Funktioniert beides sehr gut, wenn ich auch bei drei Personen häufiger in der aktiven Rolle bin, um mich für eine Puzzleform zu entscheiden.
Das Spiel ist zunächst komplett an mir vorbeigelaufen, da mich das Thema Alice im Wunderland nicht anzieht. Das Brettspiel ist jedoch komplett abstrakt und könnte mit jedem X-beliebigen Thema aufgesetzt werden.
In Summe ist Wald der Wunder ein schönes schnelles Plättchenpuzzlespiel mit kniffeligen Aufgaben. Ich kann mich nicht für alles gleichzeitig entscheiden und muss – aufgrund der Plättchenauswahl – auch mal mit meiner Taktik umdisponieren. Gelungen finde ich die einer-Teile, da man diese erst zum Ende des Spiels einbaut und somit – bei glücklichem Ziehen – die Möglichkeit hat, das ein oder andere noch punkttechnisch rauszureißen.
Mit steigender Spieldauer steigt auch etwas die Downtime, da man als aktiver Spieler mehr überlegen muss, welches Plättchen jetzt am besten bei sich hineinpasst. War aber auszuhalten ist. Schöne die Varianz mit der Rückseite und dem Wertungsblock, so dass man das Spiel auch in unterschiedlichen Konstellationen spielen kann.
Spiele ich gerne mal wieder mit.