„Ein Strategiespiel von Mattel?“
„Ja. Und gar nicht mal schlecht.“
So oder so ähnlich werden die Gespräche über Spirits of the wild eingeleitet und das hat mich neugierig gemacht. Natürlich musste es schnell auf den Tisch, denn von guten 2-Personen-Spielen kann man nie genug haben!
Ist es denn auch gut? Dazu im Folgenden mehr.
Carina Brachter
SPIELBESCHREIBUNG
Fünf Tiere sind vor langer Zeit in den Himmel aufgestiegen und seitdem als eine Art Sternzeichen sichtbar. Sie sind seitdem als gute Geister tätig, doch dafür muss man ihnen zunächst bestimmte Kombinationen aus Edelsteinen darbringen. Eine Kojote versucht das zu verhindern.
Dies ist die Rahmengeschichte für ein abstraktes Strategiespiel, das als reine 2-Personen-Variante umgesetzt ist.
Auf dem eigenen Tableau sammeln die Spieler in den fünf Bereichen der Tiergeister bestimmte Kombinationen von farbigen Steinen, die aus einem Säckchen gezogen werden.
- Die Eule verlangt drei farbgleiche Paare.
- Der Hase möchte drei verschiedenfarbige Steine.
- Der Biber fordert einen Drilling und ein Paar farbgleicher Steine.
- Der Lachs möchte bis zu sechs unterschiedlich farbige Steine.
- Die Schildkröte verlangt bis zu fünf farbgleiche Steine.
Die Edelsteine erhält man aus dem Säckchen oder einer Schale. Woher man sich Steine nehmen darf, entscheiden Aktionskarten, die offen vor den Spielern ausliegen und von denen man in seinem Zug jeweils eine ausspielt und dann auf die Rückseite dreht.
- Zwei Karten erlauben es, genau einen Stein aus der Schale zu nehmen und auf das Tableau zu legen. Legt man die Karte auf die Rückseite, zeigt sie einen halben Kojoten. Liegen beide Karten auf der Rückseite, ist der Kojote vollständig und die entsprechende Figur kann genutzt werden.
- Eine Karte erlaubt es, zwei Karten aus der Schale zu nehmen und auf das eigene Tableau einzusetzen.
- Eine Karte ermöglicht, zwei Steine aus dem Säckchen in die Schale zu ziehen und dann einen Stein aus der Schale zu nehmen und auf dem Tableau zu platzieren.
- Mit einer Karte lassen sich drei Steine aus dem Säckchen ziehen und den Kojoten bewegen.
- Die letzte Karte wiederum erlaubt die Nutzung einer Spiritkarte und das Reaktivieren aller Karten, die mittlerweile auf der Rückseite liegen.
Was macht denn der Kojote? Man platziert ihn auf dem Tableau des Gegners und bewirkt damit, dass der Mitspieler bei diesem Tiergeist keine Edelsteine einsetzen darf, solange der Kojote dort steht.
Und was sind Spirit-Karten? Es liegen immer zwei von insgesamt sechs Spiritkarten offen aus, mit denen man besondere Aktionen durchführen kann, z.B. direkt Steine aus dem Beutel aufs Tableau zu ziehen etc.
Über die farbigen Steine hinaus gibt es auch durchsichtige Kraftsteine im Säckchen. Diese kann man auf gesonderte Bonusfelder bei den Tiergeistern auf dem Tableau einsetzen. Mit den Kraftsteinen verdoppelt man die Punkte, die man für diese Steinsammlung bei der Wertung erhält, allerdings schließt man mit ihr auch die Sammlung ab und es dürfen keine weiteren Steine mehr bei diesem Tiergeist platziert werden.
Sobald fünf dieser durchsichtigen Kraftsteine aus dem Säckchen gezogen wurden und auf dem Tableau oder in der Schale liegen, endet das Spiel. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
AUTOR: Nick Hayes ■ GRAFIKER: Syd Weiler
VERLAG: Mattel ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2019
2 Spieler
ab 10 Jahren
ca. 30 Minuten
Spielregeln (ext. Link zu Mattel)
SPIELGEFÜHL
Das Thema des Spiels ist ziemlich an den Haaren herbei gezogen. Macht man sich davon aber erst einmal frei, kann man die grafische Darstellung durchaus genießen. Das Spiel ist wirklich hübsch und ansprechend gestaltet, das Material ist wertig. Die Gestaltung der Karten, die auf der Rückseite gemeinsam das Bild des Kojoten ergeben, gefällt mir besonders gut. Großen Spaß macht auch das Inlay, in dem alle Spielmaterialien wunderbar ihren Platz finden und nichts verrutscht.
Nun zum Spiel selber:
Es bietet zunächst überraschend viel Spieltiefe, denn es ist durchaus möglich, dem Gegner ordentlich die Pläne zu verhageln. Dies geht ganz prima, indem man die Steine aus der Schale wegschnappt, die auf dem gegnerischen Tableau dringend gebraucht werden. Oder man jagt dem Gegner den Kojoten auf den Hals und blockiert so einen Tiergeist, bei dem gerade Edelsteine gesammelt werden. Das Spiel kann so zu einem schönen Schlagabtausch mit hohem Ärgerfaktor werden. Das macht Spaß und ist unterhaltsam.
In der ein oder anderen Partie war es möglich, dass ein Spieler immer wieder dazu gezwungen war, die Auslage in der Schale zu Gunsten des Gegenspielers wieder aufzufüllen und selber kaum an Edelsteine zu kommen. Das kann frustrieren und aus diesem Teufelskreis herauszukommen, ist dann nicht ganz einfach.
Man kann das Spiel also ganz klar taktisch spielen. Auch auf der Schachtel ist das Spiel als „Strategiespiel“ bezeichnet. Dafür sind jedoch recht viele Glücks- bzw. Pechelemente enthalten:
- Werden einfach immer die falschfarbigen Edelsteine gezogen? Dann muss man schnell seine Pläne ändern.
- Löst der Gegner immer im falschen Moment den Kojoten aus und blockiert einen wichtigen Tiergeist? Dann muss man ihn schnell wieder loswerden.
- Schnappt der Mitspieler einem die Spiritkarte weg, mit der man schon fest gerechnet hatte? Dann hilft hoffentlich auch die nächste Spiritkarte, die aufgedeckt wird, bei der Verwirklichung der Pläne.
Ein weiterer großer Glücksfaktor: Da das Spiel endet, sobald fünf Kraftsteine auf Tableau und/oder in der Schale liegen, kann das bedeuten, dass das Spiel sehr schnell vorbei ist. Statt über 40 Punkten bei einem langen Spiel kann sogar nur ein einstelliges Ergebnis zu Buche schlagen. Dann hilft nur Abräumen und nochmal von vorne beginnen, wenn sich nach zehn Minuten bereits das Spielende eingestellt hat.
Doch beim Thema „nächste Runde“ sind wir an dem Punkt, den ich ganz klar zu bemängeln habe. Nach ein paar Partien ist bei mir der Wunsch, das Spiel wieder auf den Tisch zu bringen, ganz erheblich gesunken. Ich habe das Gefühl, das Spiel zu kennen und „schon alles gesehen zu haben“, was mir das Spiel bieten kann. Das ist schade. Aber vielleicht erwarte ich auch zu viel. Hin und wieder werde ich es sicher nochmal mitspielen, aber ein Dauerbrenner wird es daher leider nicht werden.
Zusammenfassung
Spirits of the wild ist ein schön gestaltetes 2-Personen-Spiel, das taktische Möglichkeiten bietet, aber im Anspruch als Strategiespiel, was es sein will, auf recht niedrigem Niveau ansetzt.
Es bietet Interaktion und Ärgerfaktor, hat aber auch solitäre Momente.
Nach einigen Partien lässt der Wiederspielreiz deutlich nach, da man das Gefühl hat, das Spiel und seine Finessen nun zu kennen. Bis zu diesem Punkt, der sicherlich bei dem einen früher und bei dem anderen später einsetzt, bietet Spirits of the wild aber schöne Unterhaltung.
Das Spiel ist sicher auch schon für Kinder mit ein bisschen Übung und entsprechenden Lesekenntnissen gut spielbar und damit für Familien in unterschiedlichen Konstellationen nutzbar.
- Hübsche Gestaltung und schönes Spielmaterial
- Leichte Regeln und einfacher Zugang
- Für ein Strategiespiel ist ein nicht zu verleugnender Glücksfaktor enthalten und kann frustrieren
- Wiederspielreiz sinkt nach einigen Partien deutlich ab
Aus meiner Spielerperspektive: Die ersten Partien Spirits of the wild haben mir gefallen. Es war mir aber dann recht schnell ein bisschen zu einfach und die Lust auf die nächste Partie ist bei mir schnell gewichen.
Ich würde es daher jetzt nicht mehr selber vorschlagen – da gibt es andere Kaliber in dem Segment der 2-Personen-Strategiespiele, die mich deutlich mehr abholen.
Zweite Meinung (Christoph):
Ich sehe vieles ähnlich wie Carina. Spirits of the Wild ist ein schnell zu erlerndes Zwei-Personen-Spiel. Tolles aufbereitetes Material. Der Glücksfaktor ist in den Partien nicht zu unterschätzen. Gerade das zufällige Spielende empfand ich an der ein oder anderen Stelle etwas unbefriedigend.
Die ersten Partie sind richtig schön zu spielen, allerdings sinkt der Wiederspielreiz nach weiteren Partien ab, da man das Gefühl hat, das Spiel schon sehr gut zukennen und nicht mehr viel Neues zu entdecken.
Es steht zwar Strategiespiel auf der Verpackung, aber zum einen ist es eher ein Taktikspiel und zweitens richtet sich das Spiel mehr an den klassischen Familienspieler und weniger an den Kennerspieler. Das könnte etwas irreführend sein.
Aus der Perspektive des Familienspielers würde ich das Spiel leicht höher einstufen:
Ich hatte schon überlegt mir das Spiel blind zu kaufen (obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hab erstmal nur noch Spiele zu kaufen, die ich schon angespielt und für gut befunden habe), einfach weil es so wunderschön ist. Jetzt bin ich aber ganz froh, dass ich es doch noch nicht gemacht habe.
Würde es auf jeden Fall gerne mal testen, aber einziehen muss es dann nicht.