Chance nicht genutzt
Ich finde Leuchttürme haben etwas Besonderes. Meist ragen sie majestätisch und einsam an Küsten gelegen in den Himmel hinauf. Steht man davor und schaut nach oben, wirken sie noch größer und bedeutungsvoller. Auch in der heutigen Zeit des GPS, wo viele Kapitäne ihre Schiffe anders steuern, als nach dem Licht dieser wegweisenden Giganten, haben sie auch gleichzeitig etwas Beruhigendes und sicheres. Der berühmte Fels in der Brandung.
Umso mehr habe ich mich auf ein Spiel mit Leuchttürmen gefreut, denn von diesen gibt es nicht so viele. Insbesondere nicht Spiele, in denen man den Leuchtturm auch haptisch erleben kann.
Daher war ich auch froh, dass das Spiel von Jim Harmon bei Amigo herausgebracht wurde und konnte die ersten Partien gar nicht abwarten…
Das Spiel
Jeder Spieler hat eine Schiffsflotte von 5 Schiffen, die auf die Startposition draußen auf offenem Meer gesetzt werden. Ziel ist es den Fluss entlang zu schippern, um den sicheren Hafen der Stadt zu erreichen. Da ein Sturm aufzieht, sollte man sich beeilen, denn die Wertung der einzelnen Schiffe hängt davon ab, wann sie von der Unwetterwolke eingeholt und dann nicht mehr bewegt werden (dürfen).
Zur Fortbewegung bekommt jeder Spieler 14 Karten. Diese sind zweigeteilt und zeigen zum einen an, welcher Leuchtturm beleuchtet werden muss und zum anderen eine von drei verschiedenen Fortbewegungsarten:
- ein eigenes Schiff darf um 2-4 Felder nach vorne bewegt werden
- mehrere eigene Schiffe dürfen von einem Feld um 2-4 Felder nach vorne gezogen werden
- ein Verband von je einem Schiff einer Farbe darf um 2-4 Felder nach vorne bewegt werden. Werden dabei fremde Schiffe mitgenommen, so darf der Spieler nach dem Zug sein eigenes Schiff um die gleiche Anzahl an Schritten nach vorne ziehen.
Schiffe dürfen allerdings nur auf Felder bewegt werden, die von den Leuchttürmen beleuchtet werden. Dabei sind nur drei der sechs Leuchttürme mit einem beweglichen Leuchtfeuer ausgestattet. Dieses muss im Spiel berücksichtigt werden.
Ist die Wolke nach 12 Runden auf den letzten Platz geklettert, endet das Spiel und alle Schiffe werden entsprechend der Punkte, welche ihren Platzierungen zugeordnet werden, ausgewertet. Bester Spieler ist der Siegpunktbeste.
Autor: Jim Harmon • Grafiker: Christian Fiore
Verlag: Amigo • Jahr: 2018
2-4 Spieler • ab 8 Jahren • ca. 25 Minuten
Spielregeln (ext. Link zu Amigo)
Spielgefühl
Gespannt auf das Spiel war ich, nachdem ich die Leuchttürme zusammengesetzt und auf dem Spielplan platziert habe. Dazu ist Lighthouse Run nicht sonderlich kompliziert, schnell erklärt und verstanden. Das ließ sich doch schon einmal alles gut an.
Und so spielen wir los. Die Idee mit den vom Leuchtturm beleuchteten Feldern und den drei unterschiedlichen Kartentypen ist grundsätzlich gut überlegt. Der Kartenmechanismus nicht sonderlich kompliziert. Ein wenig Glück kommt über die Karten herein: mal laufen die Karten gut und dann habe ich in einer Partie etwas Kartenpech, weil entsprechende Karten zu spät oder zu früh kommen. In einem Familienspiel sicherlich noch zu vertreten.
Aber das ist leider aber irgendwie auch schon alles in dem Spiel. Es plätschert leider vor sich hin. Von dem herannahenden Gewitter und der Spannungskurve merkt man im übertragenen Sinne bei Lighthouse Run eher weniger. Da fehlt irgendetwas. Auch ist das Ärgern mittels der Leuchttürme nur sehr begrenzt vorgekommen, da man den größten Teil des Spiels, doch irgendwie in den gleichen Sektoren unterwegs ist.
Ärger haben wir dagegen immer wieder mit der Wolke im Spiel gehabt. Denn trotz Karte bei dem jeweils Rundenersten wird häufiger vergessen, die Wolke nach vorne zu setzen. Es fühlt sich irgendwie nicht richtig intuitiv an.
Das Spiel zu zweit mit dem Dummy hat dann leider auch nicht sonderlich viel Spaß bereitet (und zwei Schiffesflotten möchte ich auch nicht nach vorne bewegen). Zu dritt besteht die Gefahr der Spielkonstellation 2 gegen 1 Spieler, was sich nicht so gut anfühlt. So dass ich das Spiel idealerweise in Vollbesetzung von vier Spielern spielen würde.
Was ich zudem sehr schade finde, ist, dass man es zudem versäumt hat, die Grafik des Spiels in eine Erlebnisgrafik zu wandeln. Die Optik wirkt leider genauso brav, wie das ganze Spiel. Der Spielplan und die Zielgruppe der Spieleeinsteiger im Familienbereich hätte sich gerade für ein Wimmelbild ala Ali Mitgutsch angeboten. So passt sich die Grafik leider der Spannungskurve des Spiels an, anstatt dem Spieler hier noch etwas zu bieten. Außerdem hätte man in die Ausgestaltung der Schiffe mehr Aufmerksamkeit legen können. Diese sind aus den Holzklötzchen nicht unbedingt zu erkennen.
Exkurs: Eines besseren belehrt worden bin ich übrigens, was die Leuchttürme im Bereich der Flüsse angeht. Hier fühlte es sich zuerst etwas komisch an, Leuchttürme entlang des Flusses zu sehen. Aber das ist alles thematisch richtig, wie man im Leuchtturm-Atlas Norddeutschlands bei den Flüssen Weser und Elbe nachschauen kann.
Kernsatz: Um es zusammenzufassen, ich bin ein wenig enttäuscht. Und selbst wenn ich Abstriche zu Gunsten des Spieles wegen meines Faibles für Leuchttürme am Meer mache, so kommt Lighthouse Run nicht über den Status eines durchschnittlichen Familienspiels hinaus. Man will es mögen wollen, aber so richtig springt der Funke leider bei mir nicht rüber.
- Sehr schöne Leuchttürme. Auch die Idee der wechselnden Leuchtfeuer ist gelungen (wirkt sich leider im Spiel nicht so stark aus).
- Schneller Zugang zum Spiel und schnell gespielt.
- Für farbblinde Spieler sind extra Aufkleber dem Spiel beigefügt, damit man die Schiffe markieren kann
- Kooperatives Element, bei dem man belohnt wird.
- Auch wenn ich den wechselnden Startspieler verstehe, so ist das mit der Karte nicht sehr intuitiv und es wird sehr häufig vergessen, die Wolke nach vorne zu setzen.
- Leider hat man es versäumt, die Grafik des Spiels interessanter zu gestalten. Auch die Schiffe wirken nicht wie richtige Schiffe.
- Mit plätschert das Spiel zu sehr dahin. Es fehlt der Spannungsbogen.
Wenn ich mir die Leuchttürme mal wegdenke, dann bin selbst ich – der gerne mal Familienspiele spielt – nicht die richtige Zielgruppe. Diese ist eher bei den Wenig- bis Einsteigerspielern zu finden. Und für diese dürfte das wechselnde Startspielerthema nicht leicht von der Hand gehen.
In Summe ist mir das Spiel zu seicht und mit zu wenig Höhepunkten ausgestattet. Idealerweise bringt man ein Schiff mindestens nach ganz vorne, um bei der Kür des Besten dabei zu sein. Aber das war es dann irgendwie schon.
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