Ratingen ist immer eine Reise wert. Zumindest wenn man ein Spiel der kommenden Generation entdecken kann.
In 2014 war es Aquasphere, in 2015 der erste Prototyp von ein Orakel von Delphi und im letzten Jahr dann La Granja: No Siesta von Andreas „ode.“ Odenthal!
Die 8. Ratinger Spieletage am Wochenende (08. und 09. April) gaben den Spielbegeisterten einen erste Blick auf einige Prototypen, aber auch Neuheiten aus Essen 2016 sowie das ein oder andere Spiel, was aus Nürnberg 2017 inzwischen den Weg auf den Spieltisch gefunden hat.
Die Spieltische waren am Samstag jedenfalls gut gefüllt und es wurde viel gespielt und ausprobiert.
Alle Bilder von den Spielen sind von Prototypen – Das Material damit noch nicht im finalen Zustand
Die geschilderten Eindrücke sind Ersteindrücke auf Basis eines Spiels.
London 1851
In einer drei Personenpartie (mit den Meusels) konnte ich das Erstlingswerk von Carsten Lauber – auch bekannt als Spielkultrezensent – ausprobieren. Und ich kann vorab sagen, dass ich von diesem Prototyp sehr angetan bin.
Im Vorfeld der ersten Weltausstellung 1851 in London bewerben wir uns als kleines Land für einen Ausstellungsplatz. Wir haben allerdings keine Erfindung oder Ausstellungsgegenstand, mit dem wir unser Land repräsentieren können. Darum gilt es sich jetzt in den kommenden 5 Runden zu kümmern.
Kernmechanismus ist ein Dice-Workerplacementmechanismus. Nur mit dem Unterschied, dass ich nicht würfel, sondern den Wert meiner vier (zum Start) Würfel verdeckt bestimme. Die Würfel entsprechen dabei einem Geldmechanismus und mindern mein Startvermögen von 40.
(Phase 1) Nachdem alle ihr Ergebnis bekannt gegeben haben, ist der Startspieler derjenige mit dem höchsten Gebot. Der letzte bekommt für seinen hinteren Platz einen Arbeiter. Nach dem Bezahlen der Würfel werden diese reihum auf folgende (auch mehrfach) Gebiete eingesetzt (Phase 2):
- Blaupausen für Ausstellungsgewerke erwerben
- Universität: Fähigkeiten entweder einmalig (gelb) oder dauerhaft (lila) erwerben
- Bank of England: Beeinflussen des „Aktienkurs“, um sich Einnahmen zu sichern
- Hof der Queen: Einfluß verstärken. Führt in der Regel dazu, dass die Personen, den Preis ihrer Bereitschaft zu helfen, verringern.
- Kneipe: Helfer (siehe Hof), die uns mit ihren Fähigkeiten einmalig bzw. dauerhaft unterstützen
- Times: Aktivierung von Sonderauswertungen
- Hafenviertel: Sonderfähigkeiten (zusätzlicher Würfel, Siegpunkte, Schwarzmarkt etc.)
- Ersatzteillager: hier können wir Ressourcen erwerben, um die Blaupausen zu bauen
Dabei kann der Einsatz der Würfel an bestimmten Stellen, Aktionsmöglichkeiten am Schwarzmarkt auslösen (Erklärung unten)
Nachdem die Würfel eingesetzt wurden, werden die obigen Orte ausgewertet (Phase 3). Dabei darf der Spieler mit der höchsten Würfelzahl im jeweiligen Ort, sich eine der möglichen Aktionen aussuchen. Teilweise können auch noch 2-3 weitere am Ort liegende Würfel zum Einsatz kommen. Danach müssen die angeworbenen Helfer (auch aus Vorrunden) bezahlt werden und spielen ihre dauerhaften Fähigkeiten aus (Phase 4). In der Phase 5 können max 2 Werke gebaut werden. Dazu sind entsprechende Ressourcen (können an den Orten aber auch gegen Geld erworben werden) zu bezahlen und führen zu Siegpunkten sowie Einmaleffekten. Dabei kann ich mir aussuchen, ob diese Effekte bei mir oder meinen Mitspielern wirken.
Die Phase 6 ist eine Einkommens-, Bezahl- sowie Boniphase.
Danach wird alles für die nächste Runde vorbereitet bzw. es erfolgt nach der fünften Runde die Schlußwertung. In dieser gibt es Minuspunkte für nicht erworbenes Wissen sowie für unbezahlte Kredite.
Eine weitere Besonderheit ist der Schwarzmarkt, den ich über Orte und Bauwerke beeinflussen kann. Der Einsatz am Schwarzmarkt bringt mir Ressourcen, die ich im Spiel abrufen kann bzw. mir Einkommen in Phase 6 bringt. Sind dort zu viele Spieler involviert, fliegt der Markt auf, und alle Investitionen sind weg. Alternativ zu den Schwarzmarktaktionen, kann ich bei den besonderen Feldern auch persönliche Aufgaben erfüllen.
Des weitern können Zeitungen erworben werden, mit denen bestimmte Boni (Bezahlen, Würfel etc) eingelöst werden können.
Für 4-5 Spieler wird es einen separaten Spielplan geben.
FAZIT: Tolles Spiel mit einem beeinflußbaren Dice-Workermechanismus. Glücksfaktor ist minimiert über die Karten. Und es gibt sehr schöne miteinander verzahnte Aktionen auf dem Spielplan. Auch kann man mit unterschiedlichen Strategien zum Erfolg kommen. Dabei kann das Spiel je nach Mitspieler harmonisch wie auch konfrontativ gespielt werden. In einer Expertenvariante gibt es noch offene Aufträge sowie einen Kartenmechanismus, der das ganze noch ein wenige konfrontativer aber auch komplexer gestaltet.
Herauskommen wird das Spiel erst 2018 beim Feuerland Verlag. Aber damit haben wir ja etwas, auf das wir uns im nächsten Jahr freuen können. Insbesondere da Vincent Dutrait (Elysium, New York 1901, Broom Services etc.) für die Grafiken zuständig sein soll.
Captains of the Gulf
Konnte ich mir leider nicht erklären lassen, da der Tisch dauerbesetzt war. Hier nur eine Aufnahme des Prototypen
El Gaucho – Das Kartenspiel
Neben dem Kartenspiel soll – wie schon in den Brettspielbox News 51/16 berichtet – auch eine Erweiterung aus verschiedenen Modulen zum Spiel herauskommen.
Das Kartenspiel konnte jedenfalls schon einmal ausprobiert werden. Neu sind hier die Pferde und das wir im Rahmen einer gemeinsamen Auslage zu direkten Wertungen im Spiel kommen.
Dabei kann ich mich beim Einsatz meines Cowboys entscheiden stärker auf Mehrheiten in der Wiese zu gehen oder durch das „Hinlegen“ Sondereffekte auszulösen. Die Pferde werden gesondert gesammelt und sind besonders wertvoll. Machte auf mich einen schnellen kurzweiligen Eindruck.
Yamatai
Hier ein erste Blick auf Yamatai, was gerade bei Asmodee eingetroffen ist. Das Spiel bekomme ich in der nächsten Woche und freue mich auf die erste Spielerfahrung.
The King’s Will
An zwei Tischen wurde King’s Will gespielt, was gerade erst erschienen ist. Mehr dazu hört ihr demnächst im Rahmen eines ersten Spielerlebnis bzw. einer folgenden Rezension.
Fantasy Defense
Das Spiel von Sweet Lemon Games wird demnächst auf Kickstarter los gehen und ist ein kooperatives 1-2 Personenspiel. Thematik ist Towerdefence mit einer Legacykomponente, bei der auch weitere Fraktionen ins Spiel eintreten.
Weiteres hier
Sonstiges
- Matthias Cramer hatte ebenfalls drei Prototypen dabei. Davon eines mit Expedition (mit Steffen Rühl), was sehr vielversprechend aussah.
- Sehr komplex sah das Spiel von Thomas Spitzner rund um das Bierbrauen aus.
Zur Veranstaltung
In Ratingen wurde einiges umgestellt. Im Foyer gibt es jetzt im wesentlichen drei Verkaufsstände. Dafür wurde die Gastronomie in einen anderen Raum ausgelagert und der Flohmarkt fand auf der Bühne statt. Gerade letzteres (wohl wegen Diebstahlvorfällen dort hin verlegt) war sehr unbefriedigend. Dort standen sich die Leute auf den Füssen ein in Ruhe schauen war einfach nicht möglich. Hier sollte man noch einmal am Konzept feilen.
Ich fand die Spieletage auch gut, toll, was die ehrenamtlichen Helfer dort auf die Beine stellen.
Die Kritik am Flohmarkt kann ich nicht nachvollziehen. Hatte weder Sonntag morgen oder am Nachmittag eine Phase in der es zu voll war. Da man sehr gut den Bereich sehen konnte, war es ja möglich die Phasen zu nutzen, die nicht so stark frequentiert waren. Positiv fand ich außerdem die Beschränkung auf nur 20 Spiele/Person und nicht mehr als 2 identische Spiele sowie den neuen „Giftschrank“, um die teuren Spiele zu schützen. Letztes Jahr habe ich mich zum Beispiel nicht getraut, mein Mice&Mystik dort zu verkaufen. Das hätte jeder so wegtragen können. Dieses Jahr wäre das nicht ohne Weiteres möglich gewesen. Daher von mir einen Daumen hoch für den Veranstalter, der die Probleme des letzten Jahres erkannt und richtig reagiert hat.
Hallo Christoph,
zunächst vielen Dank für den Klasse Erfahrungsbericht.
Es hat uns wieder großen Spaß gemacht mit Dir diesmal „London 1851“ zu spielen!
Und, was spielen wir in Herne? 🙂
Verspielte Grüsse
Tanja und Marcus
(Die Meusels)
Schöner Bericht ,
Captain of the gulf und London 1851 , durfte ich in den letzten Monaten antesten und beide waren sehr viel versprechend. 1851 mit Vincent Dutraits Grafik könnte allerdings eines der Spiele 2018 werden.