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REVIEW | Rezension Brettspiel Umbrella

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Brettspielbox Brettspiele

Regenwetter in New York und die Menschen sind mit bunten Regenschirmen auf der Straße unterwegs. Warum wir diese Menschen mit den Regenschirmen nun in bestimmte Formationen bringen sollen, erschließt sich ebenso wenig wie der Zwang, abstrakte Spiele immer in ein halbwegs (un)passendes Thema zu quetschen.

Die bunten Regenschirme auf schwarz-grauem Straßenpflaster sehen – dank der Illustrationen von Vincent Dutrait – aber unbestritten hübsch aus. Ob Umbrella noch mehr zu bieten hat, erfahrt ihr im Folgenden.

Carina


In Umbrella versuchen wir aus vier gleichfarbigen Regenschirmen auf bestimmten Positionen auf unserem Spieltablau Formationen zu bilden. Dazu erhält jede:r ein Spieltableau auf dem nach Startvorgabe 16 Regenschirmplättchen platziert werden. Unterhalb des Rasters werden vier Plättchen in den Schirmfarben gelb, rot, grün und blau platziert. Ebenso auf dem Tableau Wartezone, das über den Spieltableaus in der Tischmitte liegt, und den Wartezonen, die in der Mitte zwischen den Spielerinnen und Spielern liegt. 

Jeder Mitspielende erhält 2 Formationsplättchen, die oben auf dem Spieltableau ausgelegt werden. Die Spielenden erhalten außerdem eine Wertungsleiste in einem der vier Schwierigkeitsgrade, die auf den Spieltableaus ausgelegt werden. Dort platzieren wir bei Erfüllung von Formationen Wertungsmarker. Von denen wird eine Anzahl abhängig von der Anzahl der mitspielenden Personen bereitgelegt.

Wenn wir an der Reihe sind, nehmen wir aus einer Wartezone ein Regenschirmplättchen und schieben es von der Seite in unser Raster, von der wir es genommen haben. Nehmen wir es beispielsweise vom Wartebereich links, schieben wir es von links in unser Raster. Das rausgeschobene Plättchen kommt auf der anderen Seite in die Wartezone.

Falls wir nun eine Formation auf einem der eigenen Formationsplättchen erfüllt haben, dürfen wir einen Wertungsmarker auf die Wertungsleiste legen. Es darf auf ein Feld in der Farbe gelegt werden, mit der wir die Formation in unserem Raster erfüllt haben. Ist die Formation beispielsweise gelb, legen wir den Wertungsstein auf ein gelbes Feld.

Das erfüllte Formationsplättchen geben wir im Spiel zu dritt oder viert an den linken Mitspielenden weiter. Im Spiel zu zweit entscheiden wir, auf welche Seite wir das Plättchen drehen wollen, bevor wir es an den Kontrahenten weitergeben.

Das Spiel endet, wenn der letzte Wertungsmarker platziert wurde, jemand sein letztes Formationsplättchen weitergegeben hat oder jemand 10 Wertungsmarker bei sich platziert hat. Für jeden Wertungsmarker erhält man 2 Punkte, verliert 1 Punkt für jeden Schirm in der Wartezone auf dem eigenen Spieltableau und gewinnt 2 Punkte, sofern der eigene Wartebereich sogar ganz leer ist. Zusätzlich erhalten wir Punkte für die Aufgaben, die wir über die Wertungsleiste erfüllt haben. Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Umbrella.

Brettspiel Regeln

Spielregeln (ext. Link zu HUCH!)


Umbrella ist im Kern ein Schiebepuzzel. In diese Aufgabenstellung muss sich der ein oder andere erstmal reindenken. Die Spielregeln sind dabei denkbar einfach und stellen keine große Hürde dar: Ein Plättchen nehmen und in das Raster einschieben. Das war es eigentlich schon. 

Die eigentliche Herausforderung stellt aber das Fertigstellen der Formationen dar. Wenn ich an der einen Seite ein Plättchen in das Raster einschiebe, hat dies Auswirkungen auf das gesamte Gefüge. Die Bewegungen richtig antizipieren zu können, ist notwendig für die Planung. Wenn man sich aber erstmal mit der Mechanik vertraut gemacht und die ersten Züge hinter sich hat, gelingt es vielleicht sogar, die vorgegeben Formationen optimal nutzen. Vielleicht entdeckt man sogar, dass zwei Formationen eng verwandt sind und man die Muster ggf. schnell nacheinander erfüllen kann?

Schirme, wir brauchen Schirme!

Mindestens genauso wichtig wie das Geschiebe im Raster ist die Verfügbarkeit der notwendigen Regenschirmplättchen in den Wartezonen. Bei Spielbeginn ist auf den Wartezonen noch jede Farbe vorhanden. Doch das ändert sich schnell! Um die geforderten Formationen zu erreichen und dies auch noch in der gewünschten Farbe, ist man auf entsprechende farbige Schirme angewiesen.

Die kann ich mir zum einen selber aus einer anderen eigenen Spalte oder Reihe in die Wartezone rausschieben und für den nächsten Zug vorbereiten. Dann muss ich aber Glück haben, dass mir das Plättchen nicht weggenommen wird. Oder ich kann zum anderen darauf hoffen, dass ein Mitspielender zufällig ein solches Farbplättchen aus dem Raster in diese Wartezone schubst. Das kann aber bisweilen gefühlt unendlich lange dauern und daher frustig werden. Unter Umständen kommt man auf diese Weise rundenlang kein Stückchen näher an die gewünschte Formation und muss schließlich umdisponieren. 

Leere Wartezone

Außerdem möchte man sehr gerne die untere Wartezone auf dem eigenen Tableau leeren, da jeder Stein, der dort bei Spielende liegt, Minuspunkte bringt. Eine leere Zone wird zudem mit 2 Punkten belohnt. Diese Minus- und/oder Pluspunkte sind meistens spielentscheidend. Daher möchten alle möglichst schnell die Steine von unten ins Raster schieben, um sie loszuwerden. Das hat aber zu Folge, dass die in die Wartezone in der Mitte geschobenen Schirme dann den Rest der Partie leider wie Blei dort liegen bleiben. Hin und wieder wird noch einer weggenommen, aber eher ungern. Es kommt daher dort nur noch wenig Bewegung hinein.

Viel hängt vom Sitznachbarn ab

Man kann auch Pech durch einen besonders aufmerksamen Sitznachbarn haben – jemanden, der genau darauf schaut, was man selber machen möchte, und der einem niemals dringend benötigte Plättchen in die Wartezone schieben würden. Andere am Tisch achten im Gegensatz dazu ggf. gar nicht darauf, was andere benötigen. So entsteht ein ungerechtes Gefälle. Dieses kann auch dadurch entstehen, dass man einen sehr schlecht spielenden Sitznachbarn hat, der wenig bis gar keine Formationsplättchen schafft und daher keine an uns weitergibt, während wir unsere schnell erfüllen und weitergeben können. Auf diese Weise kann man schneller „leerlaufen“ und damit das Spiel durch die Bedingung „keine Formationsplättchen mehr“ beenden.

Variable Wertungsleisten

Am ehesten wird das Spiel dadurch beendet, dass keine Wertungssteine mehr verfügbar sind, weil diese auf den Leisten eingesetzt wurden. Die Wertungsleisten bringen Varianz ins Spiel, indem sie durch die vier Level das Spiel einfacher oder komplexer machen können. Außerdem sorgen sie durch die unterschiedlich positionierten Farbfelder dafür, dass auch unterschiedliche Farben für die verschiedenen Formationen verwendet werden müssen und nicht einer eine Farbe hortet, die die anderen dann gar nicht mehr erhalten.

Vom Wertungsmechanismus her hat mir von den Wertungsleisten am besten Level 3 gefallen.

Aufgabenstellungen

Bei den Formationsplättchen gibt es gefühlt schwerere und einfachere Aufgaben. Eine Reihe oder ein Quadrat aus Plättchen gleicher Farbe herzustellen, fühlt sich irgendwie schwerer an, als eine andere Verteilung nach einer bestimmten Vorgabe im Raster zu erstellen. Die Regelung, die Formationsplättchen nach Erfüllung einfach nach links weiterzugeben, ist smart und einfach. 

Im Spiel zu zweit soll hier taktischer vorgegangen werden, da man selber entscheiden darf, auf welche Seite man das Formationsplättchen vor der Weitergabe an den Mitspielenden dreht. Hier will man dem anderen natürlich keinen Gefallen tun und prüft, welche Seite möglichst hinderlich ist. Diese Überlegung bremst das Spiel leider ganz schön aus, weil man erstmal die gegnerische Auslage genau anschaut und die Optionen abwägt. Ebenso kann es im Spiel zu zweit schnell passieren, dass ein bestimmtes Formationsplättchen schnell wieder zu jemandem zurückkommt. Das fühlt sich repetitiv an. Daher ist das Spiel zu zweit nicht zwingend der Sweet Spot der Spielendenanzahl. 

Außerdem hat man mit mehr Mitspielenden das Gefühl, dass über die Wartezonen mehr Bewegung im Spiel ist, obwohl jedem Spielenden genau die gleiche Anzahl an Wartebereichen zur Verfügung steht.

Optische Reduzierung

Die Gestaltung des Spiels gefällt mir gut. Irgendwie scheint es mir ein bisschen Verschwendung zu sein, einen so talentierten Künstler wie Vincent Dutrait Regenschirme und Straßenpflaster zeichnen zu lassen. Optisch ist Umbrelladafür aber wirklich gut gelungen, obwohl man „nur“ Regenschirme und Straßenpflaster sieht. Die Farben (und Muster für Farbefehlsichtige) lassen sich auch deutlich unterscheiden.

Mechanisch funktioniert es gut, dass im Raster nichts verrutscht. Aber man kann die Plättchen nicht einfach raus- und reinschieben – optimalerweise hätte man hier eine Rampe an den Seiten des Rasters benötigt. Ohne die muss man die Plättchen immer anheben und dadurch, dass man diese dann in der Hand hat, kam es in meinen Partien häufiger vor, dass sie dann auf dem falschen Wartebereich abgelegt wurden. 

  • Sehr kurze, einfache und zugängliche Regeln
  • Abstraktes Spiel in optisch ansprechendem Gewand und mit schönem Spielmaterial
  • Kann frustig sein: Abhängigkeit von Fremdbestimmung
  • Zu hohe Bedeutung der eigenen Wartezone bei der Wertung

Umbrella konfrontiert uns mit einem Schiebepuzzel, in dessen Mechanik sich die meisten zunächst ein wenig hineindenken müssen und bei dem man das Zusammenwirken der Bewegungen zunächst verinnerlichen muss. Dies ist durchaus interessant, fühlt sich aber auch ein wenig sperrig an. Mit unseren Regenschirmen wollen wir Formationen bilden, sind aber dabei auf Glück angewiesen, um günstige Aufgabenplättchen und die richtigen Regenschirmplättchen dafür zu erhalten. Auch das Verhalten unserer Mitspielenden kann sich dabei positiv oder negativ auf uns auswirken.

Umbrella ist ein abstraktes Spiel, das in seiner optischen Reduziertheit gefällt, aber nur wenig Emotionen an den Spieltisch zaubert. Es bringt zwar durch variable Spielelemente Varianz mit sich, allerdings fällt der Wiederspielreiz nach ein paar Partien schnell ab. 

AUTOR: Flavien Dauphin, Benoit Turpin
ARTIST: Vincent Dutrait
VERLAG:
HUCH!
ERSCHEINUNGSJAHR: 2024

1-4 Spielende

8 Jahre

30 Min.

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