Vor einiger Zeit kursierten im Netz Bilder zu Terraforming Mars – Das Würfelspiel. Natürlich war die Aufmerksamkeit sehr groß. Der große Bruder – immerhin nominiert zum Kennerspiel des Jahres 2017 – hat immer noch sehr viele Fans. Zur Einordnung dieser Rezension gleich vorneweg: Wir gehören auch dazu.
Umso überraschenden war dann jedoch, die Ankündigung von Ares Expedition als Terraforming Mars – Das Kartenspiel. Dreht sich denn bei dem Original nicht auch alles um Karten? Trotzdem, der Kickstarter lief und aus irgendeinem Grund habe ich genau über dem „Jetzt Unterstützen“ Button eine kleine Zuckung im Finger gehabt. Erklären kann ich das nicht – ganz ehrlich…
Die Kampagne selbst verlief sehr gut – was zugegebenermaßen recht überraschend ist in dieser Zeit – und innerhalb kurzer Zeit konnten wir endlich loslegen und den Mars (mal wieder) bewohnbar machen:
Tim Schleimer
SPIELBESCHREIBUNG
Zentrales Element von Ares Expedition sind die Aktionsauswahl-Karten. Mit diesen bestimmen sie SpielerInnen – gleichzeitig – welche Phasen in dieser Runde gespielt werden. Nicht gewählte Phasen werden dann in dieser Runde übersprungen.
Das was wir dann in den einzelnen Phasen tatsächlich tun ist sehr ähnlich zu Terraforming Mars: Wir legen grüne Projektkarten aus, um ein höheres Einkommen zu erhalten; blaue Projektkarten bringen Fähigkeiten und weitere Aktionsmöglichkeiten mit und rote Projetkarten haben einen einmaligen Effekt. Außerdem gibt es explizite Phasen, in denen die Aktionen auf den Karten ausgeführt werden dürfen, Einkommen eingesammelt wird oder Karten nachgezogen werden.
All das tun wir, um dem Mars Wärme, Sauerstoff und Wasser zu spendieren. Das kann entweder mit der Umwandlung von Ressourcen oder durch Karteneffekte erfolgen. Aber natürlich nur wenn die jeweilige Phase auch ausgewählt worden ist. Jeder Schritt nach vorne auf einer dieser Leisten bringt auch hier wieder einen Siegpunkt, der gleichzeitig auch ein weiteres Einkommen darstellt.
Sind die drei Ziele alle erfüllt endet das Spiel und es folgt die Endabrechnung. Diese ist gar nicht so üppig, wie beim großen Bruder. Es gibt noch ein Punkt pro Waldplättchen und die Punkte auf den Karten. Danach steht der Sieger fest.
AUTOR: Jacob Fryxelius, Sydney Engelstein, Nick Little ■ GRAFIK/ILLUSTRATIONEN: William Bricker, Garrett Kaida, Nio Mendoza, Justine Nortjé, Naomi Robinson, Andrei Stef
■ VERLAG: Schwerkraft-Verlag ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2021
1-4 Spieler
ab 14 Jahren
ca. 60 Minuten
Spielregeln (ext. Link)
SPIELGEFÜHL
Der Kernunterschied zwischen den beiden Terraforming Mars Spielen ist eindeutig der Aktionsauswahl-Mechanismus. Dieser ist bereits bekannt aus Spielen wie z.B. Puerto Rico oder Roll for the Galaxy. Dennoch bietet er für eingefleischte Mars Fans eine ganz neue Perspektive. Ein typischer Gedankengang wäre jetzt: „Ich brauche unbedingt noch Ressourcen, bevor das nächste Mal die Phase I aktiviert wird, in der ich gerne diese Karte spielen möchte…“
Plötzlich habe ich meine Aktionen nicht mehr selbst in der Hand, sondern bin abhängig davon, was meine MitspielerInnen auswählen. Und das schlimmste was passiert, ist wenn eine Phase gespielt wird, von ich gar nicht profitieren kann. Das passiert z.B., wenn ich keine Ressourcen mehr habe aber jemand grade jetzt die Phase aktiviert hat, in der wir alle eine Karte ausspielen dürfen.
Diesem Kniff verdanken wir auch die neue Möglichkeit gleichzeitig zu spielen. Wenn wir alle in Phase I sind, können wir unabhängig voneinander und gleichzeitig eine Karte spielen. Das verkürzt oftmals sie Wartezeiten. Nur in Phase III – Aktionen aktivieren – funktioniert das nur teilweise. Es gibt auch hier SpielerInnen mit unterschiedlich vielen ausliegenden Aktionskarten, somit muss doch der ein oder andere etwas warten. Aber deutlich weniger als beim großen Bruder.
Was es allerdings nicht mehr gibt ist der Mars selbst. Ich kann keine Plättchen mehr auf den Mars legen. Es gibt keine Städte mehr; die Wälder sind nur noch Siegpunktplättchen, die ich bei mir sammele und die Ozeane drehe ich einfach nur um, anstelle sie strategisch zu verteilen. Das macht das Spiel etwas weniger thematisch. Im Gesamtkonzept stört das aber nicht.
Gut gelöst finde ich die Vereinfachung der Ressourcen. Es gibt immer noch 5 verschiede Ressourcen, allerdings sammle zwei davon – Stahl und Titan – nicht mehr direkt, sondern nutzte mein Einkommen in der jeweiligen Ressource, um bestimmte Karten günstiger zu bauen. Das hat einen ähnlichen Effekt, wie bei Terraforming Mars, aber reduziert die Verwaltungsarbeit.
Wie bei jedem Kartenspiel ist es hier sehr wichtig an die richtigen Karten zu kommen. Das war beim Original auch nicht anders – die Bonusfelder für Extra-Karten waren immer schnell belegt. Bei Ares Expedition ist es allerdings so, dass ich mehr Möglichkeiten habe viele Karten zu ziehen und auch behalten zu dürfen. Genauer gesagt: Es gibt einige Karten, die es mir erlauben in der Phase V – Karten Nachziehen – mehr zu ziehen und mehr zu behalten. Allerdings muss ich diese Karten auch erst einmal haben. Im Laufe unserer Partien hat sich immer mehr herausgestellt, dass wer diese Fähigkeit als erstes ausspielen kann, leichter seine Strategie durchziehen konnte, und somit bessere Chancen auf den Sieg hatte. Das kann es nun doch zur Frustration führen, wenn es bei mir so gar nicht läuft und der Mitspieler gefühlt das ganze Kartendeck nach genau seinen Karten durchsuchen darf.
Ein Punkt möchte ich noch zum Material sagen. Natürlich in dem Wissen, dass die Kickstarter Ausstattung etwas üppiger ausfällt als die im Handel erhältliche Version. In fast allen Punkten ist das Material herausragend. Die zwei kleinen Plastikbehälter bewahren die ganzen kleinteile gut auf. Die Ressourcen Würfel fühlen sich wertig an und auch die doppelschichtigen Spielertableaus sind wirklich großartig. Einzig und allein mit der Kartenqualität bin ich nicht zufrieden. Vor allem die Karten zur Aktionsauswahl hat man viel in der Hand. Und auch wenn wir das Spiel schon einige Male auf dem Tisch hatten, so ist es doch merkwürdig, dass diese Karten sich mittlerweile ähnlich anfühlen, wie unser Die Crew, was wir mehrmals durchgespielt haben.
Zusammenfassung
Terraforming Mars Ares Expedition versucht das Spielgefühl von Terraforming Mars in ein kleineres und schnelleres Format zu packen. Und das macht es sehr gut. Wer jetzt allerdings Terraforming Mars auf Speed erwartet wird enttäuscht werden. Die Spielzeit wird trotzdem nicht unter einer Stunde bleiben. Allerdings erhöht sich die Spielzeit nicht mehr signifikant mit der Anzahl an Mitspielern, sodass ich zu viert diese Version auf jeden Fall bevorzuge.
Aber zu zweit Spiele ich noch immer lieber das Original – und zwar als App auf meinem Tablet. Da habe ich noch weniger Verwaltungsarbeit, dadurch eine kurze Spieldauer und volle Mobilität. Trotzdem spiele ich diese Version jederzeit gerne mit.
- Guter Transport des Spielgefühls des Originalspiels
- Interessanter Aktionsauswahl-Mechanismus
- Weniger Verwaltungsaufwand
- Kartennachzieh-Effekte sind fast essenziell
- Kartenqualität könnte besser sein
Aus meiner Spielerperspektive: Die Erwartungen an Terraforming Mars Ares Expedition waren groß. Es musste sich zwangsläufig den Vergleich zum großen Bruder stellen. Aber ich muss sagen, dass es sich keineswegs verstecken muss. Die Neuerungen bringen wieder frischen Wind in die alten Marssiedlungen.
Zweite Meinung: Christoph
Ich kann derzeit nur eine Meinung auf zwei gespielten Partien beisteuern.
Die haben mich derzeit jedoch erst einmal überzeugt. Im Wesentlichen daher, dass ich das Spielgefühl vom Basisspiel als erhalten sehe und ich dennoch eine Partie – wenn auch immer noch recht anspruchsvoll – in gut 90 Minuten schaffe. Die bisherigen mit dem ursprünglichen Spiel waren mir bislang zu lang, so dass es immer weniger auf den Spieltisch kam.
Besonders toll fand ich übrigens an dieser Stelle die tollen Boards aus der Kickstartervariante.
Mal schauen, was uns da beim Schwerkraft-Verlag erwarten wird.