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REVIEW | Rezension Brettspiel Road Trip Europa

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Road Trip: Europa ist der Auftakt zu einer neuen Reihe bei Game Factory. Die Spiele sind als „Boomerang“ dem ein oder anderen bereits bekannt und bieten auch noch Reiseerlebnisse durch die USA oder Australien. Unter der Beschreibung auf der Packungsrückseite „Reist durch Europa und erhaltet Punkte für besuchte Länder, Regionen, Kultur und Natur, die lokale Küche und Verkehrsmittel“ sowie die Angabe „Draft & Write“ konnte ich mir noch nicht viel vorstellen… 

Road Trip: Europa hat mich dann wirklich positiv überrascht und stellte sich schnell als kleine Perle heraus, die in vielen Runden richtig gut ankommt. Warum? Ich versuche es zu erklären…

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Road Trip: Europa wird über vier Runden gespielt. Vorab erhält jede:r ein Wertungsblatt und einen der im Spiel enthaltenen Bleistifte. Anschließend werden an alle sieben Handkarten mit unterschiedlichen europäischen Ländern ausgeteilt. Diese werden gedraftet. Das bedeutet, dass sich jede:r eine Karte nimmt und die Karten dann an den nächsten Spieler weitergegeben werden. Dann sucht man sich wieder eine Karte aus usw. 

Die erste gewählte Karte legt jeder verdeckt vor sich ab. Die nächsten gewählten Karten werden dann jeweils offen daneben ausgelegt, so dass sich ein sieben Karten langer Roadtrip durch Europa vor jedem Spielenden ergibt. Sind alle Karten gedraftet, wird die erste, verdeckte Karte aufgedeckt und es erfolgt die Punkteauswertung des Roadtrips..

Jede Karte steht für ein europäischen Land und beinhaltet unterschiedliche Informationen und Angaben, die zu einer möglichst erfolgreichen Punktwertung beitragen sollen. Diese werden auf dem Wertungsblatt notiert und die besuchten Länder abgekreuzt:

  • Einige Länder enthalten Informationen über Verkehrsmittel – schafft man es, Paare aus Verkehrsmitteln in seiner Auslage zu sammeln, erhält man dafür die aufgedruckten Punkte.
  • Einige Länder sind für ihre kulinarischen Spezialitäten bekannt. Diese bringen die jeweils aufgedruckten Punkte für die Wertung ein.
  • Für Kulturarten (Musik, Kunst, Architektur …) können ebenfalls Wertungen durchgeführt werden. Man muss selber ein entsprechendes Symbol in der eigenen Auslage haben, wertet aber die sichtbaren Symbole bei den Mitspielenden. 
  • Ebenso punktet man für die Differenz der Werte, die auf der ersten und der letzten Karte des Roadtrips aufgedruckt ist. 
  • Wer als erstes eine Länderregion vollständig besucht hat, erhält dafür Bonuspunkte.
  • Ebenso punktet, wer am schnellsten in jeder Länderregion ein Land besucht hat. 
  • Bei Spielende zählt dann noch jedes besuchte Land einen Punkt.

So geht es vier Runden lang quer durch den ganzen Kontinent. Nach der vierten Wertung werden die erzielten Punkte addiert. Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Road Trip: Europa



AUTOR: Scott Almes ■ GRAFIKER: Kerri Aitken
VERLAG: Game Factory ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2021

2-4 Spieler

ab 8 Jahren

ca. 30 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu )


SPIELGEFÜHL

Eine gute Nachricht zu Beginn: Es werden KEINE Geografie-Kenntnisse benötigt, um Road Trip: Europagut meistern zu können. Alle, die dieser Aspekt abschrecken könnte, seien hiermit beruhigt! Weil ich hingegen Freude an diesem Thema habe, war für mich der geografische Bezug auf jeden Fall ein Pro-Argument, das Spiel testen zu wollen. Und man kann im Spiel durchaus etwas über die Länder Europas dazulernen, aber nur, sofern man das möchte. 

Draft & Write mit einfachem Zugang

Road Trip: Europa ist ein Draft & Write-Spiel, das zunächst ein bisschen an eine Kreuzung aus Roll & Write und Quartett erinnert. Ein kleines bisschen funktioniert es auch so… aber keine Angst: Es ist deutlich interessanter!

Das Wertungsblatt wirkt auf den ersten Blick etwas informationsüberladen. Nach der Erläuterung durch die gut strukturierte Spielregel ist es aber schnell klar, was was bedeutet. Die Spielregeln sind kurz, auf den Punkt und verständlich. Man kann mithilfe des Wertungsblattes das Spiel auch sehr gut neuen Mitspielenden erklären. 

Auch die Länderkarten sind übersichtlich gestaltet – die Symbolsprache ist deutlich, die Karten übersichtlich und mit typischen Sehenswürdigkeiten der Länder sehr schön gestaltet.

Überraschung: Da steckt deutlich mehr drin, als gedacht!

Was macht Road Trip: Europa spielerisch? Es ist ganz erstaunlich, was dieses kleine Spiel mit dem wenigen Material an Spieltiefe und taktischen Entscheidungen mit sich bringt. 

Mit jeder gedrafteten Karte treffen wir Entscheidungen pro eigener Auslage, hinsichtlich einer guten Wertung, müssen planen, was wir in dieser Runde noch erreichen können und einkalkulieren, was wir besser nicht an unsere Mitspielenden weiterreichen sollten.

Wir sind damit beschäftigt, die vielen unterschiedlichen Wertungselemente im Auge zu behalten: Ich will möglichst viele Länder bereisen, möglichst als erste bestimmte Regionen vollständig abschließen, um die Bonuspunkte abzustauben. Welche Karte wähle ich daher, welche Karten sind noch im Umlauf, bei welchen Karten habe ich die Chance, dass diese wieder bei mir ankommen, um meine Pläne erfolgreich abzuschließen. Bekomme ich noch ein zweites Auto, das fehlende Land in der Skandinavien-Region, das Landschaftssysmbol, das ich noch für meine Kulturwertung benötige? Gleichzeitig gilt es, kulinarische Spezialitäten nicht aus dem Auge zu verlieren und immer wieder auch die Auslage der Mitspielenden zu betrachten, welche Kulturwertung am Rundenende vielleicht für mich Sinn machen wird.

Schön kniffelig und es gibt eine ganze Menge zu beachten.

Jede Karte eine Entscheidung

In der ersten Spielrunde mag das alles ggf. noch etwas viel sein – in der zweiten Runde zeichnet sich klarer ab, welche Schwerpunkte man setzen sollte. Danach sollte das Spiel keine größeren Hürden mehr bieten. Aber – und das ist das Schöne – es bietet mit jeder Partie wieder neue Herausforderungen und verlangt von den Spielenden Entscheidungen, die den weiteren Spielverlauf bestimmen. Road Trip: Europa spielt sich dann flott und meist auch schneller als in den auf der Schachtel angegebenen 30 Minuten. 

Die Stimmung am Spieltisch ist dabei meist recht still, jede:r murmelt oder flucht leise vor sich hin, während die Karten durchgesehen und auf ihre Verwertbarkeit hin abgescannt werden. Immer unterbrochen durch die Seitenblicke auf die Auslage oder die Wertungsblätter der Mitspielenden. Daher empfehle ich auch unbedingt, die Wertungsblätter während einer laufenden Runde gut sichtbar in die Tischmitte zu legen, damit man nicht nur selbst seinen aktuellen Stand gut im Blick hat. Auch die anderen Spieler wollen so einiges wissen, was auf den Wertungszetteln der Mitspielenden bereits eingetragen ist, denn so manche Entscheidung hängt auch davon ab, was man vermeiden will.

Was hast Du denn da Schönes auf Deinem Zettel?

Wer einen aufmerksamen Mitspielenden in der Reihenfolge vor sich sitzen hat, ist daher auch ein wenig im Nachteil. Wenn jemand sehr darauf achtet, welche Länder oder Symbole ich vermutlich gut gebrauchen kann und mir diese eben nicht zur Verfügung stellt, schlägt sich das in der Punktwertung schnell nieder und meine Ausbeute wird deutlich geringer ausfallen. Die Spielregel rät daher auch dazu, die Karten in den jeweiligen Runden mal mit und mal gegen den Uhrzeigersinn weiterzugeben. Das macht durchaus Sinn!

Dabei variiert das Spielgefühl je nach Spielerzahl auch ein wenig. Zu Zweit hat man die Machenschaften des Gegenübers viel deutlicher im Blick als im Spiel mit mehr Personen. Man kann auch viel besser abschätzen, wann ich welche Karte vermutlich wieder auf der Hand haben werde und die Gestaltung des eigenen Roadtrips wird damit deutlich kalkulierbarer als mit mehr Spieler:innen. 

Zu Viert wird es zufälliger, was wieder bei mir ankommen wird. Da sollte man besser gar nicht damit rechnen, eine bestimmte Karte, die man auf die Reise geschickt hat, wieder in die Finger zu bekommen. Da gilt: Nehmen, was man kriegen kann! Bei gesuchten Symbolen direkt zuschnappen! Eine zweite Chance bietet sich da nur selten… Allerdings weiß man im Spiel zu viert, dass in jeder Runde alle Länder im Spiel sind. Bei zwei und drei Spielern ist das nicht der Fall. So ist die Ausgangslage und die Gestaltung des Spiels je nach Spielerzahl auch ein wenig anders gelagert und bietet daher ein wenig Varianz.

Das, was ich zu bemängeln habe, ist wenig: 

  • Zum Einen haben fast alle Mitspielenden darauf verwiesen, dass mit Bleistift angekreuzte Länder auf den Wertungsblättern der Mitspielenden schlecht zu erkennen sind. Hier wird schonmal gerne was übersehen.
  • Zum Anderen fanden wir die Kulturwertung im Spiel zu Viert ein wenig pepplos, da es hier fast immer möglich ist, alle verfügbaren Punkte abzustauben, weil immer alle Karten im Spiel sind. Wenn alle Spieler:innen dann die Höchstpunktzahl ergattern, steckt darin wenig Reiz.
  • Abgesehen davon, dass das wenige Material ein absoluter Pluspunkt ist, ist die Schachtel recht leer. Da man produktionstechnisch sicher mit einer Standard-Schachtelgröße gearbeitet hat, werfe ich das dem Verlag nicht wirklich vor. 

Das ist eigentlich auch schon alles und daher freue ich mich, dass Road Trip: USA ist bereits angekündigt ist. Abgesehen davon, dass wir es hier mit einem anderen geografischen Bereich – den Bundesstaaten der USA – zu tun bekommen, müssen wir hier auch darauf achten, dass wir benachbarte Regionen miteinander verbinden. Falls der Wiederspielreiz der Europa-Ausgabe irgendwann nachlassen sollte, wird so auf jeden Fall für Nachschub mit Abwechslung gesorgt. 


Zusammenfassung

Road Trip: Europa ist ein schnell erlerntes und zugängliches Draft & Write-Spiel, das mit dem wenigen Spielmaterial viele schöne Entscheidungen von den Spielenden verlangt und auch im Miteinander mit den anderen Spieler:innen taktisches Handeln verlangt und möglich macht. In der kleinen Schachtel steckt daher mehr Spiel, als man zunächst annehmen möchte. 

Das Spiel ist nach der ersten der vier Runden verstanden, man weiß, worauf zu achten ist und kann das Erlernte dann gut zum eigenen Vorteil nutzen Ein bisschen Glück spielt zwar auch noch eine Rolle, aber man hat nie das Gefühl, diesem ausgeliefert zu sein. Road Trip: Europa eignet es sich daher sowohl für Einsteiger und Wenigspieler, aber auch für Vielspieler für Zwischendrin. Es ist zudem als Mitbringsel oder kleines Geschenk sehr gut geeignet. 

Falls der Wiederspielreiz nachlassen sollte: Die Reihe wird fortgesetzt und eine Variante „USA“ ist bereits angekündigt.

  • Viel Spiel mit wenig Material – mit einfachen Regeln, schnell verstanden, flott gespielt
  • Eignet sich super als kleines Geschenk 
  • Spiel mit geografischem Thema, bei dem aber keine Geografie-Kenntnisse notwendig sein
  • Sitzreihenfolge und mehr oder weniger aufmerksame Mitspielende können einen Unterschied machen
  • Bleistiftmarkierungen manchmal schwer zu sehen

Aus meiner Spielerperspektive: Mir gefällt Road Trip: Europa richtig gut – zum einen, weil es mich richtig positiv überraschen konnte und zum anderen, weil es bisher in allen Runden gut angekommen ist. Das Spiel ist dabei kein Überflieger, aber solide und ich weiß es zu würdigen, wenn man aus wenig Material viel Spiel herausholen kann. Das sind meines Erachtens gute Gründe, um das Spiel guten Gewissens weiterzuempfehlen. 

2 COMMENTS

  1. Das ist übrigens das gleiche Spiel wie Boomerang, da gibt es schon die Ausgaben Europa, Australien und USA. Ist aber nur auf englisch erhältlich.

  2. Ich kann alles unterschreiben was du geschrieben hast.
    Bei uns wird Road Trip gerade echt abgefeiert.
    Es kommt in jeder Spielegruppe gut an und das es zu zweit sehr gut funktioniert ist ein Riesen PLUS.

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