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REVIEW | Rezension Brettspiel Orichalkum

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Brettspielbox Brettspiele

In der Reihe „Brettspielen bildet“ hier mal wieder ein neuer Wissensschnipsel, den uns Wikipedia offenbart:

Platon (…) beschreibt es (Orichalkum) als „feurig schimmerndes Metall“ (…). Es sei das Material, das die Bewohner von Atlantis „nach dem Gold“ am meisten wertschätzten (…) und womit ihre Königsburg und der darin liegende Tempel überzogen und verziert gewesen sei.“ 

Ich muss zugeben: Vor dem Spiel hatte ich noch nie davon gehört! Ihr etwa? 

Aber nun wissen wir den seltsamen Brettspiel Titel des „neuen Cathala“ wenigstens besser einzuordnen… 

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

In Orichalkum haben wir keine geringere Aufgabe, als für die Bewohner von Atlantis eine neue Heimat zu finden. Wir werden also ausgesandt, um die nahegelegenen Inseln auszukundschaften und bewohnbar zu machen. 

Also machen wir uns auf dem Weg in ein Wettrennen, welches sofort gewinnt, wer als erstes fünf Siegpunkte errungen hat. Siegpunkte gewinnen wir dadurch, dass wir Medaillen aus Orichalkum schmieden, Tempel errichten oder Titanen auf uns aufmerksam machen. 

In jeder Runde nehmen wir uns in Spielerreihenfolge aus der offenen Auslage eine Karten-Plättchen-Kombination. Zunächst kümmern wir uns um das Plättchen, handeln dann die Karte ab und können anschließend genau eine Nebenaktion durchführen, für die wir aber zahlen müssen.

Das Plättchen legen wir auf unserem persönlichen Spieltableau so an, dass wir unser Inselgebiet entstehen lassen und vergrößern. Die Inselplättchen gibt es in drei Größen – sie bestehen aus einem, zwei oder drei zusammenhängenden Landschaftselementen. 

Es gibt folgende Landschaftselemente: Gebirge, Lagunen, Wüsten und Wälder. Immer, wenn wir es schaffen mindestens drei Elemente gleicher Landschaftsart zu kombinieren, können wir den zur Landschaft gehörenden Titanen auf uns aufmerksam machen und zu uns nehmen. Er bringt uns einen Siegpunkt, er kann uns aber auch wieder abgenommen werden.

Unter den Landschaftselementen können aber auch Lavafelder sein. Mit ihnen kommt auch jeweils eine Kreatur in unsere Landschaft, die wir später bekämpfen müssen.

Danach führen wir die Aktion der aus der Auslage gewählten Karte aus. Mit ihnen können wir Folgendes tun: 

  • Orichalkum produzieren
  • Hopliten rekrutieren
  • Kreaturen bekämpfen
  • Bauen

Bauen können wir Gebäude aus der Auslage. Sie bringen uns Produktionsstätten für Orichalkum, Ausbildungsstätten für Hopliten oder andere Vorteile während des Spiels. Mit der Bauaktion können wir aber auch Tempel auf vier zusammenhängenden, unterschiedlichen Landschaftselementen bauen. Dies bringt uns einen Siegpunkt, den man uns nicht mehr nehmen kann. Ebenso kann ich mit der Bauen-Aktion auch Orichalkum-Medaillen aus Orichalkum schmieden. Auch dies sind Siegpunkte, die man nicht mehr wegnehmen kann.

Wähle ich Kämpfen, kann ich gegen Kreaturen auf meiner Insel kämpfen. Bin ich siegreich, erhalte ich Belohnungen. Ich kann nicht gewinnen, solange noch Kreaturen auf meiner Insel ihr Unwesen treiben.

Orichalkum produzieren und Hopliten rekrutieren kann ich nur, wenn ich entsprechende Stätten auf meiner Insel habe. 

Eine Nebenaktion kann ich durchführen, sofern ich Orichalkum, Hopliten oder besiegte Kreaturen dafür abgebe. Dann kann ich ggf. nochmal bauen, kämpfen, produzieren oder rekrutieren.

Wir spielen so lange, bis einer der Mitspielenden den fünften Siegpunkt erhält. Orichalkum endet dann sofort.



AUTOR: Bruno Cathala, Johannes Goupy ■ ILLUSTRATIONEN: Paul Mafayon
VERLAG: Pegasus Spiele ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2023

spieler

1-4 Spieler

alter

ab 8 Jahren

zeit

ca. 30 Minuten

Spielregeln (Download – Deutsch)


SPIELGEFÜHL

Orichalkum kommt ziemlich groß daher. Das war zumindest mein erster Eindruck – „think big“ war hier scheinbar das Leitmotiv. Die Tableaus, die Karten, die Kreaturen, die Siegpunktmarker – alles ist irgendwie größer als bei anderen Spielen und daher richtig gut zu greifen und nicht zu übersehen. Das führt andererseits dazu, dass man in einer Partie zu Viert auf einem herkömmlichen Tisch bereits ein wenig an die logistischen Grenzen stößt. Da muss man schon ein wenig planen, wo man die Auslage platziert, denn die Tableaus brauchen Raum und am oberen Rand ist schließlich auch noch der vorgesehene Platz für die Siegpunktmarker. Das ist aber alles nicht schlimm, aber auffällig, da man sich in andere Spielen oft mit winzigen Token oder Symbolen abmühen muss.

Das! Ist! Ein! Wettrennen!

Spielerisch wichtig bei Orichalkum ist, dass allen Mitspielenden klar ist, dass es sich hier um ein Wettrennen handelt. Schnell sein und effizient handeln, sind hier der Weg zum Sieg. Manch einer vertändelt sich mit Nebenaktionen, die einen nicht voranbringen und daher sollten alle neuen Mitspielenden entsprechend gebrieft werden – sonst läuft es nicht fair! Und kann dann beim plötzlichen Spielende schnell zu erstaunten Gesichtern führen. Wie? Schon vorbei? Und ich habe keinen Zug mehr? Nein, das sind wir kaum noch gewöhnt und daher empfinden einige das Spielende als recht stumpf bzw. unbefriedigend. Daher: Von Anfang an klarmachen, dass das genau so passieren wird.

Aller Anfang ist mühsam

Dabei dauert es erstmal eine Weile, bis wir bei Orichalkum in Fahrt kommen. Die Landschaft muss aufgebaut werden, Produktions- und Ausbildungsstätten wollen errichtet sein, damit wir uns eine gute Grundlage für den weiteren Ausbau unserer Zivilisation schaffen können. Es dauert daher bisweilen, bis wir unseren ersten Siegpunkt verbuchen können – meist ist das ein Tempel oder ein Titan, den wir durch Landschaftsplättchen oder durch Kampf zu uns bringen konnten. 

Wenns erstmal läuft

Doch dann nimmt alles rasant Geschwindigkeit auf: Verfügen wir über bebaubare Landschaften, haben Produktionswege optimiert und können ausreichend Hopliten (was übrigens Soldaten in griechischen Heeren sind) ausbilden, dann kann es plötzlich ganz schnell gehen, weil wir uns auch immer eine Nebenaktion leisten können. Mehr tun können, heißt daher auch: Schneller vorankommen.

Daher ist es unabdingbar, genau im Auge zu behalten, was meine Mitspielenden so tun – lasst sie nicht aus den Augen! -, damit man nicht böse überrascht wird. Und es geht manchmal auch nur ganz hauchdünn darum, wer den Startspielermarker erhält und den fünften Siegpunkt damit als erstes sein eigen nennen darf. Das habe ich mehrmals erleben können, dass dies für mehrere Spieler:innen im gleichen Spielzug möglich gewesen wäre und es kommt daher nur auf ein ganz kleines Detail an. Das kann dann ganz schön spannend werden. Bekomme ich die richtigen Plättchen und Karten aus der Auslage? Kann ich meine Kreatur besiegen, wo ich ja schließlich auch ein bisschen Würfelglück benötige? Geben meine Mitspielenden ihre Hopliten für Nebenaktionen ab, so dass ich davon noch die meisten übrig habe und damit den Startspielermarker für die nächste Runde bekomme?

Spitz, pass auf!

Von den Regeln und vom Ablauf her ist Orichalkum absolut nicht schwierig – ein schönes Einsteigerkennerspiel, wie ich finde. Man muss einiges im Auge behalten, aber mit ein wenig Übung ist das Spiel nicht schwer. Und es spielt sich flüssig – sofern man keine Grübler am Tisch hat. 

Im Spiel zu Zweit kommt noch eine Ergänzung hinzu, die das Spiel noch ein wenig taktischer gestaltet. Hier darf der aktive Spielende mit dem Startspielermarker natürlich zuerst aus der Auslage nehmen, muss dann aber noch eine weitere Karten-Plättchen-Kombination aus der Auslage entfernen, bevor der zweite Spielende nehmen darf. Auch dieser entfernt nach seinem Zug wieder eine Karten-Plättchen-Kombination.

Dies führt dazu, dass das Spiel zu Zweit noch deutlich taktischer gespielt werden kann. Da man nicht nur viel besser im Auge behalten kann, was das Gegenüber gerade so treibt und wie weit es noch bis zum nächsten Siegpunkt hin ist, darf ich meinem Mitspielenden auch noch ganz bewusst schaden, indem ich eine weitere Kombination aus der Auslage entferne. Da nehme ich natürlich genau die Kombination weg, die weh tut. Das wird im Spiel zu Dritt oder Viert eher weniger vorkommen. Da nehmen sich alle eher die Karten-Plättchen-Kombination, die sie selber benötigen und der Fokus liegt nicht so sehr darauf, den anderen zu schaden.

Leider kommt es im Spiel zu zweit durch das Hin- und Weglegen der Karten und Plättchen immer zu einigem Verwaltungsaufwand, der nicht optimal ist. Ich tendiere daher bei Orichalkum eher zum Spiel zu Dritt, was vermutlich hier der sweet spot ist.

Final noch ein paar kleinere Anmerkungen:

  • Die vermeintlich „griechische“ Schreibweise der Zahlen auf den Kampfwürfeln ist für viele verwirrend. Die 5 sieht eher aus wie ein „Größer-Gleich-Zeichen“, die 3 wie ein M etc. 
  • Die Spielzug-Übersicht sowie die Beschreibung der Symbole etc. ist schön auf einem Blatt zusammengefasst. Dieses hätte aber ganz klar auf dünnem Karton gedruckt werden müssen, da es häufig genutzt wird. 
  • Die Cover-Gestaltung und der Titel allein hätten mich nicht dazu gebracht, das Spiel ausprobieren zu wollen. Die Gestaltung des Covers im Comicstil suggeriert ein anderes Spiel.
  • Das Gebäude, das einem erlaubt, mehrere Titanen zu besitzen, ist sehr stark. Vielleicht ist es sogar zu stark? Wer dieses besitzt, erhöht seine Siegchance ganz enorm. 
  • Schön, dass die Kreaturen mit Standees daherkommen, allerdings lassen sie sich im Säckchen dafür recht schlecht mischen. 
  • Das Spieltableau bietet zwei Seiten: Die schwierigere Seite ist etwas enger und nicht so einfach vollzupuzzeln. Sie ändert das Spiel aber kaum merkbar.
  • Nicht vergessen: Man hat  nur gewonnen, wenn man neben den fünf Siegpunkten auch kein Monster mehr auf seiner Insel hat. Wer das vergisst, kann böse enttäuscht werden.

Zusammenfassung

Orichalkum ist ein Wettstreit um genau fünf Siegpunkte auf schönem, leichtem Kennerniveau. Durch seinen reizvollen Wettrenncharakter um Siegpunkte entsteht während des Spiels eine interessante Dynamik und zum Spielende kann es ganz schön spannend und eng werden. 

Orichalkum ist – besonders im Spiel zu Zweit – recht interaktiv und man sollte seine Mitspielenden stets im Auge behalten, damit man nicht böse von deren Aktionen überrascht wird. 

Der Spielablauf ist dabei aber klar gegliedert, leicht verständlich und nicht schwer zu erlernen. Das Spielmaterial unterstützt hier gut und bietet auch Varianz durch immer wieder flexible Zusammenstellungen und Kombinationen. Ob der Wiederspielreiz über eine längere Zeit trägt, ist fraglich.

  • Schöne, zunehmende Dynamik während des Spiels aufgrund des Wettrenncharakters  
  • Klar gegliederter, leicht verständlicher Spielablauf
  • Übersichtliches Spielmaterial, das durch seine große Gestaltung auffällt
  • Kampf gegen Kreaturen, der durch Würfel entschieden wird, als Glückselement manchmal frustrierend 
  • Plötzliches Spielende muss vor Spielstart deutlich vermittelt werden
  • Covergestaltung könnten möglichen Käufer eine andere Art Spiel suggerieren

Aus meiner Spielerperspektive:

Orichalkum hat mich wirklich positiv überrascht, denn aufgrund des Titels und des Covers hatte ich kaum Erwartungen. Das Spiel, das ich dahinter entdecken durfte, macht Spaß und kommt sicherlich immer mal wieder auf den Tisch, weil ich das Wettrennen um die Siegpunkte reizvoll finde. Wenn man selbst oder die Spielrunde auf entsprechende Spiele Lust hat, kann man hier bedenkenlos zugreifen und wird nicht enttäuscht. 

So ganz meinen liebsten Spielgeschmack trifft Orichalkum dabei aber nicht. Das ist aber nicht schlimm – es ist und bleibt dennoch ein gutes Spiel.  

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