Sonntag, November 17, 2024
StartJahr2023REVIEW | Rezension Brettspiel Nunatak

REVIEW | Rezension Brettspiel Nunatak

Brettspielbox Brettspiele

Es gibt Brettspiele, die durch ihre Optik und Tischpräsenz beeindrucken und sich dann leider als ziemliche Blender entpuppen. Auch bei Nunatak könnte man ähnliches vermuten, denn die große Pyramide, die wir aus vermeintlichen Eisblöcken und Plättchen auf dem Spielfeld errichten, macht in Sachen Tischpräsenz einiges her.

Aber erfreulicherweise ist Nunatak kein Blender und hat es gar nicht nötig, redaktionelle Mängel zu verdecken. Kommt mit in die Antarktis und lasst Euch überraschen, was es dort zu entdecken gibt!

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

In Nunatak erhalten alle Mitspielenden eine bestimmte Anzahl an Eisblöcken (Plastikklötze, Anzahl bestimmt sich nach Größe der Spielrunde) in ihrer Spielerfarbe. Mit diesen bauen sie während des Spiels an einer Eispyramide, deren Sockel als Spielbrett bereits vor allen ausgebreitet ist. Wo sie ihre Eisblöcke platzieren, bestimmen die Karten, die sie jeweils in ihren Spielzügen aus der offenen Auslage nehmen. Die Regel lautet daher immer: Nimm eine Karte und setze einen Eisblock entsprechend ein. Die Symbole der Karten finden sich nämlich auch auf den Plättchen, die den Sockel der Pyramide und auch auf den später einzubauenden höheren Ebenen befinden. 

Nach dem Einbauen des Eisblocks erhalten wir ggf. Punkte, denn hiernach muss immer die Frage gestellt werden: Habe ich ein Quadrat aus vier Eisblöcken vollendet? Wenn ja, erhalten die ersten und zweiten in der Mehrheitenwertung Punkte. Ebenso lege ich dann ein neues Plättchen auf dieses Quadrat und erschließe auf diese Weise die nächste Ebene.

Die nächste Frage lautet: Habe ich eine Reihe geschlossen? Ist dies der Fall, darf ich mit meinem Marker auf der Baumeisterleiste weitergehen.

Die letzte Frage lautet: Erhalte ich Punkte für Unterstützungs-Eisblöcke? Dies ist ab der zweiten Ebene wichtig, denn wenn ich meinen Eisblock auf ein Plättchen in Ebene zwei oder drei lege, erhalte ich Punkte für Eisblöcke in meiner Spielfarbe, die dieses Plättchen tragen.

Bei Spielende kommen dann weitere Punkte für die meisten Eisblöcke an den Außenseiten der Pyramide hinzu. Aber vor allem werden dann die Karten ausgewertet, die wir während des Spiels genutzt und vor uns gesammelt haben.

Jede Kartenart wird anders gewertet. Die Spielhilfe gibt einen entsprechenden Überblick und lässt einen auch nichts vergessen. Bei einer Kartenart zählt, wer davon die meisten hat, bei anderen sind Kartenkombinationen wichtig, oder es zählen die Symbole auf den Karten in Multiplikation mit der Anzahl der Karten usw. 

Ebenso kann man während des Spiels noch Segenskarten erhalten, die Sofortboni oder Verbesserungen für die Schlusswertung mit sich bringen können. 

Nunatak gewinnt, wer schließlich die meisten Punkte erzielen konnte. Zu zweit und zu viert sind kleinere Anpassungen im Spiel erforderlich. Außerdem hat das Spiel hat auch einen Solomodus. 



AUTOR: Kane Klenko ■ ILLUSTRATIONEN: Kwanchei Moriya
VERLAG: KOSMOS ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2023

spieler

1-4 Spieler

alter

ab 10 Jahren

zeit

ca. 45 Minuten

Spielregeln (Download Deutsch von Kosmos)


SPIELGEFÜHL

Wie eingangs erwähnt macht Nunatak optisch echt was her. Ich hatte eigentlich bei der SPIEL 23 erwartet, dass KOSMOS am Stand mit einem vergrößerten Modell des Spieles aufwartet, um hier einen richtigen Blickfang zu setzen, aber da wurde ich leider enttäuscht.

Nichtsdestotrotz: Die Pyramide, die da vor uns entsteht, ist beeindruckend. Und vor allem ist sie richtig gut durchdacht. Alle Elemente funktionieren mechanisch gut, alles ist sehr stabil und gar nicht frickelig. Natürlich muss man sich fragen, ob es heutzutage noch diese große Menge an Plastikteilen gebraucht hätte… sieht natürlich so viel „echter“ nach Eis aus. 

Bis auf diesen Nachteil ein dickes Plus für Optik, Haptik und Aufforderungscharakter. 

Orientierung gegeben

Wenn wir zu Beginn des Spiels den Sortier- und Verwaltungsaufwand, der in Anleitung und Beschriftung aber gut erklärt wird, hinter uns gebracht haben, kann es losgehen. Die Orientierung im Spiel ist nämlich sehr gut möglich: Die Farben der Eisblöcke sind wohl auch für Farbfehlsichtige gut gewählt. In den Ebenen ist es manchmal ein bisschen schwierig zu erkennen, welche Blöcke dort als Unterstützer punkten, aber die hervorgehobenen Kreuze oben auf den Blöcken helfen da immer weiter. Lediglich kann man manchmal nicht sehen, wo die Punktemarker auf der umlaufenden Punkteleiste stehen. Aber das ist alles irgendwie lösbar und stört nicht das Spielgeschehen.

Schaffe, schaffe, Pyramide bauen

Das Spiel teilt sich in zwei Handlungsstränge, wobei beide schlau miteinander verwoben sind. 

In einem Teil des Spiels steht der Pyramidenbau im Vordergrund. Hier versuchen wir so zu bauen, dass wir sinnvoll punkten. Man ist hier ständig in der Abwägung: Welche Positionierung meines Eisblocks bringt mir mehr ein? Und vor allem: Bringt mir meine Aktion zwar jetzt kurzfristig Punkte, aber baue ich damit jemand anderem eine wertvolle Vorlage? Jede Aktion, die ich durchführe, hat auch eine Auswirkung auf die Mitspielenden. Und manche vermeintlich sinnvolle Aktion kommt wie ein Boomerang zu mir zurück und knallt mir an den Kopf. 

Ja, Nunatak ist zwar eher ein Familienspiel, aber es ist nicht trivial. Da gibt es einiges zu bedenken. In Familien, wo Kinder nicht gut einstecken können, eher schwierig, da man sich unweigerlich auf dem gemeinsamen Spielplan immer etwas wegnimmt oder in die Quere kommt. Ein wenig Frustrationstolerenz muss daher schon vorhanden sein… 

Set Collection, Multiplikatoren, Mehrheiten

Die zweite Ebene des Spiels beschäftigt sich mit den Karten, die wir nehmen und die das Positionieren unserer Eisblöcke bestimmen. Mit ihnen die Mehrheiten oder das Bilden von Sets vorantreiben, sollte während des gesamten Spiels nicht aus dem Auge gelassen werden. Hier kann man sich entweder breit aufstellen und punktet dann in allen Bereichen ein bisschen oder aber man spezialisiert sich auf bestimmte Kartenarten. Sammelt man beispielsweise viele Eisschnitzer, kann man gut und gerne 40/50 Punkte einheimsen. Treibt man seinen Marker auf der Baumeisterleist hoch und hat entsprechend viele Baumeisterinnen-Karten vor sich gesammelt, regnet es dort ebenfalls Punkte. Daher ist es wichtig, neben der eigenen Sammlung auch die Sammlung der Mitspielenden nicht aus den Augen zu lassen und dort keine riesigen Sammlungen entstehen zu lassen, die dann bei der Schlusswertung den Unterschied ausmachen.

Glück und Balance

Natürlich kann das Glück dabei auch eine wichtige Rolle spielen. Auch wenn wir es noch so sehr versuchen, dass ein bestimmter Mitspieler seine Lastentier-Sammlung nicht noch weiter vergrößert, kann dieses Bestreben schnell dahin sein, wenn direkt vor dessen Spielzug eine neue Lastentierkarte in die Auslage gezogen wird. Da kann man wenig tun.

Dennoch wird die Endwertung, wo wir Schritt-für-Schritt die einzelnen Kartenarten durchgehen und werten, nochmal überraschen. Es regnet dann zahlreiche Punkte für die unterschiedlichen Karteneffekte. In unseren Partien haben wir das Spiel aber als erstaunlich gut gebalanced empfunden, denn auch bei Spezialisierung auf bestimmte Karten ist das Ergebnis am Ende oft ziemlich eng beieinander gewesen. Einige Ausreißer gibt es da aber auf alle Fälle und daher ist auch Wiederspielreiz dadurch gegeben, dass man mal eine andere Strategie bei den Karten ausprobieren will. 

Wenn es sich zuspitzt

Die Wertung der Karten nimmt bei Spielende nochmal ordentlich Raum ein. Gut, dass die Spielübersichten da sicher durch die Wertung führen. Auch dienen sie dazu, während der Partie immer wieder zu schauen, wie die Karteneffekte wirken. Das braucht man auch…

Denkt man anfangs vielleicht, dass Nunatak recht einfach zu spielen ist, spitzt es sich gen Ende im wahrsten Sinne des Wortes zu. Denn man hat nicht mehr so viele Möglichkeiten wie zu Beginn, wo die große Fläche offen vor einem ausliegt. Und man möchte zwingend noch diese eine Karte bekommen, um beim Set Collection noch besser zu Punkten. Zudem können einem die Mitspielenden ganz wunderbar Dinge verbauen oder Karten vor der Nase wegschnappen, so dass wir umdisponieren müssen. 

Mit wie vielen?

Die Interaktion am Tisch nimmt mit größerer Spielerzahl zu. Da wird Nunatak auch deutlich weniger planbar, als wenn man es zu zweit spielt. Im Spiel zu zweit spielt eine dritte neutrale Farbe mit. Das nervt in vielen Spielen, hier aber gar nicht, denn man kann die neutralen dritten Blöcke manchmal sogar taktisch klug einsetzen, um Mehrheiten zu verändern oder Karten aus der Auslage wegzuspielen, die dem Mitspielenden helfen würden.

Das Spiel zu dritt ist vermutlich am reizvollsten, da hier keine Sonderregel zu beachten ist. 

Fehleranfälligkeit

In den ersten Partien ist es in unseren Runden vorgekommen, dass wir am Ende nicht richtig auskamen und noch jemand einen Eisblock übrig hatte. Manchmal wird das Setzen des Blockes nach dem Nehmen der Karte vergessen. Man muss daher immer gut aufpassen, auch darauf, dass man immer wertet, wenn ein Quadrat oder eine Reihe voll wird und dann gepunktet wird oder der Marker auf der Baumeisterleiste vorgesetzt werden kann. 


Zusammenfassung

Nunatak ist nicht nur optisch, sondern auch redaktionell sehr gut gelungen. Spannend ist das Management zwischen dem gezielten und punkteträchtigen Kartensammeln sowie dem schlauen Platzieren der Eisblöcke in der vor uns entstehenden Pyramide. Bei Spielende erhalten wir ordentlich Punkte bei der umfangreichen Punktewertung. Da es hier für alles mögliche Punkte regnet, fühlt sich das bei Spielende sehr belohnend an. 

Nunatak weiß daher durchaus zu unterhalten, wobei es allerdings wenig neu macht. Es ist sehr zugänglich, aber nicht trivial, und kann mit Sicherheit im gehobenen Familienbereich eingeordnet werden. Es gibt in diesem Jahrgang aber bisher schon viele gute Spiele in dieser Kategorie und ich wünsche Nunatak, dass es dort seinen Platz findet und nicht untergeht. 

  •  Tolle Optik, wertiges Spielmaterial und dadurch hohen Aufforderungscharakter
  • Schön miteinander verwobene Spielmechanismen im Bereich Bauen und Karten sammeln
  • Klare Symbolsprache und gut funktionierende Spielhilfen
  • Etwas Sortieraufwand beim Spielmaterial beim Auf- und Abbau
  • Manchmal fehleranfällig, daher ist immer Aufmerksamkeit erforderlich 
  • Viel Plastikmaterial…

Aus meiner Spielerperspektive: Nunatak hat mich überrascht, denn ich hatte hier mal wieder einen Materialblender erwartet. Aber handwerklich ist es richtig gut gemacht und spielerisch macht mir Nunatak auch wirklich Spaß. 

Sicherlich ist es für Vielspieler keine große Herausforderung, aber es langweilt auch nicht, wenn man es in einer Runde mit Einsteigerinnen und Einsteigern auf den Tisch bringt. 

Ich hoffe nicht, dass Nunatak in diesem Jahrgang untergeht, denn es macht seine Sache m.E. wirklich gut!

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