„Wer sein Pilzleben lang neugierig bleibt, dem kann das Alter nichts anhaben!“ Diese Weisheit des „Dornigen Stachelbarts“ und weitere Einblicke in das Leben der Pilze gewährt uns Mycelia.
In diesem Brettspiel lernen wir die Mechanik des Deckbuildings kennen, um Tautropfen einzusammeln und diese in den Schrein der Waldgöttin zu bringen. Wie sich Mycelia spielt und was Ihr von diesem Spiel erwarten könnt, lest ihr im Folgenden.
Carina Brachter
SPIELBESCHREIBUNG
In Mycelia ist es unsere Aufgabe, mit Unterstützung der zahlreichen unterschiedlichen Pilze magische Tautropfen zu sammeln und zum Schrein der Waldgöttin zu bringen. Je 20 Tautropfen werden bei allen Mitspielenden gleich auf die Spieltableaus verteilt. Alle Mitspielenden erhalten ein Startdeck aus sechs Karten, von denen in jedem Zug drei auf die Hand genommen und ausgespielt werden.
Die Karten haben im Wesentlichen folgende Effekte:
- Blätter erhalten – Blätter sind die Währung im Spiel. Mit ihnen kann man neue Karten aus der offenen Auslage kaufen und sein Kartendeck verstärken und ausbauen.
- Tautropfen bewegen – Tautropfen können von bestimmten Feldern in bestimmte Richtungen bewegt werden. Ziel ist es, die Tautropfen auf das Schreinsymbol auf dem Tableau zu bugsieren. Dann können wir sie von unserem Tableau in den Schrein der Waldgöttin legen.
- Tautropfen entfernen – mit Hilfe dieser Aktion können Tautropfen direkt vom Tableau auf den Schrein gelegt werden.
Jederzeit und auch mehrmals während des Spielzugs ist es möglich, Karten aus der Auslage zu kaufen. Diese werden direkt auf den Nachziehstapel gelegt, kommen daher beim nächsten Spielzug direkt auf die Hand und können auf diese Weise zeitnah eingesetzt werden.
Zudem dürfen die Spielenden auch noch Aktionsplättchen einsetzen, die am unteren Rand ihres Tableaus liegen und die ebenfalls weitere Effekte auslösen können. Auch die Nutzung der Plättchen erfolgt gegen Zahlung von Blättern.
Im Schrein der Waldgöttin sammeln sich im Laufe des Spiels die Tautropfen. Reichen sie bis zu einer bestimmten Marke, wird der Schrein gedreht und die Tautropfen und der Würfel werden aus dem Schrein „gespült“. Nun sind entsprechend des Würfelsymbols und einer Tabelle wieder ein bis zwei neue Tautropfen neu auf den Tableaus zu platzieren.
Das Spielende wird eingeläutet, sobald jemand seinen letzten Tautropfen vom Tableau entfernt hat. Nun können bis zum Ende der Runde ggf. noch weitere Mitspielende ihr Tableau leeren und ebenfalls gewinnen. Mycelia hat bei Gleichstand derjenige gewonnen, der dann noch die meisten Blätter besitzt.
AUTOR: Daniel Greiner ■ ILLUSTRATIONEN: Justin Chan, Matt Paquette Co.
VERLAG: Ravensburger ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2023
1-4 Spieler
ab 9 Jahren
ca. 45 Minuten
Spielregeln (Download – Deutsch)
SPIELGEFÜHL
Mycelia entführt uns wirklich in eine magische Welt! Natürlich ist das Thema sehr an den Haaren herbeigezogen, aber wen schert das schon, wenn es dafür so reizende Pilze im Spiel gibt! Entschuldigung, aber bei Pilzen kann ich einfach nicht mehr objektiv sein: Ich liebe Pilze und die Darstellung der unterschiedlichen Sorten, die Ausarbeitung der Charaktere, die Bebilderung und die kleinen Flavourtexte – das alles macht den Zauber von Mycelia aus. Leider bezieht sich meine Begeisterung nicht auf die Coverdarstellung, die für mich deutlich zu rosa geraten ist. Mehr grün, mehr Wald – das hätte ich thematisch deutlich passender gefunden. Den Ursprung der Farbwahl liegt vermutlich in der vorrangigen Familienzielgruppe, wo das Cover sicher eher „zieht“, als bei mir.
Wie viele Tautropfen dürfen, sollen oder müssen denn auf dem Feld liegen?
Mycelia wird wirklich sehr gut erklärt – die Regeln sind verständlich und besonders hervorzuheben ist, dass zu Beginn des Regelwerks erst einmal grundsätzlich erklärt wird, was ein Deckbau-Spiel ist und wie es funktioniert. Vielleicht fehlt in der Erläuterung mal ein umfangreiches Beispiel eines Spielzuges. Aber die Spielhilfen, von denen für vier Spielende sogar sechs Stück vorhanden sind, unterstützen während des Spiels.
Dennoch ist die Symbolik für ein Familienspiel manchmal nicht so einfach nachzuvollziehen. Bei der Darstellung der Tropfen auf den Feldern kommt man schonmal durcheinander. Sollten jetzt zwei Tropfen auf dem Feld liegen oder können es auch mehr sein und darf ich diese nun auch entfernen oder doch nicht? Da gerät man schonmal ins Schlingern. Das ist aber auch das Einzige, was unklar sein kann. Der Rest ist wirklich gut verständlich und wird auch in den Regeln klar gemacht.
Engine mit drei Karten
Das Grundspiel ist einfach aufgebaut und auch „schnell runtergespielt“, sobald es einmal bekannt ist. Mit den drei Karten in der Hand bleibt die Zahl der Aktionen pro Spielzug in Mycelia überschaubar. Dennoch kann man mit dieser kleinen Auswahl an Karten – sofern man Glück beim Nachziehen hat – eine kleine Engine aufbauen, damit man auch alle Karten sinnvoll nutzen kann. Man muss also erst schauen: Was hab ich an Aktionen zur Verfügung, was kann ich machen? Wo liegen meine Tautropfen? Kann ich erst einen Tautropfen auf einen bestimmten Untergrund schieben, damit ich dann auch die nächste Karte mit dem entsprechenden Untergrund nutzen kann? Ein bisschen Grübelpotenzial ist darin schon enthalten, denn ein bisschen planen muss man auch schon bei drei Karten, aber der gedankliche Aufwand bleibt in einem überschaubaren Rahmen.
Gut, dass die Erweiterung gleich mitkommt
Für mich persönlich ist das in der Grundversion zu wenig. Ich finde das Spiel deutlich interessanter, wenn man die Erweiterungskarten hineingibt. Die Aktionen auf diesen Karten sind etwas anspruchsvoller, aber bisweilen auch deutlich effizienter. Hinzu kommen Karten mit interessanten Soforteffekten, die die Karten zwar recht teuer machen, die es aber auch vom Effekt her wert sind, dass man auf sie spart.
Durch die Erweiterungskarten kommt auch die Möglichkeit ins Spiel, das Deck wieder zu entschlacken und Karten zu entfernen. Dies ist nicht bei allen Einsteiger-Deckbuildern der Fall, aber ein sehr wichtiger Aspekt, den man erlernen und schätzen lernen sollte.
Neues direkt nutzbar!
Kaufen wir bei Mycelia neue Karten, legen wir diese direkt auf den Nachziehstapel. In den meisten Deckbuildern legen wir sie erst einmal auf den Ablagestapel und müssen uns erst gedulden, bis wir sie auf die Hand bekommen. Für ein Einsteiger-Deckbuilder ist es durchaus besser, wenn man die eingekauften Effekte direkt nutzen kann. So ist weniger Weitsicht erforderlich und ich kann ggf. Karten einkaufen, die bei der aktuellen Tautropfenlage auf meinem Tableau sofort helfen können. Man fragt sich dann schon fast, warum man die Karte nicht gleich direkt auf die Hand nehmen und ausspielen kann, aber das wäre vermutlich dann doch zu einfach. Aber gerade zum Ende hin, kann man eine Karte ganz bewusst kaufen, um eine Situation zu lösen, die gerade auf dem Tableau existiert, auch, wenn man die Karte so danach nie wieder sinnvoll wird nutzen können.
Schöner Sch(r)ein
Der Schrein der Waldgöttin ist ein schönes Gimmick – aber seien wir ehrlich: So hätte man ihn für die reine Spielmechanik nicht gebraucht. Man hätte auch sagen können: Sammelt eure abgeräumten Tropfen auf einem separaten Tableau und immer wenn x Tropfen erreicht sind, würfelt jemand den Würfel… Andererseits: Das Spiel wird auf diese Weise aufgewertet und hässlicher wird es auch nicht.
Durch den Effekt des Nachlegens der Tautropfen denkt man zunächst, dass dies das Spiel unnötig herauszögert. Aber das ist nicht wirklich der Fall. Die ein bis zwei Tropfen, die dazukommen, sind ein schöner Störfaktor, der Pläne durchkreuzen kann – macht aber jetzt aus Mycelia auch kein Endlosspiel.
Wie bekomme ich die Tautropfen nur von der Erde weg?
Es ist ein guter Effekt, dass es Erde-Felder gibt, die man nicht direkt mit Karten des Startdecks beeinflussen kann. Man ist daher gezwungen, sein Deck mit Karten auszubauen, die auch diese Felder beeinflussen können. Es kann ein wenig ungünstig sein, wenn solche Karten in der Auslage fehlen. Aber für diesen Fall gibt es wiederum das Aktionskärtchen, das die Kartenauslage wechseln lässt. Für jede Situation ist in Mycelia also ein Kraut gewachsen.
Allerdings: Für meinen Geschmack könnte es im Erweiterungsdeck noch Karten geben, mit denen man den Mitspielenden noch einen Tautropfen reinwichteln kann – beispielsweise als Sofortaktion auf Karten. Dies kann dann gerne teuer sein, könnte aber zumindest ein Mittel darstellen, mit denen man andere noch kurz vor dem Sieg aufhalten kann. Anders ist Interaktion in diesem Spiel halt kaum möglich….
Am Ende wird es eng
Letztlich ist Mycelia ein Wettrennen. Gegen Spielende fliegen die Blicke von einem Tableau zum anderen: „Wie viele Tropfen hast Du noch?“, hört man dann des Öfteren. Da ist es dann auch manchmal einfach Glückssache, was man an Karten auf die Hand bekommt. Passen die Effekte zu der Lage meiner Tautropfen? Komme ich in der Runde, wo jemand anders sein Tableau leert, noch an die Reihe und kann ggf. nachziehen? Das kann ganz schön spannend werden und hält die Aufmerksamkeit bis zum Schluss hoch.
Zusammenfassung
Mycelia ist ein Wettrennen für die ganze Familie und dank der Erweiterungsmöglichkeiten auch in der Lage, in der Anforderung an die Spielenden sanft zu wachsen. Außerdem lässt sich mit Hilfe dieses Spiels die Mechanik des Deckbuildings gut und leicht erlernen.
Das Spiel ist sehr schön und ansprechend gestaltet, die Kartenillustrationen sind bezaubernd. Auch das weitere Spielmaterial wie die Tautropen und der Schrein der Waldgöttin sind wertig und bringen einen hohen Aufforderungscharakter mit.
Die Regeln sind zugänglich, die Symbolik hat zwar ein paar kleine Fallstricke zu bieten – alles lässt sich aber sehr gut meistern und auch die Spielzeit steht in einem guten Verhältnis zu dem, was wir tun. Kurz: Leichte, aber nicht triviale sowie hübsche Spielunterhaltung für jeden Spieltisch.
- Sehr schön gestaltetes Spielmaterial mit hohem Aufforderungscharakter – besonders die Darstellung und Interpretation der Pilze ist toll gelungen
- Leicht erlernbare Regeln und Einsteiger-Deckbuilding-Spiel
- Bringt Erweiterung gleich mit, die einfach zu integrieren ist
- Kleine Schwächen im Verständnis der Symbole
- Glückslastig in Bezug auf die Kartenauslage und darin, welche Karten man zu bestimmten Zeitpunkten auf die Hand bekommt
- Zu Viert kann es Längen haben – Sweetspot vermutlich zu Dritt
Aus meiner Spielerperspektive: Mycelia ist mir persönlich in der Grundversion zu einfach. Mit den Erweiterungskarten gewinnt es an Substanz und gefällt mir richtig gut. Wenn man Mycelia kennt, ist es schnell gespielt, sofern man nicht – wie ich – manchmal ein wenig verliebt in den Anblick der Karten versinkt…
Hi danke für die schöne Rezi.
wollte bekannt geben das man auf
https://mycelia.brettspiel.digital
auch schön mal in das solo Spiel reinklicken kann.
Danke für den Tipp!