Wie schaffen wir es nachhaltig den Klimawandel und den damit verbundenen Temperaturanstieg zu stoppen? Mit dieser Frage setzt sich das Spiel e-Mission der Autoren Matt Leacock (Pandemic, Zug um Zug Legacy) und Matteo Menapace auseinander. Wir schlüpfen in diesem Brettspiel in die Rolle von Weltmächten und müssen gemeinsam den Wendepunkt schaffen, weniger CO2 zu produzieren, als die Erde aufnehmen kann. Wie das mit Weltmächten so ist, muss jeder vor seiner eigenen Haustüre kehren und trotzdem einen Weg finden, mit den anderen zusammenzuarbeiten, um gemeinsam die Welt zu retten bzw. das Spiel zu gewinnen. Mal sehen, ob das funktioniert.
Björn
Karte oben auflegen, Karte unterschieben oder Karte ablegen – so einfach ist der Grundmechanismus von e-Mission. Ein bisschen mehr ist es aber dann doch noch, zumal von besagten Karten auch über 130 im Spiel sind, also eine satte Menge. Jeder Spielende erhält eine von vier möglichen Mächten: China, USA, Europa oder der globale Süden (hier werden Afrika, Asien, Zentral- und Südamerika, Karibik und Ozeanien zusammengefasst), als Tableau. Auf diesem sehen wir unseren aktuellen Energiebedarf und auf den darunter liegenden Leisten, mit welcher Energie (schmutzige oder saubere Energie) wir unsere Bevölkerung versorgen. Direkt darunter befinden sich auch jene Themen, die Emissionen erzeugen – die Menge an Industrie, Verkehr, Massentierhaltung, Abfallentsorgung, etc.. Dabei hat jeder Spielende eine eigene vorgegebene Startmenge oder besser Startprobleme.
Neben diesen braucht es aber auch Platz für die Stabilität in der Gesellschaft, der Natur und der Infrastruktur. Zu guter Letzt haben wir dann noch Platz um Notstandsplättchen abzulegen. Klar, wir werden auf Krisen treffen, die unsere eigene Gesellschaft, Natur oder Infrastruktur ins Wanken bringen.
Und dann müssen wir auch noch unsere Emissionen reduzieren, saubere Energie produzieren und wie sollen wir das nur alles schaffen?
Dafür werden wir Projekte ins Leben rufen, am eigenen Tableau (im eigenen Staatengebilde) können hier bis zu fünf gleichzeitig jede Runde durchgeführt werden. Doch auch mit den anderen Spielenden zusammen lässt sich jede Runde ein neues globales Projekt ins Leben rufen, dass gemeinsam gestaltet wird.
Diese Projekte sind unsere ca. 130 Karten. Jede davon bietet ein anderes Projekt an, dass die Welt ein Stück besser machen kann – vom klimaneutralen Wohnen, über vertikale Landwirtschaft, Biodiversitätsschutz oder dass die Zentralbank Umwelt-Anleihen kauft. Alle diese Karten/ Projekte können uns helfen Emissionen zu senken, Stabilität zu erzeugen oder saubere Energie herzustellen. Mal mehr, mal weniger, mal direkt, mal indirekt.
Jede Runde gliedert sich dabei in fünf Phasen, dabei starten wir mit der globalen Phase, in der wir Karten ziehen dürfen und uns gemeinsam für ein Globales Projekt entscheiden. In der anschließenden Projektphase spielt jeder für sich auf seinem Tableau oder hilft beim globalen Projekt. Dabei kommt der nun so simple Kartenmechanismus zum Tragen. Wir können zum einen Karten abwerfen, als Bezahlung für bestehende Projekte, die dies ggf. fordern und aktivieren auf diese Weise dessen Fähigkeiten. Die andere Möglichkeit besteht darin, das vorhandene Projekt zu verstärken. Jede Karte trägt verschiedene Symbole in der oberen rechten Ecke. Diese stehen z.B. für Windkraft, Solar, Gesetze, Geld oder Innovation. Die meisten Projekte werden über die Anzahl spezieller Symbole stärker bzw. besser. Dafür kann eine Karte unter das aktive Projekt geschoben werden, um deren Symbole für dieses zu nutzen.
Zu guter Letzt werden wir irgendwann ein anderes Projekt benötigen, um weiter an unseren Themen zu arbeiten. Das ist der Moment, in dem wir ein aktives Projekt mit einer neuen Karte abdecken. Das neue Projekt kann die Symbole der untergeschobenen Karten weiterhin nutzen. In dieser Phase werden wir also hoffentlich die ersten Schritte zur Reduzierung unserer Emissionen und schmutzigen Energie schaffen. Denn danach folgen die Phasen, die einem das Leben schwer machen.
In der Emissionsphase schieben wir für jede schmutzige Energie und jede Emission ein braunes Klötzchen auf den Spielplan. Das sind anfänglich erschreckend viele. Wir dürfen für jeden Baum, für jedes gesunde Meer und ggf. gebaute Luftfilter eines dieser CO2 Klötzchen ablegen. Der Rest findet sich dann auf dem globalen Thermometer wieder. Pro Person dürfen hier max. fünf Klötzchen pro Stufe liegen, dann steigt die globale Temperatur um 0,1 Grad. Wir starten bei +1,2 Grad. Kommen wir bei +2,0 Grad an, verlieren wir. Wir können auch noch zu anderen Momente verlieren und ich kann jetzt schon versichern, sie können alle passieren, wenn man nicht gemeinschaftlich aufpasst und sich zügig um seine Probleme kümmert.
Was braucht es noch? Natürlich, die Krisenphase. Jetzt werden, teilweise bekannt, die globalen Krisenkarten für diese Runde aufgedeckt und wir müssen zusehen, wie uns z.B. Orkane, Dürren, humanitäre Krisen oder die Lobbyarbeit für fossile Brennstoffe hart treffen. Mindestens drei pro Runde, bei steigender Temperatur auch gerne mehr davon. Nach der globalen Krise ist vor den globalen Folgen – daher werfen wir hier, je nach Temperaturanstieg, x-mal einen Würfel, der mehr Wetterextreme auslöst, die Versauerung der Meere vorantreibt, die Arktische Eisschmelze nicht zu vergessen und hatte ich schon Wüstenbildung, Tauen des Permafrostbodens und Sterben des Amazonas-Regenwaldes erwähnt? Die lösen (natürlich) weitere Probleme aus, teilweise in Kettenreaktion – Schicksalschläge? Wohl kaum, eher selbstverursachtes Leid und nicht schnell genug gehandelt. Jetzt aber los! Nächste Runde mehr Konzentration, Abstimmung und Fokus – Schließlich lautet der Untertitel des Spiel:
„Die Zukunft liegt in Eurer Hand“
Wenn es schlecht läuft, verlieren wir, weil wir +2,0 Grad global erreicht haben, weil eine Weltmacht 12 Notstandsplättchen besitzt oder weil wir den Wendepunkt bis zum Ende der 6. Runde nicht erreicht haben.
Unseren Sieg dürfen wir feiern, wenn wir den Wendepunkt erreichen, jenen Moment, wo wir weniger CO2 produzieren, als die Welt aufnehmen kann. Na gut, wir müssen dann noch einmal die Krisenphase durchstehen, aber dann haben wir gewonnen und die Welt zu einem bessern Ort gemacht, bzw. sie nicht ganz so doll kaputt gemacht…
Brettspiel Regeln
Spielregeln (ext. Link zu Schmidt Spiele)
Krisenmodus aber der ersten Sekunde, dass liegt Matt Leacock wahrscheinlich, seit Pandemic Season 1, im Blut und so fühlt sich das Spiel auch eine lange Zeit an, bis Licht am Ende des Tunnels langsam sichtbar wird. Der Spielmechanismus ist extrem gut zu verstehen und eingänglich, dazu sind die Regeln hervorragend geschrieben, illustriert und mit vielen guten Beispielen versehen. Das macht es einfach, sich auf die eigentliche Projektphase und die individuellen Karten zu konzentrieren. Während die meisten Phasen nur administrativ sind, ist hier wirklich Musik drin. Das Konzept ein neues Projekt mit den Symbolen des vorherigen auszustatten, macht schon Freude, weil der Punkt gefunden werden muss, an dem ich auf ein Projekt verzichten kann und mir das nächste besser hilft. Ein schöner Kniff im Spiel: ich kann zunächst das aktuelle Projekt benutzen, wenn ich es dann mit einem neuen Projekt überdecke, darf ich auch das neue Projekt direkt nutzen. So wie die Krisenphase negative Kettenreaktionen auslösen kann, können wir hier ein ähnlich gelagertes Spielgeschehen erzeugen. Was einem dann auch das Gefühl gibt, die Weltrettung zu schaffen, einfach weil auf dem eigenen Tableau viel Positives passieren kann.
Durch die unterschiedlichen Startbedingungen und Startprojekte der einzelnen Weltmächte ist auch nochmal für Abwechslung gesorgt. Der größte CO2 Produzent China ist bspw. gleichzeitig auch der führende Exporteur von sauberer Technologie. Wer es noch nicht wusste, es steht auf der Rückseite des China-Tableaus. Sehr sachlich mit weiteren Informationen, die spannend zu lesen sind.
Auch wenn es Globale Projekte gibt, die einem beispielsweise erlauben Karten mit Mitspielenden zu tauschen bzw. diese abzugeben, ist das eigene Wirken stark auf das vor einem liegende Tableau ausgerichtet. Zu Absprachen kommt es dann trotzdem, wenn sich ein Spielender um die Aufforstung kümmert und Wälder für die Emissionsphase erzeugt, während sich die anderen um eine grundlegende CO2-Reduzierung auf ihrem Tableau kümmern können.
Faszinierend ist, dass die ca. 130 Projektkarten mit einem QR-Code ausgestattet sind, die einem auf eine Webseite bringen, bei der das Projekt nochmal ausführlich erläutert wird, bzw. man Informationen hierzu erhalten kann. Das ist schon ein sehr cooles Gimmick!
Schmidt Spiele hat sich, im Gegensatz zum amerikanischen Original Daybreak, entschieden das Spiel klimaneutral in Deutschland zu produzieren. Da ist manche Materialqualität etwas unter dem Durchschnitt, aber, wenn ich dafür keine CO2 Klötzchen auf das Globale Thermometer legen muss, immer wieder gerne.
- Thema trifft den Zeitgeist und ist mit vielen guten Informationen versehen
- Der simple Mechanismus und die sehr gute Anleitung machen Spaß und erleichtern den Einstieg
- Klimaneutrale Produktion und tolle Infos über die QR-Codes
- Abstriche in der Materialqualität
- Die spielbaren Weltmächte sind je nach Spieleranzahl festgelegt
- Man kann sich in der reinen Kartenmechanik verlieren, dann ist das Thema völlig nebensächlich
Es kommt darauf an! Das Spiel kann für viele gute Diskussionen über das Thema Nachhaltigkeit, Globale Erwärmung, etc. sorgen, doch hatte ich auch Runden, in denen sich die Spielenden auf den Sieg und auf die Mechanik und Symbolik konzentrierten. Da war von Weltrettung und wie wir es auch real besser machen können, keine Spur. Beides ist aber total in Ordnung. Das Spiel ist auch rein mechanisch betrachtet und mit der Vielzahl an Karten einfach ein richtig gutes Spiel. Wird es thematisch wahrgenommen, um so besser.
Am Ende ist es aber ein einfach nur ein Spiel; es wird zu Diskussionen und Überlegungen anregen, spiegelt aber nicht die Realität wider. Hier fehlen, aus meiner Sicht, die grundlegenden Konflikte zwischen den Staaten, auch wenn sich vieles wiederfindet, strebt aber heute nicht jeder Staat automatisch Richtung Nachhaltigkeit und freut sich über Weggefährten. Das muss das Spiel auch nicht leisten. Es unterhält mich sehr gut und ich lese dann auch einmal nach dem Spiel die Artikel hinter den QR-Codes. Die Grafik: das muss einem gefallen. Ich finde diese leicht abstrakte Art und die Pastelltöne toll. Es zieht auf keinen Fall bei mir aus, auch wenn es von seiner Aktualität lebt und hoffentlich bald, wenn nicht sogar zeitnah, diese doch bitte verlieren soll im positiven Erlebnis. Das Spiel einmal rauszuholen und in vielen Jahren zu zeigen, mit den Spruch: „Schau mal, so war es mal, aber wir haben unsere Zukunft (positiv) in die Hand genommen“.