Maracaibo sind zwei Spiele in einem: da gibt es das klassische Spiel sowie einen kampagnenbasierten Modus, den man für sich ausprobieren kann.
Das Spiel kam bei dem kleinen Verlag Games’Up auf die Welt und wurde danach von dlp games vertrieblich auf den Weg gebracht, da Games’up nur noch als Studio tätig sein wird. Eine gute Symbiose wie ich meine.
Der ein oder anderen sieht das Spiel kritisch, aufgrund der „Verharmlosung“ des Karibikthemas und seiner geschichtlichen Einsortierung. Ich finde jedoch, dass man sich sehr wohl Verlagsseitig Gedanken gemacht hat und auch in der Anleitung sehr konkret darauf hingewiesen wird. Die Problematik ist da, aber ich aber das Gefühl, dass man sich dieser Tatsache bewusst ist und sie auch beim Namen nennt.
Für alle, die sich bei der Aussprache von Maracaibo noch etwas schwer tun, hier ein Link um es absofort richtig zu machen.
Daher geht es nun mit der spielerischen Einsortierung des Spiels weiter:
SPIELBESCHREIBUNG
Vor den Spielern liegt eine große Seekarte und wir stechen in Havana in See. Von dort aus begeben wir uns mit unserem Schiff viermal auf einen Rundkurs.
Als aktiver Spieler kann ich mein Schiff ein bis sieben Felder weit segeln. Dabei stehen mir zwei verschiedene Ortstypen zur Verfügung, die ich ansteuern kann:
- Stadt, dann stehen mir die Stadtaktionen zur Verfügung (auch in Abhängigkeit der bereits vor mir dagewesenen Mitspieler) und ich kann Güter (via Karten liefern).
- Dorf, hier gibt es gesonderte Dorfaktionen, die sich je nach Ausbau (bzw. Abbaus) meines Tableaus sogar erweitern lassen. Dabei ist die Anzahl der Dorfaktionen zusätzlich an die Anzahl der bewegten Schritte gekoppelt (je schneller, desto mehr Aktionen).
Über die Orte bekomme ich Zugang zu Fortschritten auf Einkommens- und Ruhmleisten, kann für eine der drei Nationen in den Kampf ziehen und meinen Einfluss erhöhen, kann meinen Entdecker bewegen, um Boni freizuspielen, Quests erfüllen, Projektkarten kaufen, Geld erwerben
Die Karten haben Mehrfachfunktionen. Nach meinem Zug fülle ich meine Handkarten wieder auf und der nächste Spieler ist an der Reihe.
Eine Runde endet immer dann, wenn ein Spieler im Ziel angekommen ist, dann haben alle noch ein bzw. zwei Züge Zeit, ihre Schiffe in den Hafen zu bringen.
Nach vier Rundfahrten werden die Siegpunkte zusammengezählt.
Zudem hat jeder Spieler sein Schiffstableau vor sich liegen, bei dem wir bei Great Western Trail u.a. durch Lieferungen in die Städte Boni oder Aktionsfelder freigeschaltet werden können.
Alternativ zum oben beschrieben Basisspiel kann ich mich auch entscheiden, Über Storykarten den Kampagnenmodus für mich durchzuführen. Dieser wird über die beiliegenden Karten gesteuert; es kommt weiteres Material zum Einsatz.
AUTOR: Alexander Pfister ■ GRAFIKER: Fiore GmbH, Aline Kirrmann
VERLAG: Games’up | dlp games ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2019
2-4 Spieler
ab 12 Jahren
ca. 60-90 Minuten
Spielregeln (ext. Link zu dlp Games)
SPIELGEFÜHL
In Maracaibo machen wir nicht nur eine Rundreise durch die Karbik, man hat auch das Gefühl eine kleine Reise durch die Vergangenheit des Autors Alexander Pfisters zu tätigen:
Great Western Trail – Mombasa – Newdale – Port Royal – Black Out Hongkong und Oh my Goods, es sind von all diesen großartigen Spielen immer mal wieder kleine Elemente wie gute alte Bekannte zu entdecken. Dabei ist Maracaibo komplett eigenständig und keine reine Best-Of-Sammlung. Dafür eine Komposition von bekannten Mechanismen.
Das Material – insbesondere die grafische Gestaltung des Spiels – tut sein Übriges ein eigenständiges thematisches Spielerlebnis zu liefern. Jedoch ist das schöne Material auch nicht davor gefeit, etwas Kritik einzustecken. Denn die kleinen Marker des Schiffbrett sind doch etwas zu winzig geraten. Ein kleiner Wackler und es kann zu unliebsamen Verrutschungen führen. Darüber hinaus benötigen wir für Maracaibo und seine Kartenauslage recht viel Platz am Tisch (und dieser wird im Spiel zunehmend knapp).
Auch wenn wir sehr viel zu beachten haben, tragen eine gut gewählte Symbolik und eine Probepartie dazu bei, sich sehr schnell in Maracaibo zurecht zu finden.
Die Regeln sind am Anfang eine Herausforderung. Auch wenn diese recht gutgeschrieben sind, ist die Fülle für den Start eher erdrückend.
Spielerisch ist Maracaibo zudem sehr fordernd. Die verschiedenen Mechanismen sind sehr schön ineinander verzahnt und wollen beherrscht werden. Dabei muss Maracaibo kein vor sich hin tüfteln sein. Interaktion kommt durch die Schnelligkeit (bzw. Weite) der Züge der Mitspieler sowie verschiedenen Städte, Quests, Exkursionen etc. ins Spiel, so dass man nicht alle Züge komplett durchplanen kann. Daher verlaufen die einzelnen Rundfahrten auch immer etwas anders und unterschiedlich lang ab.
Die Karten sind ein entscheidendes Element im Spiel. Da sie die Mehrfachfunktionen besitzen auch nicht immer ganz einfach einzusetzen. Manche eignen sich situationsbedingt für eindeutige Aktionen, bei anderen fällt die Entscheidung nicht immer so leicht. Gut, dass man sich auch Karten für den späteren Kauf reservieren kann.
Die Downtime ist trotz einer Spieldauer von > 120 Minuten angenehm kurz, da die einzelnen Züge sehr überschaubar sind. Zeitlich muss man aber gerade für die ersten Partien deutlich mehr als 2 Stunden einplanen, auch wenn sich die Spieldauer im Laufe der verschiedenen Spiele deutlich reduziert.
Durch die hohe Varianz der einzelnen Runden ist der Wiederspielreiz recht hoch. Das liegt auch an dem Element der Kampagnen, die dem Spiel weitere Würze geben. Regeln für die Kampagne kommen add-on zur 24seitigen Anleitung über die jeweiligen Karten noch hinzu, so dass es doch einiges zu beachten gilt, auch wenn sich die eigentlichen Basisregeln nicht verändern.
Sehr positiv fand ich, dass es nicht die eine Strategie zum Sieg gibt. Dafür bietet Alexander Pfister seinen Spielern doch sehr viele Möglichkeiten an.
Maracaibo lässt sich sowohl zu zweit wie auch mit bis zu vier Spielern spielen. Ich habe Partien mit einer höheren Anzahl – trotz längerer Spielzeit – bevorzugt.
Zusammenfassung
In Summe eine Best-Of-Sammlung von Alexander Pfister. Für mich ein sehr gelungenes Spiel, jedoch habe ich den ein oder anderen überforderten Mitspieler erlebt. Daher klar an die Expertenspieler gerichtet. Für diese offenbart sich aber nach der zweiten, dritten Partie eine schöne Spieltiefe.
Dazu kommt die gelungene thematische Eingliederung, die in dieser Form nicht jedem Euro-Spiel gelingt.
- Best of von Alexander Pfister hat einen hohen Anspruch an den Mitspieler
- Sehr thematisch dichtes Spiel für ein Euro-Spiel.
- Verschiedene Siegmöglichkeiten
- Viele unterschiedliche Spielverläufe durch die variable Zuglänge möglich. Zudem gibt es mit der Kampagne noch weitere unterschiedliche Spielverläufe.
- Material insbesondere das Schiffstableau mit den kleinen Markern hat ein paar Schwächen
- Spieldauer gerade am Anfang sollte nicht unterschätzt werden. Man benötigt einige Partien, um die Tiefe des Spiels für sich auszuloten und sich das Spiel zu erarbeiten.
- Aufgrund der Vielzahl der Regeln kann es so kleineren Regelfehlern kommen. Da muss man gerade in der ersten Partie vielleicht etwas mehr Zeit investieren
Aus meiner Spielerperspektive: Maracaibo ist ein Expertenspiel, wie es im Buche steht. Sehr viele spannende Mechaniken, die ineinander verwoben sind. Es ist gerade in den ersten Partien ein gewisser Anspruch an den Spieler, doch das wird in den folgenden Spielen u.a. auch im Kampagnenmodus entlohnt. Für mich eines der stärksten Spiele im Jahr 2019.
Aber man muss auch die Lust, Muße und Zeit haben, sich das Spiel zu erarbeiten. Denn es wird bei der Fülle an Informationen und der Tiefe des Spiels zunächst einmal nichts geschenkt.
Hmmm, interessante Meinung zu Maracaibo – ich persönlich finde aber XYZ 😉
Viele Grüße,
Andreas.
(Natürlich mit dickem Augenzwinkern)
Wir hatten bisher viel Spaß damit, aber als grübelanfällige Spieler hat die Erstpartie auch mal 4 Stunden gedauert. Das wurde auch nicht so viel kürzer, aber es ist dabei kurzweilig und ich denke nach jeder Partie: Ich weiß was ich das nächste Mal ausprobieren will. Lediglich die Kampagne überzeugt mich nach 4 Partien noch nicht, aber sie stört auch nicht. Schönes Spiel.