Das Vieh muss in den Norden
Einmal Cowboy sein und Viehherden von Texas nach Kansas City treiben. Das ganze gekoppelt mit Eisenbahnen, die das Gut am Ende weitertransportieren.
Bei Great Western Trail gehen manche „Träume“ in Erfüllung. Aber bei allem Spaß, wir wollen auch erfolgreich sein. Und dafür sollten wir im Ziel Kansas City die wertvollste Herde abliefern. Denn nur diese bringen den höchsten Preis.
Im Frühjahr 2016 konnte ich einen weit fortgeschrittenen Prototypen beim letzten Herner Spielewahnsinn ausprobieren und war von Beginn an direkt sehr angetan (eigentlich untertrieben).
Wenn man von einem Spiel echt begeistert ist, geht man an eine Rezension mit besonderer Ehrfurcht heran und möchte dem Spiel ebenfalls gerecht werden.
Na dann, sattelt die Pferde und kommt mit.
Das Spiel
Grundsätzlich bewegt jeder Spieler seine Figur um mindestens ein bebautes Feld (max. 3-4; später auch mehr) und kann entsprechende Aktionen (neutrale oder eigene Gebäude) durchführen. Dieses kann auch sein, dass er aus den Handkarten eine Kuh auf seinen eigenen Ablagestapel wirft (die Hand wird wieder aufgefüllt), um diese auszuführen. Aktionen können z.B. sein Geld bekommen, Häuser bauen, Tableau erweitern, Arbeiter anheuern, Lokstrecke ausbauen, Handel treiben, Rinderherde ausbauen etc. Der Durchlauf endet jeweils in Kansas City.
Dort wird der Spieler durch fünf Schritte geführt (Arbeitsmarkt auffüllen, Geländeplättchen platzieren, Kühe der Kartenhand verkaufen, Herde entsprechend des Wertes und des Fortschrittes der eigenen Eisenbahn abliefern. Dann begibt er sich wieder nach Texas und der Durchlauf beginnt erneut (dabei wird es immer aufwendiger die Strecke zu durchlaufen, da die „Baufelder“ immer rarer werden). Unterstützung bekommen wir von Cowboys, Ingenieuren und Handwerker, die wir auf dem Arbeitsmarkt anwerben können. Diese Helfer unterstützen uns beim Bau von Häusern und Vorankommen auf dem Spielplan (Eisenbahn) bzw. dem Kauf von wertvolleren Rindern und schalten diverse Boni frei.
Punkte gibt es für die Herden, das Erfüllen von Aufträgen, dem Bau von Gebäuden, Geld (5:1), dem Fortschritt auf der Eisenbahnleiste, gesammelte Gefahrenplättchen, etc.. Insgesamt gibt es 11 verschiedene Möglichkeiten Punkte zu machen.
Dabei wird das Spielende durch den Arbeitsmarkt ausgelöst (Marker ganz unten).
[yellow_box]
Autor: Alexander Pfister • Grafiker: Andreas Resch • Verlag: eggertspiele|Pegasus • Jahr: 2016
[/yellow_box]
Material
In der BRETTSPIELBOX befinden sich: 1 Spielplan, 4 Spielerablagen, 92 Rinderkarten (9 Sorten), 28 Auftragskarten, 54 Arbeiterplättchen (je 18 mal Cowboy, Handwerker, Ingenieur ), 18 Gefahrenplättchen, 22 Tippiplättchen, 47 Gebäudeplättchen, 4 Abdeckplättchen, 5 Stationsvorsteher-Plättchen, 4 Viehtreiber, 4 Loks, 56 Spielermarker, 4 Zertifikatsmarker, 55 Münzen, 1 Arbeitsmarkt-Anzeiger, 1 Wertungsblock
Für die Spieler der Erstauflage hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen. Die Rückseite eines Plättchens ist leider falsch und kann an dieser Stelle mit einem Abdruck verändert werden (hier herunterladbar). Alternativ kann man ein Ersatzplättchen bei eggertspiel bekommen. Ist aber alles kein Beinbruch.
Einstieg
Auf den ersten Blick wirkt das Spiel bzw. das Regelwerk abschreckend und man sollte sich Zeit nehmen und das Regelstudium in aller Ruhe machen (am besten einen Abend vorher).
Das Spiel ist in Summe eigentlich relativ einfach zu verstehen und durchzuführen. Die Komplexität kommt eher über die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten und Wege, seine Strategie auszuprobieren.
Spielgefühl
Auch wenn der ein oder andere Rezensent die harmonische Stille der Cowboyidylle ohne Schlägerei oder Schussduell „bemängelt“, befinden wir uns zwar im Wilden Westen, doch eher im Rahmen der Kinoidylle eines Raucherzeugnisherstellers. Gemütlich aber dennoch zügig liefern wir unsere Rinderherden aus Texas über die (teilweise) saftigen Wiesen nach Missouri (ja wieder was dazu gelernt. Kansas City liegt zwar an der Grenze zu Kansas aber eben im Nachbarstaat). Und da das so gut klappt, machen wir das gut ein Dutzend Mal, bis der Sieger gekürt ist.
Im Mittelpunkt von Great Western Trail steht ein Deckbaumechanismus. Die Kühe, die ich auf der Hand halte (bis zu 6 je nach Ausbaustufe), dienen nicht nur zur Bestimmung des Herdenwertes am Zwischenziel in Kansas, sie sind gleichzeitig auch eine Art „Zahlungsmittel“ (an dieser Stelle gibt es einen gewissen Glücksfaktor beim Nachziehen, der sonst in Expertenspielen nicht zu finden ist). Des Weiteren gibt es Aufträge, die sich im Laufe des Spiels in das Handdeck mischen. Das ganze wird gepaart mit der Zugweite (3-6) der Figur sowie der geschickte Nutzung der jeweiligen Aktionen der verschiedenen Häuser. Und es hilft mir die tollste Herde nichts, wenn ich den Eisenbahnausbau in der Zwischenzeit nicht vorangetrieben habe, um meine wertvolle Herde in das weite Hinterland der USA zu transportieren.
Alle Aktionsmöglichkeiten werden gesteuert durch das zentrale Tableau, auf dem ich im Laufe des Spiels „genötigt“ bin, die richtige Mischung aus Freischaltungen von zusätzlichen Handkarten, Bewegungen etc. zu finden, um den Sieg des Spiels zu erlangen. Mit jeder Lieferung kann ich entsprechend auf dem Tableau neue Optionen freischalten.
Auch wenn es eine Menge zu überlegen und gegeneinander abzuwägen gilt, ist die Downtime durch die relativ kurzen Spielzüge sehr überschaubar.
Dir direkte Interaktion oder Konfrontation der Spieler fehlt vielleicht in diesem Western, aber die Spieler kommen sich im Kampf um die knappen Ressourcen (Vieherden, Bauplätzen etc.), schon genug ins Gehege. Dabei waren Partien in Vollbesetzung am besten. Zu zweit ging man sich an der ein oder anderen Stelle doch zu sehr aus dem Wege. Ein weiterer Kritikpunkt ist ggf. die lange Spieldauer der ersten Partie bei Spielern, die nicht mit dem Spiel vertraut sind (da kann eine Spielzeit von mehr als 2 1/2 h locker erreicht werden).
Die unterschiedlichen Siegpunktmöglichkeiten stören nicht (d.h. verkomplizieren das Spiel nicht unnötig), sondern liefern eher mehr Möglichkeiten eines geeignete Strategie für sich zu finden. Auch wenn es somit nicht einfach ist, während des Spiels den Überblick über den Führenden des Spiels zu behalten.
Zielgruppe ist hier der Vielspieler unter den Expertenspieler (bezieht sich auf Kategorisierung). Auch wenn das Spiel relativ gut zugänglich ist, sollte man eine gewisse Spielerfahrung besitzen, um sich mit den dicht verwobenen Spielmechanismen vertraut zu machen.
Langzeitspaß
Auch nach den diversen Partien kann ich nicht sagen, dass ich Great Western Trail überdrüssig bin. Im Gegenteil, es gibt immer noch das ein oder andere an Feinheit zu entdecken und die vielen Plättchen in den unterschiedlichsten Konstellationen versprechen bestimmt noch einige Monate spielspaß (wenn nicht mehr).
Gesamtbeurteilung 9/10
Neben der tollen Leistung des Autors Alexander Pfister sowie der extrem stimmungsvollen graphischen Umsetzung durch Andreas Resch gehört mein Kompliment an den Mann im Hintergrund: Viktor Kobilke, welcher mal wieder sehr gute Arbeit geleistet hat, um dieses Spiel in dieser Form herauszubringen.
Wer ein am Ende leicht zugängliches Spiel mit hohem Wiederspielreiz finden möchte, sollte bei Great Western Trail ein wenig länger verweilen.
Erweiterungen:
Auszeichnungen:
Spielregeln (ext. Link zu eggertspiele)
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von ws-eu.amazon-adsystem.com zu laden.
[/yellow_box]
>> Und es hilft mir die tollste Herde nichts, wenn ich den Eisenbahnausbau in der
>> Zwischenzeit nicht vorangetrieben habe, um meine wertvolle Herde in das weite
>> Hinterland der USA zu transportieren.
Jo, abgesehen davon, dass sie massig Siegpunkte bringt, hilft sie nichts ;-)) *SCNR*
Sehr schöner Artikel 🙂
Viele Grüße,
Andreas.
Ja, schöner Bericht und ein klasse Spiel. Wir verstehen leider Gebäude 9a nicht so ganz, kann uns jemand ein Beispiel geben?
Viele Grüße
Dieter
Beispiel: Du ziehst die Lok 18 Felder rückwärts. Dafür darfst Du eine „Sonderlieferung“ (= einen Marker hinlegen) nach San Francisco machen.