Wolfgang Warsch ist ein Name, den man sich spätestens seit diesem Frühjahr merken muss. Nach seinen ersten Schritten mit Dream Team bei Zoch in 2015, ist der Autor seit Nürnberg gleich auf 4 Brettspielboxen zu lesen:
- Die Quacksalber von Quedlinburg (Schmidt Spiele)
- Ganz schön clever (Schmidt Spiele)
- Illusion (NSV)
- The Mind (NSV)
Da wurde es doch Zeit, ein wenig mehr über Wolfgang zu erfahren. Dankenswerter Weise hat er sich einigen Fragen von mir gestellt.
Viel Spaß!
Vielleicht kannst du ein paar Sätze zu dir selbst sagen. Wo wohnst du, was machst du neben dem Spieleerfinden?
Wolfgang: Ich bin 38 Jahre alt und wohne aktuell – seit etwa zwei Jahren (wieder) – in Wien. Zuvor lebte ich für 4 Jahre in Cambridge/England. Ich bin in der Krebsforschung tätig und meine Freizeit wird zum großen Teil durch meine 3 Jahre alte Tochter ausgefüllt. Im April folgt nun noch ein Sohn, wodurch in den nächsten Jahren wohl nicht viel Langeweile aufkommen sollte….
Zumindest habe ich nun auch den Ansporn mich am Designen von Kinderspielen zu versuchen, jedoch brauche ich hierfür wohl noch etwas mehr Erfahrung.
Wie kamst du zum Spiele entwickeln und seit wann machst du das?
Wolfgang: Bevor ich mit dem Entwickeln von Brettspielen begann, war ich eigentlich nicht sonderlich an modernen Brettspielen interessiert (zumindest nicht mehr als der durchschnittliche Bürger). Ich spielte zwar von klein auf viel und gerne, jedoch meist die „Klassiker“ (Monopoly, Schach, Activity, Spiel des Lebens, Trivial Pursuit…), die man so in den meisten Haushalten findet. Ich hatte später zwar eine kleine Spielesammlung mit Spielen wie Catan, El Grande, Dominion oder Carcassonne, aber mehr als 2 Spieleabende pro Jahr kamen selten zustande. Und dann blieb es meist bei Partyspielen.
Mein erstes Spiel entwickelte ich vor etwa 20 Jahren aus Langeweile heraus. Ich hatte kurz zuvor mit einem Freund einen alten Billard-Tisch zum Renovieren gekauft und hatte dann die Idee, dass man aus Billard ja vielleicht auch ein Brettspiel machen könnte. Daraus entstand ein mechanistisch interessantes, aber in seiner Ausführung schlechtes Spiel. Nachdem sich kein Verlag dafür interessiert hat, habe ich meine Interessen anderen Dingen gewidmet. Ein paar Jahre später habe ich mich noch einmal an das Spiel gewagt, es komplett überarbeitet und es im Weltall angesiedelt. Damals hatte der Goldsieber Verlag sogar Interesse an einem Prototyp, jedoch kam es auch diesmal (berechtigterweise) zu keiner Veröffentlichung. Auch bei diesem Versuch war ich wieder ohne Hintergrundwissen über Spiele und Mechaniken an die Sache rangegangen. Ich hatte einfach nur Spaß daran, ein Spiel zu entwickeln.
2012 packte mich dann noch einmal die Lust mich am Entwickeln von Spielen zu versuchen. Doch diesmal dachte ich mir, ich bleibe bei dem, was ich kenne und zwar bei Partyspielen. So entstand dann relativ flott mein erstes Spiel „Dream Team“, welches dann 2015 bei Zoch erschien. Den Vertrag dazu hatte ich aber bereits 2012, wodurch ich motiviert war weiter zu machen und nicht wieder eine mehrjährige Pause einzulegen.
Während meiner Zeit in England lernte ich dann Brettspiel-begeisterte Freunde kennen und innerhalb von 1-2 Jahren holte ich viel an Wissen über moderne Brettspiele auf. Das hat sich dann auch sehr auf meinen Designprozess ausgewirkt. Dennoch hat es dann noch etwas gedauert, bis die Spiele auch gut genug wurden, um einen Verlag zu überzeugen. Letztendlich ist es wie ein Handwerk, für das man einfach eine Zeit brauchte, um es zu erlernen. Manchmal reicht eine gute Idee alleine halt nicht aus. Wirklich intensiviert habe ich dann mein Hobby in den letzten 2-3 Jahren.
Du hast bislang zwei Spiele veröffentlicht. Dream Team bei ZOCH und Schattenmeister bei Piatnik. Jetzt in 2018 gleich vier Spiele auf einen Schlag. Wie kam es dazu? Ist das Zufall? Und wie geht es dir dabei?
Wolfgang: Das nun 4 meiner Spiele gleichzeitig in Nürnberg erschienen sind, hat sich zufällig ergeben. Ich habe alle 4 Spiele zwischen Sommer 2016 und Frühling 2017 entwickelt. Aus Verlags-technischen Gründen sind nun alle 4 Spiele gleichzeitig erschienen. Natürlich ist das heuer ein absolutes Ausnahmejahr für mich.
Es werden wahrscheinlich noch ein paar Spiele zu Essen und/oder Nürnberg folgen, doch dann wird es wieder etwas dauern, bis die Pipeline gefüllt ist. Wenn ich es zukünftig schaffen sollte, 1-2 Spiele pro Jahr bei einem Verlag unter zu bringen, bin ich mehr als zufrieden.
Wie es mir dabei geht? Ich kann ganz gut damit leben 😉 Nun mit einem Schlag 4 meiner Spiele veröffentlicht zu sehen plus die (erste) tolle Resonanz ist natürlich ein schönes Erlebnis!
Mein Highlight der Spielwarenmesse 2018 ist The Mind. Wir haben es abends nach der Messe noch rauf und runter gespielt. Kannst du etwas zur Entwicklung des Spiels erzählen?
Wolfgang: Die Entwicklung von The Mind dauerte nur etwa 1 Woche. Ich hatte die Idee dazu schon seit langer Zeit im Kopf, jedoch war ich immer zu skeptisch, dass es tatsächlich funktionieren könnte, so dass ich eine Testpartie immer hinaus schob und mich anderen Spielen widmete. Im Sommer 2016 testete ich es dann doch mit meinem Schwager. Ich erzählte ihm, dass ich da eine Spielidee hätte, die ich gerne mal ausprobieren würde. Ich gab einfach jedem von uns 15 Karten (von einem 100er Deck) und sagte ihm, dass wir sie nun ohne Kommunikation aufsteigend ausspielen sollen. Und das wars. Und wir spielten auf Anhieb alle Karten fehlerlos auf den Tisch. Von da bis zum fertigen Spiel waren es dann nur mehr wenige Tage. Wenig später waren dann mehrere Brettspiel begeisterte Freunde aus England für einigeTage zu Besuch. Als Absacker holte ich dann um Mitternacht The Mind hervor und fragte, ob sie es mal probieren wollen. Ich glaube das Spiel wurde dann etwa 30-mal in den kommenden 4 Tagen gespielt und mehrere selbstgebastelte Prototypen verbreiten sich seitdem in England :-). Das hat mir gezeigt, dass ich da anscheinend tatsächlich ein gutes Spiel in der Hand habe.
Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass ich The Game (mit dem es ja gerne mal verglichen wird, da es einen ähnlichen Ansatz hat) zuvor nie gespielt hatte und nur wusste, dass es ein kooperatives Kartenspiel ist. Erst nachdem The Mind bereits unter Vertrag war, habe ich dann auch mal The Game gespielt.
Reinhard Staupe hat in seiner Ankündigung zur Messe von einem außergewöhnlichen Spiel gesprochen und Neugierde geweckt. Kooperieren ohne Reden kennen wir aus Magic Maze. Aber bei The Mind wird das alles noch einmal mehr reduziert. Wieviel Personen musstest du von der Idee überzeugen, die sich auf den ersten Blick sehr verrückt anhört und doch so gut funktioniert.
Wolfgang: Ich habe die Anleitung an ein paar passende Verlage geschickt mit dem Vermerk, dass man sich bitte nicht von den einfachen Regeln abschrecken lassen soll und dass man es spielen muss, um zu verstehen, worin der Reiz liegt. Nur Stunden später kam bereits eine Mail von Reinhard retour, dass er gerne einen Protoypen hätte. Dieser war dann 3 Tage später bei ihm und etwa 1 Stunde nach dessen Ankunft kam dann auch schon die Zusage, dass sie das Spiel machen wollen.
Um also die Frage zu beantworten: Ich musste zum Glück nur eine Person überzeugen 🙂 .
Die Rückmeldungen zu The Mind sind bisher durchweg sehr positiv. Wie Stolz macht einen das?
Wolfgang: Natürlich macht es einen auch stolz, aber vor allem freue ich mich einfach über die tolle Resonanz. Reinhard und ich wussten durch die vielen Testspiele im Vorfeld schon, dass wir da was besonderes haben. Ob es letztendlich dann aber auch in der Community und bei den Spielern so ankommt, ist eine andere Frage. Schön, dass dem nun so ist.
Nach einem Spiel, ist vor einem neuen. An welchen Projekten arbeitest du gerade?
Wolfgang: Aktuell sind 5 weitere Spiele fertig. 2 davon bereits unter Vertrag (bei Piatnik ein einfaches Speed-Kartenspiel mit einem Kniff, der die Hirne etwas verzwirbelt und bei Feuerland ein kooperatives Würfelspiel auf Kennerspiel Niveau >> siehe Nürnberg 2018). Die restlichen 3 Spiele liegen bei Verlagen. Es sehen zwar alle 3 Spiele vielversprechend aus, da sie aber noch nicht unter Vertag sind, will ich hierzu noch nicht zu viel verraten. Auch eine mögliche Erweiterung zu Ganz schön clever wird aktuell von Thorsten Gimmler (Redakteur von Schmidt Spiele) getestet. Wie alle Erweiterungen hängt diese aber auch vom Erfolg des Grundspieles ab. Aktuell arbeite ich wieder an einem Partyspiel, dass aber die Denkmuskeln beansprucht (wie es z.B. auch bei Codenames der Fall ist). Parallel überarbeite ich eine ältere Version eines Roll and Write Spieles, das einen interessanten Mechanismus hat, jedoch noch nicht so rund läuft, wie ich es gerne hätte.
Du wohnst in Österreich. Hast du viel Kontakt mit anderen österreichischen Autor
Wolfgang: Ich habe Alexander Pfister, der ja auch in Wien wohnt, in Essen 2016 getroffen, wo er mich zu einem Autorenstammtisch eingeladen hat, den er organisiert und der jeden Mittwoch in einem Lokal stattfindet. Dort sind wir meist 3-5 Autoren/Tester und es macht viel Spaß die neuen Entwicklungen von Alex und den anderen Autoren mit zu testen.
Welche Spiele spielst du selbst gerne?
Wolfgang: Seit meiner Rückkehr aus England vor 2 Jahren spiele ich leider viel zu wenig neue Spiele. Neben Familie, Prototypen basteln, ändern und testen bleibt leider nicht viel Zeit für andere (publizierte) Spiele (zurzeit wahrscheinlich 3-4 neue Spiele pro Jahr). Wenn ich aber mal spiele, dann am liebsten Spiele im unteren bis mittleren Kennerspiel Niveau. Meine Lieblinge sind wohl 7 Wonders und Seasons. Mit meiner Frau spiele ich gerne (wenn auch zu selten) Carcassonne und Qwixx. Aber auch GO ist und bleibt ein Favorit von mir. Aktuell ist aber wohl Mein erster Obstgarten das meist gespielte Spiel 😉
Vielen Dank für das Interview
Nachtrag
Inzwischen ist Wolfgang mit drei seiner vier Spiele für das Spiel des Jahres bzw. Kennerspiel des Jahres nominiert worden.
LINKS
Als Rezensionen bereits auf der Brettspielbox erschienen: Ganz schön clever, Die Quacksalber von Quedlinburg, Illusion und The Mind
Interviewreihe auf der Brettspielbox: Inka und Markus Brand (Burgenland / Neuheiten 2014) • Ralph Bruhn (Aquasphere) • Frank Heeren (SPIEL2017) • Hunter & Cron (Gen Con 2015) • Agnieszka Kopera und Andrei Novac (2014) • Michael Menzel (Neuheiten 2014) • Matthias Nagy (Frosted Games 2018) • Alexander Pfister (Spiel 2015 / Broom Service: Kartenspiel) • Martin Schlegel (West of Africa) • Jamey Stegmaier (Viticulture) • Klaus Teuber • Wolfgang Kramer • Wolfgang Warsch