Sonntag, Dezember 22, 2024
StartJahr2024REVIEW | Rezension Brettspiel Intarsia

REVIEW | Rezension Brettspiel Intarsia

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Gibt es bei Brettspielen Liebe auf den ersten Blick? Bei mir auf jeden Fall. Meine neueste Liebe ist Intarsia und – Entschuldigung, so oberflächlich bin ich nicht: Dabei geht es mir nicht rein um das Äußere, sondern auch um die inneren Werte. Warum ich Intarsia mag? Es liegt mir und spricht bei mir leider ziemlich viele Triggerpunkte an. Ob das auch für Euch passen kann und was die inneren Werte sind, habe ich hier für Euch zusammengefasst.

Carina


Bei Intarsia gestalten wir das Parkett des Café de Paris neu und verschönern es mit Intarsien.

Der Intarsienboden setzt sich dabei aus Holzelementen zusammen. Diese sind jeweils drei ineinanderpassende Holzrahmen, die in der Mitte durch einen Tisch abgeschlossen werden. Zusammengesetzt werden sie dabei von außen nach innen und ergeben dann die entsprechenden Ornamente des Holzbodens. Diese werden wiederum von Holzkreuzen umschlossen, an die sich dann wiederum andere Ornamente anschließen können.

Zusammengesetzt wird der Holzboden auf dem eigenen Spielertableau. Wir starten mit einem der Holzkreuze in der Mitte des Tableaus sowie 10 Handkarten. Um die Kartenhand zu bestimmen, ziehen wir Startmaterialkarten, die die Zusammenstellung der Farbkarten individuell für jeden Mitspielenden vorgeben. Es gibt Karten in den Farben orange, gelb, grün und lila sowie Jokerkarten.

Gespielt wird über drei Runden. Wenn wir an der Reihe sind, spielen wir 1 bis 4 Handkarten einer Farbe aus und kaufen uns damit einen entsprechenden Holzrahmen, ein Holzkreuz oder einen Tisch ein. Für den äußeren Ring zahlen wir eine Karte. Die gespielte Farbe legt fest, welche Farbe das Ornament haben wird und welche Farbe wir für die inneren beige-braunen Rahmen bezahlen müssen. Für die nächsten beiden Ringe zahlen wir zwei bzw. drei Karten, erhalten aber jeweils eine bzw. zwei Karten zurück, die allerdings eine andere Farbe als die ausgespielte haben müssen.

Für weitere Holzkreuze oder Tische müssen wir vier gleichfarbige Handkarten ausspielen. Hierfür erhalten wir jeweils drei Karten zurück. Diese dürfen wir uns aber nicht selber aussuchen. Welche Kartenkombination wir auswählen dürfen, bestimmt die Position eines Markers auf dem Wertungstableau. Diesen dürfen wir einen oder zwei Positionen weitersetzen und die dort angegebene Kartenkombination auf die Hand ziehen.

Mit den im Bau befindlichen Intarsien können wir außerdem noch Werkzeugplättchen erhalten, die auf einem großen Plan ausgelegt sind. Diese erhalten wir, sofern wir als erstes die darauf abgedruckte Form oder Menge an Intarsien auf unserem Tableau nachgebildet haben. Dafür gibt es Siegpunkte als Belohnung. Schaffen wir es, Plättchen einer Werkzeugsorte zu erhalten, von denen wir bereits Plättchen vor uns liegen haben, werten diese Punkte nochmals mit. 

Ein Runde endet, sobald alle gepasst haben, da sie keine Handkarten mehr spielen wollen oder können. Maximal drei Karten können mit in die nächste Runde genommen werden. Wer als letztes gepasst hat, darf die erste Kartenkombinationskarte für die nächste Runde auswählen und sich die entsprechenden Karten nehmen. Außerdem erhalten alle nach den Runden Punkte für ihre Holzkreuze – je einen in der ersten, zwei in der zweiten oder drei in der dritten Runde. 

Nach der dritten Runde erfolgt die Schlusswertung, bei der alle Ornamente je nach Fortschritt der Fertigstellung gewertet werden. Wer dann die meisten Punkte auf der Wertungsleiste erzielen konnte, gewinnt Intarsia.

Brettspiel Regeln

Spielregeln (ext. Link zu Deep Print Games)


Es gibt wohl niemanden, der Intarsia anschaut und nicht vom Spielmaterial und der Optik begeistert ist. Was hat Deep Print Games da für eine Schönheit geschaffen? Die Holzornamente sind farblich sehr harmonisch gelungen und beeindruckend in der Produktionsqualität. Die Verarbeitung, die Passgenauigkeit, der Farbüberzug – das ist alles sehr gut gelungen und sucht seinesgleichen in der Brettspielwelt. Einzig das Inlay weist unschöne Druckstellen auf, aber die belasten mich nicht weiter.

Das fühlt sich gut an

Intarsia gelingt es, ein sehr eingängiges Spielgefühl zu erzeugen. Wir spielen Karten aus und erhalten dafür Elemente, die wir auf unserem Tableau zusammenfügen. Ab zwei gezahlten Karten erhalten wir dafür eine Rückzahlung: Immer eine Karte weniger, als wir gezahlt haben. Dies ist inhaltlich nicht zwingend logisch, aber sehr einprägsam, und damit sicherlich ein Hauptgrund dafür, die Einstufung „Familie“ auf die Spielschachtel zu schreiben. Das passt auch, wobei Intarsia aber auch für Spielende mit viel Spielerfahrung ebenfalls eine reizvolle Aufgabe bietet. Für Erfahrene ist der Reiz und die Herausforderung, die das Spiel zu bieten hat, sicherlich schneller erschöpft, als für weniger Spielerfahrene. Aber es bietet grundsätzlich erstmal schöne Aufgaben:

Auf die richtigen Handkarten kommt es an

Da wäre in erster Linie das Handkartenmanagement als zentrale Aufgabe und Lebensader der eigenen Spielzüge. Je optimierter ich meine Karten spiele, desto mehr Möglichkeiten erhalte ich. Mit vier Handkarten in unterschiedlichen Farben kann ich natürlich vier Ornamente beginnen, erhalte aber nichts zurück und bin schnell am Ende meiner Runde angelangt. 

Spiele ich vier Karten der gleichen Farbe für einen Tisch oder ein Kreuz, erhalte ich drei wieder zurück. Damit kann ich wiederum einen mittleren Ring legen und erhalte in der Folge zwei Karten wieder zurück usw. Mit mehr Karten der gleichen Farbe kann ich deutlich lukrativer arbeiten und mehr erreichen, als mit alleinstehenden Farbkarten. Ich versuche, möglichst lange handlungsfähig zu bleiben und auch möglichst als letztes in der Runde zu passen, damit man aus den Startkarten der nächsten Runde als erstes aussuchen kann und dann auch die Runde beginnen darf.

Zu beginnen ist nicht unwichtig, da man dann auch bei den Werkzeugen immer den entscheidenden Zug vor den anderen an der Reihe sein kann, um Aufgaben zu erfüllen.

Aufs Timing kommt es also an

Der besondere Kniff bei diesem „Karten-Payback“ besteht darin, dass einem bei der Abgabe von vier Karten nicht die Freiheit zusteht, drei frei wählbare Karten zurückzuerhalten. Der Kniff, dass wir uns als Belohnung etwas aus den auf dem Wertungstableau aufgedruckten Kombinationen auswählen dürfen, macht das Kartenmanagement hier besonders: 

Plane ich, vier Karten für einen Tisch oder ein Kreuz auszuspielen, suche ich mir gedanklich bereits meine Belohnung aus, um mit der Kartenkombination meine weiteren Spielzüge vorauszudenken und zu planen. Genau diese Planung kann dann mächtig über den Haufen geworfen werden, wenn der vor einem sitzende Mitspielende auf dem Tableau in seinem Spielzug weitergeht und damit die zur Verfügung stehenden Felder ganz andere werden. Diesem Interaktionsaspekt messe ich eine deutlich höhere Bedeutung zu als der Interaktion bei den Werkzeugen. Denn das Erreichen der Werkzeugaufgaben ist deutlich absehbarer – ich sehe, was vor den anderen liegt und was dort nun vermutlich als nächstes passieren wird. Dass der vor einem Sitzende auf einmal statt des nächsten Ornamentteils ein Kreuz baut, vier Karten ausspielt und damit die Auswahl auf dem Wertungstableau verändert, ist viel überraschender und haut die beste Planung vom Sockel. Dann gilt es, schnell einen neuen Plan auszuarbeiten und neu zu disponieren.

Mitnehmen statt ausgeben

Was auch wichtig sein kann: Da man bis zu drei Karten mit in die nächste Runde nehmen darf, kann ich auch das in meine Planungen einbeziehen und die Folgerunde bereits vorbereiten. Ausreichend Karten einer Farbe zu haben, kann manchmal entscheidend sein, um in der nächsten Runde eine wichtige „Anschubfinanzierung“ zu erhalten. Beispielsweise können das dann genau die zwei oder drei Karten sein, die einem noch zur Fertigung eines Tisches fehlen und die man mit seinen neuen Startkarten nicht erhalten hat. Karten mitzunehmen ist manchmal deutlich sinnvoller, als am Ende einer Runde noch schnell einen Ornamentring damit zu bauen. 

Werkzeug-Engine

Die Werkzeugplättchen nimmt man in der ersten Partie von Intarsia als netten Punktelieferanten wahr. Ab der zweiten Partie ist klar: Ich möchte möglichst bereits gewertete Werkzeuge nochmals punkten lassen, indem ich weitere Plättchen der gleichen Art erhalte. Hier eine Art Engine aufzubauen, kann gut Punkte bringen. Da gilt es dann auch, die Tableaus der Mitspielenden im Auge zu behalten und gut zu beobachten: Wer spezialisiert sich ggf. auf eine Farbe, wo kann ich noch etwas erreichen und schneller sein, als jemand anderes, um das Plättchen noch vorher abzugreifen? Und schon läuft das Wettrennen um die lukrativsten Werkzeuge. Im Spiel zu zweit sind alle Plättchen nur einmal vorhanden. Im Spiel mit drei oder vier Mitspielenden hat man meist zwei Plättchen auf einem Feld – allerdings mit absteigendem Punktwert nach unten hin – und damit auch mehr Chancen auf eine doppelte Wertung bereits vorhandener Plättchen.

Ein Tisch, ein Tisch, ein Königreich für einen Tisch

Werkzeugplättchen doppelt werten zu können ist schön, aber die Werkzeugpunkte sind meist nicht entscheidend für den Spielsieg. Spielt man zu sehr darauf hin, Werkezeuge abgreifen zu können, stellt man sich ggf. zu breit auf. Man verliert den Fokus auf das Fertigstellen der Ornamente, die bei der Schlusswertung jeweils 12 Punkte einbringen und damit ein ordentlicher Punktelieferant sind. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoller ist, sich auf die Fertigstellung der Ornamente zu konzentrieren und bei den Werkzeugen nur „mitzunehmen“, was sich auf dem Weg dahin ergibt. 

Ich empfehle: Man sollte immer wieder nach Möglichkeit den Abschluss durch Tische vorbereiten und dann finalisieren, sobald es geht, und dabei die lukrativen Karten-Payback-Effekte mitnehmen. Das wiederum gibt einem mehr Optionen für den weiteren Spielverlauf und ist der Steigbügel für die Finalisierung des nächsten Tisches. 

Gute Arbeit

Puzzlefähigkeiten sind bei Intarsia nicht wichtig, da die Formen und Positionen der Ornamente ohnehin vorgegeben sind. Bei Spielende schweift der Blick über die getane Arbeit und man erfreut sich an dem ästhetischen Gesamtbild. Man sollte allerdings wissen: Man bekommt den Boden nicht vollgepuzzelt, dafür ist das Spielmaterial extra limitiert. Für die Monks unter uns kann das ein Tickelchen unbefriedigend sein, dass man seine Arbeit nicht abschließen kann. Das Spiel endet nach drei Runden und dann sollen wir den Boden ja auch noch gar nicht fertig haben – gemäß der Geschichte erhalten wir dann sowieso erst den Auftrag für unseren Job. Trotzdem ergibt sich abschließend ein sehr schöner Anblick!

Ein wenig herausfordernd bleibt während der Partie das Management der vielen Holzteile. Am besten nutzt man die Schachtel und bestimmt einen Verwalter dafür, der die benötigten Teile herausgibt. Der ist aber gut beschäftigt und kann sich vermutlich nicht so gut auf seine eigene Planungen konzentrieren. Legt man alles auf den Tisch, wird es schon eng zwischen Material sowie Werkzeug- und Wertungstableau.

Langzeitspaß?

Intarsia begeistert anfänglich eigentlich alle – vor allem über seinen Look. Die Frage ist, wie lange es trägt. Ich habe jetzt 8 Partien hinter mir und glaube, dass es für mich persönlich ein Dauerbrenner sein kann, den ich immer wieder gerne auf den Tisch bringe. Man muss sich bewusst sein: Man macht natürlich in jeder Partie irgendwo das Gleiche. Aber das macht man in vielen Spielen und Intarsia hat einige Nuancen zu bieten, auf die man in der jeweils aktuellen Partie reagieren muss, damit man hier am Ende die Nase vorne hat. Das könnte manchen etwas zu wenig sein, die nicht schon grundlegend so begeistert sind von der Mechanik und dem Look. 

So ging es mir beispielsweise bei Azul, mit dem Intarsia aufgrund vieler ähnlicher Aspekte (optisch schön, tolles Spielmaterial, abstrakte Mechanik, Autor Michael Kiesling) verglichen wird. Azul hat mich anfänglich auch begeistert, aber auf die Dauer war es für mich auch immer wieder das gleiche. Dennoch hat es bis heute seine eingefleischten Fans und eine ganze Spielfamilie um sich geschart.

B-Seite

Für Abwechslung bei Intarsia sorgt ähnlich wie bei Azul eine B-Seite des Tableaus. Diese ist herausfordernder, da sie Farbvorgaben für das Bauen von Kreuzen enthält. Außerdem lassen sich hier noch weitere Punkte verdienen, indem man Kreuzplätze komplett mit Ornamentteilen und anderen Kreuzen umbaut. Das ist allerdings recht mühsam für recht läppische 10 Punkte, die man dafür bei der Schlusswertung erhält. Zu Gute halten muss man, dass nur zwei kleine Regeländerungen hier für Varianz sorgen. 

Mit mehr oder weniger Mitspielenden?

Abschließend noch eine Anmerkung zur Spielerzahl: Herausfordernder zu spielen ist Intarsia zu Dritt und Viert, da man hier deutlich mehr im Auge behalten muss, was die anderen tun, bei welchen Werkzeugplättchen noch Chancen bestehen und wo der Auswahlmarker auf dem Wertungstableau vermutlich stehen wird, wenn ich an der Reihe sein werde. 

Es stehen dann auch mehr Werkzeuge zur Verfügung und es wird damit auch gefühlt leichter, noch ein bestimmtes Plättchen für eine doppelte Punktewertung zu erhalten. Zu Zweit ist da weniger Bewegung, Intarsia ist dann weniger interaktiv, aber planbarer.

  • Hochwertiges Spielmaterial und tolle Optik 
  • Eingängige Spielmechanik mit schönem Spielflow
  • Zugänglich mit einfachem Einstieg, bietet aber auch interessante Entscheidungen für Spielerfahrene
  • Zu Zweit weniger Interaktion und Wettrenncharakter als in größerer Runde
  • Lädt dazu ein, immer wieder die gleiche, erfolgreiche Strategie zu fahren
  • B-Seite bietet etwas zu wenig Abwandlung zum Grundspiel

Intarsia hat mich vom Fleck weg begeistert. Die Optik und das Spielmaterial sind überragend. Das Spiel ist zugänglich und das Spielgefühl sehr fluffig. Die Entscheidungen, vor die wir gestellt werden, sind interessant, aber auch nicht überfordernd. Ein rundum gelungenes Spiel.

Spielerfahrenen dürfte es nach einige Partien ggf. zu wenig Neues bieten, obwohl auch eine Variante im Spiel enthalten ist. 

Viele vergleichen das Spiel mit Azul, was aufgrund ähnlicher Merkmale nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Wie Azul ist auch Intarsia für Menschen geeignet, die gerne abstrakte Spiele in schönem Gewand spielen und interessante kleine Entscheidungen treffen möchten.

Spielerinnern und Spieler, die gerne unterschiedliche Strategien anwenden und viel Abwechslung brauchen, sollten in meiner folgenden Wertung eine Position abwerten. 

AUTOR: Michael Kiesling
ARTIST: Lukas Siegmon
VERLAG: Deep Print Games / Pegasus
ERSCHEINUNGSJAHR: 2024

2-4 Spielende

10 Jahre

45-60 Min.

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