Freitag, September 13, 2024
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REVIEW | Rezension Brettspiel Alpina

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Die alpine Tier- und Pflanzenwelt ist derzeit en vogue: Sowohl die Mischwald-Erweiterung spielt in dieser Region, Alpino von Piatnik ist hier angesiedelt und nun bringt auch Helvetiq ein Spiel im alpinen Setting heraus. Was naheliegend ist für einen schweizer Verlag, der sich in der Spielanleitung auch die Mühe macht, die thematische Einbettung und die Auswahl der im Spiel vorkommenden Tiere auch sorgfältig zu begründen. 

Der frisch für Sky Team mit dem Spiel des Jahres-Preis ausgezeichnete Autor des Spiels, Luc Rémand, ist nicht zuletzt ein Grund, sich Alpina trotz der leichten Themenübersättigung mal näher anzuschauen.

Carina


Alpina ist ein Kartenspiel, in dem wir im Laufe des Spiels ein 5×5-Karten großes Raster auf dem Tisch aufbauen.

Das Raster entsteht dadurch, dass wir in unseren Spielzügen jeweils eine Karte in die Auslage spielen, die wir angrenzend an die ausliegende Startkarte (muss eine Gämse sein) oder an eine bereits gespielte Karte anlegen.

Jeder Mitspielende hat immer sechs Karten auf der Hand, aus denen er eine Karte pro Spielzug auswählt. Die Karten zeigen jeweils eine der drei Tierarten Vogel (Tannenhäher), Gämse oder (Gras)Frosch. Ebenso zeigt die Karte das aufgedruckte Tier jeweils in einer der drei Landschaftsarten See, Wald oder Berge. 

Außerdem enthalten die Karten am unteren Rand jeweils die Bedingungen, unter denen sie dem Spielenden bei der Schlusswertung Punkte einbringt, sofern er eine seiner eigenen Wandererfiguren auf diese Karte platziert hat. Dies kann ein Spielender optional tun, wenn er eine seiner Karten ausspielt. Man kann eine Wandererfigur auf die gerade ausgespielte Karte oder eine orthogonal angrenzende Karte einsetzen. 

Auf diese Weise spielen alle nach und nach ihre Karten aus und platzieren ihre Wandererfiguren, bis ein 5×5-Raster gefüllt ist. Dann folgt die Schlusswertung, die über die Wertungsleiste am Schachtelrand abgetragen werden kann. Dabei wird dann Figur für Figur durchgegangen, wie viele Punkte für die jeweilige Karte erzielt wurden.

Wertungskriterien können beispielsweise sein:

–       Punkte für unterschiedliche oder gleiche Tierarten oder Lebensräume in der gleichen Reihe oder Spalte.

–       Punkte für bestimmte Lebensräume oder Tierartkarten oder Reihen oder Spalten mit Wandererfiguren darauf.

–       Punkte für eine orthogonal angrenzende Linie aus bestimmten Tieren.

Wer nach der Auswertung die meisten Punkte hat, gewinnt Alpina.

Brettspiel Regeln

Spielregeln (ext. Link zu Helvetiq)


Alpina ist ein schnell gespieltes, kartenbasiertes Legespiel. Der Einstieg ins Spiel gelingt mit Hilfe der kurz und knapp gehaltenen Spielregel gut. Dennoch ist alles enthalten, was man für das Verständnis des Spiels benötigt. Alle Kartenbedingungen sind hier erläutert, was ich für Spielregeln eigentlich voraussetze, was aber leider heute nicht mehr gang und gäbe ist. Hinzu kommt eine gut verständliche Symbolsprache, so dass man auch nicht ständig nachschlagen muss, was die Kartenbeschriftung bedeutet. Spätestens nach zwei Partien sollte man die Symbolsprache eh verinnerlicht haben. Hilfreich ist außerdem, dass auf den Karten unterstützend mit Symbolen gearbeitet wurde, um Farbfehlsichtigkeiten auszugleichen. 

Schöner Flow

Wirklich innovativ ist das Spielprinzip von Alpina sicher nicht, wer neue Spielkonzepte sucht, wird hier nicht fündig. Aufgrund bekannter Mechanismen spielt sich Alpina aber sehr flüssig: Karten prüfen und mit dem ausliegenden Raster abgleichen, entscheiden, welche ich platziere und wo der beste Platz dafür ist, ggf. Wandererfigur setzen, Karte nachziehen, nächste:r dran. Dieser Spielablauf überfordert niemanden und macht das Spiel damit für viele Spielerunden tauglich. Es eignet sich gut für Familien und weniger Spielerfahrene, aber auch erfahrenere Spielende haben hier ihren Spaß. Die angegebene Spielzeit von ca. 20 Minuten passt. Da geht auch oft noch eine zweite Partie direkt hinterher. 

Optimal für Zwei

Für Spielerfahrene eignet sich Alpina besonders als Zwei-Personen-Spiel. Hier hat man die meisten Wandererfiguren zur Verfügung (8 Stück) und durch deutlich mehr Spielzüge viel Einfluss auf das Spielgeschehen. Man kann zum einen gezielter an seinen eigenen Punktekriterien arbeiten, aber auch dem Gegenspielenden die Tour vermasseln. 

Sobald man mit mehr Spielenden spielt, verwässert der eigene Einfluss auf das Spielgeschehen. Zum einen über weniger Wertungsfiguren, die einem zur Verfügung stehen, zum anderen kann die eigene Punktestrategie schnell durch die Mitspielenden zu Nichte gemacht werden. Mit mehr Spielenden sollte man auch genauer darauf achten, wo und wann man seine Wertungsfiguren hinsetzt. Ggf. wartet man hier noch eine Runde und wägt ab, ob man nicht doch noch eine Karte in die Hände bekommt, mit der man mehr Punkte erzielen kann. Zu Zweit passiert es häufiger, dass man seine Wertungsfiguren früh platziert und am Ende gerne noch eine übrig hätte. 

Alles in allem für mich aber ein perfektes 2-Personen-Spiel, zu Dritt und zu Viert verliert Alpina ein wenig seinen taktischen Reiz.

Unterschiedliche Aufgaben

Ein wenig Glück spielt natürlich auch mit: Einige Aufgaben auf Karten gelingen leichter und bringen viele Punkte. Es gelingt beispielsweise schnell, eine Landschaftsart jeder Sorte oder ein Tier jeder Art in eine Spalte oder Reihe zu bringen, so dass man 6 Punkte dafür erhält. Das ist ein solides Ergebnis und so eine Karte sollte man per Wandererfigur unbedingt besetzen und so die Punkte „mitnehmen“.

Die Aufgabe, Karten einer bestimmten Tierart um eine in der Mitte liegenden Karte zu gruppieren, ist schwieriger und dauert in der Umsetzung auch länger. 

Am schwierigsten sind die orthogonalen Linien aus Tieren zu „bauen“, da hier immer auch die Gefahr besteht, dass die Linien durch die Mitspielenden schnell durchbrochen werden. 

Immer diese Zählleiste

Suboptimal ist die Zählleiste auf dem Schachtelrand. Bislang kam diese Lösung für die Abrechnung eher bei Spielen aus dem moses.-Verlag vor und auch dort ist man – glaube ich – langsam auf dem Weg, davon wegzukommen (Beispiel: Neuauflage Schätz it if you can).

Wenigstens hat man bei Alpina daran gedacht, die Ecken auszusparen, aber auch hier ist es nicht möglich, zwei oder mehr Wertungssteine auf dem gleichen Punktefeld zu platzieren. Es wäre deutlich besser gewesen, wenn man ein kleines quadratisches Board mit einer aufgedruckten Zählleiste beigelegt hätte, um dort mit Zählsteinen langzulaufen.

Achtung: Mehr Vögel als Gämse

Weiterer kleiner Nachteil, der aber sicher nur Vielspielenden auffällt: Die Tiere kommen unterschiedlich häufig vor im Spiel. Dies sollte man in den Regeln eigentlich erwähnen, um besser einschätzen und kalkulieren zu können, dass es beispielsweise einfacher ist, einen neuen Vogel auf die Hand zu bekommen, als eine Gämse, da dieser 22 mal, die Gämse aber nur 13 mal im Spiel vorkommt.

  •  Zugängliche und gut verständliche Regeln
  • Schöne Spieltiefe und Wiederspielreiz mit „nur“ 56 Karten
  • Perfekt für zwei Spielende, da hier Interaktion und eigener Handlungsspielraum am stimmigsten sind
  •  In Runden zu Dritt oder Viert sinkt der eigene Einfluss auf das Spiel
  • Zählleiste auf dem Schachtelrand hat Nachteile bei Doppelbesetzung der Punktefelder 
  • Hinweis auf Mengen der enthaltenen Tierkarten in der Spielregel wäre gut gewesen

Alpina zeichnet sich durch leichte Zugänglichkeit und einen schönen Spielflow aus – das Spiel geht leicht von der Hand und ist damit für viele unterschiedlich zusammengesetzte Spielrunden bestens geeignet. 

Alpina stellt uns vor interessante kleine Entscheidungen, ist interaktiv, auch ein wenig zufällig und kann je nach Spielweise ein bisschen gemein sein. Wer es taktisch will, spielt Alpina zu zweit, im Spiel mit mehr Mitspielenden verwässert der eigene Einfluss.

Wer ein kleines Spiel sucht, das man gut mitnehmen kann und sich auch bestens für Zwischendurch eignet, ist bei Alpina goldrichtig. 

AUTOR: Luc Rémand
ARTIST: Crocotame
VERLAG:
Helvetiq | HUCH!
ERSCHEINUNGSJAHR: 2024

2-4 Spielende

10 Jahre

20 Min.

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