Village Green hat gerade sowohl den Jury- als auch den Publikumspreis bei den „UK Games Expo Awards“ als „Best New Card Game“ erhalten.
In der Spieleschmiede wurde es erfolgreich finanziert und wird bald auf Deutsch erscheinen. Da wird es Zeit, sich das Spiel einmal genauer anzuschauen.
Carina Brachter
SPIELBESCHREIBUNG
Village Green ist ein Kartenspiel für 1 bis 5 Spieler:innen. Ziel ist es, mit der eigenen Kartenauslage die schönste und punkteträchtigste Grünanlage zu kreieren. Auf diese Weise soll die Jury davon überzeugt werden, dein Dorf mit den meisten Auszeichnungen zu versehen.
Alle Spieler:innen starten mit einer Dorfkarte. Diese begrenzt oben links eure Auslage. Daneben und darunter können je drei Auszeichnungskarten angeordnet werden, die jeweils für die angrenzende Reihe oder Spalte der in der Mitte ausliegenden Grünanlagen Punkte einbringen sollen. Alle starten bereits mit drei Auszeichnungen in der Auslage und drei Grünanlagen auf der Hand.
Der Spielzug besteht darin, entweder eine Karte aus der Auslage oder vom Stapel der Auszeichnungen zu ziehen und sofort anzulegen. Oder man wählt eine Grünanlage aus dem offenen Angebot oder vom verdeckten Stapel und legt diese oder eine von der Kartenhand in die Auslage. Dabei gilt es Legeregeln zu beachten: Es müssen immer Blumen der gleichen Art oder der gleichen Farbe nebeneinander platziert werden. Nur Rasenflächen werden als neutrale Nachbarn toleriert.
Die Karten mit Grünanlagen enthalten weitere Merkmale. Bäume, Pavillions oder Teiche. Diese punkten meist in Zusammenhang mit den am Rand der Reihe oder Spalte ausliegenden Auszeichnungskarten, die jeweils eine bestimmte Kombination daraus oder eine bestimmte Anzahl verlangen.
Das Spiel endet, sobald jemand die neun Plätze der Grünanlage gefüllt hat oder einer der beiden Stapel aufgebraucht ist. Nun werden Schritt für Schritt alle Auszeichnungskarten ausgewertet. Je nach Anforderung der Karte erhält man beispielsweise Punkte für eine bestimmte Art Bäume, eine bestimmte Anzahl Pavillions oder die Kombination bestimmter Blütenformen oder -farben. Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Village Green.
AUTOR: Peer Sylvester ■ ILLUSTRATIONEN: Joanna Rosa
VERLAG: Osprey Games ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2020
1-5 Spieler
ab 14 Jahren
ca. 30 Minuten
Spielregeln (ext. Link zu )
SPIELGEFÜHL
Teatime im Grünen
Village Green versetzt die Spieler:innen in Sekundenschnelle in das Feeling einer erholsamen Landpartie. Das romantisch verspielte Design, die schnörkelige Schrift, die Illustrationen, das Dorfflair – das perfekte Spiel für die Teatime im englischen Landhausgarten. Dass das Spiel in UK so gut ankam, liegt daher bestimmt auch ein wenig am landestypischen Setting.
Grundsätzlich wird uns aber mit dem Auslageraster ein sehr akkurater und starrer Rahmen für das Spiel vorgegeben. Hier herrscht eher gerade Schnittkante auf dem Spieltisch als wildromantisches Wuchern. Nichtsdestotrotz liegt das Spiel mit seiner thematischen Einbettung mitten im Trend der eher friedlich, harmonischen Naturspiele.
Blaue Rosen mögen keine gelbe Lilien…
Auch das Spielgefühl ist völlig unaufgeregt. Karte nehmen, in Ruhe überlegen wo sie optimal platziert werden kann, anlegen. Die einfachen Regeln ermöglichen einen schnellen Einstieg und lassen die Einstiegshürde niedrig.
Dabei ist Village Green aber nicht langweilig. Mit jeder Karte, die platziert werden will, gibt es interessante und bisweilen – aufgrund der Anlegeregeln – knifflige Entscheidungen zu treffen. Die drei Blumenfarben und -formen sind zwar überschaubare Faktoren, aber blaue Rosen können unmöglich neben gelbe Lilien platziert werden – das wäre für die Jury eine Totsünde!
Aber auch das Platzieren von Auszeichnungskarten bedarf der Überlegung: Welche Karten kann ich passend dazu spielen? Kann ich diese überhaupt nach den Legeregeln dort unterbringen ? Handele ich mir damit in der anderen Richtung mit der dort liegenden Auszeichnungskarte ggf. sogar Abzüge bei Spielende ein?
Jeder gärtnert für sich
Trivial ist Village Green daher ganz und gar nicht, aber man wird es meistern können. Dabei bleibt jede:r aber eher für sich, denn man konzentriert sich im Wesentlichen während des Spiels auf die eigene Auslage und die eigenen Optionen. Interaktion gibt es nur wenig, nämlich nur dann
- wenn mir eine Karte aus der Auslage weggeschnappt wird,
- jemand anderes die Auslage komplett austauscht oder
- die Mitspieler:innen das Spiel am Ende forcieren und die Endbedingung herbeiführen, obwohl ich mit meinen Plänen noch nicht soweit bin.
Nicht zu lange Zeit lassen!
Diese Optionen bieten aber meist nur wenig Raum für Groll. Das vermeintlich vorzeitige Beenden des Spiels ist dabei noch der wesentlichste Punkt. In ihm steckt auch ein Wettrennaspekt, der zu Spielende wichtig werden kann. Beschäftige ich mich noch damit, lukrative Auszeichnungskarten zu sammeln und bin mit meiner Grünanlagen-Auslage noch nicht so weit vorangeschritten, können mich andere schnell unter Druck setzen, wenn sie nur Grünanlagen in ihre Auslage spielen und damit das Spielende forcieren.
Man, ich brauch rote Rosen, keine gelben!
Natürlich beinhaltet das Spiel neben den Entscheidungen auch Glückselemente: Ziehe ich nur Karten, die nicht zueinander passen oder ist die Auslage nur mit Blütenformen und -farben bestückt, die ich nicht nutzen kann, hab ich schlichtweg Pech. Das kann vorkommen, aber meist bleibt einem noch ein wenig Spielraum für Plan B.
Dieser könnte darin bestehen, neue Auszeichnungskarten auszulegen oder bereits vorhandene mit neuen Auszeichnungskarten zu überbauen. Dies birgt aber das Risiko, wichtige Zeit zu vertändeln. Legen die anderen in der Zwischenzeit nur Karten in ihre Grünanlagen-Auslage, steigt der Druck des nahenden Spielendes.
Sweetspot
Ist es mal nicht so gut gelaufen, so bleibt immer noch der Ruf nach einer Revanche. Zu zweit dauert das Spiel meist nicht länger als 15 Minuten und ist daher für zwei Spieler auch optimal geeignet. Mit mehr Spielern ändert sich die Auslage häufiger, was die Planungen unkalkulierbarer macht, aber die Downtime wird auch länger. Das macht das Spiel nicht wirklich besser.
Zu zweit hat es eine gute Länge und lässt Raum für ein Best-of-three.
Dem Pech ein Schnippchen schlagen
Der Vollständigkeit halber sollte ich noch darauf eingehen, dass auch die Glückselemente weiter reduziert werden können. Drehe ich meine Dorfkarte während des Spiels um, gebe ich zwar einen Punkt auf, den ich bei aktiver Karte bei Spielende noch bekomme, kann damit aber noch zwei Dinge tun: Entweder darf ich die gesamte Auslage einer der beiden Kartenarten austauschen oder ich darf eine Grünanlagenkarte überbauen. Dies darf ich sonst nur bei Rasenkarten tun.
Besonders das Überbauen von Grünanlagenkarten kann wichtig werden, damit ich wieder Karten gemäß der Legeregeln in meine Auslage legen kann. Dies kann eine verfahrene Situation wieder auflösen und entspannen.
Zusammenfassung
Village Green lädt uns ein zu einer frühlingshaften Landpartie. Wir arrangieren Blumen, Bäume, Teiche und Pavillons zu attraktiven Landschaften, die hoffentlich bei Spielende von der Jury mit Auszeichnungen und vielen Punkten versehen werden.
Dies alles ist in ein sehr zugängliches Kartenspiel gebettet, das von uns aber immer wieder kleine, knifflige Entscheidungen verlangt.
Village Green ist dabei sehr gut für zwei Spieler:innen geeignet und hat eine schöne Spiellänge, die sich auch für „zwischendurch“ eignet. Die kleine Spielschachtel lässt sich gut mitnehmen, die Auslage lässt sich aber nicht auf jedem Bistrotisch unterbringen. Ein optimales Urlaubs- oder Feelgood-Spiel.
- Sehr gut für zwei Spieler geeignet
- Einfache Regeln und klarer Spielaufbau
- Kleines Spiel mit schönen Finessen
- Eine Pechsträhne ist selten, aber möglich
- Nur nicht das nahende Spielende verschlafen, das kann ins Auge gehen
- Die schnörkelige Schrift ist nicht immer gut zu lesen
Aus meiner Spielerperspektive: Village Green ist ein schönes Spiel für die Kaffeepause zu Zweit, als Opener oder Absacker. Ich mag sein unaufgeregtes Spielgefühl und das Setting einer erholsamen Landpartie. Ich spiele es jederzeit gerne, aber lieber in kleiner Runde. Ob es mich langfristig begeistern kann, muss sich zeigen.