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Mein KOMMENTAR zu Haben wir zu viele neue Spiele?

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Haben wir zu viele Spiele?

Angefacht durch einen Artikel von Michael Weber ist die nicht ganz neue Diskussion (ich erinnere mich dann an die letzte Jahreswende, da es zur Spiel 2013 ebenfalls gut 800 Neuheiten gab), ob es zu viele Neuheiten jedes Jahr gibt und in wie weit die Spiele eigentlich eine Chance haben sich in Richtung Klassiker zu entwickeln: Warum müssen es überhaupt 850 Neuheiten in Essen sein und warum tun es dann nicht auch 300 oder 400 Spiele, dann aber mit mehr Qualität. Insbesondere wenn die nächsten Neuheiten (siehe BrettspielboxNews) schon wieder vor der Tür stehen.

Diesen Gedanken hat Guido von TricTrac aufgegriffen und pflichtet Michael in seiner Meinung bei. Haben wir am Ende nur Masse statt Klasse? Wie kann der Normalspieler mit dieser Neuheitenflut umgehen, wenn sich der Vielspieler schon schwer tut einen Überblick zu behalten.
Spannend an dieser Stelle finde ich jedoch die gegenläufige Meinung von darkpact (in der Spielbar veröffentlicht), der zum einen die Zahl von 850 Spielen relativiert und den gefühlten Wahn etwas entkräftet.

Neuheiten Spiel
Quelle: Spielbox

 

MEIN KOMMENTAR

Wenn man sich die nackten Zahlen (und diese sind aus der Statistik der Spielbox herausgegriffen und eventuell nicht vollständig) anschaut, steigt die Anzahl der Spiele, die auf der größten Messe in Essen präsentiert werden, in den vergangen Jahren kontinuierlich an, auch wenn das Niveau von 2014 nahezu bei 2013 liegt. Jedoch darf man bei der Statistik nicht vergessen, dass die Ausstellungsflächen, die Anzahl der Aussteller sowie die Anzahl der verschiedenen Nationen ebenfalls in den betrachteten Jahren angestiegen sind. Somit vergleicht man ggf. Äpfel mit Birnen.

Was man sicherlich feststellen kann, ist, dass dem Spieler aus Deutschland mehr Spiele zur Verfügung stehen, als doch 6 Jahre zuvor. Damit aber auch eine andere Vielfalt und diverse neue Nischen sowie Spielarten.

Perlen erkennen

Natürlich sind > 800 „neue“ Spiele eine sehr große Zahl. Und wenn man ganz ehrlich ist, so ist doch auch sehr viel qualitatives Mittelfeld bis Abstiegszone bei den neuen Spielen. Aber ich muss diese ja auch nicht unbedingt spielen. Viele Sachen reizen mich persönlich schon von der Thematik nicht oder sind im Aufbau zu kompliziert und wenig eingängig zu erschließen. Das wird aber auch anderen so gehen. Die Frage ist jedoch, wie soll man da den Überblick behalten? Gilt die Frage nun uns Schreibern, den Vielspieler, oder dem „normalen“ Gelegenheitsspieler?

Die letzten beiden Gruppen haben zumindet auf Events wie Essen, Herne, Ratingen, Darmstadt oder München um nur einige zu nennen, die Möglichkeit Spiele auszuprobieren und zu testen. Herauszufinden, ob ein Spiel anspricht oder eher nicht. Und dann ggf. einen Kauf zu tätigen. Die Veranstaltungen jedenfalls werden durch viele begrüssenswerte Initiativen zum einen in der Anzahl mehr und immer besser besucht. Gelegenheiten sich persönlich ein Urteil zu bilden steigen somit. Diese Spieler kaufen aber auch nicht mehr als neue 20 Spiele im Jahr. Sondern deutlich weniger und spielen diese sowie ältere aus dem Schrank auch häufiger.

Schreiber und Vielspieler haben mehr Probleme den Überblick zu behalten

Die Aufgabe der Schreiber ist es Hinweise zu geben, welches Spiel anschauenswert ist oder eher nicht. Er stellt Wegweiser im Dschungel der vielen Spiele auf. Dabei können 800 neue Spiele schon recht hinderlich sein. Zurzeit gibt es kaum einen vollbezahlten Blogger oder Journalisten in der Brettspielerszene. Daher geschieht vieles in der Freizeit, die bei den meisten eben auch begrenzt ist. Man kann sicherlich nicht alles im Blick haben und eine kleinere Anzahl von Spielen wäre hilfreich, über möglichst viel und umfassend zu berichten. Mit Sicherheit wird die ein oder andere Perle auch nicht auf den ersten Blick entdeckt werden (dieses ist aufgrund der guten Internetvernetzung und der Vielzahl an Medien und Rezensionsseiten jedoch für mich das geringere Problem, da sich solche Perlen dann doch sehr schnell herumsprechen).
Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die guten Spiele über kurz oder lang herauskristallisieren und über die schlechte(re)n dementsprechend  weniger berichtet wird und sie dadurch auch weniger gekauft werden. Wobei wir dann auch schon wieder bei der Frage sind, was ist gut oder schlecht, denn über Geschmack lässt sich schließlich vortrefflich streiten.

Natürlich müssen Verlage, Autoren und die schreibende Zunft zusammenarbeiten, aber jeder sollte in der Lage sein, seinen Kompass in die Hand zu nehmen und sich Durchblick zu verschaffen.

Verlage: Bitte keine (Selbst)reglementierung

Wie soll das Problem – sollte es denn eins sein – behoben werden. Eine Selbstverpflichtung der einzelnen Verlage halte ich für nicht sinnvoll. Eine Quote („nicht mehr als 5 neue Spiele pro Verlag“) erst recht nicht und wahrscheinlich auch nicht durchsetzbar. Was machen wir mit neuen Verlagen, die auf den Markt drängen und teilweise ein oder zwei neue Spiele im Gepäck haben (als Bundesliga: „nur 2-3 Aufsteiger je Saison“).

Ich weiß, dass ich damit überzeichne, aber mir ist die Vielfalt bedeutend lieber! Denn wenn sich der Markt reduzieren würde, hätten es Nachwuchstalente bedeuten schwerer bei den Verlagen anzukommen. Denn in einem begrenzten Markt würden etablierte Autoren wie ein Teuber, ein Knizia, ein Kramer (und damit äußere ich mich nicht zur Qualität dieser Autoren) etc. aufgrund ihres Zugpferdcharakters eher ziehen und den Vorzug erhalten, als z.B. die beiden Autoren Ostertag und Drögemüller mit Terra Mystica, was schon in einem eigenen unabhängigen Verlag herausgekommen ist (wenn auch strenge Redaktionstüren nicht der Grund für den eigenen Verlag gewesen sein wird.). Dann haben wir erst recht den Einheitsbrei und fehlende Möglichkeiten es was neues zu etablieren.

Wahrscheinlich wären bei weniger Spielen auch diverse Spiele durch mehr Zeit in der Redaktion noch ein Stück besser geworden oder ggfl gar nicht auf den Markt gekommen. Aber auch das hängt vom jeweiligen Verlag ab. Und auch hier werden Verlage, die zu wenig Qualität und dafür mehr Masse herausbringen über kurz oder lang wirtschaftliche Probleme bekommen und weniger nachgefragt werden.

Natürlich kommt es vor, dass oben genannte Perlen zum Beispiel auf den jeweiligen Messen (siehe Japon Brand Games in Essen) ausverkauft sind, aber gerade in den letzten Jahren konnte man erkennen, dass dann andere Verlage einspringen um neue und größere Auflagen (siehe Love Letter) herauszubringen, da die Nachfrage sich für eine Neuauflage lohnend zeigt.

Andere Mechanismen müssen greifen

Wenn es darum geht dem Gelegenheitsspieler mehr Halt und Richtung zu geben, müssten an dieser Stelle andere Mechanismen greifen, als eine auferlegte Regulierung des Marktes. Da sollte dann mehr über Marketingkonzepte, Medienpräsenzen etc. diskutiert werden. Welche Hilfestellung kann ich dem Normalspieler geben. Gibt es bessere Plattformen über die man sich informieren kann. Wie kann ich ggf. den Einzelhandel besser unterstützen (Ratgeber ist vor wenigen Wochen herausgekommen), das Personal besser schulen, die häufig keine Ahnung von Spielen haben und eher ein Monopoly oder das aktuelle Spiel des Jahres empfehlen, weil sie häufig kein Wissen über die Spiele haben, die sich sonst noch in den Regalen tummeln (wie häufig habe ich schon erlebt, dass der Verkäufer mir die Rückseite des Spielkarton vorliest – danke, dass hätte ich auch noch selbst hin bekommen).

Was können wir Blogger oder Brettspieljournalisten tun (zu wem wir uns auch immer zählen): weiter ehrliche Aufklärungsarbeit leisten. So unabhängig wie nötig über die Spiele schreiben. Perlen entdecken und diese entsprechend darstellen. Weniger auf Massen denn auf Klasse bei der Berichterstattung setzen (Es soll ja einzelne Blogger / Rezensenten geben, die berichten über 200-300 Spiele pro Jahr in Tests oder auch Spielgefühlen). Und muß ich wirklich über jedes Spiel, was mir in die Hände kommt, berichten?
Wobei wir dann wieder bei einer anderen Diskussion wären: Was macht eigentlich guten Brettspieljournalismus aus?

Spiele werden mittelfristig günstiger

Einen ganz anderen Vorteil sehe ich durch den Zuwachs an Spielen: Der von vielen als zu hoch empfundene Preis reguliert sich in den Folgejahren auf ein erträgliches Maß, denn auf der Messe in Essen wurden viele Spiele aus dem Vorjahr zum Schnäppchenpreis angeboten, um Platz für die neuen Spiele zu machen. Und ich kenne viele die sich diesen Marktmechanismus zu nutze machen, um diverse Spiele mit in den Spieleschrank aufzunehmen.

 

Somit bleibe ich dabei, dass ich nicht glaube, dass es zuviel Spiele sind, die auf den Markt kommen!

2 COMMENTS

  1. Ich verstehe deine Ausführungen.
    Mir fehlen derzeit auch Lösungen für das ganze. Nur anprangern ist schwierig.

  2. Viele Spiele zur Auswahl kann man – wie auch ich finde – nur begrüßen. Dass ich nicht alles Spielen kann, stört mich nicht (viele oder gar alle Spiele kennen zu müssen ist zumindest für den Spieler eigentlich ein komischer Selbstzweck, eigentlich sollte es doch ausreichen, genügend Abwechslung im Form von für den/die einzelnen interessanten Spielen zu finden?).

    Der wichtigere Punkt ist demnach für den Spieler: Wie finde ich mich in der Flut an Neuheiten zurecht? Dass diese Flut manch einen bei seinen Kaufentscheidungen überfordert, kann ich gut verstehen – nicht jeder möchte ständig alle Newsblogs, Rezensionen usw. usf. verfolgen und auch der kleine Händler um die Ecke kann das wohl nicht immer leisten.
    Hier sehe ich sehr viel mehr die Verlage selbst in der Verantwortung, ihre Produkte viel klarer zu klassifizieren. Für den Kunden sollte viel klarer erkennbar sein, was er bekommt, wenn er im Laden ein Spiel in die Hand nimmt. Gerade hochpreisige Brettspiele um 30-50€ sind eigentlich viel zu teuer um sie blind zu kaufen. Da reicht mir die mögliche Spielerzahl und eine geschätze Spielzeit einfach nicht aus.
    Ich möchte wissen:
    * Für wieviele Spieler ist das Spiel am besten geeignet (nur weil Caverna zu siebt funktioniert muss das ja noch keine gute Idee sein…)
    * Ist es ein kooperatives Spiel, spiel man gegeneinander, nebeneinader her? (der eine mag nicht nur vor sich hinspielen, der andere ist angefressen, wenn ihm jemand durch Interaktion seine Sandburg wieder zerstört).
    * Wie lang und schwierig ist die Einarbeitung vor dem ersten Spiel (in ein Spiel mit >20 Seiten Anleitung wird sich mancher vielleicht nie wirklich einarbeiten)
    * Wie grübellastig, gemein, glückslastig,…. ist das Spiel?
    * Herstellen eines Bezugs zwischen den Spielen (dieses Spiel könnte dir gefallen wenn dir xy gefallen hat)
    * Langfristig vielleicht auch sinnvoll: Auf der Schachtel vermerken, für wen dieses Spiel NICHT geeignet ist – vermeidet Enttäuschungen.

    Letztlich wären das Werkzeuge, die einen Käufer eher ein geeignetes Spiel finden lassen, ohne lang im Internet zu recherchieren. Hiermit können in Folge auch Shops oder Händler arbeiten.

    Gut vorstellen kann ich mir hier von Seiten der Verlage (mehr und klarere) bestimmte Serien oder Formate, die bestimmte Zielgruppen ansprechen und auch ein gewisses Qualitätssiegel darstellen.

    Eine gute Orientierung sind natürlich auch Spielepreise, die sich aber großteils denke ich noch besser auf die Vielfalt der Spiele und Spieler einstellen könnten. Persönlich bin ich etwa nicht der Meinung, dass ein Spielejahrgang mit einen Kinder-, Kenner- und Standard-Spiel des Jahres wirklich schon abgebildet ist bzw sehr unscharf ist. Hier ist etwa der österreichische „Spielehit für…“ schon etwas näher dran. Auch speziell Spiele für besonders viele Spieler oder nur für 2 Spieler (für den einen gänzlich uninteressant, für den anderen die bevorzugte Weise zu spielen) auszuzeichnen, auch echte Expertenspiele zu berücksichtigen, der Spielehit mit Freunden,… alles großartige Ideen, die eine Kaufentscheidung erleichtern können.

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