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REVIEW | Rezension Brettspiel Turing Machine

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1982

Turing Machine ist ein besonderes Brettspiel.

“Codes are a puzzle. A game, just like any other game.” – auf Deutsch etwa „Codes sind ein Rätsel. Ein Spiel wie jedes andere Spiel.“ ist ein berühmtes Zitat von Alan Turing und ist auf der Schachtelrückseite von Turing Machine abgedruckt.

Alan Mathison Turing (23. Juni 1912 – 7. Juni 1954) war ein englischer Mathematiker, Informatiker, Logiker, Krypto Analytiker, Philosoph und theoretischer Biologe. Turing hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der theoretischen Informatik, indem er mit der Turing-Maschine, die als Modell eines Allzweckcomputers angesehen werden kann, eine Formalisierung der Konzepte von Algorithmen und Berechnungen ermöglichte.

Als jemand, der selbst beruflich viel mit Informatik zu tu hat, ist Alan Turing schon immer ein großes Vorbild gewesen. Dementsprechend groß war mein Interesse mir das Spiel mal genauer anzusehen. Somit war es das erste Spiel, dass ich nach der SPIEL auf dem Tisch hatte.

Das eben angebrachte Zitat beschreibt das Spiel in aller Kürze genau. Wer es dennoch genauer wissen will, liest einfach weiter.


SPIELBESCHREIBUNG

Der Spielablauf von Turing Machine ist denkbar einfach. Unsere Aufgabe ist es, einen dreistelligen Code mit den Ziffern 1-5 zu finden. Wer den Code in den wenigsten Runden knackt, gewinnt das Spiel. Allerdings bekommen wir alle nur einen einzigen Versuch. Ist dieser falsch, scheiden wir aus der Runde aus.

Beim Spielaufbau legen wir 4-6 Kontrollkarten aus. Diese prüfen den Code auf bestimmte Merkmale. Diese sind zum Beispiel:

  • Ob es im Code mehr gerade oder ungerade Zahlen gibt;
  • Ob die 2. Ziffer größer ist als 3;
  • Wie viele 1ser es im Code gibt.

In jeder Runde wählen wir einen bestimmten Code und dürfen damit bis zu drei dieser Kontrollkarten „befragen“. Durch das Lochkartensystem wird dann genau ein Feld sichtbar und zeigt entweder einen grünen Hacken oder ein rotes Kreuz. Damit wissen wir dann ob, bei diesem Merkmal unser Code mit der Lösung zusammenpasst.

Das geht mit einem Beispiel einfacher: Angenommen, in der Mitte liegt eine Karte, die Prüft, wie die dritte Ziffer in Relation zur Zahl 4 steht. Es gibt also genau 3 mögliche Antworten – entweder ist die dritte Ziffer genau 4, größer als 4 oder kleiner als 4. Wenn wir nun den Code 142 auf diese Karte legen, stellen wir also die Frage: Ist die dritte Ziffer kleiner als 4? Sehen wir dann einen grünen Hacken, so wissen wir die dritte Ziffer ist eine 1, 2, oder 3. Sehen wir ein rotes Kreuz, ist die zweite Ziffer nicht kleiner als 4, also bleibt nur noch eine 4 oder eine 5.

Nachdem jeder die Möglichkeit hatte bis zu drei Fragen zu stellen, signalisieren wir gleichzeitig mit Daumen hoch oder runter, ob wir bereit sind zu lösen. Wer zuerst den richtigen Code herausgefunden hat gewinnt dann das Spiel.



AUTOR: Fabien Gridel, Yoann Levet ■ GRAFIKER: Sébastien Bizos
VERLAG: Le Scorpion Masqué ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022

spieler

1-4 Spieler

alter

ab 14 Jahren

zeit

ca. 20 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu BGG)


SPIELGEFÜHL

Zunächst muss ich das Design von Turing Machine hervorheben. Rein handwerklich ist es ein brillantes Werk, dessen Innenleben sich meinem Verständnis wirklich entzieht. Was es mit seinen analogen Komponenten und endlosen Lösungen leistet, hätte ich ohne App für unmöglich gehalten. Es kommt zwar in der Anleitung nur mit 25 Rätseln, jedoch findet man online Millionen weitere, für die auch keinerlei weiteres Material gebraucht wird. Allein dafür verdient es schon meine Bewunderung.

Spielmechanisch kann man es simple beschreiben als numerisches Logikrätsel. Nicht mehr – nicht weniger. Es gibt kein Engine-Building, keinen Dungeon zu entdecken, noch nicht einmal Illustrationen. Turing Machine ist Deduktion in Reinform. Wem das gefällt, der darf sich hierbei auf einen sehr guten Vertreter des Genres freuen.

Wie schon gesagt, der Ablauf ist sehr simpel. Der Schlüssel liegt darin, die richtigen Fragen zu stellen, und die Antworten richtig zu interpretieren. Der Verlag hat mittlerweile ein Beiblatt zur Anleitung online gestellt, womit er nochmals Hilfestellung zur richtigen Interpretation der Antworten gibt. Sie haben festgestellt, dass dazu tendiert wurde, zu viel in eine negative Antwort mancher – komplexen – Kontrollkarten zu interpretieren. Das Ganze haben sie das X-Paradoxon genannt.

Turing Machine hat einen Vorteil gegenüber einigen anderen Deduktionsspielen, das sich die Logikregeln und Fragen, die wir stellen können, bei jedem Spiel ändern. Dies bedeutet, dass wir die Regeln für die Gesamtstrategie beim Spielen immer wieder neu herausfinden müssen. Man kann also keinen vorgefertigten Weg ablaufen, sondern muss die Strategie anhand der ausliegenden Kontrollkarten jedes Mal neu ausrichten.

Wer schon Erfahrung beim Deduzieren hat, wird feststellen, welche Kontrollkarten die Antwort schneller eingrenzen als andere. Andere jedoch, werden feststellen, welches Zusammenspiel von zwei oder mehr unterschiedlichen Merkmalen die Antwort noch schneller eingrenzen kann. Es geht darum, den Code so schnell und effizient wie möglich einzugrenzen. Mit einer großen Auswahl an möglichen Codes und Merkmalen gibt es jedes Mal ein neues Spiel.

Es gibt aber auch viele, die zu solchen Spielen keinen Zugang haben. Ich musste auch schon schnell zu Schrank laufen und ein anderes Spiel holen, weil ich während der Erklärung gemerkt habe, dass es in dieser Runde nicht funktionieren wird. Die größte Schwachstelle des Spiels ist es, eine nicht-homogene Gruppe zu haben. Sollten manche einfach ein besseres Händchen beim Deduzieren haben, werden alle anderen keinen Spaß haben. Auch wenn die Anleitung eine Lösung für dieses Problem liefert, so behebt diese nicht das Unterlegenheitsgefühl, das entstehen kann.

Allerdings lässt sich Turing Machine auch Kooperativ (oder solo) spielen, indem wir einfach zusammen versuchen den richten Code zu finden. Es gibt sogar online eine Vergleichsmöglichkeit, mit der wir unsere Anzahl an Zügen mit einer Art künstlichen Intelligenz vergleichen können. Das kann helfen, um die Spannungen zu lösen und trotzdem für alle ein positives Spielerlebnis herauskommt.


Zusammenfassung

Auch wenn wir strenggenommen, keine Turing Maschine vor uns haben, so trifft das Spiel Turing Machine genau meine Vorstellungen. Es ist eins der besten Deduktionsspiele, die mir bisher untergekommen sind. Ist aber ganz klar nicht etwas für alle. Es wird niemanden überzeugen plötzlich Deduktionsspiele zu mögen. Außerdem ist es ungeeignet dafür, in die Welt der Deduktionsspiele einzuführen. Dafür eignen sich meiner Erfahrung nach eher Spiele mit etwas mehr Thema.

Turing Machine ist kompromisslos in seiner Reinheit und Einfachheit. Es ist ein Generator hochwertiger Logikrätsel, die wir lösen. Es sind nicht die Regeln, die ein Hindernis für die Zugänglichkeit und den einfachen Einstieg darstellen, sondern seine Hingabe an diese Eleganz und Reinheit und die Weigerung, sich mit thematischen Spielereien oder Drehungen auseinanderzusetzen.

  • Unglaublich gut durchdachtes System
  • Eleganter, einfacher Mechanismus
  • Vielzahl verfügbarer Rätsel
  • Downtime durchaus möglich
  • Nicht für alle geeignet


Aus meiner Spielerperspektive: Als großer Fan von Deduktionsspielen, bin ich großer Fan von Turing Machine. Für mich einer der besten Vertreter des Genres.

7 COMMENTS

  1. Hi Tim. Danke für deinen Artikel. Ich hab durch Cryptid eine unerahnte Vorliebe für Deduktionsspiele entdeckt und überlege jetzt auch Turing Machine und the lost code zu holen. Weißt du etwas davon, wann eins (beide) auf deutsch kommt und hast du schon the lost code gespielt? Liebe Grüße,Sarah

    • Hallo Sarah, freut mich, dass du eine Vorliebe für Deduktionsspiele entdecken konntest. Ich habe The Lost Code noch nicht gespielt. Durch den Aufbau bei Turing Machine habe gibt es immer neue Fragen und somit auch Lösungsstrategien. Dadurch ist jedes Spiel vom Ansatz her anders und eins der großen Stärken von Turing Machine gegenüber anderen Deduktionsspielen. Das habe ich bei z.B. Lost Code nicht gesehen. Über Lost Code weiß ich nichts von einer deutschen Version. Das Spiel selbst scheint aber sprachneutral zu sein. Turing Machine soll im Frühjahr auf Deutsch kommen. Hier ist es tatsächlich sehr sinnvoll auf die Lokalisierung zu warten.
      LG
      Tim

      • Ah perfekt. Vielen Dank für die ausführliche und schnelle Antwort. Hast du noch andere Empfehlungen, wenn du deduktionsspiele auch so magst. Hab jetzt auch finding atlantis und Feed the Kraken geholt.
        Und ja cool mit Turing machine. Da macht es ja echt Sinn. Obwohl es mich immer in den Fingern juckt Hahahah

        • „Die Suche nach Planet X“ scheint ein interessantes Deduktionsspiel zu sein. Ich habe es aber selbst noch nicht gespielt.
          „Unangenehme Gäste“ ist auch ein tolles Deduktionsspiel.

          Finding Atlantis gefällt mir auch sehr.
          Interessant scheint auch Shipwreck Arcana zu sein. Allerdings gibt es das leider nicht auf deutsch.

          • Ja. Mit shipwreck arcana hab ich auch schon geliebäugelt. Aber entweder sind’s mega portokosten oder wird (find ich) viel zu überteuert bei Kleinanzeigen.
            Unangenehme Gäste find ich auch geil. Aaaaaah ich werde arm hahaha

        • Feed the Kraken habe ich auch gespielt. Ist auch ein super spiel. Aber Social Deduction ist ja dann nochmal was anderes. Ich kann auch Die Alchemisten sehr empfehlen, wenn es etwas mehr „Spiel“ sein darf.

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