Freitag, Oktober 4, 2024
StartJahr2022REVIEW | Rezension Brettspiel Die wandelnden Türme

REVIEW | Rezension Brettspiel Die wandelnden Türme

Wandelnde Türme? Was soll es denn damit auf sich haben? Beim Blick aufs Cover war ich sehr skeptisch und nahm an, dass dort wieder deutlich übertrieben worden sei… Aber: So viel möchte ich schonmal verraten: Das Spielmaterial hält, was es auf dem Cover verspricht. Wer erst einmal eine eindrucksvolle Konstruktion aus neun Turmelementen über den Spielplan bugsiert hat, wird verstehen, was ich meine. Cover und Titel führen uns nicht in die Irre! Was für ein Spiel ist „Die wandelnden Türme“ und was hat es neben eindrucksvollem Spielmaterial noch zu bieten? 

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Das Ziel des Spiels Die wandelnden Türme besteht darin, dass wir mit unseren Magier-Spielfiguren als erste vollzählig die Rabenburg erreichen. Zudem müssen bis zu diesem Zeitpunkt alle unsere Zaubertrankflaschen gefüllt sein.

Zu Spielbeginn erhalten wir eine nach Anzahl der Mitspielenden angepasste Menge an Magierfiguren und Zaubertrankflaschen. Diese werden auf dem Spielplan – einem Rundkurs bestehend aus 16 Feldern – nach vorgegebenem Muster eingesetzt. Alle Mitspielenden erhalten drei Handkarten mittels derer die Spielfiguren oder die ebenfalls auf dem Rundkurs befindlichen neun Turmelemente bewegt werden dürfen. Die Karten lassen uns entweder Magier bewegen oder Türme/Turmteile. Einige Karten lassen uns die Wahl. Die jeweilige abgedruckte Zahl bestimmt dabei, wie weit wir das jeweilige Element bewegen dürfen.

Ist man an der Reihe darf man in zwei Aktionen jeweils eine dieser Bewegungskarten ausspielen und die jeweilige Bewegung durchführen: 

  • Man darf mit den Bewegungen für Magierfiguren nur eigene Magier bewegen. Diese dürfen sich über Spielplanfelder oder über Turmteile bewegen. Sie müssen immer mit einem passenden Wert in den Rabenturm bugsiert werden. 
  • Man darf mit den Bewegungskarten für die Türme immer wählen, ob man ganze Türme oder nur einzelne Turmsegmente bewegt. Bewegt man einen Turmteil so, dass am Zielpunkt Magierfiguren darunter eingeschlossen werden, darf man eine seiner Zaubertrankflaschen auf die Seite „gefüllt“ drehen.
  • Auf einigen Karten sind statt Bewegungswerten Würfel aufgedruckt. Hier darf man seine Bewegungszahl würfeln und hat ggf. mehrere Versuche, um auf die gewünschte Zahl zu kommen.

Und grundsätzlich gilt es bei all dem den Überblick zu wahren, wo und unter welchen Turmteilen die eigenen Magierfiguren gerade versteckt sind – es wird garantiert nicht immer gelingen!

Wer es dann schafft, eine Figur in den Turm zu bugsieren, versetzt den Rabenturm auf das nächste freie Feld mit einem Rabenschild. Auf diese Weise wandern nicht nur Figuren und Turmteile, sondern auch unser Ziel. Wer als erstes alle Magierfiguren im Rabenturm untergebracht hat und alle Zaubertrankflaschen gefüllt hatte, gewinnt Die wandelnden Türme.

Neben den Bewegungskarten liegen dem Spiel auch sog. Zauberspruch-Token bei. Wer eine bestimmte Anzahl an gefüllten Zaubertrankflaschen abgibt, darf sich damit zusätzliche Bewegungen oder Aktionen erkaufen. Diese Zaubersprüche können das Spiel nach und nach etwas herausfordernder gestalten. Ebenso kann das Spiel mit vier oder sechs Spielern im Team gespielt werden.



AUTOR: Wolfgang Kramer, Michael Kiesling ■ ILLUSTRATIONEN: Michael Menzel
VERLAG: Abacusspiele ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022

spieler

2-6 Spieler

alter

ab 8 Jahren

zeit

ca. 30 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu )


SPIELGEFÜHL

Zugegebenermaßen habe ich nach der Erklärung des Spiels nicht allzu viel von Die wandelnden Türme erwartet – irgendwie klang das alles doch ein wenig nach Memory trifft Mensch-ärger-dich-nicht und daher wenig ansprechend für mich. Aber die ersten Partien lehrten mich gleich: Diese Mischung ist reizvoll! Woran das liegt?

Lasst uns Muffins stapeln!

Zunächst einmal ist die Gestaltung des Spiels sehr schön gelungen – mit Autoren, Illustrator und Verlag kommt eine Menge Erfahrung bei der Gestaltung von Spielen zusammen, die auch Die wandelnden Türme zu einem richtig schönen Familienspiel haben werden lassen.

Nicht zuletzt die Türme bringen hohen Aufforderungscharakter mit, der auch bei Erwachsenen gut funktioniert. Wir wollen diese Türme, die immer ein wenig an leckere kleine Muffins erinnern, stapeln und sehen, wie sich das Spielfeld verändert. 

Das Spielmaterial ist dabei wirklich gut gelungen, denn die Türme sind stabil und lassen sich gut stapeln. Die dadurch entstehenden Türme sind natürlich mit Sorgfalt zu behandeln, halten aber auch mal einem Ruckeln stand. Und sogar, wenn alle übereinander stehen, geht da eigentlich wenig schief. Nur beim Aufeinandersetzen muss man ggf. ein wenig drehen, damit Ober- und Unterteil richtig passen.

Das Zusammenbauen der Türme muss nur einmal geleistet werden. Nach der ersten Partie bleiben sie zusammengesteckt in der Spielschachtel, so dass der Aufbau der nächsten Partie schnell durchgeführt werden kann.

He, he – hab Dich!

Der zweite Faktor, der zu einem gelungenen Spielerlebnis beiträgt, sind die Emotionen, die das Spiel hervorruft. 

Die wandelnden Türme ist ein Wettrennen, bei dem logischerweise jeder als Erste:r ins Ziel kommen möchte. Rempeln und schubsen sind dabei natürlich an der Tagesordnung und Schadenfreude lauert hinter jeder Ecke.

Einerseits ist da der gewollte Ärgerfaktor: Man kann seine Zaubertrankflaschen nur füllen, wenn man Magierfiguren in Türme einsperrt. natürlich versucht man dies bei eigenen Figuren zu vermeiden, doch manchmal ist man geradezu gezwungen, auch eigenen Figuren festzusetzen. Im Fokus stehen aber natürlich die Konkurrenten und die nimmt man zuerst ins Visier. Hier wird ordentlich geschimpft, vor allem von denen, deren Magierfiguren irgendwann alle verborgen sind. Hier geht dann erst wieder die Suche nach bewegbaren Spielfiguren los. 

Glücklich ist die oder der, der genau weiß, wo die Spielfiguren versteckt sind und dann gleich Türme samt Magier Richtung Rabenturm bugsiert – freilegen kann man sie ja immer noch.

Wo war doch gleich….?

Aber: Durch die ständigen Positionswechsel Der wandelnden Türme und das Abtragen von Ebenen kommt man flott durcheinander, so dass man auf einmal nicht mehr weiß, wo die eigenen Figuren zu finden sind. Schnell geht man von einer völlig anderen Ausgangslage aus und ist verwundert, auf welchem Weg und an welcher Position die eigenen Spielfiguren dann doch wieder zum Vorschein kommen. Aber gerade die völlige Ratlosigkeit und die zufälligen Funde erzeugen neben dem Ärgerfaktor so manchen Lacher. 

Wie man sieht: Hier regiert viel Zufall und eine gehörigen Portion Glück! Sicherlich kann man mit einer guten Merkfähigkeit hier seine Trümpfe besser ausspielen als die Mitspielenden. Sicher sind auch Kinder hier im Vorteil. 

Für wen ist das was?

Das Spiel funktioniert ab zwei Mitspielenden, kommen weitere Spieler:innen hinzu, gewinnen Chaos und Spielgeschehen deutlich hinzu. Natürlich kommt es ganz auf den Spielverlauf an, aber manche Runde ist schneller absolviert, als die angegebenen 30 Minuten – Die wandelnden Türme eignet sich daher auch gut als Absacker oder Filler. 

In Familienrunden eignet es sich gut für alle Altersklassen – wie erwähnt sind Spielende mit guten Merkfähigkeiten im Vorteil und Kinder stecken die Erwachsenen gerne mal in die Tasche.

Gut gelungen ist auch die Anpassung an die Spielerzahl – einer Tabelle ist einfach zu entnehmen, mit wie vielen Flaschen und Magiern man mit welcher Anzahl an Mitspielenden man in Spiel geht. So ist die Länge des Spiels der Spielerzahl gut angepasst. Es kann dann nur nicht jeder mit seiner Lieblingsfarbe spielen, denn nur gelb und blau stehen in ausreichend großer Menge für alle Spielerzahlen zur Verfügung.

Alles geregelt

Die wandelnden Türme liefern wenig Raum für Verständnisschwierigkeiten – es kann superschnell erklärt werden und schon kann es losgehen. Die einzige Regel, die ein wenig irritiert ist die in Bezug auf die Zaubersprüche, die als Plättchen für Modifikationen oder Boni eingesetzt werden können. 

Um diese nutzen zu können, muss man gefüllte Zaubertrankflaschen einsetzen und abgeben. Hier kommt immer wieder kurz die Frage auf, ob man dann trotzdem die Siegbedingung „Alle Zaubertrankflaschen müssen gefüllt sein“ erfüllt hat. Das kann aber schnell geklärt werden, so dass dann am Regelverständnis nichts mehr klemmt.

Der seltene Fall, dass man ausschließlich Handkarten zum Bewegen von Spielfiguren auf der Hand hat, aber keine Spielfigur für das Versetzen zur Verfügung steht, hat man optional den Austausch der Handkarten und das Bewegen eines Turmteils gegenübergestellt. Man kann daher auch in diesem Fall immer etwas tun und sich so ggf. in eine gute Ausgangsposition für den nächsten Spielzug bringen.


Zusammenfassung

Die wandelnden Türme vereint ein flottes Wettrennspiel mit Memory-Effekten und macht daraus ein schönes Familienspielerlebnis mit sehr zugänglichen und überschaubaren Regeln. Das Spiel fördert nicht nur die Merkfähigkeit der Mitspielenden, sondern auch Schadenfreude und so einige Überraschungseffekte, wenn die eigenen Spielfiguren ganz woanders auftauchen, als man sie vermutet hat. Durch das Verstecken und Wiederfinden sowie die Konkurrenz beim Wettrennen entstehen viele unterschiedliche Emotionen am Spieltisch.

Die wandelnden Türme kann auch prima als Absacker oder Opener zum Aufwärmen gespielt werden. Die schön gestalteten Materialien und vor allem die Muffin-förmigen Türme machen Spaß und bringen dabei einen großen Aufforderungscharakter mit. 

  • Schönes Spielmaterial mit hohem Aufforderungscharakter und schönen, stabilen Turmteilen
  • Einfache und schnell zugängliche Regeln
  • Durch das gegenseitige Ärgern und das Suchen und Finden der Spielfiguren entsteht ein sehr lebendiges Spielgefühl
  • Sollte man nicht zu häufig spielen, dann geht der Wiederspielreiz verloren
  • Nicht zu viel vom Spiel erwarten – hier bleibt viel dem Glück überlassen
  • Ein wenig Frustrationstoleranz muss schon sein

Aus meiner Spielerperspektive: Mir gefällt Die wandelnden Türme sehr gut – ich mag es, wenn sich eindrucksvolle hohe Türme bilden und ich total den Überblick verliere, wo sich meine Magier verbergen. Ich nehme es daher als reines Spaßspiel und gehe nur mit wenig Ehrgeiz an die Sache – beim Merken der Positionen bin ich eh eine Niete und freue mich umso mehr über jeden Zufallsfund. Zu oft wird das Spiel sicher nicht auf den Tisch kommen, aber mit Wenigspieler:innen und als Absacker werde ich Die wandelnden Türme sicher noch oft auf den Tisch bringen.

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