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REVIEW | Rezension Roadkill

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Vor lauter Neuheiten fehlt einem manchmal der Blick für die kleinen Perlen, die bereits länger auf dem Markt sind. Mit Roadkill habe ich vor Kurzem eine solche Perle entdeckt bzw. im Spieleladen des Vertrauens empfohlen bekommen. 

Dies ist daher nicht nur eine herzliche Einladung, mal einen Blick über den Tellerrand des jährlichen Hypes zu werfen, sondern auch eine Empfehlung,  Tipps des lokalen Einzelhandels nachzugehen. Hier lässt sich mehr entdecken, als man bereits kennt.

Aber zurück zu Roadkill: Wer sich auf ein skurriles, makabres Thema und ein hübsches kleines Ärgerspielchen einlassen möchte, der ist hier genau richtig.

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Jeder Spieler erhält ein Spielbrett, das einen Straßenabschnitt mit zwei Straßenseiten darstellt. Das Spielbrett bietet Platz für 2 x 4 Handkarten, die dort abgelegt werden können.

Die Karten sind auf der Rückseite mit einer Zahl markiert. Spielt man zu viert, so mischt man einfach die Karten mit der 2, 3 und 4 auf der Rückseite zusammen. Jeder Spieler erhält sechs Handkarten.

Das Spiel wird über drei Runden gespielt. Wer an der Reihe ist, legt einen Karte auf einem eigenen oder gegnerischen Straßenabschnitt ab und zieht eine Karte nach.

Die Handkarten bieten folgende Optionen:

  1. Lebende Tiere
    Diese kann man einfach auf einem Straßenabschnitt oder auf tote Tiere ablegen, um diese wiederzubeleben. Man erhält keine Minuspunkte. Enthalten sind Igel, Füchse, Waschbären und Rehe.
  2. Überfahrene Tiere
    Diese kann man auf lebende Tiere legen, damit aus ihnen tote Tiere werden. Diese bringen in der Auslage und am Spielende auf der Hand Minuspunkte. 
  3. Lastwagen
    Sie können auf lebenden Tieren platziert werden. Tiere unter LKWs können nicht wiederbelebt werden. Auch die Lastwagen bringen am Ende Minuspunkte. 
  4. Tierärzte
    Wer sie ausspielt, darf ein totes Tier entfernen, das auf einem lebenden Tier liegt und es so wieder heilen.
  5. Kehrmaschine
    Mit der Kehrmaschine entfernt man alle toten Tiere von einer Straßenseite, sofern keine lebenden darunter liegen.
  6. Die Hupe
    Mit der Hupe erschreckt man lebende Tiere und verscheucht sie, sofern sie auf toten Tieren liegen.
  7. Das Straßenschild
    Das Schild füllt einen leeren Platz auf einem Straßenabschnitt und verhindert, dass dort Karten abgelegt werden, die einem Minuspunkte einbringen.

Ist eine Straße komplett belegt oder der Stapel mit Handkarten leer, endet das Spiel. Nun werden die Minuspunkte – tote Tiere in der eigenen Auslage und auf der Hand – gezählt. Wer die wenigsten Minuspunkte hat, nimmt Siegpunktchips in der Anzahl der Mitspieler aus der Auslage an sich und sucht sich einen Chip mit möglichst vielen Siegpunkten aus und gibt dann die restlichen an die anderen Spieler in der Reihenfolge der wenigsten Minuspunkte weiter. 

Wer nach drei Partien die meisten Siegpunkte hat, gewinnt. 



AUTOR: Martin Nedergaard Andersen ■ GRAFIKDESIGN: Lucas Guidetti Perez
VERLAG: Helvetiq ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2017

2-5 Spieler

ab 8 Jahren

ca. 30 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu Helvetiq)


SPIELGEFÜHL

„Boah, wie böse.“

„Schon ein bisschen makaber.“

„Im Ernst? Hier geht es um überfahrene Tiere?“

„Naja gut, so ist halt das Leben…“

Diese Kommentare hört man bei der Spielerklärung immer bei der Spielvorstellung. Die anfängliche Skepsis schlägt aber meist schnell um. In schadenfrohes Gelächter, gefolgt von jähem Entsetzen, wenn man den Rachefeldzug für seine Schadenfreude einstecken muss.

Noch erfreuen sich alle Tiere in meiner Auslage bester Gesundheit? Das entgeht den Mitspielern sicher nicht. Schon wird eines vom Spieler links von mir mit einem überfahrenen Exemplar überdeckt. Während ich mich noch lautstark beschwere, nähert sich von rechts bereits ein LKW, der einem weiteren Tier den Garaus macht. Schon bin ich wieder an der Reihe. Nun muss ich mich entscheiden: Spiele ich den Tierarzt und heile eines meiner Tiere oder jubele ich einem meiner Gegner entweder auch ein totes Tier oder gleich einen LKW unter? Wie viele Karten liegen noch auf dem Nachziehstapel? Habe ich ggf. noch Zeit für Beides? Oder blockiere ich derweil lieber einen Ablageplatz auf meiner Straße mit einem Schild, damit dort wenigstens kein Unwesen getrieben werden kann.

Es gibt viele kleine Entscheidungen zu fällen, lauter Rachefeldzüge zu planen und das „Loswerden“ der Minuspunkte voranzutreiben. 

Roadkill ist ein taktisches und schnelles Take that-Spiel. Das morbide Thema bietet das perfekte Setting für bitterböse Spielzüge. Wer es nicht mag, den Gegnern fiese Karten unterzujubeln und die Retourkutsche zu ertragen, ist hier gänzlich fehl am Platz. Nimmt man das Geschehen aber mit dem notwendigen Humor, bringt Roadkill viel Spaß an den Spieltisch. Es entwickelt sich schnell ein von Schadenfreude regierter Schlagabtausch, bei dem es schnell zu bösen Beschwerden, fiesen Lachern und hämischem Grinsen kommt.

Roadkill ist das perfekte Spiel für das Warm up oder zum Absacken. Es ist schnell erklärt, flott gespielt, einfach ausgewertet und eignet sich super für Runden mit vier oder fünf Spielern. Theoretisch hat es Potential zum Trinkspiel. Außerdem ist es prima ausgewogen, was die Spielzeit angeht: Es endet an einem guten Zeitpunkt, wenn die Karten aufgebraucht sind und da diese nach Spielerzahl skalieren, passt es gut.

Natürlich ist es möglich, dass sich Spieler gegen einen verbünden – da ist man natürlich machtlos. So eine Taktik macht aber in keinem Spiel Spaß und sollte sich verbieten.

Auch kann man Pech oder Glück haben, wenn man die Siegpunktchips auswählt. Hier kann es vorkommen, dass alle Werte ziemlich hoch sind oder der zweite oder sogar dritte Platz ähnlich viele Punkte wie der Sieger erhält. Das macht das Ergbnis nach drei Runden auch wieder sehr spannend, denn auch hier kann man bis zum Ende nicht so ganz sicher sein, was geschehen wird. 

Alles in allem sollte man das Spiel, die taktische Raffinesse und auch das Ergebnis von Roadkill nicht so ernst nehmen. Dann wird man damit den meisten Spaß haben!


Zusammenfassung

Das Spiel bezeichnet sich in der Anleitung selbst sowohl als „schnelles Taktikspiel“, als „Familienspiel“ als auch als „Partyspiel“. Bei allem mag ich ihm Recht geben, sofern die Kinder, mit denen man das Spiel in der Familie spielt, mit der Thematik der überfahrenen Tiere gut umgehen können.

Kommt man mit dem Thema aber klar und kann das abstrakt betrachten, eröffnet sich ein sehr skurriles, lustiges und schnell gespieltes Ärgerspiel. In allen Runden hat es bisher sehr großen Spaß gebracht. Es ist bestens als Warm up oder Absacker geeignet, hat eine gute Länge und endet mit jeder Spielerzahl zum richtigen Zeitpunkt, da die die Kartenanzahl gut gebalanced ist.

Es kommt natürlich auf die Gruppe an, aber in immer wieder wechselnden Konstellationen hat das Spiel Potenzial zum Dauerbrenner. 

  • Leicht zu lernen, schnell erklärt und verstanden
  • Temporeiches, flottes Spielgeschehen
  • Kommt mit wenig Material aus und bietet dafür aber großen Spielspaß 
  • Das Thema kommt nicht bei jedem gut an…
  • Die Grafik wird oft als reduziert und funktional empfunden (detailreich fände ich in diesem Kontext aber auch nicht angemessen)

Aus meiner Spielerperspektive:

Von Roadkill habe ich wenig erwartet und viel bekommen. Mir macht der Schlagabtausch in großer Runde den meisten Spaß, da dann auch die Garstigkeiten gut unter den Mitspielern gestreut werden können. Ich mag den schwarzen Humor, der das Spiel trägt und habe auch bei meinen Mitspielern noch niemanden erlebt, der nicht darüber lachen konnte.

Ich kann Roadkill daher sehr empfehlen und denke, dass es bei mir noch häufig auf dem Tisch landen wird!

1 COMMENT

  1. Hi Carina, Hey wie witzig, ich mag makabere Themen – auch wenn die Zeichnungen eher schlecht sind.
    Sooo schade, das man es nicht mehr kaufen kann. Hätte es gerne gespielt.
    Grüße
    Gabriela

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