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REVIEW | Rezension Brettspiel Revive

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Das Brettspiel Revive ist im letzten Jahr zur Spiel bei Aporta erschienen und wurde jetzt von Pegasus lokalisiert.

In der postapokalyptischen Welt, 5.000 Jahre nachdem die Menschheit untergegangen ist, beginnt sich das Eis zurückzuziehen. Verschiedene Stämme betreten erneut die Oberfläche, um die Welt zu erkunden, verlassene Orte oder Städte zu besiedeln, Dörfer zu gründen und sich technologisch weiterzuentwickeln. Dabei stoßen sie sogar auf außerirdische Artefakte. Am Ende gewinnt aber nicht die Story, sondern wer die meisten Siegpunkte hat.

Björn Schwarzmüller


SPIELBESCHREIBUNG

In Revive spielen wir einen von sechs möglichen Stämmen und werden uns im Laufe des Spiels auf den unterschiedlichen Stammestableaus und dem dazugehörigen Spielertableau Vorteile, Siegpunkte, Belohnungen und unsere Stammesfähigkeiten freischalten. Der allgemeine Spielplan zeigt uns zu Beginn größtenteils verdeckte Landschaftsplättchen und in den Ecken große Städte. Die Landschaften unter den verdeckten Plättchen gilt es zu erkunden, wofür wir wiederum Belohnungen erhalten. Die großen Städte in den Ecken stellen zusätzliche Siegpunktbedingungen zur Verfügung. Kleine oder große Städte zu besiedeln, indem wir Meeple vom Stammestableau auf den Spielplan bringen, bringt uns Vorteile, Belohnungen und Siegpunkte. Oder, wir bauen selbst kleine und große Dörfer, deren Effekt sich aus dem jeweiligen Bauplatz auf dem allgemeinen Spielplan ergibt.

Für all diese Aufgaben bedarf es Ressourcen (Zahnräder, Bücher, Nahrung und Kristalle als Joker). Diese Ressourcen bekommen wir hauptsächlich über unsere Bevölkerung, die sich in Form von Spielkarten widerspiegelen. Jede Karte stellt dabei einen unserer Bürger dar. Die Zeichnungen auf den Karten sind toll und passend in den Ressourcenfarben grau, grün oder gelb gehalten. Was sie beizusteuern haben, zeigt sich in den Ressourcen oder Effekten jeweils im oberen oder unteren Bereich der Karten. Am Rand jedes Spielertableaus gibt es fünf Slots (bekannt z.B. von Spielen wie Lacrimosa oder Lisboa), in welche wir unsere Bevölkerungskarten strecken. Wir erhalten die Belohnung, die dann noch auf der Karte zu sehen ist. 

Kern des Spielertableaus sind aber die drei miteinander verwobenen Tech-Trees, auf denen wir im Laufe des Spiels weiter voran schreiten. Dafür werden wir mit verschiedenen Maschinen für freie Aktionen, außerirdische Artefakte und Siegpunktbedingungen für das Spielende belohnt. Zu Beginn des Spiels sind diese Belohnungen mit Holzscheiben verdeckt. Immer, wenn wir eine Belohnung freischalten, wird die Holzscheibe entfernt und auf der, ebenfalls auf dem Spielerboard befindlichen, Fortschrittsleiste abgelegt. Am Spielende bekommen wir die oberhalb der letzten Scheibe angezeigten Siegpunkte für die Schlusswertung – bis dahin gibt es aber noch einiges zu tun.

Der Spielablauf selbst ist dabei sehr einfach gestaltet. In jedem unserer Züge stehen uns zwei Möglichkeiten zur Verfügung: entweder zwei von fünf möglichen Aktionen in beliebiger Kombination ausführen oder „Überwintern“. 

Mit den beiden Aktionen kann man entweder eine Karte in einen der freien Slots am Spielertableau stecken, ein Landschaftsplättchen erkunden, ein Dorf bauen, einen Meeple siedeln lassen oder, um eine beliebige Ressource zu erhalten, den Schalter auf dem Spielerboard betätigen. Die Bevölkerungskarten bringen hauptsächlich Ressourcen. Das Erkunden bringt Siegpunkte und neue Bevölkerungskarten aus der Auslage. Ein Dorf zu bauen, bringt Schritte auf dem Tech-Tree und zwar für jede angrenzende Landschaftsart, entsprechend ihrer Farbe. Das Platzieren der Meeple schaltet auf dem Board Fähigkeiten und Belohnungen frei.

Erkunden, Bauen und Plazieren – und der Weg dorthin – muss jeweils mit entsprechenden Ressourcen bezahlt werden. Bedeutet, zu Spielbeginn von der Mitte des Plans, später von einem der bereits gesetzten Meeple oder Dörfer, muss der Weg zum nächsten Bau- oder Siedlungspunkt mit Nahrung bezahlt werden. Zum Glück findet der Spielende ab und zu Kisten, die zufällige Belohnungen geben oder man schaltet eines der Maschinenfelder im Tech-Tree frei, die wir im späteren Verlauf modular mit Maschinen bestücken dürfen. Diese Maschinen dürfen mit Energie als freie Aktionen genutzt werden und können etliches zur Verfügung stellen. Darunter zum Beispiel auch, dass die Entfernung zum nächsten Siedlungspunkt billiger zurückgelegt werden kann. 

Anstatt der fünf Aktionen, gibt es die Möglichkeit zu „Überwintern“. Dann werden Bevölkerungskarten aus dem Ruhebereich (Kartenstapel) in den aktiven Bereich gelegt (aufgedeckt). Die Karten in den Slots wandern dafür in den Ruhebereich. Hier gilt es genau zu schauen, welche Karten in welchem Rhythmus am sinnvollsten sind, denn auch das lässt sich beeinflussen. Der genutzte Schalter wird aktiv gestellt und die mit Energie aktivierten Maschinen stehen wieder zur Verfügung. Dann geht der Spielende noch einen Schritt auf der Überwinterungsleiste, was immer eine Belohnung einbringt, z.B. ein Modul aus der Auslage. Diese verbessern dauerhaft die Slots für die Bevölkerungskarten mit zusätzlichen Belohnungen.

Ein wichtiger Aspekt im Spiel sind die außerirdischen Artefakte in drei Farben. Hiervon liegt in Abhängigkeit zur Spieleranzahl eine entsprechende Menge, z.B. acht Stück bei zwei Spielenden oder zwölf bei vier Spielenden, aus. Diese können verschiedenartig im Spiel gewonnen werden und sind gleichzeitig der Trigger für das Spielende. Wenn das letzte dieser Artefakte aufgenommen wurde, bringt der Spielende seinen Zug zu Ende, jeder andere am Tisch hat noch einen Zug und dann wird abgerechnet. Noch ein wichtiger Aspekt in der Endwertung: Zu Beginn des Spiels erhalten alle Spielenden eine Artefaktkarte, welche zusätzliche persönliche Siegpunktbedingungen anzeigt. Für jede der drei Artefaktfarben steht dort eine eigene Bedingung, z.B. für jeden auf dem großen Spielplan platzierten Meeple gibt es einen Punkt multipliziert mit allen gesammelten Artefakten der Farbe Grau. Das sind am Ende noch einmal drei wichtige Punktequellen, daher dürfen die Artefakte im Spiel nicht außer Acht gelassen werden.

Unerwähnt soll nicht bleiben, dass für die ersten fünf Spiele auch ein Kampagnenmodus gespielt werden kann, der weitere Regeln und neue Bürger*innen-Karten einführt.

Ein Interview mit einem der Co-Autoren Helge Meissner gibt es hier zu lesen.  



AUTOREN: Kristian Amundsen Ostby, Helge Meissner, Anna Wermlund und
Eilif Svensson ■ GRAFIKER: Gjermund Morkved Bohne, Martin Mottet, Dan Roff
VERLAG: Aporta Games | Pegasus ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022|23

1-4 Spieler

ab 12 Jahren

ca. 90-120 Minuten

Spielregeln (Download)


SPIELGEFÜHL

Die simple Aktionsauswahl bringt die Spielenden sehr gut ins Spiel. Es mit all seinen Möglichkeiten zu durchdringen, braucht aber seine Zeit.

Revive hat tolle Illustrationen zu bieten und versucht eine Story beizugeben. Am Ende ist es wie bei den meisten Engine- und Optimierungsspielen – Die Story trägt nicht das Spiel und es könnte auch jede andere Story sein.

Revive ist ein Enginebuilder inkl. (leichten) Deckbuilding und einem nicht zu unterschätzenden Racingfaktor. Wer sich in aller Ruhe optimieren will, wird hier enttäuscht werden. Interaktiv zwischen den Spielenden wird es durch die Wegnahme von Bauplätzen und der Hatz um die Artefaktplättchen. Diese Artekfakte sind es auch, die den Racingfaktor ins Spiel bringen. Wer hier nicht aufpasst und sich dieser Hatz um die Plättchen nicht schnell anschließt, wird vom Spielende überrascht und enttäuscht sein. Ein Sieg ohne Artefaktplättchen ist fast nicht möglich. Je mehr Spielende, um so taktischer wird es, da häufiger Bauplätze verloren gehen oder Erkundungen neu geplant werden müssen. Der Belohnungsregen ist dabei aber in jeder Runde möglich, denn irgendwas gibt es immer. Die gesamte Optik macht einen Einstieg dann aber auch wiederum nicht leicht. Die verwobenen farbigen Tech-Trees sind anfänglich fehleranfällig, weil man im Nachgang feststellt, dass doch etwas freigeschaltet wurde oder eben nicht. Die Spielzeit ist sehr kurz für einen solchen Experten, da merkt man den Racing-Aspekt. Selbst in einer Vier-Spieler-Partie mit zwei Neulingen am Tisch, waren wir in knapp zwei Stunden (inkl. Regelerklärung) durch. Ein Solospiel dauert rund 30 Minuten.


Zusammenfassung

Die Mixtur von bekannten Mechaniken, macht Revive zu einem guten Spiel ohne irgendetwas neu zu machen. Ein klassisches Euro-Game ist es aber nicht. Für ein Euro-Game ist der Racing-Faktor in dieser Form sehr ungewöhnlich. Das Tempo kann sehr schnell von einzelnen Spielenden angezogen werden. Wenn in einem einzigen Zug 3 von 10 Artefaktplättchen von einem Spielenden geholt werden können, dann ist klar, welches Tempo im Spiel ist. Der Zeitpunkt an dem das Spiel endet, ist schwer erkennbar, weil dafür jeder Spielende nicht nur sein Board im Blick haben muss, sondern auch das der anderen Spieler. Dies ist jedoch aufgrund des verwobenen Boards nur schwer zu sehen. Der modulare bzw. variable Aufbau und die sehr unterschiedlichen persönlichen Siegpunkte auf den Artefaktkarten bringen sehr viele positive aber auch negative Effekte für den einzelnen Spielenden. Dafür gibt es keinen Ausgleich und damit sind die Siegbedingungen von Anfang an unterschiedlich verteilt. Weitere Kritik: Der Kampagnenmodus soll eigentlich ein bisschen Story bringen. Aber viel mehr bringt er weitere Regeln und Karten dauerhaft ins Spiel. Regelerweiterungen in einem Expertenspiel gehören für mich direkt ins Regelheft. Bei Revive sind sie auf kleinen Karten gedruckt und liegen beim Spielen am Rand bzw. werden dem Regelheft beigelegt. 

Die Stämme wirken nicht gebalanced und die Sieg-Endpunkte auf den Artefaktkarten können mit den Sieg-Endpunktbedingungen der großen Städte korrespondieren. Dies bringt einzelnen Spielenden zusätzliche siegbestimmende Multiplikatoren. Gerade bei den Sieg-Endpunktbedingungen sind hier unterschiedliche Schwierigkeitsgrade vorhanden. Da bekommt man Punkte für Städte am Spielfeldrand, wohin man sich mühselig seinen Weg bahnen muss, während der andere Spielende für seine gesetzten Meeple Punkte bekommt und von den Entdeckungstouren zum Spielfeldrand des anderen stark profitieren kann. Das Solo-Spiel ist dagegen friedlich und fast schon zu leicht. Mit verschiedenen Stämmen jeweils an die bestmöglichen Ergebnisse zu kommen, fühlte sich nicht nach Herausforderung an. Das alles klingt sehr negativ und ist es auch. Trotzdem ist Revive mit seinem Mechanik-Mix ein gutes Spiel. Der Racing-Charakter muss jedem am Tisch deutlich gemacht werden. Die Artefaktkarten brauchen ggf. eine Hausregel, die starken Stämme gehen an die Neulinge und man gibt Unterstützung im Spiel. Keine Erwartung an die Story – Es ist ein abstraktes Optimierungsspiel mit vielen bekannten Mechaniken, einem Racing-Faktor und hübschen Zeichnungen. Spaß macht es trotzdem.

  • Kurze Spieldauer
  • Sehr verständliche Symbolsprache
  • Toller Mechaniken-Mix
  • Jederzeit belohnend
  • Stämme und Artefaktkarten wirken nicht gebalanced
  • Kampagnenmodus unnötig
  • Tech-Tree anfänglich sehr unübersichtlich
  • Solo-Spiel ohne Herausforderung
  • Spielende kommt zu abrupt und lässt Spielende teilweise frustriert zurück

Aus meiner Spielerperspektive: Das Spiel gefällt mir wegen des Mechanik-Mixes mittlerweile gut. Der von mir viel genannte Racing-Faktor war anfänglich nervig, weil man doch in Ruhe optimieren und erkunden wollte. Man arrangiert sich damit. Das Spiel macht nichts neu, keinen Kniff, der nicht woanders schon gespielt wurde, aber die Kombination ist gut und macht für einige Zeit wirklich Spaß – Bei uns darf Revive wahrscheinlich aber bald ausziehen um neue Wohnzimmer..äääh..Weiten zu entdecken

Hinweis: Zur Spiel 2023 erscheint die Erweiterung Revive: Call of the Abyss bei Aporta Games.

Zweitmeinung Christoph

Bei mir darf Revive im Haus bleiben. Es gehört für mich zu den besseren Expertenspielen des letzten Jahrgangs; allerdings nur in der Besetzung zu drei Spielenden (dazu aber später).

Trotz oder gerade wegen des Racing-Charakters ist zusätzlich Spannung am Spieltisch, da man immer noch hofft, seine Aktionen vor Rundende durchzubekommen. Vielleicht wäre ein Countdown wie bei Bonfire noch zusätzlich hilfreich gewesen.

Zu Beginn muss man sich mit den vielen Variablen des Spiels inkl. Tech-Tree erst einmal vertraut machen. Das läuft aber dann relativ flüssig. Sehr gelungen finde ich die Möglichkeit der Kartennutzung inkl. der aktiven Gestaltung (über den Tech-Tree) des Ablagestapels bzw. Nachziehstapels. Viele Rädchen wirken bei diesem Optimierspiel zusammen.

Was ich eher bemängele ist die Zunahme der Downtime zum Ende des Spiels hin. Da können die Spielzüge der einzelnen schon einmal eine unangenehme Länge annehmen. Daher würde ich Revive auch am liebsten zu dritt spielen (zu zweit geht man sich umgekehrter Weise zu sehr aus dem Weg).

Den Kampagnenmodus hätte ich im Spiel auch nicht gebraucht.

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