Als ich dieses Brettspiel Cover von Pergola gesehen habe, war ich sofort Feuer und Flamme – sieht es doch aus wie ein würdiger Nachfolger von Meadow, einem meiner Lieblingsspiele. Kein Wunder, kommt es doch aus dem „gleichen Stall“. Nicht nur Rebel als verantwortliches Studio, sondern auch Karolina Kijak als Illustratorin stecken hinter beiden Spielen.
Im Inneren der Schachtel geht es weiter mit tollen Elementen – eine wahre Materialschlacht erwartet uns. Und auch hier bin ich von einigen Elementen begeistert.
Leider nicht von allen. Warum ich beim Spielen öfter an das Poesiealbum meiner Grundschulzeit denken musste, erkläre ich Euch im Folgenden…
Carina

In Pergola übernehmen wir die Aufgabe von Gärtnerinnen und Gärtnern und möchten den schönsten – und damit punkteträchtigsten – Garten erstellen. Dazu bauen wir Pflanzen an und locken somit Insekten in unseren Garten.
Jeder von uns hat ein Gartentableau vor sich, ergänzt durch eine Pergola- und eine Wasserfalltafel. Zudem erhalten alle noch einen Pflanzkübel, in den wir später unsere genutzten Gartenwerkzeuge räumen. Zudem erhalten wir ein Vogelhäuschen, Wassertropfen, die den Wasserfall hinunterrinnen werden und eine Froschfigur, die später im Teich Insekten jagen wird. Unter unser Tableau legen wir eine Wertungstafel, die anzeigt, wofür es bei Spielende Punkte geben wird.
Wir spielen Pergola über 15 Runden, bis die Punkte gezählt werden. Wenn wir an der Reihe sind, wählen wir eines der vier ausliegenden Gartenwerkzeuge und nehmen uns die darauf abgebildeten Elemente – das können Pflanzen, Insekten oder Lampions sein. Diese bauen wir in unseren Garten ein – sprich, wir legen sie an beliebiger Stelle auf unser Gartentableau. Pflanzen erhalten einen festen Platz – je nach Pflanzenart wachsen sie in einer bestimmten Form. Insekten sind bestimmten Pflanzen zugeordnet – entweder sie landen direkt auf diesen, sofern bereits als Landeplatz verfügbar, oder sie fliegen noch frei herum, bis sie ggf. später einen festen Platz einnehmen.
Zusätzlich dürfen wir die Aktion des Aktionsfeldes ausführen, über dem das Gartenwerkzeug lag, das wir uns genommen haben. Diese Aktionen erlauben uns, dass wir ggf. zwei Insekten auf einen anderen Platz in unserem Garten fliegen lassen, oder bringen uns Insekten ein, die wir durch die Aktionen Vogelflug, Wasserfall oder Froschsprung im Teich erhalten können. Am Wasserfall bewegen sich unsere Tropfen an Steinen hinunter und bringen uns neue Insekten. Im Teich springen unsere Frösche von Blatt zu Blatt und angeln sich dort Bienen, Schmetterlinge oder Marienkäfer und unter bestimmten Bedingungen die nur dort erhältlichen Libellen. Und der Vogelflug bringt uns nicht nur Insekten, sondern meistens auch Bewegungsmöglichkeiten sowie Blätter, die wir in unterschiedlichen Farben sammeln und am Ende des Spiels dafür Punkte kassieren können.
Erhalten wir über die Gartenwerkzeuge Lampions, können wir diese im Laufe des Spiels einsetzen, um Aktionen zu ändern, zu verdoppeln oder zu verstärken. Gelangen wir mit einem Wassertropfen an den Fuß des Wasserfalls, schalten wir eine zusätzliche Punktewertung für uns am Spielende frei. Gleiches können wir auch durch die Anhäufung von Bienen im Bereich unserer Pergola erreichen. Sie bewirken, dass wir Honigtöpfe aktivieren, die uns ebenfalls zusätzliche Punkte für bestimmte Spielelemente bringen, die wir im Laufe des Spiels gesammelt haben.
Nachdem jeder das 15. Gartenwerkzeug genommen hat, endet das Spiel und wir werten die Elemente, die Punkte bringen, nach und nach aus und notieren unsere Punkte auf den Wertungsstreifen des Wertungsblocks.
Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Pergola.
Brettspiel Regeln
Spielregeln (ext. Link zu Asmodee)


Wer Pergola auspackt, hat erstmal eine gewisse Zeit mit Auspöppeln und Sortieren zu tun. Die Arbeit lohnt sich aber, denn schließlich schweift der stolze Blick über das fertige Werk und man ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis: Die Behältnisse – Trays und Insert – sind alle durchdacht und jedes Element hat in dieser Schachtel seinen Platz. Da geht dem Vielspielenden das Herz auf, wenn man schließlich so eine aufgeräumte und durchdachte Schachtel vor sich hat. Es blieben beim anfänglichen Einräumen der Spielbestandteile für mich nur ein, zwei kleine Fragezeichen, wo alles hingehört, aber weitestgehend wird alles durch Abbildungen im Regelheft oder im Deckelinnenteil erklärt.
Natürlich denkt man etwas verstresst darüber nach, was wohl geschieht, wen man das Spiel transportiert: Da fliegen doch sicher alle Elemente durcheinander! Wenn man ein bisschen Acht gibt, passiert das aber nicht, denn alles ist recht eng gepackt ist und daher gibt es wenig Spielraum zum Verrutschen. Heftiges Schütteln sollte man aber besser dennoch unterlassen…
Klarer, sehr flüssiger Spielablauf
Die Regeln von Pergola sind gut verständlich – vielleicht bis auf eine Kleinigkeit bei der Bewegung der Tropfen auf dem Wasserfall, wo uns nicht klar war, wie man mit besetzten Steinen auf der anderen Seite umgehen muss, aber das fällt nicht weiter ins Gewicht.
Die grundsätzliche Spielmechanik und der Spielablauf sind zudem sehr einfach gehalten. Man nimmt ein Werkzeug, erhält zwei Elemente für den Ausbau des Gartens – Blumen, Insekten oder Lampions – und baut diese in den Garten ein. Und dann macht man noch die Aktion, an der das Werkzeug lag. Das ist alle sehr übersichtlich und überfordert nicht. Und sorgt für einen flüssigen, sogar teilweise sehr flotten Spielablauf, weil es meistens keine lange Grübelphasen gibt. Was ebenfalls dem guten Spielverständnis dient, ist die gut durchdachte Wertungstafel: Auf der hat man stets alles vor sich, was Punkte bringt.
Magnolien, Stockmalven und Co.
Und so entsteht vor einem der Garten, den man zwar nach individuellem Geschmack gestalten kann, die maßgebliche Gestaltungsleitlinie wird hier aber immer sein: Anbauen, was Punkte bringt. Dennoch: Hier wächst etwas, hier entsteht etwas. Nach und nach entwickelt sich ein hübsches Bild. Ein Traum für Hobbygärtner, die hier ihre Leidenschaft auch am Spieltisch fortsetzen können. Manchmal gerät das Einbauen neuer Elemente ein bisschen fummelig, weil es gar nicht so einfach ist, alles unterzubekommen, was einem durch die Gartenwerkzeuge zugetragen wird. Richtung Spielende kann es schonmal richtig eng werden.

Uniformer Gartenbau
Natürlich kann man während des Spiels unterschiedliche Schwerpunkte setzen, aber in unseren Partien lagen wir letztendlich punktetechnisch bei Spielende meist sehr dicht beieinander – auch, wenn wir unterschiedliche Gewichtungen beim Gartenbau gesetzt haben. Die Verfügbarkeit von Elementen wie Blumen und Insekten sind durch die Gartenwerkzeuge, die je nach Spielendenanzahl ins Spiel kommen, entsprechend limitiert. Nur so viele Elemente, wie hier abgebildet sind, können überhaupt ins Spiel kommen. Auf diese Weise ist das Setzen von Schwerpunkten nicht richtig möglich und das Ausprobieren unterschiedlicher Strategien stark begrenzt. Die Mitspielenden werden einem auch nicht den gesamten Lavendel freiwillig überlassen und die Verfügbarkeit ist sowieso begrenzt.
Das hat zur Folge, dass alle Partien recht ähnlich verlaufen. Man hat schnell alles gesehen im Spiel. Für manche Vielspielende ist der Wiederspielreiz damit schonmal schnell erloschen. Die gestalteten Gärten sehen immer recht ähnlich aus und „mal ne andere Strategien fahren“ ist nur schwer möglich.
Das macht Pergola zu keinem schlechten Spiel – es ist im besten Sinne des Wortes nett. Es bleibt damit aber eher ein Feierabendspiel, das leichter Gartenarbeit zum Ausgleich zum Arbeitstag gleicht. Naturfreunden macht es sicherlich immer wieder Freude, hier einen hübschen Garten entstehen zu lassen.
Was hier alles kreucht und fleucht
Und damit kommen wir zum herausragenden Pluspunkt des Spiels: Es ist eine detailverliebte Materialschlacht mit einigen herausragend ansprechenden Elementen. Für mich persönlich tänzelt das Spiel allerdings auf der Grenze zur Kitschigkeit. Es gibt Spielmaterial, von dem ich sehr begeistert bin: Cover, Werkzeuge, Pflanztöpfe zur Aufbewahrung der Gartenwerkzeuge, die Darstellung der meisten Gärten, die Bienen, die Vogelhäuschen und Frösche – all das gefällt mir wirklich gut.
Ein wenig Stirnrunzeln erzeugen bei mir die meisten Blumen, die Libellen, die Lavendelblätter und Blüten. Allein schon die Gesamtheit der Komponenten auf dem Tableau am Ende ist mir ein bisschen „too much“. Wenn ich dann noch die Magnolienranken vor mir sehe, auf denen sich die Marienkäferchen tummeln, möchte ich noch ein bisschen Glitzer draufstreuen und befinde mich gedanklich im Poesiealbum meiner Grundschulzeit. Das meine ich mit „kitschig“…
Ja, okay, und jetzt steinigt mich.
Zurück zum Spielerischen – hier noch ein paar kurzgefasste Anmerkungen:
- Die Lampions sind wichtige Aktionsverstärker – die sollte man unbedingt mitnehmen. Überlässt man sie den anderen, werden die am Ende auch besser abschneiden.
- Nutzt die Bewegung der Insekten! Schmetterlinge ab nach oben, Marienkäfer in die Reihe, Bienen von den Waldreben nach Freischaltung der Honigtöpfe ab auf die Lavendelblüten! Eine Mechanik des Spiels, die den meisten erst nach und nach als „wertvoll“ bewusst wird.
- Ich habe meistens das Gefühl, dass ich eine Aktion verschwende, wenn ich ein Insekt in meinen Garten hole, das erst einmal frei herumfliegt und dann später mit einer Bewegungsaktion erst noch sein finales Ziel findet. Ich hole lieber erst dann Insekten zu mir, wenn ich dieses direkt final platzieren kann.
- Wenn die Spielergebnisse eh schon eng sind, bringen die Zusatzwertungen durch aktivierte Honigtöpfe oder die freigeschalteten Wertungsoptionen am Wasserfall schonmal die Punkte ein, die den am Ende den Unterschied machen können.
- Positiv sei auch noch angemerkt, dass Pergola in allen Spielerzahlen sehr gut funktioniert. Dies garantiert die an die Anzahl der Mitspielenden angepasste Menge an Gartenwerkzeugen, die ins Spiel kommen. Auf diese Weise ist die Menge der Elemente, die ins Spiel kommen sehr gut ausbalanciert. Allerdings lassen sie – wie bereits erwähnt – nur wenig Raum für strategische Entfaltung.
Wieso Pergola?
Letztlich war es den meisten Mitspielenden ein wenig unverständlich, warum das Spiel Pergola heißt. Sie ist als Bildbestandteil zwar im Spiel enthalten, spielt aber keine große Rolle. Hier hätte als Titel sogar „Artengarten“ besser gepasst… Ich hätte bei dieser Namensgebung jedes Gartentableau mit einer Pergola ausgestattet, die mit jeweils etwas anderem bewachsen ist – einmal mit Rosen, einmal mit blauem Regen, einmal mit Weinreben… Dann wäre der Titel etwas stimmiger gewesen.

- Üppiges und teilweise sehr originell gestaltetes Material in toller Qualität und meist sehr schöner Gestaltung
- Einfacher und zugänglicher Spielablauf sorgen für ein flüssiges Spieltempo ohne Grübelphasen
- Vor uns entsteht ein Garten, in dem wir selber entscheiden können, wie wir ihn gestalten – ein zufriedenstellender Schöpfungsprozess
- Das Spieldesign lässt wenig Raum für das Ausprobieren unterschiedlicher Schwerpunkte – häufig unterscheiden sich die Gärten bei Spielende kaum
- Materialfülle und Gestaltung sind üppig, teilweise optisch überfordernd und ein wenig kitschig geraten
- Wiederspielreiz hält sich – besonders für Spielerfahrene – in Grenzen
Pergola ist ein Spiel auf der Grenze zwischen gehobenem Familien- und leichtem Kennerspiel. Grundsätzlich sind die Regeln sehr zugänglich und der Spielablauf gestaltet sich sehr flüssig. Das es bei der Gartengestaltung und der Auswertung allerdings einige Aspekte zu beachten gilt, muss man hier schon gut den Überblick bewahren.
Pergola punktet durch die Fülle an Material, das bis auf wenige Ausnahmen mit Liebe zum Detail und toll gestaltet ist. Mit diesen Elementen bauen wir vor uns unser individuelles Landschaftsbild, eine noch recht unverbrauchte Spielmechanik, die einem bei Spielende das Gefühl gibt, etwas erschaffen zu haben. Naturfreunde kommen hier voll auf ihre Kosten.
Spielmechanisch ist Pergola dagegen nicht so üppig ausgestattet, wie ich es mir gewünscht hätte. Man hat doch recht schnell alle Möglichkeiten ausgelotet und gärtnert jede Partie ähnlich. Das ist im besten Sinne des Wortes eine nette Unterhaltung.



AUTOR: Michał Gołąb Gołębiowski, Przemek Wojtkowiak
ARTIST: Karolina Kijak
VERLAG: Rebel Studio
ERSCHEINUNGSJAHR: 2025

1-4 Spielende
10 Jahre
45-60 Min.







