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REVIEW | Rezension Brettspiel Kuhfstein

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„Das Städtchen Kufstein am grünen Inn“ … wow, auf einmal ist sie wieder da. Diese Erinnerung an Heino aus frühen Kindertagen, der da dieses Lied über eine Stadt gesungen hat, die ich nicht kannte. Muss wohl schön da gewesen sein, wenn man darüber sogar singen möchte.

Kühe kamen in dem Song aber nicht vor, meine ich. Die hat Rita Modl nun dorthin gezaubert, denn sie spielen in dem Brettspiel Kuhfstein nicht nur aufgrund der Namensgebung eine wichtige Rolle. Ob weiß, schwarz oder braun – sie sorgen hier auf jeden Fall für ordentlich Punkte und schöne Atmosphäre auf dem Spieltisch.

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

In Kuhfstein bauen wir vor uns eine Landschaft aus unterschiedlichen Landschaftsplättchen – Heu, Wald, Wiese, See, Haus – und werten bestimmte Konstellationen von Landschaftsplättchen zueinander, je nachdem, welche Wertungskarten wir auf der Hand haben und ausspielen.

Wer an der Reihe ist, kann zwei Aktionen ausführen – zwei verschiedene oder sogar dieselben.

  1. Eines der fünf offen ausliegenden Landschaftsplättchen wählen und in der eigenen Auslage verbauen.
  2. Eine der vier offen ausliegenden Wertungskarten auf die Hand nehmen.
  3. Eine Wertungskarte ausspielen und die Wertung durchführen. Jede Karte zeigt eine bestimmte Anordnung von Landschaftsplättchen. Erfüllen wir diese Anordnung beim Ausspielen der Karte, setzen wir eine unserer Kuhfiguren auf die Landschaftsplättchen, die zur Wertung beitragen.
  4. Eine Kuhherde aus orthogonal zusammenhängenden Kühen von den Landschaftsplättchen zurücknehmen. 

Die erzielten Punkte tragen mir mit unseren Wertungssteinen auf der Punkteleiste ab. An vier Stellen der Leiste erhalten wir Boni, sobald wir die Punkte überschritten haben. Wer die Marke von 65 Punkten überschreitet, löst das Spielende aus. Dann wird die Runde noch zu Ende gespielt, die Wertungsplättchen mit dem evtl. erreichten Zusatzziel werden ausgewertet und es gewinnt Kuhfstein, wer die meisten Punkte erzielen konnte.



AUTOR: Rita Modl ■ ILLUSTRATIONEN: Stefan Sonnberger
VERLAG: Schmidt Spiele ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2023

2-4 Spieler

ab 8 Jahren

ca. 45 Minuten

Spielregeln (ext. Download von Schmidt Spiele)


SPIELGEFÜHL

Kuhfstein erfindet die Welt nicht neu – das sei direkt mal vorausgeschickt. Muss es aber auch nicht. Denn genauso klar ist für mich auch: Kuhfstein macht seine Sache richtig gut! Es komponiert gute und bewährte Spielmechanismen zu einem sehr bekömmlichen Plättchenlege- und Rennspiel, das sich zwar grundsätzlich eher an die ganze Familie wendet, aber auch für Vielspieler nicht langweilig ist. 

Plättchen aus einer Auslage nehmen und zu einer Landschaft in der eigenen Auslage puzzeln, kennen wir. Karten mit „Aufträgen“ auswählen, die von uns das Erstellen einer bestimmten Konstellation oder eines Musters erfordern, ist ebenso bekannt. Figuren auf Felder stellen, die wir werten – nicht neu. Aber Kuhfstein kombiniert das mit einigen Kniffen, die uns vor interessante Aufgaben stellen und Potential bieten, unser Spiel immer weiter zu optimieren.

Insgesamt merkt man Kuhfstein gute redaktionelle Arbeit an, denn es ist abgeschliffen und auf das Wesentliche reduziert. Kein unnötiger Ballast, kein Kleinklein in Regelfragen. 

Orientierung 

Ein wenig schade ist es, dass die vier Aktionsmöglichkeiten nicht auf Karten gedruckt wurden, die die Spielenden als Spielhilfe vor sich legen können. Das würde bei der Orientierung in den ersten Partien oder beim Erklären sehr helfen. Nicht, dass es sehr schwierig wäre, sich diese zu merken. Allerdings wäre es aber sehr komfortabel und würde beispielsweise dabei helfen, zu sortieren, dass „Werten“ aus Karte ausspielen UND Kühe setzen besteht, „Karte aus der Auslage nehmen“ oder „Herde zurücknehmen“ zwei separate Aktionen sind. 

Schön hingegen ist es, dass wir zu Beginn eine Karte erhalten. Dies dient der ersten Orientierung, was wir wohl überhaupt so als erstes anstellen sollen. Dann puzzeln wir wohl erstmal ein wenig in Richtung dieses Auftrags, um die ersten Punkte zu erzielen.

Immer die Auslage im Blick!

Von Anfang an sollten wir immer die Auslage der Auftragskarten genau verfolgen, um zu erkennen, ob dort Aufträge ausliegen, die unserem Landschaftaufbau bereits entsprechen. Geht ein Auftrag in die gleiche Richtung wie unsere persönliche Landschaftsauslage, sollten wir immer direkt zugreifen – auch, wenn man gerade andere Pläne hatte. Man kann sich sehr viel Arbeit ersparen, wenn man hier effizient mit doppeltem Nutzwert arbeiten kann. Manchmal sammelt man erstmal 4-5 Aufgabenkarten, baut die Landschaften entsprechend und wertet dann ganz flott einige Karten hintereinander. Schließlich ist Kuhfstein ein Rennspiel und daher wollen wir immer schnell weiterkommen.

Effizientes Kuhmanagement

Effizientes Handeln ist oberstes Gebot! Dies gilt nicht nur für das Management der Auftragskarten, sondern auch für das Kuhmanagement. 

Zum einen ist es am besten, die Wertungen so zu planen, dass die Kühe nach der Wertungsplatzierung direkt eine zusammenhängende Herde ergeben. Dann benötigt man nur eine Aktion, um möglichst viele Kühe wieder nach Hause zu holen und wieder einsatzbereit zu haben. Muss man dagegen einzelnstehende Kühe heimholen, verliert man wichtige Aktionsmöglichkeiten.

Ein weiterer Kniff im Kuhmanagement besteht darin, dass man einige Kühe erst erhält, wenn man diese als Bonus beim Überschreiten bestimmter Felder auf der Punkteleiste erhält. 

Man benötigt für die großen, punkteträchtigen Aufgaben meist drei Kühe. Will man zwei Aufgaben gleichzeitig werten und braucht dafür 5 Kühe (2+3), geht das erst später im Spiel, sobald man bereits die fünfte Kuh freigeschaltet hat. 

Ab gehts

Dies führt auch dazu, dass das Spiel immer weiter Fahrt aufnimmt. Mehr Kühe = bessere Aufträge möglich = mehr Punkte = schneller am Ziel. Der Kniff, dass Kühe auf den Landschaften stehen und erst von den Feldern runtergenommen werden müssen, bevor man diese Landschaften wieder werten kann, ist sehr gut, um einen Durchmarsch zu bremsen. Nie vergessen: Kuhfstein ist ein Wettrennen!

Apropos: Richtung Spielende bitte unbedingt beachten, dass man nicht den Anschluss verliert! Wenn ein Mitspielender bereits bei 50 Punkten steht und dann zwei lukrative Aufträge erfüllt, sind schnell die 65 Punkte erreicht. Damit ist quasi einen Turbo gezündet und wenn man dann keine Auftragskarte mehr auf der Hand hat, um hier nachzulegen, ist folgen nicht mehr möglich. Mitspielende mit mehr Erfahrung stecken so Anfänger:innen in die Tasche. Wer diese Dynamik Richtung Spielende kennt, kann immer taktisch klug agieren und in der Schlussphase auftrumpfen.

Wiederspielreiz und Wertungsplättchen

Anfänger, Wenig- oder Gelegenheitsspielende werden so nicht spielen. Hier wird die Taktik noch hinter dem Gedanken zurückstehen, eins nach dem anderen erledigen zu wollen. Aber das Schöne ist: Nach und nach erkennt man die Zusammenhänge, erkennt den Vorteil, zwei Aktionen pro Spielzug zur Verfügung zu haben und will das schlau und aufeinander aufbauend nutzen. Man wird zum Fortgeschrittenen, will sein Spiel optimieren und darin steckt der Wiederspielreiz. 

Die zusätzlichen Wertungsplättchen, die bei Spielende ausgewertet werden, sind meist nur bei einem engen Ausgang relevant. Oft sind sie nicht spielentscheidend, manchmal jedoch sind sie das Zünglein an Waage. 

Bei Spielende ist es nicht optimal, dass die Leiste bei 65 Punkten endet. Steht man dann bei 8, ist es zwar irgendwann klar, dass man bei 73 Punkte gelandet ist, aber das ist nicht so schnell erfassbar und die meisten müssen nochmal genau schauen. Warum endet die Leiste nicht bei 60 oder 70?

Abschließend zur Gestaltung und den enthaltenen Komponenten:

  • Die Landschaftsplättchen müssen aufgrund ihrer geschwungenen Ränder leicht versetzt gelegt werden. Manchmal nervt das ein bisschen, weil die Plättchen nicht richtig zusammenpassen, aber vielen gefällt diese Form sehr gut.
  • Die Illustration des Covers und der Kartenrückseiten erinnert mich an das Bild in Omas Wohnzimmer. Ein bisschen Nostalgie, ein bisschen pittoresker Kitsch, ein bisschen Urlaubsidyll. Mag nicht jeder. Aber die Kuh ist toll.
  • Manche haben anfänglich Schwierigkeiten damit, dass sich die Illustration der Landschaftsarten auf den Plättchen von denen auf den Karten unterscheiden (z.B. bei der Wiese). Ab Spiel zwei oder drei ist das aber nebensächlich.
  • Die Figuren – Kühe, Bäume, Wertungssteine – alles ist wertig und groß genug, dass alle Generationen sie gut sehen und anfassen können.
  • Ein Aufbewahrungssäckchen für die Landschaftsplättchen wäre schön gewesen. Bei uns sind die Plättchen in das Säckchen von Tipperary eingezogen, was dort viel zu klein war – hierfür perfekt. 

Zusammenfassung

Kuhfstein ist ein sehr zugängliches Plättchenlege- und Rennspiel, das sehr gut für Familien und Wenigspielende geeignet ist. Die Aktionsmöglichkeiten sind übersichtlich und überfordern nicht, das Regelwerk ist klar und gut verständlich und das Material schön gelungen.

Die angegebene Spieldauer von 45 Minuten ist im Zweifel nur in Erstpartien notwendig, danach dürfte es schneller gehen, da Kuhfstein wenig Raum für Downtime bietet und sich flott und fluffig spielt. Dies nicht zuletzt, weil das Spiel als Wettrennen konzipiert ist.

Bei all der Zugänglichkeit bietet es dennoch interessante Aufgaben, erfordert gute Planung, hat Platz für Optimierungspotential sowie die notwendige Varianz, die für Wiederspielreiz sorgt. Und das auch für Vielspielende.

  • Begrenzte Aktionsmöglichkeiten und Konzeption als Wettrennen sorgen für ein schnelles Spieltempo
  • Bekannte Spielmechanismen, die aber durch interessante Kniffe neu kombiniert wurden
  • Lernkurve und Optimierungspotenzial fördern den Wiederspielreiz
  • Aktionsübersicht wäre schön gewesen
  • Ebenso ein Säckchen für die Landschaftsplättchen
  • Irritationspotential durch abweichende Darstellung der Landschaften auf Karten und Plättchen

Aus meiner Spielerperspektive: Ich finde Kuhfstein wirklich sehr gelungen – ein Spiel, das ich sehr gerne mit Wenigspielenden auf den Tisch bringen werde. 

Aber auch als Vielspielende spielen wir es gerne mal schnell in 15 Minuten und haben immer wieder Spaß an der Optimierung und dem Wettrennen. 

Ich finde es erstaunlich, dass mir beim Bauen der Landschaften immer wieder Fehler passieren, die mich echt ärgern. Daher halte ich die Karten mittlerweile immer so, dass sie dem Muster in der Auslage entsprechen, auch schonmal quer, was ich sehr empfehlen kann.

1 COMMENT

  1. Ein gutes Legespiel was eine schönere, zugänglichere Grafik verdient gehabt hätte. Ich mag wenn bei solchen Legespielen etwas schönes entsteht, das tut es hier aber nicht. Alles ist dunkel und erinnert an alte, staubige Eichenholzwohnzimmer. In meinen Spielrunden hat das jeder angemerkt und für wenig vorteilhaft eingestuft.

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