Freitag, Dezember 13, 2024
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REVIEW | Rezension Brettspiel Die Paläste von Carrara

Game Brewer lässt einen alten Klassiker wieder aufblühen. Immerhin nominiert zum Kennerspiel des Jahres 2013 hat Die Paläste von Carrara schon einige Jahre auf dem Buckel. Als Gemeinschaftsproduktion von Wolfgang Kramer und Micheal Kiesling erschien es gefühlt in einer anderen Ära.

Das ist doch ein sehr guter Grund dieses Spiel mal wieder aus dem Regal zu holen, vom Staub zu befreien und auf den Tisch zu bringen. Vielleicht noch eine kurze Anmerkung vorneweg. Alles hier Besprochene bezieht sich ausschließlich auf die Ausgabe von Hans im Glück. Game Brewer hat bereits bekannt gegeben, dass sie einige Änderungen vornehmen werden.

Tim Schleimer


SPIELBESCHREIBUNG

Carrara ist eine italienische Stadt in der Provinz Massa-Carrara in der Region Toskana. Bekannt ist Carrara durch seinen weißen Marmor, den Carrara-Marmor, der in den nahegelegenen Steinbrüchen abgebaut wird. Und genau darum geht es hierbei in Die Paläste von Carrara. Wir versuchen zu möglichst günstigen Konditionen Steine einzukaufen und beim Bau von Gebäuden einzusetzen. In meinem Zug stehen mir dazu drei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder kaufe ich Steine vom Steinbruch, ich baue mit meinen Steinen eins der ausliegenden Gebäude, oder ich löse eine Wertung aus.

Beim Einkauf spielt das Rad in der Mitte des Spielplans eine zentrale Rolle. Das ist in 6 gleiche Segmente unterteilt und bestimmt die Kosten der einzelnen Steine. Steine gibt es in 6 verschiedenen Farben, die unterschiedlich wertvoll sind. Kommen neue Steine ins Spiel, wird zunächst das Rad eine Position weitergedreht. Somit werden alle Steine auf dem Rad günstiger. Im Anschluss werden die Steine zufällig aus einem Beutel gezogen und auf das erste – und auch teuerste – Segment gelegt. Wenn ich Steine kaufe, wähle ich genau ein Segment und darf davon beliebig viele Steine jeweils zu den angegebenen kosten erwerben.

Die Steine wiederum brauche ich, um Gebäude zu bauen. Dazu liegen verschiedene Gebäude, aus 6 verschiedenen Gebäudearten, auf dem Spielplan aus. Jedes Gebäude kostet zwischen 1 und 5 Steine. Nachdem ich die Steine bezahlt habe, nehme ich das entsprechende Gebäudeplättchen und lege es zu mir in die entsprechende Spalte der Stadt, in der ich es errichte. Welche Art von Steinen ich abgeben muss, hängt dabei von der Stadt ab. Dazu stehen mir 6 Städte zur Verfügung. Jede Farbe der Stadt gibt an, welchen Wert die Steine mindestens haben müssen um dort als Baumaterial eingesetzt zu werden. So darf ich in der weißen Stadt auch nur mir weißen Steinen bauen, aber in der schwarzen Stadt mit Steinen jede Farbe. Es gibt aber keine Kompensation, wenn ich mit höherwertigen Steinen überzahle.

Warum ich in bestimmten Städten bauen will, zeigt sich bei der Wertung. Jede Stadt gibt mir eine Ausschüttung von Siegpunkten oder Geld pro Stein, den alle dort gebauten die Gebäude zusammen kosten. Dabei sind die Belohnungen in den teuren Stätten deutlich höher als in den günstigeren. Es gibt zwei verschiedene Wertungen. Die Wertung von Gebäudetypen und die Wertung von Städten. Entscheide ich mich für die Gebäudetypen, so erhalte ich für jedes meiner Gebäude dieses Typs die entsprechende Belohnung. Bei einer Stadtwertung werte ich alle Gebäude in der Stadt, egal welchen Typs. Eine Stadtwertung kann auch pro Stadt nur von einem Spielenden durchgeführt werden. Danach ist es nicht mehr möglich diese Stadt zu werten.

Das Spielende muss aktiv durch einen Spielenden angesagt werden. Dazu muss ich aber verschiedene Bedingungen erfüllen. So muss ich mindestens eine bestimmte Anzahl an Steinen ausgegeben und eine gewisse Anzahl an Wertungen durchgeführt haben. Die genauen Zahlen variieren ja nach Spieleranzahl. Erst dann darf ich das Spielende ansagen, und noch einige Bonuspunkte kassieren. Es folgen noch die letzten Züge und im Anschluss wird der Sieger bestimmt.



AUTOR: Michael Kiesling, Wolfgang Kramer ■ ILLUSTRATIONEN: Franz Vohwinkel
VERLAG: Hans im Glück ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2012

spieler

2-4 Spieler

alter

ab 10 Jahren

zeit

ca. 60 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu BGG )


SPIELGEFÜHL

Die Paläste von Carrara ist im Herzen ein Rennspiel und fühlt sich auch genauso an. Ständig versucht man der erste zu sein. Der erste, der eine bestimmte Stadt wertet, der erste, der die Steine kauft, der erste, der dieses Gebäude bauen kann. Überall wird Druck aufgebaut und gerade im Mehrpersonenspiel ist es schwer bereits im Voraus zu planen was ich als nächstes tue. Zu oft wird das Rad genau einen Zug vor mir abgeräumt, oder die Stadt ein Zug vor mir gewertet.

Und genau das macht für mich den Reiz des Spiels aus. Die Spannung, während ich darauf hoffe die Städte werten zu können und das Beste aus den angebotenen Gebäuden und Marmorstücken zu machen, ist sehr gut gelungen. Das ist für mich auch der Grund, warum es so gut gealtert ist. Es sorgt immer noch für ein frisches Spielgewühlt und wirkt nicht altbacken.

Das ist allerdings auch mit Vorsicht zu genießen. Es gibt genug Mitspieler, die genau diese Art von Interaktion nicht vertragen. Da kann dann schon mal schlechte Stimmung am Tisch herrschen, wenn man jemandem die Wertung einen Zug vorher zerstört. Es ist definitiv nicht ratsam solitär vor sich hinzubauen und nicht auf die Mitspieler zu achten.

Wer mag, nutzt die beiliegenden Sichtschirme, um es etwas zu erschweren, die Lage richtig einzuschätzen. Dahinter kann ich dann meine erhaltenen Münzen oder Steine platzieren und vor den anderen geheim halten. Das müssen sich die Mitspieler dann merken. Ich persönlich lasse sie lieber weg, weil ich mein Spiel nicht davon abhängig machen möchte, ob ich mir alles merken kann, was am Tisch passiert oder nicht. Für so was spiele ich dann Memory – oder die Crew.

Für den Fall, dass das Spiel zu seicht ist, liegt auch noch eine Erweiterung in der Schachtel bei. Das ist gut gemacht, indem man erst aufgefordert wird das Grundspiel zu beherrschen, bevor man das komplexere Spiel ausprobieren soll. Die Erweiterung bringt neue Möglichkeiten ins Spiel, so kommen teurere Gebäude ins Spiel, die aber meine Wertungsmöglichkeiten verbessern. Oder die Bedingungen für das Spielende werden variabel gestaltet. Das erhöht nochmal den Wiederspielreiz.

Auch optisch kann das Spiel überzeugen. Auch wenn die Ausstattung der 2012’er Version nicht mit den heutigen Materialschlachten so mancher Kickstarter mithalten kann, ist es hübsch gestaltet und lädt zum Spielen ein. Bei der Materialqualität gibt es auch nichts auszusetzten. Selbst nach fast 10 Jahren ist es noch gut spielbar. Auf der aktuellen Vorschau Seite zu dem Gamefound Projekt erkennt man, dass die Illustrationen nahezu unverändert in die zweite Edition übernommen werden. Lediglich die Holzteile wurden dem heutigen „Standard“ angepasst.


Zusammenfassung

Ich kann gut nachvollziehen, warum die Paläste von Carrara erneut aufgelegt wird und ich freue mich sehr darüber. Selbst wenn es nur dazu dient das Spiel mal wieder auf den Tisch zu bringen und diesem etwas vergessenen Klassiker wieder etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Game Brewer hat auch einige Änderungen in dem Regelwerk angekündigt. Insbesondere bei der Wertung soll es etwas friedvoller zugehen.

Ich kann es jedem empfehlen, der diese Art von Spielen mag, sich die Kampagne mal anzuschauen. Ob es für mich reicht, die neue Version ins Haus zu holen kann ich allerdings noch nicht sagen. Wer das (original) Spiel mal ausprobieren will, sein sehr gerne eingeladen, es online auszuprobieren. Zurzeit ist es sowohl bei BoardGameArena, als auch bei yucata.de spielbar. Aber wer ein Spiel sucht, bei dem man die eigene Engine im eigenen Tempo aufbaut, sollte sich woanders umsehen.

  • Superspannendes Rennspiel
  • Zwei Spielmodi in der Schachtel
  • Einfacher Zugang trotz hoher Spieltiefe
  • Für manchen zu unversöhnlich
  • Hohe Diskrepanz zwischen den Siegpunkten möglich

Aus meiner Spielerperspektive: Für mich ist es einfach ein großartiges Spiel und kommt viel zu selten auf den Tisch.

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