Charles Darwin erlebt im Moment einen ziemlichen Hype. Ihn und seine Arbeit zu begleiten, scheint derzeit im Trend zu liegen – und das in allen Gewichtsklassen und Schwierigkeitsstufen! Während man beispielsweise bei Darwins Journey im Expertenbereich die Forschungen des berühmten Naturwissenschaftlers nachspielt, haben wir mit Auf den Wegen von Darwin einen sehr zugänglichen Vertreter auf der anderen Seite der Schwierigkeitsskala. Für wen ist also Auf den Wegen von Darwin geeignet?
Carina Brachter
SPIELBESCHREIBUNG
Als Nachwuchs-Forschende unterstützen wir Darwin dabei, Informationen aus den Gebieten zusammenzutragen, in denen er selbst nicht so viel unterwegs war. Wir konzentrieren uns daher auf Nordamerika, Asien und Teile Afrikas. Erkenntnisse über diese Tiere sammeln wir in einem Forschungsbuch, das vor uns ausliegt und in einen 4×4-Raster vier unterschiedlichen Tierklassen aus vier unterschiedlichen Kontinenten Platz bietet. Ebenso hat es Platz für Personen, denen wir auf unserer Reise begegnen.
Wir sammeln die Informationen über die Tiere, indem wir Tierplättchen aus der offenen 3×3-Auslage nehmen. Wo wir zugreifen dürfen, entscheidet die Reihe oder Spalte, an der die Beagle gerade steht. Die Position oder die Auslage können wir ggf. über das Ausspielen von Ortskundigen verändern, die wir im Laufe des Spiels über entsprechende Symbole auf den Tierplättchen wieder erhalten können. Haben wir ein Plättchen genommen, segelt die Beagle weiter.
Das gewählte Tierplättchen legen wir in unser Forschungsbuch. Schließen wir dabei eine Spalte oder Reihe ab, dann dürfen wir eine Veröffentlichungsmarker nehmen, für den es bei Spielende Punkte gibt. Punkte bringen uns auch Tierkarten, auf denen entsprechende Werte aufgedruckt sind oder die Personen-Plättchen, die wir ebenfalls in unserem Forschungsbuch sammeln können.
Punkte erhalten wir auch über das Sammeln von Kompassen, deren Anzahl wir bei Spielende mit sichtbaren Kartografie-Symbolen multiplizieren dürfen, die wir ebenfalls auf einigen Tierplättchen finden. Überdecken wir Tierplättchen, erhalten wir einen sog. Theorie-Marker, der uns bei Spielende Punkte für das Erfüllen bestimmter Bedingungen oder für Tierplättchen bestimmter Arten und Regionen bringt.
Sobald alle Spielenden 12 Plättchen (Tiere oder Personen) gesammelt haben, endet das Spiel und es wird ausgezählt, wie viele Punkte alle erhalten. Wer die meisten Punkte erzielen konnte, hat am meisten zu Darwins Publikation „Über die Entstehung der Arten“ beigetragen und gewinnt.
AUTOR: Grégory Grard, Mattieu Verdier ■ ILLUSTRATIONEN: Maud Briand, David Sitbon
VERLAG: Sorry we are french/Asmodee ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2023
2-5 Spieler
ab 8 Jahren
ca. 30 Minuten
Spielregeln (ext. Download von Asmodee)
SPIELGEFÜHL
Auf den Wegen von Darwin ist eines der zugänglichsten (Brett-)Spiele, die ich in letzter Zeit kennengelernt habe. Es ist schnell erlernt und kann auch unkompliziert anderen erklärt werden. Unterstützt wird man dabei durch die klaren Spielregeln, aber auch durch das „sprechende“ Spielmaterial. Sogar im Insert sind Hinweise zum Aufbau integriert.
Das Spielmaterial ist sowieso eine Wucht – ein richtig schön und liebevoll gestaltetes Spiel: Die Tierzeichnungen auf den Seiten des Kartons, das Säckchen für das Spielmaterial wie die Kompasse und Publikationen, Darwin als Startspielerfigur, die Tierzeichnungen auf den Plättchen und vor allem die Gestaltung der Forschungsbücher – in jeder neuen Spielgruppe führt das Spielmaterial wieder zu neuer Verzückung.
Darwins Forschung
Auf den Wegen von Darwin ist zudem ein lehrreiches Spiel und ist sehr gelungen ins Thema eingebettet: Auf einer Doppelseite zu Beginn der Regeln erfahren wir einiges über Darwin und seine Geschichte. Empfohlen sei hier ergänzend der interessante und aufwendig gestaltete Appendix, der Informationen zu Darwins Reise und zu den im Spiel enthaltenen Tieren beinhaltet – leider nur online und nicht im Umfang des Spiels enthalten (LINK). Mittels dieser Texte und anhand der Rückseite des zentralen Spieltableaus wird hier die Route von Darwins Reise nachvollziehbar und man erfährt interessante Fakten aus der Historie.
Doch zurück zum Spielgeschehen
Unsere Optionen in jedem Spielzug sind überschaubar, denn wir haben schlichtweg die Auswahl aus drei Plättchen und da fällt es sogar Grüblern schwer, eine lange Downtime zu produzieren. Man nimmt sich ein Plättchen, legt es auf den Platz auf dem Spielendentableau, an den es hingehört, Plättchen nachlegen, Beagle weiterbewegen, nächste:r dran. Das geht flott, da kommt sogar in Vollbesetzung keine allzu große Wartezeit auf. Auch, wenn es für die notwendige Flexibilität die Ortskundigen gibt, die den Austausch der Plättchen einer Reihe ermöglichen oder das Verschieben der Beagle – da bleiben die Möglichkeiten im Rahmen.
Zugänglich, schnelles Spieltempo, tolle Gestaltung: Auf den Wegen von Darwin bietet ein wirklich rundum gelungenes Gesamtpaket. Es kommt völlig unaufgeregt daher und macht Spaß. Ein perfektes Spiel für einen verregneten Sonntagnachmittag.
Ist denn gar nichts störend daran?
Doch! Und damit sind wir bei dem einzigen richtigen Nachteil von Auf den Wegen von Darwin: Es ist zu schnell vorbei!
Zumindest für Vielspielende. Zu Zweit unterhält es uns ca. 12 Minuten, zu Viert kommen wir vielleicht auf 20 – ohne zu hetzen. In Runden mit eher Wenigspielenden passen die 30 Minuten, aber auch nur in großer Runde. Damit ist es so schnell gespielt, dass es bei Vielspielenden eher in die Kategorie „hübscher Absacker“ rutschen wird. Bei Familien, in denen dem Nachwuchs ggf. noch ein wenig geholfen werden muss, kann die Zeitangabe schon passen.
In Zweierpartien haben wir uns bereits damit beholfen, dass jede:r mit zwei Forschungsbüchern parallel spielt. Dieser Tipp der Boardgamengeek-Seite wertet für uns die 2-Personen-Partie deutlich auf.
Ein bisschen Glückssache
Außerdem sollte man sich bewusst sein, dass hier immer auch der Zufall mit am Tisch sitzt. Zum einen spielen nicht immer alle Tierplättchen mit und es kann dann dazu führen, dass eine Tierklasse eines Kontinents nur einmal oder gar nicht im Stapel der Plättchen enthalten ist – so wird das natürlich nichts mit der Veröffentlichung, wenn man auf das fehlende Plättchen wartet und es nicht erscheint…
Zum anderen kann man auch mit den zugelosten oder ausliegenden Theorie-Markern Glück oder auch Pech haben. Manchmal passt so gar nichts, manchmal erhält man sogar zwei der gleichen Sorte und kann dann ganz gezielt auf Punktejagd gehen. Stark ist es beispielsweise, wenn man zwei Punkte je Ortskundigem-Symbol auf den noch sichtbaren Plättchen am Ende des Spiels erhält und mit einem zweiten Marker dann sogar vier Punkte pro Symbol erhält.
Aufpassen, was die anderen tun!
Da müssen die Mitspielenden dann ein wenig aufpassen und den ausliegenden Marker möglichst vor der Nase wegschnappen, damit es zu solch starken Kombinationen nicht kommt. Sowieso schadet ein Blick auf das Tableau der Mitspielenden nicht, denn dann sieht man, was dort noch für eine punkteträchtige Veröffentlichung fehlt und kann hier ggf. ein ausliegendes Tier wegsammeln, bevor es auf anderen Tableaus landet.
Dies werden Wenigspielende vermutlich in der ersten Partie nicht tun, denn sie sind noch damit beschäftigt zu ergründen, was ihnen die meisten Punkte einbringt. Das ist in der ersten Partie meist noch unklar und man stellt sich die Frage: Worauf sollte ich mich hier denn am besten konzentrieren?
Aber nach zwei, drei Partien hat meist jede:r verstanden, dass man immer locker bleiben sollte und schauen, was einem die Auslage so bringt. Danach entscheidet sich die taktische Ausrichtung des Spiels. Mit einer vorgefertigten Strategie wird man hier nicht weit kommen.
Zusammenfassung
Auf den Wegen von Darwin ist ein gelungenes Gesamtpaket in Sachen Familienspiel: Ansprechende Gestaltung, zugängliches Regelwerk, flottes Spieltempo und obendrein noch ein kleines bisschen lehrreich. Es gibt außerdem eine begrenzte Auswahl an Möglichkeiten und damit keine langen Wartezeiten am Spieltisch – das kommt der Spielzeit zu Gute.
Vielspielenden ist das Spiel schnell nicht genug, es sei denn, sie spielen es bewusst als Füller oder Absacker oder in einer Variante mit zwei Forschungsbüchern parallel.
- Sehr zugänglich, schnell erklärt und flott gespielt
- Toll gestaltetes Spielmaterial
- Gelungenes Gesamtpaket für Familien
- Glückskomponenten können hin und wieder über Sieg und Niederlage entscheiden
- Sehr kurze Spieldauer
- Fraglich, wie lange der Wiederspielreiz trägt
Aus meiner Spielerperspektive: Auf den Wegen von Darwin triggert mich in meiner Leidenschaft für Naturthemen. In Kombination mit der naturhistorischen Einbettung kann es bei mir optisch und thematisch punkten, aber es ist mir einfach zu kurz.
Ich spiele es gerne nach einem anstregenden Arbeitstag zu Zweit in der Variante mit zwei parallelen Forschungsbüchern, damit sich das Anfangen und Aufbauen überhaupt lohnt in Relation zur Spieldauer.
Wenn es jemand schafft, Spielmechanik, Gestaltung und Thema des Spiels auf Kennerniveau zu heben, würde mich das immens freuen.