Wir würfeln
Einen Prototypen von Dice Forge habe ich während der SPIEL 2016 in Essen sehen und spielen können.
Zum Spiel von damals unterscheidet sich das kürzlich erschienene Spiel vom Spielgefühl nur in Nuancen, aber in das Material wurde noch einige Zeit gesteckt, um uns ein Spiel zu präsentieren, was angefangen von einem sehr durchdachten Inlay hin bis zu den im Mittelpunkt stehenden modularen Würfel auffällt.
Das ganze sollte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass wir es bei Dice Forge in der vorliegenden Version mit einem gehobenen Familienspiel am Rande zum Kennerspiel zu tun haben; aber auch nicht mehr.
Diese Rezension ist im Rahmen der Blog-Rallye für Dice Forge auf Beeple, die seit dem 31.07.2017 gestartet.
Das Spiel
In jeder Runde durchlaufen die Spieler reihum als aktiver Spieler die folgenden 4 Phasen:
- Große Göttergabe erwirken (alle Spieler würfeln ihre beiden Würfel und setzen die Ressourcensteine entsprechend vor; Ausnahme bei zwei Spielern wird je zweimal gewürfelt)
- Der aktive Spieler kann Verstärkung herbeiführen, in dem er Karten mit Verstärungseffekten in beliebiger Reihenfolge spielt
- Aktionen ausführen:
Entweder den Beistand der Götter erbitten und gegen Gold ein oder mehrere (aber nicht die gleichen) Würfelseiten erwerben und austauschen
oder eine Heldentat vollbringen und eine Karte auf dem Spielplan gegen Ressourcen erwerben. - Gegen die Zahlung von 2 Sonnensplitter darf man eine zusätzliche Aktion (aus 3) in seinem Zug durchführen.
Die Heldentaten bringen Karten mit Siegpunkten, Verstärkungseffekten (siehe 2), Soforteffekte oder automatische Effekte, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Über die Würfel, Heldentaten etc. bekommt man Siegpunkte, die auf einem Tableau abgetragen werden.
Nach den gespielten Runden gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.
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Autor: Régis Bonnessée • Grafiker: Biboun • Verlag: Libellud | Asmodee • Jahr: 2017
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Material
In der BRETTSPIELBOX befinden sich: 1 Tempel mit Hülle, 108 Würfelseiten, 8 Götterwürfel, Startspielermarker, 1 Rundenmarker, 96 Heldenkarten, 8 Einmal-Marker, 4 Hammer-Marker, 4 Truhenteile, 4 Heldenfiguren, 8 Punktmarker 20 Ressourcenmarker (4 Sets a 5 Marker), 4 Heldentableaus, 1 Spielplan
Die Brettspielbox ist schon durch ihren sehr wohlkonzipierten Einsatz ein Schmuckstück. Da ist der Gestaltung des Inlays sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt worden. Das beginnt beim Würfelseitentiefziehteil, bei einzelnen Unterbringungsmöglichkeiten für Marker, Pöppel, Würfel und Tableaus. Die Schachtel kann gut durchgeschüttelt werden und es wird nichts verrutschen. Toll gelöst.
Einstieg
Bei der Anleitung scheiden sich die Geister. Sie ist aus meiner Sicht zwar verständlich aber nicht 100% gut strukturiert gestaltet. Da aber bitte am Ball bleiben und nicht verzeifeln. Das Spiel ist nicht so schwierig, wie es die Anleitung zunächst erscheinen läßt.
Der Ausstieg ist teilweise – durch das Aufräumen bedingt – etwas aufwendiger.
Spielgefühl
Würfeln bestimmt das Spiel. Wir würfeln zu Beginn eines neuen Zuges (alle Spieler), wir würfeln bei bestimmten Karten, wir würfeln, wenn wir verdrängt werden. In einem 4 Personenspiel wird man mindestens 40 Mal seine Würfel schwingen. Ob das stört? Nein, denn Würfeln bedeutet bei Dice Forge Belohnung in Form von Siegpunkten, Gold, Sonderaktionen oder Mond- bzw. Sonnensplitter.
Stört das Glück beim Würfeln; und dass dieses zu einer gewissen Unberechenbarkeit des Spiels führt? Ja und nein. Ja, denn Würfeln bedeutet immer eine Form der Glücksabhängigkeit (und manchmal wollen die erworbenen Seiten einfach nicht fallen), aber ich empfinde sie nicht als sonderlich störend. Nein, denn wir haben über Karten und die Aktion des Würfelseitenkaufs („Beistand der Götter erbitten“) die Möglichkeit den Würfel zu unseren Gunsten zu beeinflussen. Da hilft es schon mal einen richtig guten Würfel zu konstruieren.
Zu Beginn des Spiels sollte man daher versuchen, seine Würfel auszubauen, um einen soliden Ressourcennachschub zu bekommen. Danach gilt es abzwägen, wann ggfls. die Mitspieler soweit sind, sich die lukrativen Siegpunktkarten zu schnappen und ihnen an dieser Stelle zuvorzukommen. Es ist ja auch möglich, die gleichen Karten mehrfach zu nehmen. Das Austauschen der Würfelseiten ist zunächst ein wenig fummelig, aber mit ein wenig Übung dürfte dieses spätestens nach dem vierten oder fünften Austauschens der Seiten kein Problem mehr darstellen.
Dadurch, dass man auch in den Runden der aktiven Spieler mitwürfelt, ist die Downtime für jeden Spieler relativ kurz. Allein durch den Austausch der Würfelseiten kann das Spiel mal etwas langsamer verlaufen. Ansonsten geht es relativ schnell.
Wenn man bei Dice Forge ggfls – neben der etwas unübersichtlich gestalteten Anleitung – Kritik ausüben kann dann an drei Punkten:
- die Erwartungshaltung der Kenner- und Expertenspieler an dieses Spiel war recht hoch. Dazu hätte man bei Dice Forge stärker kennzeichnen müssen, dass es sich bei dem Spiel in der aktuellen Ausgabe eher um ein (gehobenes) Familienspiel handelt.
- Ich als Kennerspieler würde gerne meine Würfel stärker beeinflussen können, dieses kann man ggf. durch weitere Karten (Erweiterungen) heilen und dann den gewünschten Effekt für die Kennerspieler herbeiführen. D.h. ich erwarte eigentlich eine kleine Erweiterung über neue Karten !! 🙂
- Der Startspieler hat einen gewissen Nachteil. Wenn ihm dieser klar ist, wird er seine Würfel soweit ausbauen, dass er zum Ende des Spiels auf eine Siegpunkt bzw. Goldstrategie (Mine) setzt, um das Optimum aus seinen letzten drei Würfen in einem 4 Personenspiel herauszuholen. Ansonsten kann es sein, dass er die letzten drei Würfe auf dem „Trockenen“ sitzt und gar nicht mehr partizipieren kann.
Das sind jedoch meine Kritikpunkte an diesem Spiel und es soll damit nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir ein Spiel haben, was relativ wenig Regeln besitzt, am Ende doch leicht verstanden und gespielt werden kann. Darüberhinaus besitzt es exzellentes Material.
Dice Forge macht am meisten zu drei oder vier Spielern Spaß (eventuell zu dritt noch am besten). Das Alter von 10 ist kein Problem. Spielerfahrene Kinder können ggfls auch schon früher ran.
Langzeitspaß
Dice Forge ist – wenn bekannt – in gut einer Stunde gespielt. Die Regeln sind überschaubar kurz und die Symbolik selbstsprechend. Durch den weiteren Satz an Karten gibt es auch weitere Abwechslung im Spiel. Hier besteht die Hoffnung, dass es in den nächsten Monaten noch zusätzliche Karten für das Spiel geben wird.
Gesamtbeurteilung 8/10
Sehr gelungenes Familienspiel (Familienspiel ist dabei wichtig bei der Bewertung des Spiels, für ein Kennerspiel wäre es etwas zu seicht). Schöner Würfelmechanismus gepaart mit den Karteneffekten führen zu einem kurzweiligem Spielvergnügen.
Erweiterungen:
Auszeichnungen:
Spielregeln (ext. Link zu Libellud|Asmodee) / Karten
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